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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 17:36
von Kirchenjahr
@Gamaliel: Wo kein Kläger, da kein Richter. Solange keiner einen konkreten Fall nach Rom bringt, kriegt man von dort keine Entscheidung. Das halte ich auch für bedauerlich. In der Praxis tritt kaum einer aus der Kirche aus, um seine Kirchensteuern einer sinnvolleren Verwendung innerhalb der Kirche zukommen zu lassen. Das ist ja gerade das Miese an den Verlautbarungen der DBK. Man trifft mit dem Schwert der Exkommunikation ja gerade diejenigen, die sich der Kirche tatsächlich verbunden fühlen. Jemand, der seinen Glauben schon lange verloren hat, berührt die Exkommunikation überhaupt nicht.

Bitte nochmals: Kirchenrechtler in die erste Reihe! Wie ist es möglich, die gängige Exkommunikationspraxis bei Kirchenaustritt in Deutschland für unwirksam feststellen zu lassen. Ich würde für so ein kirchenrechtliches Verfahren in Rom ein oder zwei Jahreskirchensteueraufkommen meinerseits spenden. Es muss doch eine Möglichkeit geben, Rom auf dem Rechtsweg ohne eigene Exkommunikation verbindlich zu kontaktieren.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 17:47
von overkott
Sicher geht jedem Kirchenübertritt auch ein Kirchenaustritt voraus, nicht unbedingt aber ein Glaubensabfall. Im Gegenteil. Ein Kirchenaustritt kann auch ein Reifen im Glauben bezeugen. Der sel. John Henry Newman ist dafür ein prominentes Beispiel.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 17:56
von iustus
Kirchenjahr hat geschrieben:Es muss doch eine Möglichkeit geben, Rom auf dem Rechtsweg ohne eigene Exkommunikation verbindlich zu kontaktieren.
Na, selbst wenn: Rom sagt dann: "Er ist drin", und die Diözese meldet dann wieder der staatlichen Stelle: "Er ist drin!" - und dann heißt es wieder "Zahlemann&Söhne!"

Die Lösung scheint mir wirklich nur im staatlichen Recht zu liegen.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 18:05
von Kirchenjahr
@Justus: Ganz so einfach ist das nicht. Den Staat interessiert nicht, wie ein Kirchenaustritt innerhalb der Kirche gewertet wird. Der Staat möchte nur den sog. modifizierten Kirchenaustritt nicht. Aus staatlicher Sicht kann ich das sogar nachvollziehen. Aus kirchlicher Sicht kann der Ausweg nur so aussehen: "Der vor einer staatlichen Stelle vollzogene und aus staatlicher Sicht wirksame Kirchenaustritt ist durch die Kirche als null und nichtig zu betrachten." Dem Staat ist ja auch egal, dass man eine Ehe kirchlicherseits nicht scheiden kann und die Kirche erkennt im Regelfall die bürgerliche Zweitehe auch nicht an.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 18:23
von iustus
Kirchenjahr hat geschrieben:Aus kirchlicher Sicht kann der Ausweg nur so aussehen: "Der vor einer staatlichen Stelle vollzogene und aus staatlicher Sicht wirksame Kirchenaustritt ist durch die Kirche als null und nichtig zu betrachten."
Sonnenklar! Aber dann geht es ja weiter: Die Kirche meldet: "Er ist drin!"

Ich halte das für einen genialen Schachzug der Regensburger.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 18:26
von cantus planus
iustus hat geschrieben:Ich halte das für einen genialen Schachzug der Regensburger.
In der Tat.

Wenn die Bischöfe doch auch so schnell wären, wenn's nicht ums Geld ginge... :pfeif:

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 18:48
von Kirchenjahr
iustus hat geschrieben:Ich halte das für einen genialen Schachzug der Regensburger.
Der Schachzug ist schon genial, aber in Anbetracht der Situation zwischen Bistum Freiburg und Herrn Zapp auch nur konsequent. Der Schachzug musste so genial sein, weil die DBK nichts fürchtet, außer einen Schiedsspruch aus Rom. Und den versuchen die Damen und Herren in den Kirchensteuerstellen tunlichst zu vermeiden.

Gerade vor diesem Hintergrund müßte man die Frage nach Rom bringen, ob ein Kirchenaustritt gegenüber der staatlichen Stelle die Tatstrafe der Exkommunikation nach sich zieht, und zwar am besten, ohne jeden Austritt. Und wenn Rom dieses verneint, dann kann daraus ein Bischof X auch nichts mehr spinnen. Dann ist Schicht im Schacht und Knete weg.

