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Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 14:11
von Kilianus
Verkündigung ist also, wenn man der Mauer links vom Altar einen Text vorliest, und zwar auf Latein, weil die Mauer so alt ist, daß sie das viel besser versteht als zeitgenössisches Deutsch?

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 14:31
von Firmian
Naja, wer halt den Ritus so liebt, wie er ist (und das sind ja die Leute, die in den "alten" Messen sitzen), tut es natürlich weh, wenn da was geändert wird.

Gläubige, die das lateinische Evangelium auf der Evangelienseite für völlig überflüssig halten, da es ja eh nochmal auf Deutsch kommt, gehen in solche Messen höchstwahrscheinlich gar nicht hin.

Also, mich würde es auch stören. Und ich bin absolut kein "sola forma extraordinaria"-Vertreter, im Gegenteil bin ich quantitativ viel öfter in Messen der ordentlichen Form. Aber wenn ich in eine alte Messe gehe, will ich's da schon so, wie's im Meßbuch steht.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 14:36
von Firmian
Gehört nicht zum Thema, aber vielleicht trotzdem ein interessantes Detail:

Ich habe mal ein antiquarisches Buch zur Liturgik aus dem Jahr 1900 (also kurz vor dem Pontifikat Pius X., der ja mehr Beteiligung der Gläubigen forderte) gekauft, da steht nach dem Evangelium: "An dieser Stelle der Messe wurde früher die Predigt gehalten. Nach heutiger Praxis erfolgt die Predigt vor Beginn der Messe".

Das habe ich sonst noch nie gehört, wird aber wohl stimmen.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 14:46
von Linus
Kilianus hat geschrieben:Verkündigung ist also, wenn man der Mauer links vom Altar einen Text vorliest, und zwar auf Latein, weil die Mauer so alt ist, daß sie das viel besser versteht als zeitgenössisches Deutsch?
Naja, wenn das Volk schweigt müßen die Steine schreien, damit die aber auch wissen was wirds ihnen vorgetragen :roll:

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 15:13
von Kilianus
Firmian hat geschrieben:Naja, wer halt den Ritus so liebt, wie er ist (und das sind ja die Leute, die in den "alten" Messen sitzen), tut es natürlich weh, wenn da was geändert wird.
Genau das ist die Haltung, mit der ich ein Problem habe. Das ist nicht Traditionsverbundenheit, das ist Nostalgie. Kirchen sind kein lebendiges Wachsfigurenkabinett.

Ich bin der Meinung, daß vieles in der ao. Form besser gelöst war. Zum Beispiel die Zelebrationsrichtung. Es gibt da aber auch einige Dinge, die man offenbar nicht so richtig begründen kann, die sich halt im Lauf der Jahrhunderte "eingeschlichen" hatten. Zum Beispiel, daß "Verkündigung" ein Murmeln in Richtung der linken Chorwand sein soll. Hieße traditionsverbundene Straßenmission dann, daß man dem Gullydeckel aus der Schrift vorliest?

Übrigens gibt's auch Barockkirchen, die haben neben der Kanzel auch noch zwei Ambonen. Wofür wurden die eigentlich genutzt? (Die Frage ist nicht rhetorisch gemeint.)
Aber wenn ich in eine alte Messe gehe, will ich's da schon so, wie's im Meßbuch steht.
Ich plädiere überhaupt nicht dafür, daß jetzt auch in der ao. Form jeder Zelebrant anfängt, das zu machen, was ihm persönlich gerade richtig, pastoral notwendig oder sonst irgendwie wünschenswert erscheint. Nur: In dem Fall ist es ja offiziell durch Summorum pontificum geregelt.

Davon mal abgesehen: Auch gehorsame Katholiken dürfen sich darüber Gedanken machen, ob alles sinnvoll ist, was im 1962er Missale steht. Beim 1970er erlauben wir uns das ja auch.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 15:51
von Firmian
Kilianus hat geschrieben: Davon mal abgesehen: Auch gehorsame Katholiken dürfen sich darüber Gedanken machen, ob alles sinnvoll ist, was im 1962er Missale steht. Beim 1970er erlauben wir uns das ja auch.
Selbstverständlich. Das hat ja auch das Vatikanische Konzil annähernd einstimmig beschlossen, daß was geändert wird (auch wenn manche dann mit den Änderungen nicht einverstanden waren.)

