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Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 13:43
von cantus planus
Ausgehend von einer Frage in einem Nachbarstrang erstelle ich hier einmal eine Übersicht zu den verschiedenen Bezeichungen, auf die man im Bereich der "Alten Messe" häufiger stößt. Aus Zeitgründen übernehme ich hier zunächst den Wikipedia-Eintrag. Fragen, Verbesserungen und Ergänzungen bitte nachtragen!


Missa pontificalis (Pontifikalamt)
Eine Missa solemnis, die von einem Bischof oder einem das volle Privileg der Pontifikalien genießenden Priester, z. B. einem Abt, zelebriert wird. Dem Hauptzelebranten assistiert stets ein Diakon und ein Subdiakon, außerdem steht ihm gegebenenfalls ein „Presbyter assistens“ zur Seite. Die gemeinschaftlichen Gesänge der Messfeier trägt ein Chor vor. Die von Diakon, Subdiakon oder Chor laut gesungenen Texte, auch die biblischen Lesungen, spricht der Hauptzelebrant vorher oder gleichzeitig leise mit.

Missa solemnis (feierliches Amt, Hochamt)
Gewissermaßen eine vereinfachte Form des Pontifikalamtes für Priester ohne Pontifikalien, mit Gesang des Priesters und des Chores, Assistenz des Diakons und Subdiakons (daher auch als „Levitenamt“ oder „levitiertes Hochamt“ bezeichnet), mit Verwendung von Weihrauch und sonstiger äußerlicher Feierlichkeit. Die von Diakon, Subdiakon oder Chor laut gesungenen Texte spricht der Hauptzelebrant leise mit. Seit 1955 ist in den Messen der Heiligen Woche auch eine „Missa cum Diacono“ (also ohne Subdiakon) zulässig, die vorher nur in einigen Ordensliturgien, z. B. dem Kartäuser-Ritus, vorkam.

Missa cantata (Amt, volkstümlich auch „Hochamt“)
Mit Gesang des Priester und des Chores, ohne Unterstützung durch Diakon und Subdiakon sowie an sich ohne Weihrauch (örtlich, z. B. im deutschen Sprachraum, aus langjähriger Gewohnheit zulässig). Im 20. Jh. wurden lateinische Antworten und einfache gregorianische Gesänge der Gemeinde üblich. Die von Chor oder Gemeinde laut gesungenen Texte spricht der Priester am Altar leise mit. Als „Deutsches Hochamt“ wurde eine Missa cantata mit deutschsprachigen Gesängen der Gemeinde bezeichnet.

Missa lecta, zuvor Missa privata genannt („Stillmesse“)
Der Priester liest die Messtexte ohne Gesang, und zwar üblicherweise „still“ (= leise), zelebriert ohne Diakon und Subdiakon, aber mit wenigstens einem Ministranten; in den Klöstern üblich für die Messfeiern neben dem Konventamt, in den Pfarrgemeinden bis zur Liturgiereform die gewöhnliche Form der Messfeier an Werktagen sowie an Sonntagen mit Ausnahme der Missa parochialis (siehe unten).

Missa dialogata (Dialogisierte Messe, auch „Chormesse“ genannt)
In der Liturgischen Bewegung des 20. Jh. entstandene Sonderform der Missa lecta, um sie als Gemeinschaftsmesse zu gestalten: Alles, was im „Hochamt“ (siehe oben) der Chor singt und die Messdiener sagen, wird in der Missa dialogata von den Teilnehmern in gemeinsamem „Chor“ gesprochen. Der Priester spricht eine begrenzte Anzahl von Messtexten laut (gewöhnlich nicht: Perikopen, Orationen, Messkanon). Es wirkt kein Diakon oder Subdiakon mit, in der Regel dienen zwei Ministranten am Altar. Häufig trägt ein „Vorbeter“ die Orationen (Tages-, Gaben- und Schlussgebet) und die Schriftlesungen (Epistel, Evangelium) laut in der Landessprache vor, während der Priester sie gleichzeitig am Altar still rezitiert.


