Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
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ottaviani
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Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von ottaviani »

wurde Paul VI von Mgr Bugnini belogen?
eine Alte Debatte flammt wieder auf
ein angebliches Gespräch zwischen Paul VI und Hw. P. Louis Bouyer als dieser die Reformkomission verlassen hat
http://www.summorum-pontificum.de/
dieser Hw. Pater ist gemeint
http://de.wikipedia.org/wiki/Louis_Bouyer

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cantus planus
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von cantus planus »

ottaviani hat geschrieben:wurde Paul VI von Mgr Bugnini belogen?
eine Alte Debatte flammt wieder auf
ein angebliches Gespräch zwischen Paul VI und Hw. P. Louis Bouyer als dieser die Reformkomission verlassen hat
http://www.summorum-pontificum.de/
dieser Hw. Pater ist gemeint
http://de.wikipedia.org/wiki/Louis_Bouyer
Das wäre eine Sensation. Ich gestehe aber meine Skepsis gegenüber dem Text, dessen Quelle nicht genannt wird. Auch scheint mir der Ton von P. Bouyer gegenüber dem Papst sehr merkwürdig. Es könnte sich hier um einen traditionalistischen Wunschgedanken handeln, dass ein solches Gespräch tatsächlich stattgefunden haben könnte. Solange weitere Informationen nicht vorliegen, sollte man das nicht weiterreferieren.

Wenn es hingegen stimmen sollte, wäre das eine echte Sensation, wie ich oben schon erwähnte. In diesem Fall wäre die Erklärung für Bugninis zweite Versetzung in die Pampa (nach der ersten durch Johannes XXIII.) eindeutig.
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cantus planus
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von cantus planus »

Vor allem drängt sich mir die Frage auf: Wenn solche Dokumente existieren, und gewisse Kreise offenbar genau wissen, bei wem, warum veröffentlicht man sie dann nicht? Das wäre absolut notwendig - und hätte längst geschehen müssen, wenn es wahr wäre.
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Bernado
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Bernado »

cantus planus hat geschrieben:Vor allem drängt sich mir die Frage auf: Wenn solche Dokumente existieren, und gewisse Kreise offenbar genau wissen, bei wem, warum veröffentlicht man sie dann nicht? Das wäre absolut notwendig - und hätte längst geschehen müssen, wenn es wahr wäre.
Nun, das kennt man ja, daß Dokumente unter Berufung auf Urheberrechte (von Erben) für Jahrzehnte unter Verschluß gehalten werden. Aber selbst eine Veröffentlichung würde wenig ausrichten - wie Ottaviani bereits angedeutet hat, sind diese Dinge ja nicht gänzlich unbekannt. Es gibt bisher nur keine gerichtsfesten Beweise.

Rund um einzelne Konzilsdokumente und eben auch um die Liturgiereform sind Dinge abgelaufen, aus denen man einen Krimi machen könnte. Und das Schönste ist: Das ist überhaupt nichts neues. In früheren Zeiten kam es ja sogar vor, daß Partei A den Papst kidnappte, um Konzilsentscheidungen in ihrem Sinn zu ezwingen - woraufhin Partei B sich mit König C verbündete, um durch einen Angriff von hinten her A den Boden unter den Füßen wegzuziehen.

Ich schlage jetzt mal "Der Rhein fließt in den Tiber" von Ralph M. Wiltgen auf, um das eine oder andere moderne Gegenstück dazu zu finden. Wird dann hier gepostet.
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ottaviani
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von ottaviani »

ich hab letztes Wochenende einen Verschwörungstheorie Autor für das Thema interessiert vielleicht wird ja ein Krimi draus

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Juergen
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Juergen »

Es ist doch wurscht ob die Story stimmt oder nicht stimmt.
Gruß Jürgen

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ottaviani
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von ottaviani »

Nein ganz und gar nicht

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cantus planus
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von cantus planus »

Eben. Die praktischen Auswirkungen sind zwar dieselben. Die Beurteilung der nachkonziliaren Brüche würde es aber schwer beeinflussen.
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Maurus
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Maurus »

Die laufen also mit irgendwelchen Änderungsvorschlägen zum Papst und der sagt bloß: "OK, ihr seid ja die Experten, also wird das schon stimmen"?

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cantus planus
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von cantus planus »

Der ganze Kram ist von Paul VI. dann ja auch approbiert worden. Hätte er zu diesem Zeitpunkt von einem Verrat Bugninis gewusst, hätte er darauf ja einfach verzichten, ihn in die Wüste und dann die Kommission neu einberufen können. Mir kommt das Ganze einfach zu absurd vor. Wie gesagt: bis zur Beibringung eines hieb- und stichfesten Beweises für diese Aussagen glaube ich nicht daran.
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Juergen
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Juergen »

Maurus hat geschrieben:Die laufen also mit irgendwelchen Änderungsvorschlägen zum Papst und der sagt bloß: "OK, ihr seid ja die Experten, also wird das schon stimmen"?
So will es der oben verlinkte Text zumindest suggerieren.