Gibt es die Möglickeit einer Feststellungsklage vor der Signatur vor Eintritt der Exkommunikation.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 19:23
von Berolinensis
iustus hat geschrieben:
Kirchenjahr hat geschrieben:Es muss doch eine Möglichkeit geben, Rom auf dem Rechtsweg ohne eigene Exkommunikation verbindlich zu kontaktieren.
Na, selbst wenn: Rom sagt dann: "Er ist drin", und die Diözese meldet dann wieder der staatlichen Stelle: "Er ist drin!" - und dann heißt es wieder "Zahlemann&Söhne!"

Die Lösung scheint mir wirklich nur im staatlichen Recht zu liegen.
Sic! Der Staat knüpft die Mitgeliedschaft in der Körperschaft an die kirchengeliedschaft. Ein Austritt aus der einen ohne Austritt aus der anderen ist nach Staatskirchenrecht nicht möglich, und das ist auch völlig in Ordnung. Das Kirchenrecht - mein Einwand, daß hier immer vom gewünschten Ergebnis her gedacht wird, ist leider ungehört verhallt, was ich aber auch erwartet hatte - kann hier gar nichts machen.

Das Problem ist ja aber auch erst aufgetaucht, seit die Ordnariate die Steuermittel für so fragwürdige Dinge verwenden. Hundert Jahre hatte niemand damit ein Problem.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 19:38
von Gamaliel
Berolinensis hat geschrieben:Das Problem ist ja aber auch erst aufgetaucht, seit die Ordnariate die Steuermittel für so fragwürdige Dinge verwenden. Hundert Jahre hatte niemand damit ein Problem.
Das ist ganz richtig!
Ich glaube Du bist es auch gewesen (oder ar26 ?), der darauf hinwies, daß der status quo eigentlich eine Privilegierung der Kirche darstellt, was ebenfalls richtig ist.
Leider fürchte ich, daß eine Reform der Kirche in Deutschland nicht möglich sein wird, ohne dieses an sich begrüßenswerte Privileg (vorübergehend) abzuschaffen.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 19:47
von Marion
Gamaliel hat geschrieben:Leider fürchte ich, daß eine Reform der Kirche in Deutschland nicht möglich sein wird, ohne dieses an sich begrüßenswerte Privileg (vorübergehend) abzuschaffen.
Einfacher und korrekter wäre es aber wenn man die Herren die die Gelder und den Glauben mißbrauchen vom Amt entlässt. (Kopf waschen etc. Berolinensis hat das andern Ort hier schön erklärt wie man mit denen umzugehen hat.)
Das wird zwar nicht geschehen, aber es ist wirklich nicht die christliche Art nun mit Geld zu locken oder auch abzuwimmeln.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 19:58
von Gamaliel
Marion hat geschrieben:Einfacher und korrekter wäre es aber wenn man die Herren die die Gelder und den Glauben mißbrauchen vom Amt entlässt.
Korrekter schon, einfacher nicht. Du kannst nicht weite Teile der Hierarchie und ganze Institutionen, Vereine,... kurzfristig austauschen und auflösen. Diese Institutionen sind außerdem auch zivilrechtlich verankert, da kann der Papst nicht einfach eine Verordnung aus Rom zu ihrer Auflösung erlassen. Nein, dem ganzen Spektakel muß die finanzielle Grundlage entzogen werden, auch wenn dies zu einem Eingriff ins Konkordat führt, meint Gamaliel.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 20:51
von Kirchenjahr
Berolinensis hat geschrieben:Das Kirchenrecht - mein Einwand, daß hier immer vom gewünschten Ergebnis her gedacht wird, ist leider ungehört verhallt, was ich aber auch erwartet hatte - kann hier gar nichts machen.
Ich hab das sehr wohl registriert. Mir stinkt nur das Ergebnis. Und es ist pragmatischer, das jetzige Kirchenrecht entgegen der DBK durch ein Kirchengericht auslegen zu lassen, als gleich ein neues Kirchenrecht nach eigenem Dünken zu installieren (zumal mir letzteres als Laie nicht zusteht). Hast Du einen besseren Vorschlag? Mir fällt es schwer, ansehen zu müssen, für welche Zwecke meine Kirchensteuermittel verwendet werden. Bin für besserer Vorschläge offen!
Gamaliel hat geschrieben:Du kannst nicht weite Teile der Hierarchie und ganze Institutionen, Vereine,... kurzfristig austauschen und auflösen. Diese Institutionen sind außerdem auch zivilrechtlich verankert, da kann der Papst nicht einfach eine Verordnung aus Rom zu ihrer Auflösung erlassen. Nein, dem ganzen Spektakel muß die finanzielle Grundlage entzogen werden, auch wenn dies zu einem Eingriff ins Konkordat führt, meint Gamaliel.
:kugel: Wenn man den Geldhahn zudreht, werden von diesen Hierarchien, Institutionen und Vereinen nur noch diejenigen überbeiben, deren Gottvertrauen einen höheren Wert als der des Geldes hat. Da kann der Staat nicht nur für Bad Banks aufkommen, sondern auch für Bad Churches. Von daher ist das Ergebnis insoweit kein anderes als das von Marion favorisierte.