Missa defunctorum (Totenmesse, Requiemsmesse): Votivmesse für Verstorbene (gefeiert als Missa pontificalis, solemnis, cantata oder privata.
Missa conventualis: Konventamt einer klösterlichen oder weltgeistlichen Gemeinschaft mit Verpflichtung zum feierlichen Chorgebet (in der Regel eine Missa solemnis)
Missa capitularis: Kapitelamt
Missa parochialis: eine Missa cantata, die der Pfarrer an allen Sonn- und Feiertagen für seine Gemeinde feiern muss.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 14:18
von iustus
Weil im Nachbarstrang die Frage nach dem Weihrauch gestellt wurde und ich immer wieder von Besuchern der außerordentlichen Messe etwas verwundert gefragt werde "Weihrauch im Advent und in der Fastenzeit?" möchte ich nochmal betonen, dass die Verwendung von Weihrauch unabhängig von der Zeit ist. Sie ist abhängig von der Form der Messe: Im Amt ja, ansonsten nein. Egal ob Fastenzeit oder Osterzeit.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 14:34
von Berolinensis
iustus hat geschrieben:Weil im Nachbarstrang die Frage nach dem Weihrauch gestellt wurde und ich immer wieder von Besuchern der außerordentlichen Messe etwas verwundert gefragt werde "Weihrauch im Advent und in der Fastenzeit?" möchte ich nochmal betonen, dass die Verwendung von Weihrauch unabhängig von der Zeit ist. Sie ist abhängig von der Form der Messe: Im Amt ja, ansonsten nein. Egal ob Fastenzeit oder Osterzeit.
Das gleiche gilt übrigens für Spitzenbesatz an Paramenten: Es mag passender sein, darauf in Bußzeiten zu verzichten; vorgeschrieben ist es nicht.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 14:40
von iustus
Berolinensis hat geschrieben: Es mag passender sein, darauf in Bußzeiten zu verzichten; vorgeschrieben ist es nicht.
Wobei im feierlichen Hochamt und im Pontifikalamt die Verwendung von Weihrauch immer vorgeschrieben sein dürfte (auch in Bußzeiten), oder?