Ich habe aber eher den Eindruck, daß Paul VI. so ignorant wohl kaum war.
1967-04-19- SS Paulus VI - Oratio ‘Iuvat Nos Gratum’

DISCORSO DI PAOLO VI A CHIUSURA DELL’VIII SESSIONE PLENARIA DEL «CONSILIUM AD EXEQUENDAM CONSTITUTIONEM DE SACRA LITURGIA»
Mercoledì, 19 aprile 1967

Venerabiles Fratres ac dilecti filii,

Iuvat nos gratum pandere animum, Purpurato Ecclesiae Patri Iacobo Lercaro quod, nomine etiam totius coetus qui huc convenit, verbis tam egregiis et obsequii plenis Nos est allocutus. Licet his diebus urgeamur occupationibus plurimis, obsecundare tamen voluimus precibus de hac admissione, ut sodales salutaremus istius Consilii ad exsequendam Constitutionem de sacra Liturgia, a Nobis ideo instituti, ut studeret libris liturgicis ritus Latini secundum mentem et normas Concilii nuper peracti recognoscendis et ut Nobis Nostraeque Sacrae Congregationi Rituum disciplinae praepositae auxiliatricem operam eamque sapientem in re tam implicata tantique momenti praeberet.
Consilium istud sane dignum est ut denuo ipsi testemur bonam existimationem atque fiduciam Nostram eiusque sodalium animos confirmemus. Novimus enim ex quibus et qualibus viris id sit constitutum, scilicet ex iis qui scientia et amore sacrae Liturgiae sunt valde conspicui; novimus quantam molem rerum tractandarum Consilium debuerit aggredi, quam graves et varias quacstiones expediendas suscipere, quam alacrem procedendi modum, non paulum laboris postulantem, sibi praestituerit, ut temporis spatio, quatenus aequum est, brevi mandatum sibi munus perficeret.
Novimus etiam quibus rationibus primariis opus tam difficile multaeque prudentiae innitatur; sunt autem eae, quae in Constitutione de sacra Liturgia, ad numerum vicesimum tertium, enuntiantur et ab hoc Nostro Consilio fideli memorique animo sunt servatae. Expedit iis honorem habere verba ipsa afferendo: «Ut sana traditio retineatur et tamen via legitimae progressioni aperiatur, de singulis Liturgiae partibus recognoscendis accurata investigatio theologica, historica, pastoralis semper praecedat. Insuper considerentur cum leges generales structurae et mentis Liturgiae, tum experientia ex recentiore instauratione liturgica et ex indultis passim concessis promanans. Innovationes, demum, ne fiant nisi vera et certa utilitas Ecclesiae id exigat, et adhibitma cautela ut novae formae ex formis iam exstantibus organice quodammodo crescant».
Intellegimus igitur haec incepta, quibus operam navatis et ex quibus Apostolica Sedes materiam et argumenta haurit ad praecelsum munus suum exercendum, eo pertinens ut populi Dei preces animet ac moderetur, nonnullos interdum provocare, diversis quidem rationibus, ad repugnandum, varios ac multiplices gignere casus, novas movere quaestiones, non sine quadam interpretatione quae est contra ius et fas, nec sine quodam sermocinandi modo cuius vis est dubia. Quodsi in rerum natura est positum, ut de novitate aliqua minus aeque iudicetur eaque imperfecte ad usum adducatur, attamen Nos officio obstringi sentimus Consilio gratum animum Nostrum et communem probationem significandi. Itaque praeclara haec occasio Nobis offertur ut non solum arduum opus Concilii laudemus ac foveamus, sed etiam Clerum ac Fideles adhortemur ad eius praestantiam recte aestimandam eiusque provehendam efficacitatem.
Ad haec autem quod attinet, tacere nequimus de amaritudine animi Nostri propter nonnulla facta et eventa nonnullasque voluntatum inclinationes, quae felici exitui quem Ecclesia ab assiduis studiis Consilii exspectat, sine dubio minime favent.
Primum ex hoc genere factum spectat ad oppugnationem iniustam parumque reverentem, scripto typis nuper edito illatam Iacobo Cardinali Lercaro, Praesidi illustrissimo et eminentissimo eiusdem Consilii. Cui quidem scripto, ut patet, Nos non consentimus; nam pietatis sensu neminem implet, neque causae prodest, cuius defensio ei est proposita, id est linguae Latinae in sacra Liturgia servandae; quae certo est quaestio digna ad quam diligenter attendatur, sed non eiusmodi ut solvi possit modo qui magno illi principio adversetur, per Concilium confirmato, ex quo precatio liturgica, ad populi captum accommodata, intellegi queat et qui alteri repugnet principio quod ingenii cultu humanae consortionis proprio, nunc expostulatur, principio dicimus ex quo animi sensus intimi et sincerissimi sermone qui in ipsa vulgi consuetudine viget, exprimantur. Omissa ergo quaestione de usu linguae Latinae in sacra Liturgia, cui scripto illo potius detrimentum est allatum, Purpurato Patri Iacobo Lercaro declarare cupimus dolorem Nostrum Nostramque assensionem.
