Jo hat geschrieben:Stephen Dedalus hat geschrieben:Die NOM-Katholiken behaupten, daß es ohne den NOM noch schlimmer aussähe und können auch dies nicht beweisen.
Dieses "was-wäre-wenn ..." gibt natürlich keine anständige Diskussionsgrundlage. Klar.
Aber ich kann ohne weiteres aus verschiedenen Perspektiven analysieren, daß der NOM die katholische Tradition ankratzt. Er macht in vielen Details Zugeständnisse an den Protestantismus und an die irdisch-menschlichen Bedürfnisse. Er verliert gleichzeitig das göttliche Spektrum aus den Augen. Des weiteren kann ich - unabhängig von der Vergangenheit - keine positiven Auswirkungen auf das globale Glaubensleben ausmachen. Der Trend ist: Ich bin mein eigener Herr und ich denke, tue und glaube, was ICH für richtig halte, ich bin doch nicht blöd und unterwerfe mich irgendwelchen alten Männern oder irgendeiner unsichtbaren Macht, von der ich nicht definitv weiß, ob es sie überhaupt gibt.
Da hätte die Kirche eine Menge nachzuholen. Die Hl. Messe und die Sakramente müssen dabei die göttliche Sphäre erkennen lassen. Das ist im NOM nur schwer und vereinzelt, stark abhängig vom zelebrierenden Priester, möglich.
Da es um Himmel oder Hölle, um Leben oder Tod geht, ist es mit einem einfachen "IMHO" nicht abgetan. Es geht um Wahrheit und von Gott aufgestellte Forderungen, die die Kirche zu erfüllen hat.
Gruß Jo
Das ist ja alles schön über und über diskutiert.
Hierbei handelt es sich um eine schlichte Glaubensfrage. Will ich glauben, was die Tradis mir weismachen wollen, oder will ich es nicht glauben?
Natürlich stellt der NOM eine Veränderung dar. Natürlich hat er theologische Gewichtungen gegenüber der MT verschoben. Aber ist das ein Abfall vom katholischen Glauben oder bringt der NOM damit nur die ausgewogene Gesamtheit der katholischen Glaubensüberlieferung wieder schöner zur Geltung?
Sind die Veränderungen ein Zugeständnis an die Protestanten oder ist es nur so, daß bestimmte Elemente der katholischen Tradition, die sich nun mal bei den Protestanten auch erhalten haben, in der neuen Messe wieder klarer zur Geltung kommen? Das könnte wie eine Annäherung an die Protestanten aussehen, ist aber in Wahrheit eine Rückgewinnung ureigenster katholischer Glaubensüberlieferung. Ganz einfach gesagt: Die Messe war immer Mahl und Opfer. Wenn die MT so ein großes Gewicht auf den Opfercharakter gelegt hat und der NOM den Mahlcharakter auch zurückgewinnt, ist das katholisch, und nicht protestantisch.
Was mir an der katholischen Theologie in der Regel so gut gefällt, ist die Beobachtung, daß man mehrdimensional denken kann. Bei den Traditionalisten vermisse ich diese Fähigkeit an diesem Punkt ganz entschieden.
Die *positiven Auswirkungen* des NOM - nunja, da sind wir wieder im Bereich des Kontrafaktischen. Wer will das beurteilen, und aufgrund welcher Grundlage oder welcher Vergleichsmöglichkeiten? Natürlich hat die Kirche keine leichte Zeit im Moment. Aber als Grund dafür muß ich nicht den NOM sehen. Die Ursachen liegen woanders. Und ich kann nur Fiore Graz zustimmen: Die heutige Form der Partizipation der Gemeinde hat zur Folge, daß viele überhaupt noch von der Botschaft der Kirche erreicht werden, die sonst schon längst weg wären.
Ich habe auch noch darüber nachgedacht, ob das Argument des "mystich-numinosen" eine Rolle spielen kann. Ich bin wirklich ein "smells & bells" Typ und mir kann es gar nicht *high* genug zugehen. Aber ich glaube, daß dieses Argument nur aus einer verzerrten Innenperspektive überhaupt entstehen kann.
Was tun wir denn in einer ganz normalen Sonntagsmesse? (da unsere anglikanische Meßordnung quasi identisch ist mit dem NOM, gilt diese Beobachtung auch für die meisten Katholiken, denke ich).
Wir gehen in eine Kirche (Tempel Gottes), segnen uns mit dem Zeichen des Kreuzes, wir knien nieder, um unsere Sünde zu bekennen und vom Priester die Absolution zu erhalten, wir stellen uns durch Kyrie, Gloria und Credo in die endlose Reihe der Zeugen und Heiligen, wir hören und antworten auf Gottes Wort, wir feiern in der Eucharistie seine lebendige Gegenwart, vergegenwärtigen darin seinen Tod und seine Auferstehung, überwinden die Grenzen von Raum und Zeit und erfahren darin die Gemeinschaft der Heiligen und Engel, wir knien nieder, um in Brot und Wein Leib und Blut Christi zu empfangen und anschließend mit seinem Segen in die Welt gesandt zu werden.
Dies alles ist per se eine heilige, mystische Erfahrung, ein ritueller Akt, der der Welt außerhalb der Kirche vollkommen entgegen steht und für den säkularen Menschen auch so überhaupt nicht begreifbar ist.
Das Ganze jetzt auf Latein zu zelebrieren, east-facing und mit Manipel um den Arm etc. mag zwar dem Ganzen noch einen etwas stärker mystischen Touch verleihen, aber letztlich ändert es im Grunde nichts am Gehalt der Aktion als solcher.
Gruß
Stephen Dedalus