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 14:44
von Berolinensis
cantus planus hat geschrieben:Fragen, Verbesserungen und Ergänzungen bitte nachtragen!
Ich greife mal drei Punkte auf.
Missa solemnis (feierliches Amt, Hochamt)
Die von Diakon, Subdiakon oder Chor laut gesungenen Texte spricht der Hauptzelebrant leise mit.
Nach dem Missale von 1962 gilt dies für die von Diakon und Subdiakon gesungenen Texte nicht.
Als „Deutsches Hochamt“ wurde eine Missa cantata mit deutschsprachigen Gesängen der Gemeinde bezeichnet.
Über diese Unsitte, die nur kraft eines Indults aus dem Zweiten Weltkrieg überhaupt zulässig ist, haben wir schon öfter gesprochen.
Missa lecta, zuvor Missa privata genannt („Stillmesse“)Der Priester liest die Messtexte ohne Gesang, und zwar üblicherweise „still“ (= leise),
Nein. Alles, was im Amt vom Priester gesungen wird, wird in der missa lecta grundsätzlich laut gesprochen.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 14:45
von Berolinensis
iustus hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben: Es mag passender sein, darauf in Bußzeiten zu verzichten; vorgeschrieben ist es nicht.
Wobei im feierlichen Hochamt und im Pontifikalamt die Verwendung von Weihrauch immer vorgeschrieben sein dürfte (auch in Bußzeiten), oder?
Ja.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 14:59
von Vulpius Herbipolensis
Den Wikipediaartikel habe ich natürlich gelesen, nur läßt der vieles offen und geht z. B. kaum die Häufigkeiten und die Anlässe ein, zu denen die verschiedenen Formen jeweils verwendet werden.
Berolinensis hat geschrieben:
Als „Deutsches Hochamt“ wurde eine Missa cantata mit deutschsprachigen Gesängen der Gemeinde bezeichnet.
Über diese Unsitte, die nur kraft eines Indults aus dem Zweiten Weltkrieg überhaupt zulässig ist, haben wir schon öfter gesprochen.
Wenn ich das jetzt richtig zuordne, kann ich deine Ablehnung, glaube ich, ganz gut verstehen.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 15:02
von Berolinensis
Vulpius Herbipolensis hat geschrieben:Den Wikipediaartikel habe ich natürlich gelesen, nur läßt der vieles offen und geht z. B. kaum die Häufigkeiten und die Anlässe ein, zu denen die verschiedenen Formen jeweils verwendet werden.
Was möchtest du denn dazu wissen? Allgemeine Vorschriften dazu gibt es nicht.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 15:20
von Vulpius Herbipolensis
Berolinensis hat geschrieben:
Vulpius Herbipolensis hat geschrieben:Den Wikipediaartikel habe ich natürlich gelesen, nur läßt der vieles offen und geht z. B. kaum die Häufigkeiten und die Anlässe ein, zu denen die verschiedenen Formen jeweils verwendet werden.
Was möchtest du denn dazu wissen? Allgemeine Vorschriften dazu gibt es nicht.
Z. B.: Welche dieser Formen wird üblicherweise an Sonntagen im Jahreskreis - oder wie sie in der aoF eben heißen - verwendet, welche (üblicherweise) an Sonntagen im Advent/ der Fasten-/Osterzeit, ... Ist das Hochamt im engeren Sinne mehr oder weniger auf Hochfeste beschränkt, oder verstehe ich da etwas falsch? Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich bisher also ausschließlich die Missa cantata gehört - was sicherlich damit zusammenhängt, daß meine "Flucht" aus der Pfarrei nach wie vor die Ausnahme ist.

Vulpius

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 15:28
von Berolinensis
Vulpius Herbipolensis hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:
Vulpius Herbipolensis hat geschrieben:Den Wikipediaartikel habe ich natürlich gelesen, nur läßt der vieles offen und geht z. B. kaum die Häufigkeiten und die Anlässe ein, zu denen die verschiedenen Formen jeweils verwendet werden.
Was möchtest du denn dazu wissen? Allgemeine Vorschriften dazu gibt es nicht.
Z. B.: Welche dieser Formen wird üblicherweise an Sonntagen im Jahreskreis - oder wie sie in der aoF eben heißen - verwendet, welche (üblicherweise) an Sonntagen im Advent/ der Fasten-/Osterzeit, ... Ist das Hochamt im engeren Sinne mehr oder weniger auf Hochfeste beschränkt, oder verstehe ich da etwas falsch? Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich bisher also ausschließlich die Missa cantata gehört - was sicherlich damit zusammenhängt, daß meine "Flucht" aus der Pfarrei nach wie vor die Ausnahme ist.

Vulpius
Ja, das verstehst du falsch. Einen derartigen Zusammenhang gibt es nicht. Ich will es einmal ganz kurz so formulieren:

Das Ideal ist, die Messe immer mit so viel Feierlichkeit wie möglich zu feiern. Da nun die meisten Pfarreien (oder Kirchen in denen die alte Messe zelebriert wird) nicht über die drei fürs Levitenamt nötigen Priester verfügen, ist diese Form (leider) äußerst selten. Für die missa cantata braucht man immerhin (an sich) eine Schola oder wenigstens einen Kantor für den Vortrag des Propriums. Auch das ist nicht überall zu machen. Darüber hinaus gibt es aber leider auch eine Art liturgischen Minimalismus, der sich selbst da mit der Stillmesse begüngt, wo die Voraussetzungen für eine missa cantata da wären. Das ist am Sonntag m.E. ganz unangemessen. Am Werktag wird man in einfachen Pfarrkirchen auch berücksichtigen, daß die Arbeitenden evtl. nicht die Zeit haben, um an einem gesungen Amt teilzunehmen (das Argument überzeugt mich allerdings nur eingeschränkt und wird m.E. viel zu großzügig gebraucht).