Sed alia de causa afficimur maerore ac sollicitudine, videlicet propter deficientis disciplinae significationes, quae variis in regionibus propagantur, quod pertinet ad cultum communitatis proprium celebrandum; quae quidem haud raro ad quorundam arbitrium consulto conformantur ac saepe formas induunt omnino discrepantes a praeceptis quae in Ecclesia vigent; quod accidit gravi cum perturbatione proborum Christifidelium et causis allatis quae sunt prorsus reiciendae et pacem rectumque ordinem ipsius Ecclesiae in periculum adducunt et funestae sunt propter exempla, animos confundentia, quae pervulgantur. Ad hoc quod attinet, id in memoriam volumus revocare, quod Concilium nuper celebratum de sacrae Liturgiae moderatione decrevit; quae «moderatio ab Ecclesiae auctoritate unite pendet» (Const. Sacros. Conc., n. 22). Sed plus Nostra interest spem enuntiare fore ut Episcopi advigilent eiusmodi rebus quae fiunt, et harmonicam illam rationem cultus catholici in provincia liturgica et religiosa tueantur in quam hoc tempore Concilium subsecuto curae quam maxime assiduae et exquisitae intenduntur. Eandem hanc adhortationem Nostram pertinere volumus ad Familias religiosas quae ut fidelitate et exemplo ad illam rationem nunc potissimum conferant Ecclesia exoptat; eandem Clero et cunctis Fidelibus adhibemus, ne patiantur se exardescere inani studio experimentorum alicuius arbitrio susceptorum, sed ut magis conentur ritus ab Ecclesia praescriptos ad perfectionem absolutionemque adducere. Haec hortatio etiam unum e muneribus istius Consilii propriis attingit, cuius nempe est singula experimenta liturgica sapienter moderari quae digna esse videantur ut cum officii conscientia et considerate in usum recipiantur.
Verumtamen graviore etiam de causa afflictamur, quad animorum quaedam propensio propagatur eo tendens ut Liturgia, si hoc nomine adhuc appellari potest, «sacra indole exuatur», quemadmodum dicere audent, et una cum ea, quod necessarie consequitur, ipsa christiana religio. Hic novus mentis habitus, cuius turbidus veluti fons non difficulter detegitur et in quo, uti contendunt, nititur haec eversio germani cultus catholici, tales inducit perturbationes in doctrinam, disciplinam et rem pastoralem, ut eum erratum censere non dubitemus. Hoc cum animi dolore dicimus non solum propter spiritum legibus canonicis adversantem novarumque rerum acrius studiosum, qui inconsulte ostenditur, sed etiam, immo magis, propter dissolutionem religionis quam necessarie secum fert.
Haud ignoramus quodvis inceptum doctrinamque, quae pervulgantur, non tenuem partem veritatis posse continere, et novitatum fautores posse homines bonos esse et eruditos; atque Nos semper sumus parati ea respicere quae in quavis re «ecclesiali» sunt praestantia et probanda. Sed non licet Nobis celare, vos praesertim, periculum perniciei spiritualis quam res praedicta Nobis videtur posse inferre.
Ut tantum propulsetur discrimen, ut eadem re fortasse allecti homines, commentarii per intervalla editi, instituta iterum componantur ad operam auxiliatricem fructuose sapienterque praebendam Ecclesiae Dei, ut doctrina et normae Concilii Oecumenici defendantur, vos, potius quam ceteri, vocamini ad illam faciem sacrae Liturgiae describendam, qua eius veritas, pulchritudo, indoles spiritualis commonstrentur et ex qua clarius in dies mysterium paschale, in eadem vigens, perluceat, ad gloriam Dei et ad interiorem renovationem plurimorum hominum nostrae aetatis qui vagantes non attendunt quidem sed siti laborant.
Probe confidimus fore ut haec feliciter eveniant, opitulante Deo, si gravitatem, qua ad opus vestrum incumbitis, eiusdemque momentum et priores instaurationis liturgicae exitus perpendimus, qui, quadam ex parte, reapse sunt prosperi et meliora etiam pollicentur. Germana precatio Ecclesiae in communitatibus popularibus nostris revirescit: hoc sane pulcherrimum est et optimae spei indicium, quod aetas nostra, tam perplexa, inquieta simulque plena vigoris terreni, ante oculos ponit cuiusvis hominis Christi amore incensi.
Pergite ergo animo sereno et alacri opus vcstrum: «Deus id vult»: ita dicere possumus, ad honorem suum, ad vitam Ecclesiae, ad mundi salutem; semperque vos prosequetur Benedictio Apostolica Nostra.
Gruß Jürgen