Ich gebe Deiner Meinung nur in einem einzigen Punkt gegenüber von Marion dem Vorzug: Würde der Papst die Mietlinge davonjagen, würden WSK und Konsorten ein ungemütliches Spektakel anberaumen. Leichter zu verkaufen (und auch gar christlicher) wäre es natürlich, auf Gelder zu verzichten. Das Fußvolk wäre begeistert.

Die Lage hier in Deutschland muss echt prekär sein, wenn selbst Gamaliel - sonst Verfechter kirchlicher Privilegien der Kirche gegenüber dem Staat - freiwillig eine Auszeit dieser Privilegien begüßt.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 22:55
von Benedikt
Wenn ich euch recht verstehe, dann meldet man sich zwar beim Staat von der "Kirche" ab, aber bei der Kirche an.

Eventuell ließe sich da was über die diversen Datenschutzgesetze machen.

Kann ich dem Pfarrer nicht verbieten, meine Daten ans Amt weiterzuleiten?

Ich kann ja dem Amt auch verbieten, meine Daten (bei Umzug) an den Pfarrer weiterzuleiten...

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 22:59
von Berolinensis
Vielleicht fallen uns auch noch andere betrügerische Methoden ein... Der Zweck heiligt die Mittel, oder wie? Ich kann diese Diskussion langsam nicht mehr nachvollziehen. Gute Nacht.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 8. Oktober 2010, 23:06
von Benedikt
Berolinensis hat geschrieben:Vielleicht fallen uns auch noch andere betrügerische Methoden ein... Der Zweck heiligt die Mittel, oder wie? Ich kann diese Diskussion langsam nicht mehr nachvollziehen. Gute Nacht.
Was ist denn an der Anwendung der Datenschutzgesetze betrügerisch? Datenschutz ist vielmehr Gebot der Stunde. Ich persönlich halte es für äußerst gefährlich, dass der Staat der Kirche die Mitgliedskartei führt...

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Samstag 9. Oktober 2010, 00:20
von ad_hoc
Berolinensis hat u. a. geschrieben:
...Verstehe ich überhaupt nicht. Wenn sich derjenige Überzeugung der deutschen Diözese die Exkommunikation zugezogen hat, ist das das völlig, ja einzig korrekte Verhalten. Das würde sonst ja hier - zurecht - angemahnt....
Das ist sicher richtig. Mir ging es aber darum, dass in erster Linie wohl niedrige Beweggründe bei der Meldung vorgelegen haben. Das ist natürlich eine Vermutung, aber keine unberechtigte, wenn man sich den ganzen Zirkus seitens der Kirche in deutschsprachigen Ländern betrachtet.
In Zeiten ständig sinkender Kirchensteuereinnahmen, hauptsächlich verursacht von den eben nicht mehr ganz überzeugten Gläubigen, Geizhälsen u. ä., kämpfen manche Diözesen bis zum letzten Cent desjenigen ernsthaft Glaubenden, der eine weitere Kirchensteuerzahlung an die Diözesen nicht mehr mit seinem Gewissen verantworten kann, aber willens ist, eine entsprechende Summe nach seinem Dafürhalten an christliche Organisationen oder direkt an den Vatikan weiterzuleiten. An die anderen kommen sie ja nicht mehr heran. Also nehmen sie bewußt in Kauf, durch ihr weiteres Handeln den an und für sich Gläubigen mit allen Folgen aus der Kirche auszuschließen und diesen damit, nach ihrem Verständnis und der Intention nach, womöglich dem Verderben auszuliefern. Das meinte ich mit: Pfui Deibel.