Und durch die Karfreitagsfürbitte hat sich ja auch was geändert.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 15:58
von Firmian
Kilianus hat geschrieben:Das ist nicht Traditionsverbundenheit, das ist Nostalgie. Kirchen sind kein lebendiges Wachsfigurenkabinett.
:jump: Sehe ich grundsätzlich genauso. Bei manchen Postern warte ich noch auf die Forderung, daß man in der Messe nur Kleidungsstücke und Frisuren in der Mode von 1962 und früher tragen dürfe.

Aber das lat. Evangelium - immerhin ist eine ganze Kirchenseite danach benannt, der Vortrag auf der linken Seite hat also auch eine kulturgeschichtliche Bedeutung, das sollte man nach meiner unmaßgeblichen Meinung so belassen, mit dem doppelten Vortrag.

Von mir aus kann man die parallele deutsche Verlesung obligatorisch machen.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 16:16
von Kilianus
Firmian hat geschrieben: Bei manchen Postern warte ich noch auf die Forderung, daß man in der Messe nur Kleidungsstücke und Frisuren in der Mode von 1962 und früher tragen dürfe.
Was das Volk trägt, ist doch egal. Ist an der Messe ja nicht kostitutiv beteiligt. ;)

Aber die Brillen der Zelebranten! Da sollte man wirklich nur Gestelle zulassen, die schon vor 1962 getragen wurden!
Aber das lat. Evangelium - immerhin ist eine ganze Kirchenseite danach benannt, der Vortrag auf der linken Seite hat also auch eine kulturgeschichtliche Bedeutung, das sollte man nach meiner unmaßgeblichen Meinung so belassen, mit dem doppelten Vortrag.
Hm. Kulturgeschichte allein ist mir zu wenig. Das ist wie beim Dies irae: Wenn wir dessen Text inhaltlich nicht rechtfertigen können, dann können wir ihn liturgisch auch nicht mit der Begründung verwenden, er habe kulturgeschichtlich so viele tolle Vertonungen inspiriert.

Woran hängst Du - an der Seite? Man könnte für Epistel und Evangelium auch zwei dem Volk zugewandte Ambonen verwenden. (Gibt's in manchen Kirchen ja auch, Abteikirche Münsterschwarzach fällt mir spontan ein.) Oder an der Sprache? Schöner finde ich's persönlich ja auch auf Latein. Aber das ist genau der Subjektivismus, von dem wir in den letzten 40 Jahren genug hatten.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 16:49
von Firmian
Tja, das ist sowieso schwer rational zu begründen, warum einem die alte Messe gefällt. Besonders von Leuten wie mir, die an der gleichwertigen Gültigkeit von NOM-Messen keinen Zweifel hegen.

(Und das "dies irae" wird in Totenmessen nach der alten Form natürlich noch gebetet. Schon 2x in Werktagsmessen erlebt, die ohne vorherige Ankündigung [naja, Todesfälle sind ja auch schwer vorauszuplanen] als Totenmesse gefeiert wurden. Wobei, wenn man Mozarts "dies irae"-Vertonung kennt, ich schon etwas komisch finde, wenn der Text dann nur gesprochen [um nicht zu sagen, "runtergerattert"] wird. Insbesondere, weil sich's ja reimt und in Versform gesetzt ist.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 17:05
von Kilianus
Nun, ich denke schon, daß auch bei liturgischen Fragen rational argumentiert werden muß. Sonst singen wir eben doch "Herr Deine Liebe" zum Credo, weil's irgend jemandem besser gefällt. Und nehmen statt Wein Traubensaft, weil dann auch Kinder unter beiden Gestalten kommunizieren können und das auch irgend jemand irgendwie gut findet.

Und warum die Zelebration versus Deum angemessener ist, läßt sich meiner Meinung nach durchaus rational begründen. Genauso, warum Latein einen - vorsichtig gesagt - gewichtigen Raum in der Liturgie der römischen Kirche behalten (bzw. zurückbekommen) muß. Tja, und vielleicht findet ja einer der Tradis hier tatsächlich noch eine Begründung dafür, warum es sinnvoll ist, daß man das Ev. murmelnd Richtung Wand verkündet? (Ich wüßt' ja eine. Aber sie überzeugt mich nicht ganz. :mrgreen:)

Was das Dies irae angeht: Ich hab' ja auch gar nichts gegen den Text. Wer behauptet, hier würde ein unbarmherzig strafender Gott beschrieben, muß das Teil halt mal bis zum Ende durchlesen.