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Bernado
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Bernado »

Zur Illustration der Umgangsformen der Neuerer mit dem Papst zitiere / referiere ich hier aus dem Buch von P. Ralph M. Wiltgen S.V.D: Der Rhein fließt in den Tiber. Der Amerikaner Wiltgen ist kirchenpolitisch nicht besonders hervorgetreten, er war als junger Priester im Pressebüro des Konzils tätig, sein Buch erschien 1988.

Das Buch ist von der ersten bis zur letzten Seite hoch interessant, hier ein paar Stellen aus dem, was er über das Zustandekommen der Vorbemerkung zum 3. Kapitel der Konstitution über die Kirche schreibt - dieses Kapitel behandelt das Thema Kollegialität, in dem Papst Paul Fachmann war:
S. 235 hat geschrieben: Papst Paul hatte bereits als Priester und später als Kardinalerzbischof von Mailand die hierarchische Struktur der Kirche gründlich studiert und ebenso das Problem der Kollegialität. Als Papst hielt er sich auf der Höhe der neuesten Theo logischen Literatur und der neuesten Entwicklungen auf diesem Gebiet. In den offiziellen Archiven der Vorbereitungsperiode des Konzils ist sein Name auf Dokumenten zu finden, die um eine nähere Bestimmung der den Bischöfen nach dem Willen Christi in der Regierung der Kirche eigenen Gewalten und Charismen ersuchen. Nachdem er Papst geworden war, informierte er die Theologi sche Kommission über seine Ansichten und gewann den Eindruck, daß sie sie teile.
Dieser Eindruck täuschte. Die Vorbereitungskommission erstellte einen Text, in dem die Kollegialität in einem extrem einebnenden Sinn verstanden wurde. Ein gewisser Erzbischof Staffa bemerkte, daß ein Teil dieses Schemas Sätzen des italienischen Jesuiten Bolgeni (1733 - 1811) entsprach, die seinerzeit (also Lange vor Vatikan I) als "unannehmbar und der gesunden Überlieferung der Kirche fremd" ausdrücklich verworfen worden waren.

Eine von 70 Bischöfen unterstützte Wortmeldung Staffas, mit der er darauf aufmerksam machen wollte, wurde vom Sitzungspräsidium abgewiesen. Bei einer anschließenden Abstimmung gab es 1624 Jastimmen, 572 Ja-Stimmen mit Änderungsauflagen und 42 Neinstimmen. Der größte Teil der Änderungsauflagen unterstützte die Position Staffas.

Dennoch wurden diese Änderungswünsche bei der weiteren Redaktion nicht berücksichtigt. Staffa und seine Unterstützer wandten sich daraufhin in einem Brief an den Papst:
S. 237-238 hat geschrieben:Der Brief informierte den Papst, daß alle seine Unterzeichner überzeugt seien, daß in dem Schema eine extreme Form von Kollegialität enthalten sei und daß sie im Gewissen gehalten sein würden, dagegen zu stimmen. Erzbischof Staffa erhob die Beschuldigung, daß ihm die Sprecherlaubnis von den Moderatoren in illegaler Weise verweigert worden sei. Nach Empfang des Briefs verlangte Papst Paul eine offizielle Untersuchung dieser und anderer behaupteter Verletzungen der Konzilsstatuten und gab die in dem Brief dargelegten theologischen Ansichten zur Behandlung an die TheologischeKommission weiter.

Inzwischen hatten 35 Kardinäle und die Generaloberen von fünf sehr großen Orden an den Papst geschrieben und erklärt, daß der Text des Schemas über Kollegialität zwar den Anschein biete, die gemäßigte liberale Ansicht zu vertreten, daß er jedoch tatsächlich zweideutig sei und nach Schluß des Konzils im Sinn der extrem liberalen Ansicht interpretiert werden könne.

