Justus hat geschrieben:Und was genau ist das Stundengebet? Ich habe es mir immer so vorgestellt, dass man zu jeder vollen Stunde ein Gebet verrichtet. So ist das wohl nicht zu verstehen?
Nein, so nicht.
In der frühen Kirche haben sich schon bald bestimmte Zeiten - also "Stunden" - für das persönliche oder gemeinschaftliche Gebet herausgebildet, erst in den Gemeinden, wo es teils Zusammenkünfte gab, teils das persönliche Gebet zu Hause empfohlen wurde (kann man z.B. in der "Traditio apostolica" nachlesen, die im 3. Jahrhundert in Rom entstanden ist) und dann natürlich auch in den Klöstern. Nach dem Psalmwort "sieben Mal am Tag singe ich dein Lob wegen deiner gerechten Entscheide" (Ps 119,164) sind z.B. in der Regel des heiligen Benedikt sieben Gebetszeiten am Tag und zusätzlich nach einem andern Psalmwort ("Um Mitternacht stehe ich auf, um dich zu preisen wegen deiner gerechten Entscheide", Ps 119,62) eine Gebetswache in der Nacht vorgesehen:
in der Nacht die
Vigilien,
bei Sonnenaufgang die
Laudes,
zur ersten Stunde (ca. 7 h) die
Prim,
zur dritten (ca. 9 h) die
Terz,
zur sechsten (etwa Mittag) die
Sext,
zur neunten (ca. 15 h) die
Non,
gegen Abend die
Vesper,
zum Tagesabschluß die
Komplet.
Dabei wurden alle Psalmen mindestens einmal in der Woche gebetet.
Diese Gebete wurden dann in ihrem ganzen Umfang auch für Priester verpflichtend, die aber wegen ihrer Aufgaben in der Gemeinde nicht die Zeiten einhalten konnten, sondern alles irgendwann, wenn sie Zeit hatten, beteten.
Bei der Liturgiereform der 60er/70er Jahre hat man da einiges geändert - aus der Vigil wurde eine "Lesehore", die nicht auf eine Tageszeit festgelegt ist; die Prim fiel ganz weg; von den drei Horen (= Gebetszeiten) Terz, Sext und Non muß nur noch eine gebetet werden. Dafür sollen die Horen wieder zu den entsprechenden Zeiten gebetet werden, also die Laudes am Morgen, die Vesper am Spätnachmittag oder frühen Abend, dazwischen eine der kleinen Horen (die, die der Zeit, zu der man betet, am ehesten entspricht), die Komplet zum Tagesabschluß.