Gruß, ad_hoc

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Samstag 9. Oktober 2010, 08:44
von michaelis
Kirchenjahr hat geschrieben:Wie ist es möglich, die gängige Exkommunikationspraxis bei Kirchenaustritt in Deutschland für unwirksam feststellen zu lassen.
Ich bin zwar kein Kirchenrechtler und hatte das auch schon mal erwähnt, aber zumindest für Kölner (Erzbistum oder Kirchenprovinz, da bin ich mir nicht ganz sicher) besteht eventuell eine Möglichkeit.
In Köln gibt es eine Partikularnorm, die den Kirchenaustritt als solchen explizit mit der Exkommunikation bedroht. Gegen diese müßte man eigentlich klagen können.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Samstag 9. Oktober 2010, 11:27
von iustus
Benedikt hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Vielleicht fallen uns auch noch andere betrügerische Methoden ein... Der Zweck heiligt die Mittel, oder wie? Ich kann diese Diskussion langsam nicht mehr nachvollziehen. Gute Nacht.
Was ist denn an der Anwendung der Datenschutzgesetze betrügerisch?
Vielleicht nicht "betrügerisch" im juristischen Sinn (es fehlt ja schon die Bereicherungsabsicht), aber eine Sünde ist es schon, vor der einen Stelle zu sagen: "Ich bin raus" und vor der anderen "Ich bin drin" ("Wer mich vor den Menschen verleugnet" ...).

Denn eines ist für Berolinensis und mich wohl klar: Es gibt keine Trennung zwischen der "Kirche" und der "Körperschaft des öffentlichen Rechts Kirche", denn mit der Verleihung des Körperschaftsstatus hat sich der Staat ja bewußt zurückgenommen und die Verfassung der Kirche auch für sich als verbindlich anerkannt (das ist auch schon ein Privileg, nicht erst der Kirchensteuereinzug durch den Staat für die Kirche - übrigens ein Privileg, dass nicht allen Orden zuteil ist: Viele müssen "eingetragene Vereine" gründen).

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Samstag 9. Oktober 2010, 11:55
von Hubertus
Mal eine Frage, wirklich komplett ohne Hintergedanken, nur aus eher juristischem Interesse:

Wäre es völlig undenkbar, die bestehenden Gesetzesregelungen dahingehend abzuändern, daß der "Kirchenaustritt" zunächst vor der kirchlichen Stelle zu bekunden ist und diese dann dem Staat den Austritt meldet?

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Samstag 9. Oktober 2010, 12:03
von Niels
Da ja das Pfarramt Informationen über erfolgte Taufen an das Einwohnermeldeamt weiterleitet, würde ich vermuten, dass es nicht unmöglich ist.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Samstag 9. Oktober 2010, 14:54
von Berolinensis
Hubertus hat geschrieben:Mal eine Frage, wirklich komplett ohne Hintergedanken, nur aus eher juristischem Interesse:

Wäre es völlig undenkbar, die bestehenden Gesetzesregelungen dahingehend abzuändern, daß der "Kirchenaustritt" zunächst vor der kirchlichen Stelle zu bekunden ist und diese dann dem Staat den Austritt meldet?
Gibt es nicht sogar ein Bundesland, in dem es so geregelt ist (Hamburg vielleicht)?

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Samstag 9. Oktober 2010, 15:09
von taddeo
Hubertus hat geschrieben:Mal eine Frage, wirklich komplett ohne Hintergedanken, nur aus eher juristischem Interesse:

Wäre es völlig undenkbar, die bestehenden Gesetzesregelungen dahingehend abzuändern, daß der "Kirchenaustritt" zunächst vor der kirchlichen Stelle zu bekunden ist und diese dann dem Staat den Austritt meldet?
Das wäre überhaupt kein Problem, solange es im gegenseitigen Einvernehmen geändert würde.
Die verwaltungstechnische Infrastruktur dafür wäre ja schon vorhanden (v. a. in Form der Kirchensteuerämter, denen die entsprechenden Personenangaben bereits vorliegen). Man bräuchte kirchlicherseits nur noch festlegen, welches Organ zuständig ist, um so einen "Kirchenaustritt" entgegenzunehmen und über seine Annahme bzw. Ablehnung zu entscheiden. Das könnte etwa der Pfarrer sein, oder auch nur eine Stelle im Ordinariat, womöglich im Konsistorium bzw. Offizialat.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Sonntag 10. Oktober 2010, 12:25
von HeGe
Berolinensis hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:Mal eine Frage, wirklich komplett ohne Hintergedanken, nur aus eher juristischem Interesse:

Wäre es völlig undenkbar, die bestehenden Gesetzesregelungen dahingehend abzuändern, daß der "Kirchenaustritt" zunächst vor der kirchlichen Stelle zu bekunden ist und diese dann dem Staat den Austritt meldet?
Gibt es nicht sogar ein Bundesland, in dem es so geregelt ist (Hamburg vielleicht)?
Bremen, nicht Hamburg.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Sonntag 10. Oktober 2010, 23:19
von Berolinensis
HeGe hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:Mal eine Frage, wirklich komplett ohne Hintergedanken, nur aus eher juristischem Interesse:

Wäre es völlig undenkbar, die bestehenden Gesetzesregelungen dahingehend abzuändern, daß der "Kirchenaustritt" zunächst vor der kirchlichen Stelle zu bekunden ist und diese dann dem Staat den Austritt meldet?
Gibt es nicht sogar ein Bundesland, in dem es so geregelt ist (Hamburg vielleicht)?
Bremen, nicht Hamburg.
Danke - war ja immerhin nahe dran. :blinker:

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Montag 11. Oktober 2010, 08:29
von michaelis
Ich halte eine solchen Regelung (Kirchenaustritt verpflichtend bei der kirchlichen Stelle) allerdings für rechtlich "unmöglich".

Es geht beim Kirchenaustritt für den staat ja ausschließlich um die "bürgerlichen" Folgen. Zudem würde man ja einen "echten" Ausgetretenen damit ja zwingen, wiederum Kontakt mit der Kirche aufzunehmen, mit der er nichts mehr zu tun haben will.
Zudem stünde ja immer der Verdacht im Raum, der Staat würde seinen austrittswilligen Bürger auf diese Weise zwangsweise einer "Missionierung" aussetzen wollen.

Eine solchen Regelung würde sofort eine Klagewelle verursachen und baldigst von den Verfassungsgerichten kassiert werden.

Auch in Bremen ist der Austritt bei der Pfarrgemeinde nur eine Möglichkeit. Man kann den Austritt dort auch vor dem Standesamt erklären.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Montag 11. Oktober 2010, 09:50
von Berolinensis
michaelis hat geschrieben:Ich halte eine solchen Regelung (Kirchenaustritt verpflichtend bei der kirchlichen Stelle) allerdings für rechtlich "unmöglich".

Es geht beim Kirchenaustritt für den staat ja ausschließlich um die "bürgerlichen" Folgen. Zudem würde man ja einen "echten" Ausgetretenen damit ja zwingen, wiederum Kontakt mit der Kirche aufzunehmen, mit der er nichts mehr zu tun haben will.
Zudem stünde ja immer der Verdacht im Raum, der Staat würde seinen austrittswilligen Bürger auf diese Weise zwangsweise einer "Missionierung" aussetzen wollen.

Eine solchen Regelung würde sofort eine Klagewelle verursachen und baldigst von den Verfassungsgerichten kassiert werden.

Auch in Bremen ist der Austritt bei der Pfarrgemeinde nur eine Möglichkeit. Man kann den Austritt dort auch vor dem Standesamt erklären.
Prima facie sehe ich da keine Probleme. Wie schon häufig gesagt knüpft der Staat die Mitgliedschaft in der Körperschaft des öffentlichen Rechts ja an die Kirchengliedschaft. Insofern ist eine Erklärung gegenüber der Kirche durchaus konsequent. Auch vom rein säkularen Standpunkt sehe ich eigentlich keine Schwierigkeiten: wenn jemand aus einem Verein o.ä. austreten will, muß er die Austrittserklärung ja auch diesem gegenüber abgeben auch wenn er mit ihm "nichts mehr zu tun haben will".

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Montag 11. Oktober 2010, 10:04
von iustus
Berolinensis hat geschrieben: Prima facie sehe ich da keine Probleme. Wie schon häufig gesagt knüpft der Staat die Mitgliedschaft in der Körperschaft des öffentlichen Rechts ja an die Kirchengliedschaft. Insofern ist eine Erklärung gegenüber der Kirche durchaus konsequent. Auch vom rein säkularen Standpunkt sehe ich eigentlich keine Schwierigkeiten: wenn jemand aus einem Verein o.ä. austreten will, muß er die Austrittserklärung ja auch diesem gegenüber abgeben auch wenn er mit ihm "nichts mehr zu tun haben will".
Das sehe ich ganz genauso.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Mittwoch 13. Oktober 2010, 11:12
von cantus planus
In Österreich haben die Liberalen von den Konservativen gelernt, und ein Treuhand-Konto für Kirchenbeiträge eingerichtet. In diesem Fall spielen die Ordinariate merkwürdigerweise mit, während der konservative Kirchensteuereinbehalt gestoppt wurde.

http://www.kreuz.net/article.1221.html

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Dienstag 19. Oktober 2010, 13:19
von Gamaliel
kath.net:

Fall Janker - (k)ein Austritt?