Der Papstfand es schwer, dies zu glauben und sandte dem Kardinal, der an der Spitze der Unterzeichner stand, eine Antwort, in der er die in dem Brief vorgebrachten Argumente angriff. Hierauf ging der Kardinal im Namen der anderen Mitglieder der Gruppe zum Papst und legte die Gründe für ihren Verdacht dar. Doch der Papst tat keinen Schritt.
Der Kardinal schlug sodann vor, daß den Theologen seiner Gruppe erlaubt werden möge, die Frage in Gegenwart des Heiligen Vaters mit seinen Theologen zu diskutieren, doch der Heilige Vater stimmte diesem Plan nicht zu. Er bat den Kardinal gleichwohl, die Theologen seiner Gruppe zu nennen, und als er drei nannte, wirkte der Papst auf einmal sichtlich verstört, da sie sehr bekannt waren und er sie hochschätzte. Wieder tat er keinen Schritt und erinnerte daran, daß der Text über Kollegialität mit weit über der erforderlichen Mehrheit angenommen worden sei. Vor Abgabe ihrer Stimme, sagte er, hätten die Konzilsväter der Sache sicherlich gründliches Studium angedeihen lassen und viel Gebet gewidmet. Der Kardinal entschuldigte sich für die Bemerkung, daß er diese Meinung nicht von ganzem Herzen teilen könne. Doch der Papst tat noch keinen Schritt infolge seines großen Glaubens an die Theologische Kommission.

Nun machte einer von den extremen Liberalen den Fehler, schriftlich auf einige von diesen zweideutigen Passagen Bezug zu nehmen und anzugeben, wie sie nach dem Konzil interpretiert werden würden. Dieser Text fiel der obenerwähnten Gruppe von Kardinälen und Generaloberen in die Hände, deren Vertreter ihn dem Papst brachten. Papst Paul erkannte endlich, daß er getäuscht worden war, brach zusammen und weinte.

Was dagegen tun? Da der Text des Schemas keine positiv falsche Behauptung enthielt, sondern bloß zweideutige Termini benützte, konnte die Zweideutigkeit geklärt werden durch Anfügung einer sorgfältig gefaßten Erklärung an den Text. Dies war der Ursprung der erläuternden Vorbemerkung, die an das Schema angehängt wurde.

Am 10. November 1964 instruierte Papst Paul unverzüglich den Staatssekretär, an Kardinal Ottaviani zu schreiben des Inhalts, daß noch einige Punkte in dem Schema seien, die genauer abgefaßt werden müßten. Im besonderen wünschte er eine ausdrückliche Erklärung, daß ein notwendiges und wesentliches Konstituens der kollegialen Autorität der Bischöfe die Zustimmung des Papstes sei. In dem Brief waren weitere Änderungsvorschläge enthalten, die den Text klarer machen würden und die - der Papst bestand darauf - in den Text eingefügt werden mußten, bevor er ihm seine Unterstützung geben und ihn promulgieren könne. Und um es absolut sicher zu machen, daß nach dem Konzil niemand womöglich die extrem liberale Interpretation über den Kollegialitätsbegriff stülpen könne, mußte die "Theologische Kommission eine erläuternde Vorbemerkung verfassen, die diesem speziellen Kapitel vorausgehen sollte. Die Bemerkung und die vorgeschlagene Änderungen, so stand in dem Brief, würden vielen Konzilsvätern Sicherheit geben und eine breitere Annahme des Textes ermöglichen.
Wiltgen schildert dann das anschließende Hin und Her, das schließlich mit der Verlesung von einigen Verlautbarungen des Generalsekretärs der Kommission endete:
S. 241 hat geschrieben:Die dritte Verlautbarung hatte folgenden Wortlaut: "Schließlich werden die Väter hiermit von der Oberen Autorität (=der Papst) über eine erläuternde Vorbemerkung in den Einschränkungen zu Kapitel 3 des Schemas über die Kirche informiert. Die in diesem enthaltene Lehre muß in Übereinstimmung mit dem Sinn und Tenor dieser Vorbemerkung erklärt und verstanden werden." Er verlas darauf den vollständigen Text, wie er in der Broschüre erschienen war, mit den Einschränkungen zu Kapitel 3, die am Samstag verteilt worden waren, jedoch mit einem wichtigen Unterschied: Diesmal wurde die Vorbemerkung der Aufmerksamkeit der Konzilsväter durch den Papst empfohlen statt durch die Theologische Kommission. Ferner dehnte der Papst die Interpretation der Vorbemerkung ausdrücklich auf das ganze Kapitel 3 aus und nicht nur auf die Einschränkungen.
Die genaue theologische Terminologie der erläuternden Vorbemerkung machte es über jeden Zweifel erhaben, daß die Interpretation, die der von dem Schema gelehrten Begriff der Kollegialität erfahren sollte, die gemäßigt liberale war.
Das hat natürlich dennoch nicht verhindert, daß die Aussagen der Konstitution nach dem Konzil vielfach entgegen der vom Papst durchgesetzten Vorbemerkung interpretiert wurden. Die von (dem von Kardinal Ratzinger hoch geschätzten Autor) Michael Davies in vielen Konzilstexten lokalisierten "Zeitbomben" sind keine sedisvakantistischen Spinnereien, sondern traurige Realität. Der Kampf um die in Kontinuität mit der Tradition stehende Interpretation der Konzilstexte hatte so bereits auf dem Konzil begonnen.
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Juergen
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Juergen »