Im übrigen könnte ich mich jedesmal scheckig lachen, wenn ich die Lieder der "Messe für Verstorbene" im Gotteslob-Eigenteil des Bistums Würzburg aufschlage. Da ist für "nach der Lesung" ein Lied vorgesehen, in dem Sätze vorkommen wie: "Der Posaune Schall erweckt alle, die entschlafen; / dreimal heilig ist der Herr, muß mit Strenge strafen. / Offne und geheime Sünden, alles wird sein Auge finden."

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 17:16
von Firmian
Zumindest bei der FSSP in Wien wird das Evangelium übrigens nicht gemurmelt, sondern.... Ja, in den Sonntagshochämtern wird's eh gesungen, und in den Werkatagsmessen ist's schon so laut wie alles andere (wenn man vorne sitzt, versteht man's ;-))

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 17:24
von Kilianus
Ich dachte, die ersten Reihen bleiben in beiden Formen des römischen Ritus unbesetzt :D

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 17:38
von Firmian
Ja, das Jesuswort mit der Hochzeit, bei der man sich erst auf die schlechten Plätze setzen soll, damit man nach vorn bestellt wird, wird wirklich beherzigt.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 18:02
von Kilianus
Ha! Womit auch klar wäre, was die dringendste ökumenische Forderungen an die Orthodoxen ist: Ein paar erste Bankreihen müssen in ihre Kirchen, damit sich dort - dem Wort unseres Herrn und Erlösers gehorsam und getreu seiner göttlichen Weisung - keiner hinsetzt!

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 18:03
von Firmian
:D

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 19:49
von Jacinta
Kilianus hat geschrieben:"Der Posaune Schall erweckt alle, die entschlafen; / dreimal heilig ist der Herr, muß mit Strenge strafen. / Offne und geheime Sünden, alles wird sein Auge finden."
Vielleicht kommt ja mal der Tag, an dem Dir das Lachen vergehen wird. Ich halte es für möglich, dass Gott straft. Eltern, die ihre Kinder lieben, müssen sie auch strafen können - und zwar aus Liebe! Warum sollte das bei unserem Vater im Himmel so viel anders sein?

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 20:00
von anneke6
Kilianus hat geschrieben:Ha! Womit auch klar wäre, was die dringendste ökumenische Forderungen an die Orthodoxen ist: Ein paar erste Bankreihen müssen in ihre Kirchen, damit sich dort - dem Wort unseres Herrn und Erlösers gehorsam und getreu seiner göttlichen Weisung - keiner hinsetzt!
Paterr Theodoros meint aber, daß man zur Epistellesung sitzen soll…

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 20:03
von Kilianus
anneke6 hat geschrieben:Paterr Theodoros meint aber, daß man zur Epistellesung sitzen soll…
So lange er das nicht auf die ersten Reihen bezieht, ist ja alles in Ordnung. ;D

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 20:05
von Firmian
Jacinta hat geschrieben:
Kilianus hat geschrieben:"Der Posaune Schall erweckt alle, die entschlafen; / dreimal heilig ist der Herr, muß mit Strenge strafen. / Offne und geheime Sünden, alles wird sein Auge finden."
Vielleicht kommt ja mal der Tag, an dem Dir das Lachen vergehen wird. Ich halte es für möglich, dass Gott straft. Eltern, die ihre Kinder lieben, müssen sie auch strafen können - und zwar aus Liebe! Warum sollte das bei unserem Vater im Himmel so viel anders sein?
Ich bin zwar nicht Kilianus, aber hier liegt sicher ein grobes Mißverständnis vor.

Es geht ihm sicher darum, daß das "dies irae" aus pastoralen Gründen verboten ist (außer in der ao Form), weil es nicht mehr dem theologischen Stand entspräche, aber gleichzeitig bei "modernen" Totenmessen ein Lied gesungen wird, das mehr oder weniger die deutsche Übersetzung des "dies irae" darstellt.