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 15:38
von iustus
Berolinensis hat geschrieben: Das Ideal ist, die Messe immer mit so viel Feierlichkeit wie möglich zu feiern.
Das verdient es wegen des verbreiteten nachkonziliaren Messmissverständnisses noch einmal besonders festgehalten zu werden. Auch in der Advent- und Fastenzeit ist das Amt gegenüber der Messe zu bevorzugen (wo die Möglichkeiten dazu vorhanden sind).

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 15:38
von Hubertus
Was ist mit Deutschem Hochamt gemeint? Da steht 'deutschsprachige Gesänge' der Gemeinde - bezieht sich das aufs Ordinarium? Oder ist damit gemeint (so wie es bei uns usus ist), daß die Gemeinde das Ordinarium lateinisch und zusätzliche Gesänge (zum Offertorium, nach der hl. Kommunion) auf Deutsch singt?

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 15:40
von iustus
Hubertus hat geschrieben:Was ist mit Deutschem Hochamt gemeint? Da steht 'deutschsprachige Gesänge' der Gemeinde - bezieht sich das aufs Ordinarium? Oder ist damit gemeint (so wie es bei uns usus ist), daß die Gemeinde das Ordinarium lateinisch und zusätzliche Gesänge (zum Offertorium, nach der hl. Kommunion) auf Deutsch singt?
Ersteres. Die Gemeinde singt die deutschen Lieder zum Ordinarium und ggf. auch zum Proprium (z.B. Schuberts "Deutsche Messe").

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 15:58
von Niels
iustus hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben: Das Ideal ist, die Messe immer mit so viel Feierlichkeit wie möglich zu feiern.
Das verdient es wegen des verbreiteten nachkonziliaren Messmissverständnisses noch einmal besonders festgehalten zu werden. Auch in der Advent- und Fastenzeit ist das Amt gegenüber der Messe zu bevorzugen (wo die Möglichkeiten dazu vorhanden sind).
Allerdings! Liturgischen Minimalismus erlebt man im neuen Ritus auch viel zu oft, obwohl die "Kapazitäten" oftmals vorhanden sind...

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 16:17
von Berolinensis
iustus hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:Was ist mit Deutschem Hochamt gemeint? Da steht 'deutschsprachige Gesänge' der Gemeinde - bezieht sich das aufs Ordinarium? Oder ist damit gemeint (so wie es bei uns usus ist), daß die Gemeinde das Ordinarium lateinisch und zusätzliche Gesänge (zum Offertorium, nach der hl. Kommunion) auf Deutsch singt?
Ersteres. Die Gemeinde singt die deutschen Lieder zum Ordinarium und ggf. auch zum Proprium (z.B. Schuberts "Deutsche Messe").
Aber auch die zweite Variante ist nur aufgrund des Indults möglich. Nach allgemeinem Recht müssen im gesungenen Amt alle Gesänge lateinisch sein.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 16:26
von Niels
Berolinensis hat geschrieben:Nach allgemeinem Recht müssen im gesungenen Amt alle Gesänge lateinisch sein.
Das ist auch besser so.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 16:28
von iustus
Berolinensis hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:Da steht 'deutschsprachige Gesänge' der Gemeinde - bezieht sich das aufs Ordinarium? Oder ist damit gemeint (so wie es bei uns usus ist), daß die Gemeinde das Ordinarium lateinisch und zusätzliche Gesänge (zum Offertorium, nach der hl. Kommunion) auf Deutsch singt?
Aber auch die zweite Variante ist nur aufgrund des Indults möglich.
Gilt ein solches derzeit in Deutschland? Weil ich es hier verbreitet erlebe (vor allem dt. Lied zur Opferung und Heilig-Geist-Lied vor der Predigt).