Geht es hier um die kollegialität der Bischöfe oder darum, wie die liturgischen Texte möglicherweise entstanden sein könnten?

:hmm:
Gruß Jürgen

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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Bernado »

Juergen hat geschrieben:Geht es hier um die kollegialität der Bischöfe oder darum, wie die liturgischen Texte möglicherweise entstanden sein könnten?

:hmm:
Es geht darum, auf welche Weise und mit welchen dirty tricks Papst Paul VI. in den wilden Reformjahren von ehrenwerten Bischöfen und Kardinälen getäuscht wurde, denen er vertrauen zu können glaubte.
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Juergen »

Dahinter stehen vor allem die absurdesten Verschwörungstheorien, die gerne vor allem von sog. Traditionalisten gestreut werden.



Nebenbei. Elvis [Punkt]
Gruß Jürgen

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ad_hoc
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von ad_hoc »

Juergen hat geschrieben:Dahinter stehen vor allem die absurdesten Verschwörungstheorien, die gerne vor allem von sog. Traditionalisten gestreut werden.

Nebenbei. Elvis [Punkt]
Ist das alles, was Du weißt und Du dazu sagen kannst?

Gruß, ad_hoc
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Juergen »

ad_hoc hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:Dahinter stehen vor allem die absurdesten Verschwörungstheorien, die gerne vor allem von sog. Traditionalisten gestreut werden.

Nebenbei. Elvis [Punkt]
Ist das alles, was Du weißt und Du dazu sagen kannst?
Die aus dem Buch von Wiltgen zitierten Passagen bleiben im Kern unkonkret. Und es stellen sich viele Fragen, wie folgende, um nur ein paar zu nennen:
Wann hat sich die Sache abgespielt?
Von welchem Zeitraum reden wir?
Wer war der Kardinal bzw. die Kardinäle?
Von welchen großen Orden spricht er?
Spielte sich das Ganze nach der Veröffentlichung von Ecclesiam suam ab; oder war es vorher und die Enzyklika war schon eine Reaktion des Papstes?
etc.
etc.

So jedenfalls, wie es aus den Zitaten herüberkommt, ist es nicht mehr als eine Verschwörungstheorie in der irgendwer irgendwann irgendwas gesagt oder geschrieben haben soll.
Gruß Jürgen

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cantus planus
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von cantus planus »

Interessant wäre gar nicht die Frage, ob es sich tatsächlich so abgespielt hat. Wir sollten unser Augenmerk auf die Frage richten, ob es diese "Zeitbomben" tatsächlich gab. Wenn es an diesen Punkten eine geplante Fehlinterpretation gab, hätte der Heilige Vater die genauen Stellen an der Hand, an denen er korrigierend eingreifen könnte, ohne viel Trara und sogar ohne große Veränderungen.
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Bernado »

cantus planus hat geschrieben:Interessant wäre gar nicht die Frage, ob es sich tatsächlich so abgespielt hat. Wir sollten unser Augenmerk auf die Frage richten, ob es diese "Zeitbomben" tatsächlich gab. Wenn es an diesen Punkten eine geplante Fehlinterpretation gab, hätte der Heilige Vater die genauen Stellen an der Hand, an denen er korrigierend eingreifen könnte, ohne viel Trara und sogar ohne große Veränderungen.
Eine derartige Liste liegt vor, und zwar in dem abgebildeten Buch von Michael Davies. Wir können davon ausgehen, daß die Liste dem Papst bekannt ist, er kannte und schätzte den inzwischen verstorbenen Autor - hier rechts neben dem damaligen Kardinal Ratzinger anläßlich einer Una-Voce-Veranstaltung 2004.

Bild

Bevor man im Abwehrreflex Autoren wie Wiltgen oder Davies grundlose Verschwörungstheorien unterstellt, sollte man einen Blick in die genannten Bücher werfen. Wiltgen gibts bei Amazon, Davies ist dort momentan vergriffen, sollte aber bald wieder auftauchen.