Ich glaube nicht, daß er sich über das Strafen als solches lustig macht.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 20:12
von Kilianus
Jacinta hat geschrieben:
Kilianus hat geschrieben:"Der Posaune Schall erweckt alle, die entschlafen; / dreimal heilig ist der Herr, muß mit Strenge strafen. / Offne und geheime Sünden, alles wird sein Auge finden."
Vielleicht kommt ja mal der Tag, an dem Dir das Lachen vergehen wird. Ich halte es für möglich, dass Gott straft. Eltern, die ihre Kinder lieben, müssen sie auch strafen können - und zwar aus Liebe! Warum sollte das bei unserem Vater im Himmel so viel anders sein?
Liebe Jacinta,

ich haben den Eindruck, Du mißverstehst mich. Mein Amüsement bezog sich nicht auf das uns allen bevorstehende Endgericht als solches, sondern auf diese offensichtliche kleine Panne im liturgierformerischen Furor.

Einerseits verbannt man das Dies irae aus dem liturgischen Gebrauch, weil diese Sequenz angeblich einen ach so strafenden, gar rachsüchtigen Gott zeigt.

Und andererseits rutscht dann ein Lied in einen Diözesananhang, das eine freie Übertragung des Dies irae ist, das auch da gesungen werden soll, wo die Sequenz im liturgischen Ablauf hingehört, und das die Vorlage auch noch zuspitzt. Daß Gott "mit Strenge strafen muß", steht jedenfalls nicht im Original und ist im übrigen theologischer Käse: Gott muß gar nix, wer sollte ihn zwingen?

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 20:33
von anneke6
Das wäre auch nicht die erste Nachdichtung des Dies Irae, die "heftiger" ist als das Original.
Auch die polnische Nachdichtung W gniewu dzień, w tę pomsty chwilę...(von Leopold Staff) ist kräftiger als das das Original, würde ich sagen.
Aber das Dies Irae ist schon ein faszinierendes Gedicht…

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 21:01
von Kilianus
Mors stupebit... Den Tod höchstpersönlich erschauern zu lassen, ist schon rein lit(t)erarisch grandios...

Wie heißt eigentlich dieser Strang noch mal? Wann droht uns der Tag des Zorns des Moderators?

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 21:11
von Firmian
Naja, das Dies irae beruht ja auf einem biblischen Text, dem Propheten Zephania. Daher sind wir ja nicht so falsch hier.

(Na gut, das weiß ich auch erst seit fünf Minuten, aus der Wikipedia. :mrgreen: )

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 21:40
von maliems
Kilianus hat geschrieben:Verkündigung ist also, wenn man der Mauer links vom Altar einen Text vorliest, und zwar auf Latein, weil die Mauer so alt ist, daß sie das viel besser versteht als zeitgenössisches Deutsch?
Natürlich. Sonst würde das ja so nicht praktiziert.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 22:02
von Kilianus
Und in neugebauten FSSPX-Kirchen? Laß mich raten: Da kriegen die Steine bevor sie verbaut werden eine Katechese, die sich gewaschen hat. Nicht so Wischi-Waschi-Amtskrichen-Modernismus. Und hinterher können sie dann besser Latein als alles andere, gell?

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 22:27
von maliems
Ich habe mich noch nie für Steine interessiert.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 22:36
von Kilianus
Müßtest Du ja auch nur, wenn Du Priester wärst und in der alten Messe das Evangelium vortrügest.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 22:42
von maliems
nö. die interessieren sich egtl auch nicht dafür.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 22:46
von Firmian
(Der Hl. Franziskus hat Vögeln und Fischen gepredigt, warum nicht auch mal Steinen das Evangelium verkünden?)

Aber zurück zum Ernst: Ich sehe die Messe als "Gesamtkunstwerk", da sollte man jetzt nichts rausschneiden.

Es ist aber sicher nicht heilsentscheidend.

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2008, 23:26
von Kilianus
Ästhetizismus überzeugt mich genauso wenig wie Nostalgie.

Verfasst: Montag 13. Oktober 2008, 12:32
von overkott
Die Liturgie ist die Bibel der Armen vor Gott.

Re: Welche Bibel lesen...

Verfasst: Mittwoch 3. Juni 2009, 21:39
von Fridericus
Ich glaube meine Frage passt am besten hierher, darum...


Kann mir jemand eine gute vorkonziliare deutsche Bibelübersetzung empfehlen?