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 16:31
von cantus planus
Wollt ihr wohl andernorts diskutieren, und hier nur die vielleicht nach dem Konzil nicht mehr gebräuchlichen Fachtermini erklären?! :motz:

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 16:54
von Gamaliel
iustus hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:Da steht 'deutschsprachige Gesänge' der Gemeinde - bezieht sich das aufs Ordinarium? Oder ist damit gemeint (so wie es bei uns usus ist), daß die Gemeinde das Ordinarium lateinisch und zusätzliche Gesänge (zum Offertorium, nach der hl. Kommunion) auf Deutsch singt?
Aber auch die zweite Variante ist nur aufgrund des Indults möglich.
Gilt ein solches derzeit in Deutschland?
Vergleiche dazu etwa die Richtlinien, die ich hier verlinkt habe (Art. 18 auf Seite 15f).

Während Berolinensis allerdings von einem Indult spricht ( :hae?: ), ist dort von einem Privileg ( :daumen-rauf: ) die Rede.


Und um gleich den Bogen zum Threadthema zu schlagen: In den Richtlinien findet man in den Artikeln 1-4 genaue Angaben zu den in Deutschland üblichen Bezeichnungen.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 16:59
von iustus
Klasse. Danke. Art. 18 der Richtlinien behandelt den Fall. Und das Threadthema ist bestens in diesen Richtlininen behandelt.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 18:31
von Vulpius Herbipolensis
Berolinensis hat geschrieben:Das Ideal ist, die Messe immer mit so viel Feierlichkeit wie möglich zu feiern. Da nun die meisten Pfarreien (oder Kirchen in denen die alte Messe zelebriert wird) nicht über die drei fürs Levitenamt nötigen Priester verfügen, ist diese Form (leider) äußerst selten. Für die missa cantata braucht man immerhin (an sich) eine Schola oder wenigstens einen Kantor für den Vortrag des Propriums. Auch das ist nicht überall zu machen. Darüber hinaus gibt es aber leider auch eine Art liturgischen Minimalismus, der sich selbst da mit der Stillmesse begüngt, wo die Voraussetzungen für eine missa cantata da wären. Das ist am Sonntag m.E. ganz unangemessen. Am Werktag wird man in einfachen Pfarrkirchen auch berücksichtigen, daß die Arbeitenden evtl. nicht die Zeit haben, um an einem gesungen Amt teilzunehmen (das Argument überzeugt mich allerdings nur eingeschränkt und wird m.E. viel zu großzügig gebraucht).
Ah, dann hab' ich die Natur dieser Abstufungen völlig falsch verstanden. Danke für die Erklärung!
Gamaliel hat geschrieben:Vergleiche dazu etwa die Richtlinien, die ich hier verlinkt habe
:klatsch:

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Sonntag 5. Dezember 2010, 20:31
von Berolinensis
Gamaliel hat geschrieben:
iustus hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:Da steht 'deutschsprachige Gesänge' der Gemeinde - bezieht sich das aufs Ordinarium? Oder ist damit gemeint (so wie es bei uns usus ist), daß die Gemeinde das Ordinarium lateinisch und zusätzliche Gesänge (zum Offertorium, nach der hl. Kommunion) auf Deutsch singt?
Aber auch die zweite Variante ist nur aufgrund des Indults möglich.
Gilt ein solches derzeit in Deutschland?
Vergleiche dazu etwa die Richtlinien, die ich hier verlinkt habe (Art. 18 auf Seite 15f).

Während Berolinensis allerdings von einem Indult spricht ( :hae?: ), ist dort von einem Privileg ( :daumen-rauf: ) die Rede.