Mit "Eingriffen ohne großes Trara" ist gegen die Entstellung der Lehre vom Messopfer leider wenig auszurichten - man schaue nur auf die praktisch verweigerte Rezeption von "Redemptionis sacramentum" in Deutschland. Der Prozess der Richtigstellung wird Jahrzehnte dauern und muß gegen stärkte Widerstände durchgekämpft werden. Die von Papst Benedikt XVI verfügte "Rehabilitierung" des alten Ritus durch Summorum Pontificum ist ein ganz entscheidender Schritt in diesem Kampf. Er stellt die Kontinuität zwar nicht wieder her, behauptet aber mit unabweisbarer Autorität ihre Notwendigkeit - und ist dementsprechend ja auch auf schärfsten Widerspruch der Kreise gestoßen, die die Rezeption des 2. Vatikanums von Anfang an systematisch entstellt und verfälscht haben.
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cantus planus
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von cantus planus »

Ach, der Davies ist das! Jetzt hab' ich die Verbindung auch...
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

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Juergen
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Juergen »

cantus planus hat geschrieben:Ach, der Davies ist das! Jetzt hab' ich die Verbindung auch...
DIE?
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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cantus planus
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von cantus planus »

Juergen hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:Ach, der Davies ist das! Jetzt hab' ich die Verbindung auch...
DIE?
Unter anderem. Der Mann war in der amerikanischen Tradiszene das reinste Zirkuspferd. Den kannte jeder. Ich habe allerdings erst nach seinem Tod bemerkt, dass er einige interessante Schriften herausgegeben hat. Gelesen habe ich selbst allerdings bisher nichts von ihm.
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maliems
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von maliems »

Vor allem hatte er Esprit, ein unglaublich liebenswürdiger, geistreicher, witziger Mann. Grundschullehrer. Waliser.

Raimund J.
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Raimund J. »

ottaviani hat geschrieben:wurde Paul VI von Mgr Bugnini belogen?
eine Alte Debatte flammt wieder auf
ein angebliches Gespräch zwischen Paul VI und Hw. P. Louis Bouyer als dieser die Reformkomission verlassen hat
http://www.summorum-pontificum.de/
dieser Hw. Pater ist gemeint
http://de.wikipedia.org/wiki/Louis_Bouyer
Ist dieser Link (oben ist ja leider nur die Startseite von summorum-pontificum.de verlinkt) noch irgendwie nachvollziehbar? Mich würde das sehr interessieren.
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
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Sempre
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Sempre »

Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

Raimund J.
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Raimund J. »

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ad_hoc
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von ad_hoc »

Das verstehe ich nicht so ganz, was Louis Bouyer da angibt. Aber es ist richtig, dass Bugnini für das Machwerk einer Messe am Arbeitstisch als Urheber immer genannt worden ist.
Nach Roberto de Mattei ("Das Zweite Vatikanische Konzil - eine bislang ungeschriebene Geschichte") war Papst Paul VI. wohl doch weit tiefer in die Entstehung des Novus Ordo involviert als bislang angenommen.
Auch soll dieser Papst seit den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts als junger Kleriker unter dem Einfluss von P. Bevilacqua Schüler der "Liturgischen Bewegung" gewesen sein, in der er die kirchliche Formulierung des maritainschen Humanismus erblickte. (s. S.634ff. der deutschen Ausgabe)

Trotz zahlreicher öffentlicher Bedenken weltweit gegen den Novus Ordo blieb dieser bestehen, wie man weiß.
Anderswo las ich (ich finde diese Stelle im Moment nicht), dass Papst Paul VI. regelmäßige Treffen mit Bugnini hatte, in welchen die genaue Vorgehensweise bei der Schaffung des Novus Ordo besprochen wurde.
Bugnini hätte also den am Tisch entstandenen Novus Ordo nie bis zu seiner endgültigen Fassung ohne das Wissen und das Einverständnis des Papstes entwickeln können.

Aber dazu passt dann wiederum:
Zitat:
Der Prior von Taizé, Frére Roger Schutz, erklärte in einem Vortrag: "Die neuen eucharistischen Gebete weisen eine Struktur auf, die der lutherischen Messe entspricht", Zitat in "Itinéraires" Nr. 218, Dez. 1977, S. 116.
Im Übrigen hat M. Davies in seinem Werk Pope Paul's New Mass, Dickinson 1980, gezeigt, dass der neue römische Ritus der von Cranmer im 16. Jahrhundert geschaffenen anglikanischen Messe gleicht bzw. zum Teil mit ihr identisch ist.
(Iota Unum, S. 635, s. Fußnote 41)