Neben dem bereits Bekannten, steht dort auch:
Kath.Net liegt inzwischen ein weiterer Fall vor, diesmal aus dem Erzbistum Freiburg. Dort trat 2010 ein Katholik beim Standesamt seiner Gemeinde aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts aus. Dieser hatte anschließend in einem Begleitschreiben beantragt, weiterhin Mitglied der Gemeinschaft der Katholiken bleiben zu wollen. In dem Begleitschreiben erwähnte der Mann, dass er bei einer evtl. Exkommunikation bei dem Päpstlichen Rat für Gesetzestexte beantragen werde, die Exkommunikation aufzuheben. In einem weiteren Begleitschreiben bekam der Mann zusätzlich von einer kirchlichen Autorität bestätigt, dass definitiv kein Glaubensabfall vorliegt. Inzwischen ist der Austritt aus der Körperschaft des Öffentlichen Rechts vollzogen, aus dem Ordinariat des Erzbistums Freiburg hat der Mann bestätigt bekommen, dass er nicht exkommuniziert sei.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Mittwoch 20. Oktober 2010, 22:55
von Kirchenjahr
@ Gamaliel

Genau das hab ich gerade auch gelesen und wollte es hier verlinken. Du bist mir aber zuvor gekommen.

Nachdem sich der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) nicht bequemt, mir eine Antwort zu schicken, werde ich mich noch dieses Wochenende unter Bezug auf diese Quelle erneut an den VDD wenden. Desweiteren werde ich dem Bischof von Freiburg ein Schreiben zukommen lassen, in dem ich ihn bitten werde, Farbe zu bekennen. Wenn die Zeit reicht, wird auch der Ortsordinarius Post erhalten.

Still, heimlich und leise unter den Teppich kehren ist wohl die neuste Salamitaktik.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Freitag 22. Oktober 2010, 15:05
von Gamaliel
Deutscher Gerichtsstreit geht weiter

Daraus:
Der Streit um den "teilweisen Kirchenaustritt" des ehemaligen Freiburger Kirchenrechtsprofessors Hartmut Zapp geht in die nächste Runde, und zwar an das deutsche Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof, der bereits im Mai gegen Zapp entschied, lehnte am Freitag auch Zapps Klage gegen die Nichtzulassung der Revision ab.

Damit geht der Rechtsstreit ans Leipziger Bundesverwaltungsgericht. Dieses muss nun prüfen, ob es doch noch zu einem umfassenden Wiederaufrollen des Verfahrens kommt.

Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Verfasst: Montag 25. Oktober 2010, 18:43
von Gamaliel
kathnews: Ein Kommentar von Dr. Andreas Janker

(K)ein Austritt oder "jeder Skandal ist besser als der Verzicht auf die Wahrheit"

Daraus:
Am 16.Oktober wurde ich zudem von einem Schreiben des Katholischen Kirchensteueramts Augsburg in Kenntnis gesetzt, dass beim Bürgermeister von Altomünster Widerspruch eingelegt und beantragt wurde, die Standesamt-Bescheinigung wegen "Formfehler" zurückzunehmen. Da man also jetzt versucht, urplötzlich dem Standesamt die Schuld zu geben, dass es meine Erklärung nicht annehmen hätte dürfen, möchte ich hier versuchen, einiges ins rechte Licht zu rücken.

Zur weiteren Vorgangsweise heißt es:
Ich warte nun, wie es weiter geht und wie man mit mir verfahren wird, nachdem ich am 20.Oktober das Dekret des Erzbischöflichen Konsistoriums München vom 29. September erhalten habe, dass das erhaltene Dekret des Bischöflichen Offizialats Regensburg vom 13.Juli aufgehoben wird und meine Feststellungsklage erneut durch das erstinstanzliche Bischöfliche Gericht Regensburg zu prüfen ist. Und ich bin auch sehr gespannt auf die nächste Antwort aus dem Vatikan, da ich Anfang September Rekurs an das Oberste Gericht der Apostolischen Signatur eingelegt habe, nachdem ich ja keine Antwort von der Bischofskongregation erhalten habe (Verwaltungsakt ohne Begründung, vgl. can. 51 CIC).