Und um gleich den Bogen zum Threadthema zu schlagen: In den Richtlinien findet man in den Artikeln 1-4 genaue Angaben zu den in Deutschland üblichen Bezeichnungen.
1) Privileg: das hatte ich in der Tat anders in Erinnerung. Dennoch handelt es sich um eine aliturgische Notlösung, die in den Rang einer gleichwertigen Alternative zu erheben ich für einen schweren Fehler halte. Verräterisch - und uns aus der heutigen Situation so vertraut - ist ja der Passus der Einleitung, der sich auf die von mir schon häufig angesprochene Instruktion De musica sacra bezieht: "Diese für die ganze Welt erlassene Instruktion des Heiligen Stuhles stimmte zwar mit den Richtlinien der deutschen Bischöfe in vielen Punkten überein [man merkt schon, was an welchem Maßstab gemessen wird], doch gab es auch Unterschiede, die eine „Übersetzung“ in die gewachsenen deutschen Verhältnisse [die uns wohlbekannte Code-Sprache... :kotz: ] notwendig machten..."

2) Die Frage, ob diese Regelung heute gilt, ist damit noch nicht beantwortet. In der Praxis scheint man davon auszugehen, daß alle Regelungen (Indulte, Privilegien etc.), die 1962 in Bezug auf die Liturgie bestanden, im alten Ritus fortbestehen/Wiederaufleben. Ob dies kanonistisch tragfähig ist, ist mir unklar.

Temp

Verfasst: Montag 6. Dezember 2010, 19:36
von Sursum Corda
Meine Herren! Nun ist es aber gut. Ich bin ja auch ein westfälischer Sturkopf, der alte Ortsbräuche selbst gegen Rom zu verteidigen bereit ist, aber deswegen muß man sich hier doch nicht gleich entzweien und/oder gar nicht mehr miteinander sprechen wollen. Im Gegenteil, wenn alle einer Meinung sind, wird das hier ziemlich langweilig, dann ist es ja kein Diskussionsforum mehr. Also kühlt euch ein wenig ab, ich komme derweil mal auf Cantus' ursprüngliche Idee zurück, die gerade für Neulinge in der alten Messe sehr hilfreich ist:

Der Wikipedia-Artikel hat m. E. nach eine kleine Fehlstelle: Statt "Stillmesse" sollte man "Stille Messe" schreiben. Denn: Die deutschen Bezeichnungen sind natürlich sehr landsmannschaftlich verschieden und nicht "amtlich." Beispiel: Was eigentlich ein Hochamt wäre, ist bei uns als Levitenamt bekannt, was eine gesungene Messe wäre, nennt der Deutsche ein Hochamt, und die gelesene Messe wurde landauf- landab als Stille Messe bezeichnet, obwohl das Volk dort auch, wenn es eine Gemeindemesse war, oft (nicht immer) sang, nur eben der Priester seine Teile sprach, keinesfalls sang.
Als "Stillmesse" aber wurde früher generell Meßkanon bezeichnet, da der Priester dort ja wirklich nur mehr mit für ihn selbst hörbarer Stimme flüsterte. In alten Andachtsbüchern findet man oft Meßandachten, bei denen der Gläubige Privatgebete für die einzelnen Meßteile findet. Dort gibt es dann oft für den Kanon "Gebete unter der Stillmesse."

Und bitte jetzt keine Debatte über Sinn und Unsinn von Meßandachten. Ich finde sie in der außerordentlichen Form eigentlich überflüssig. Gerate ich aber in der unordentlichen Form in so einen Familiengottesdienst oder sowas, überbete ich die ganze Feier still für mich aus Protest mit einer Meßandacht. Aber das nur am Rande als unwesentliche Privatanschauung eines traditionshubernden Schmalspurkatholiken ;) . -Duck und wech-