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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ottaviani
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von ottaviani »

der gute Pater versucht redlich den Papst aus der Sache raus zu halten ein versuch der auch im Bezug auf JPII im Bezug auf Assisi gestartet wurde aber es funktioniert nicht, in beiden fällen funktioniert es nicht
Ich muß sagen ich habe diese Ausreden so satt "ja der hl. Vater steht unter druck" er würde ja aber er kann nicht" diese ganzen Konservativen Leben nach dem Motto es kann nicht sein was nicht sein darf
das gleiche ist mit der Liturgiekonstitution wennmann sie ganz und im Zusammenhang liest muß man sagen ja der NOM liegt völlig auf der Linie
ich dachte da bis vor kurzem auch anders mußte da meine Meinung wirklich korrigieren

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cantus planus
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von cantus planus »

Vor allem ist das alles - mit Verlaub - transfaktisch: Ob Papst Paul VI. nun persönlich beteiligt war, oder nicht. Er hat das neue Missale promulgieren müssen. Er war informiert über die von der Synode mit großer Mehrheit abgelehnten "Missa normativa" Bugninis. Er hatte die Pflicht, sich zu informieren, was er da unterzeichnet. Dann wurde er von den Kardinälen des "Coetus internationalis patrum" über schwerwiegende Bedenken informiert, die zur Änderung des Prooemiums nach Einstampfung der Erstauflage führten. Dann gibt es mehrere öffentliche Erklärungen des Heiligen Vaters, in denen er diametral "Sacrosanctum Concilium" widerspricht. Und das soll er alles nicht gemerkt haben?

Entweder war er beteiligt (wofür alles spricht, was ich an Indizien dazu finden kann), oder er war nicht beteiligt und hat dann seine Amtspflichten in gröbster Weise vernachlässigt oder er hat das alles wirklich nicht gemerkt, was dann freilich Fragen zu Amtsfähigkeit und Geisteszustand aufwürfe...

Nein, es ist verständlich, dass einige in frommen Eifer die Päpste aus dem Desaster heraushalten wollen. Aber das ist wirklich - wie gesagt - transfaktisch. Für das, was ein Papst feierlich promulgiert, ist er auch verantwortlich machen.
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Lupus
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Lupus »

Darf ich "transfaktisch" als Lehnwort in meinen Sprachschatz aufnehmen? :pfeif: :breitgrins:
+L.
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cantus planus
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von cantus planus »

Gerne. Aber nur, wenn du vor Verwendung des Ausdrucks ein Vaterunser für mein Seelenheil einschiebst. :breitgrins:
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Germanus
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Re: Ist so die Reform der Liturgie durchgeführt worden?

Beitrag von Germanus »

Als jüngerer Mann habe ich aus gelehrtem Munde gehört (zudem war es ein Priester, der diese Geschichte erzählte), dass Papst Paul VI. in der Sakristei in Tränen ausgebrochen sei, als ihm nach 1969 am Pfingstmontag grüne Gewänder vorbereitet worden waren - die Pfingstoktav war abgeschafft worden. Das ist zwar eine kuriose Geschichte, allerdings scheint sie mir wirklich etwas blauäugig, wie bei den Vorgängerbeiträgen schon ausgeführt. Schließlich kann man auch sagen, dass die Liturgiereform des röm. Ritus noch lange Jahre nach 1970 weitergefürt wurde - man bedenke nur die vielen deutschen "pastoralliturgischen" Ausgaben, also liturgische Bücher während einer Übergangszeit (Stundengottesdienste, Rituale, sogar der Text der Bibelübersetzung etc.). Die römischen Dikasterien haben viele Fragen zudem an scheinbare "Fachleute" weitergeleitet, die sich mit den Spezialfällen beschäftigen mussten. So wurde den Zisterziensern ein Dominikaner vorgesetzt, der allerdinsg vielleicht seine Tradition gut kannte, die Reform seitens der Zisterzienser jedoch nicht verstanden hat. Sein negatives Urteil bei der röm. Kongregation war der Todesstoß für einen ziemlich annehmbaren erneuerten Zisterzienserritus. Das nur als Beispiel für die Komplexität der Liturgiereform. Man hätte sie wohl niemals in der damaligen Form angehen dürfen. Jahrhunderte kann man nicht kurzsichtig und wissenschaftlich ausgetrocknet zurückführen zu einer zeitgemäß entschlackten Liturgie. Bugnini und seine Mitarbeiter scheinen z.T. besessen gewesen zu sein von der fixen Idee, durch Vermischung einzelner Etappen (Reformation, Liturgische Bewegung, "Urchristentum"...) und Weglassung von gewachsenen Elementen den Gläubigen eine einfache, leichtverdauliche Kost vorsetzen zu können. Das hat sich als Todesstoß herausgestellt für die liturgische Frömmigkeit.
Gruß G.
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

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