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Montag 6. Dezember 2010, 20:34
von Berolinensis
Sursum Corda hat geschrieben:Der Wikipedia-Artikel hat m. E. nach eine kleine Fehlstelle: Statt "Stillmesse" sollte man "Stille Messe" schreiben. Denn: Die deutschen Bezeichnungen sind natürlich sehr landsmannschaftlich verschieden und nicht "amtlich." Beispiel: Was eigentlich ein Hochamt wäre, ist bei uns als Levitenamt bekannt, was eine gesungene Messe wäre, nennt der Deutsche ein Hochamt, und die gelesene Messe wurde landauf- landab als Stille Messe bezeichnet, obwohl das Volk dort auch, wenn es eine Gemeindemesse war, oft (nicht immer) sang, nur eben der Priester seine Teile sprach, keinesfalls sang.
Das steht doch in der Wikipedia-Aufstellung alles drin. :achselzuck:
Als "Stillmesse" aber wurde früher generell Meßkanon bezeichnet, da der Priester dort ja wirklich nur mehr mit für ihn selbst hörbarer Stimme flüsterte. In alten Andachtsbüchern findet man oft Meßandachten, bei denen der Gläubige Privatgebete für die einzelnen Meßteile findet. Dort gibt es dann oft für den Kanon "Gebete unter der Stillmesse."
Das höre ich zum ersten Mal. Ich habe eine ganze Reihe alter Gebetbücher, und diese Bezeichnung findet sich dort nirgends, die entsprechenden Abschnitte der Meßandachten heißen stets "vor der Wandlung" und "nach der Wandlung". Der Begriff ergäbe auch keinen Sinn. Die beiden Teile der Messe sind "Katechumenenmesse" und "Gläubigenmesse" oder auch "Lehrgottesdienst" und "Opfergottesdienst". Stillmesse ist hingegen ein gängiges Synonym für Stille Messe.
Und bitte jetzt keine Debatte über Sinn und Unsinn von Meßandachten. Ich finde sie in der außerordentlichen Form eigentlich überflüssig. Gerate ich aber in der unordentlichen Form in so einen Familiengottesdienst oder sowas, überbete ich die ganze Feier still für mich aus Protest mit einer Meßandacht. Aber das nur am Rande als unwesentliche Privatanschauung eines traditionshubernden Schmalspurkatholiken ;) . -Duck und wech-
Dafür habe ich viel Verständnis und halte es teils auch so.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Montag 6. Dezember 2010, 20:52
von iustus
Berolinensis hat geschrieben:
Als "Stillmesse" aber wurde früher generell Meßkanon bezeichnet, da der Priester dort ja wirklich nur mehr mit für ihn selbst hörbarer Stimme flüsterte. In alten Andachtsbüchern findet man oft Meßandachten, bei denen der Gläubige Privatgebete für die einzelnen Meßteile findet. Dort gibt es dann oft für den Kanon "Gebete unter der Stillmesse."
Das höre ich zum ersten Mal.
In meinem Schott von 1935 heißt es:
Durch ihn schließen wir uns den anbetenden Chören der Engel an und sprechen mit ihnen: "Heilig, heilig, heilig."

Nun beginnt die sog. STILLMESSE, der KANON, d.h. der unveränderliche Teil der hl. Opferfeier. In Verbindung mir dem Priester treten wir beim Gebet TE IGITUR in liebende Opfergemeinschaft mit der ganzen streitenden Kirche.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Montag 6. Dezember 2010, 20:56
von iustus
iustus hat geschrieben: In meinem Schott von 1935 heißt es:
Durch ihn schließen wir uns den anbetenden Chören der Engel an und sprechen mit ihnen: "Heilig, heilig, heilig."

Nun beginnt die sog. STILLMESSE, der KANON, d.h. der unveränderliche Teil der hl. Opferfeier. In Verbindung mir dem Priester treten wir beim Gebet TE IGITUR in liebende Opfergemeinschaft mit der ganzen streitenden Kirche.
Auch im Ordo-Missae-Teil dieses Schotts:
Kanon (Stillmesse)

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Montag 6. Dezember 2010, 20:56
von Berolinensis
iustus hat geschrieben:In meinem Schott von 1935 heißt es:
Durch ihn schließen wir uns den anbetenden Chören der Engel an und sprechen mit ihnen: "Heilig, heihilg, heilig."

Nun beginnt die sog. STILLMESSE, der KANON, d.h. der unveränderliche Teil der hl. Opferfeier. In Verbindung mir dem Priester treten wir beimn Gebet TE IGITUR in liebende Opfergemeinschaft mit der ganzen streitenden Kirche.
Erstaunlich. Irgendwo hab ich auch noch ältere Schotts, da muß ich bei Gelegenheit mal reinsehen; war mir nie aufgefallen. Trotzdem kenne ich die Bezeichnung Stillmesse auch unterschiedslos für die missa lecta.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Dienstag 7. Dezember 2010, 14:07
von ad-fontes
Berolinensis hat geschrieben:Die beiden Teile der Messe sind "Katechumenenmesse" und "Gläubigenmesse" oder auch "Lehrgottesdienst" und "Opfergottesdienst".
Die gebräuchlichste Einteilung war / ist Vormesse und Opfermesse.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Mittwoch 8. Dezember 2010, 06:36
von Hubertus
Ich kannte den Ausdruck "Stillmesse" bisher auch nur als Synonym für "Stille Messe".
Habe mal in 'meinem' Schott (1956) nachgesehen, und dort (460) tatsächlich als 'Rubrik' direkt vor dem Canon Missae gefunden:
Der folgende Teil der Messe bis zum Beginn des Pater noster heißt C a n o n. [...]
Die Gebete werden vom Priester nur leise gesprochen, daher der Name S t i l l m e s s e.
Der Begriff scheint sich aber offensichtlich in dieser Form nicht in allen Gebieten gleichermaßen durchgesetzt zu haben/verbreitet gewesen zu sein. Übrigens wird mir an dieser Stelle wieder schmerzlich bewußt, daß zumindest in meiner Familie niemand mehr unter den Lebenden weilt, der die Alte Messe lange genug erlebt hat, um mir auf solche Fragen eine Antwort geben zu können.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Mittwoch 8. Dezember 2010, 09:27
von Robert Ketelhohn
cantus planus hat geschrieben:Häufig trägt ein „Vorbeter“ die Orationen (Tages-, Gaben- und Schlussgebet) … laut in der Landessprache vor, während der Priester sie gleichzeitig am Altar still rezitiert.
Absurd. Da ist schon das teatro bugniniano vorbereitet.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Mittwoch 8. Dezember 2010, 09:48
von Berolinensis
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:Häufig trägt ein „Vorbeter“ die Orationen (Tages-, Gaben- und Schlussgebet) … laut in der Landessprache vor, während der Priester sie gleichzeitig am Altar still rezitiert.
Absurd. Da ist schon das teatro bugniniano vorbereitet.
My sentiments exactly, aber leider auch heute wieder zu beobachten.

Re: Bezeichnungen im tridentinischen Messritus

Verfasst: Mittwoch 8. Dezember 2010, 11:52
von Sursum Corda
Berolinensis hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:Häufig trägt ein „Vorbeter“ die Orationen (Tages-, Gaben- und Schlussgebet) … laut in der Landessprache vor, während der Priester sie gleichzeitig am Altar still rezitiert.
Absurd. Da ist schon das teatro bugniniano vorbereitet.
My sentiments exactly, aber leider auch heute wieder zu beobachten.
Da stimme ich Euch beiden vollkommen zu, das ist tatsächlich abartig. Genauso abartig ist allerdings dieser häßliche Ersatz von Lesung und Evangelium durch die landessprachliche Version. Warum gerade Zlebranten aus dem Diözesanklerus das so gern machen, ist klar: im Hochamt eindeutig Angst vor dem Singen von Epistel und Evangelium. Wenn überhaupt, kann die deutsche Fassung der Lesungen vor der Predigt von der Kanzel verlesen werden. Wir sind schließlich in der alten Messe, und die Lesungen dienen nicht der Belehrung des Volkes.