1965er Ritus

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
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Florianklaus
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Florianklaus »

ottaviani hat geschrieben:nein das Idult wurde ja automatisch durch das Motu proprio Ecclesia Dei1988 praktisch überholt

Inwiefern?

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Niels
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Niels »

iustus hat geschrieben:
Ora-Orate hat geschrieben:Ich habe übrigens auch das - wie ich es liebevoll nenne - 65-Brevier. Also das offizielle außerordentliche Stundengebet, aber komplett auf Deutsch.
Das offizielle außerordentliche Stundengebet ist doch das hier: http://www.introibo.net/brevierbestellung.htm

Und Du hast das auf Deutsch? Oder gab es 1965 andere Gebete als 1962?
Das würde mich auch interessieren.
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Ora-Orate
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Ora-Orate »

Es ist alles wie im 62-er Brevier, nur ist es komplett auf Deutsch und einbändig. Nettes Teil, kann ich nur sagen ;)

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Florianklaus
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Florianklaus »

Ora-Orate hat geschrieben:Es ist alles wie im 62-er Brevier, nur ist es komplett auf Deutsch und einbändig. Nettes Teil, kann ich nur sagen ;)
Verrate uns doch mal den genauen Titel und die ISBN.

iustus
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von iustus »

iustus hat geschrieben:Das offizielle außerordentliche Stundengebet ist doch das hier: http://www.introibo.net/brevierbestellung.htm

Und Du hast das auf Deutsch?
Die sieben am Tag zu betenden Horen gibt es auf lateinisch und deutsch hier: http://www.introibo.net/diurnale/index.html (im Vergleich zum vollständigen lateinischen Breviarum Romanum sogar verhältnismäßig günstig).
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

iustus
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von iustus »

Florianklaus hat geschrieben:
Ora-Orate hat geschrieben:Es ist alles wie im 62-er Brevier, nur ist es komplett auf Deutsch und einbändig. Nettes Teil, kann ich nur sagen ;)
Verrate uns doch mal den genauen Titel und die ISBN.
Laut http://www.introibo.net/diurnale/index.html sind rein deutsche Ausgaben des lateinischen Brevier incl. Matutin nur antiquarisch erhältlich.
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

Ora-Orate
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Ora-Orate »

Es heißt:

DEUTSCHES BREVIER - Vollständige Übersetzung des Stundengebetes der römischen Kirche
Herausgegeben von Dr. Johann Schenk
4. Auflage unter Mitarbeit von P. Erhard Wagenhäuser OESA
VERLAG FRIEDRICH PUSTET REGENSBURG
Printed in Germany (1965)

ISBN steht nirgends.

Ich habe es in Berlin für 14 Euro antiquarisch erworben und bin hellauf begeistert! In der Einleitung wird schon Bezug genomen auf "Sacrosanctum Concilium". Es ist wie gesagt komplett und lediglich auf Deutsch, ansonsten entspricht es inhaltlich genau dem letzten Brevier vor dem Konzil. Schade, das wäre wohl die gewünschte Reform der Stundenliturgie gewesen. Heute ist es bestimmt nahezu vergessen. Ich bete es trotzdem!

iustus
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von iustus »

Ora-Orate hat geschrieben:Heute ist es bestimmt nahezu vergessen.

Wir kämpfen gegen das Vergessen - damit: http://www.introibo.net/diurnale/index.html :)
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

Ora-Orate
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Ora-Orate »

Klingt gut. Ich denke, ich werde mir das Diurnale auch mal zulegen. Preislich ist es echt okay :)

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ottaviani
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von ottaviani »

Ora-Orate hat geschrieben:Es heißt:

DEUTSCHES BREVIER - Vollständige Übersetzung des Stundengebetes der römischen Kirche
Herausgegeben von Dr. Johann Schenk
4. Auflage unter Mitarbeit von P. Erhard Wagenhäuser OESA
VERLAG FRIEDRICH PUSTET REGENSBURG
Printed in Germany (1965)

ISBN steht nirgends.

Ich habe es in Berlin für 14 Euro antiquarisch erworben und bin hellauf begeistert! In der Einleitung wird schon Bezug genomen auf "Sacrosanctum Concilium". Es ist wie gesagt komplett und lediglich auf Deutsch, ansonsten entspricht es inhaltlich genau dem letzten Brevier vor dem Konzil. Schade, das wäre wohl die gewünschte Reform der Stundenliturgie gewesen. Heute ist es bestimmt nahezu vergessen. Ich bete es trotzdem!
ich bete das auch und ich habs um 17 euro bekommen

Ora-Orate
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Ora-Orate »

Aha, gut zu wissen, dass ich nicht der einzige bin! Gibt mir ab jetzt ein noch besseres Gefühl bei der Rezitation :-)

new
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von new »

Die Schenk und Herder Ausgaben in Deutsch werden noch von vielen gebetet. Interessant ist ein Vergleich der übersetzungen mit dem Diurnale. Beim Diurnale wurde ja bewusst möglichst exakt übersetzt.

Ora-Orate
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Ora-Orate »

Zu den Übersetzungen fällt mir noch ein, dass im Schenk-Brevier die Hymnen metrisch passen. Lassen sich alle wunderbar auf das bekannte Melodieschema singen (Veni Creator, Conditor Alme, Jesu Dulcis, etc, ihr wisst ja, welches Schema ich meine oder?). Gereimt wurde teilweise auch, aber nicht mit der Brechstange.

Bruder Jan
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Messbücher von 1965/66

Beitrag von Bruder Jan »

Moin liebe Brüder und Schwestern im Herrn,
Ich habe vor kurzem bei einem Internet Auktionshaus 3 Messbücher ersteigern können, die sowohl deutsch als auch Latein enthalten, sie entsprechen überwiegend dem aO jedoch deutlich vereinfacht, zb fehlt das Stufengebet. Ich würde gern wissen ob die Verwendung dieser Bücher möglich ist bzw ob es gestattet ist sie zu verwenden, da sie eine Version zwischen dem aO und der heutigen Form sind.
Liebe Grüße
Br. Jan

michaelis
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Re: Messbücher von 1965/66

Beitrag von michaelis »

Hört sich für mich nach dem 65'er Ritus an.
Dessen Verwendung ist aber meines Wissens nicht erlaubt, da er einerseits durch den Novus Ordo abgelöst worden ist und auf der anderen Seite auch durch Summorum pontificum nicht erfasst wird.

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holzi
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Re: Messbücher von 1965/66

Beitrag von holzi »

Eigentlich schade, daß der 65er so schnell von der Reform überrollt wurde. In meiner Pfarrei sind auch noch die Bücher dafür. Aber darf der nicht per "Agatha-Christie-Indult" in Großbritannien verwendet werden? Und auch die Wiener Militärseelsorge müsste ein Indult dafür haben, oder?

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Damasus
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Damasus »

Ora-Orate hat geschrieben:Aha, gut zu wissen, dass ich nicht der einzige bin! Gibt mir ab jetzt ein noch besseres Gefühl bei der Rezitation :-)

Dann reihe ich mich hiermit auch in den Chor der Rezitanten ein. Meines habe ich seinerzeit auch in Berlin erwerben können... für einen ähnlich guten Kurs.
Auch wenn es mich ab und an in den ordentlichen Usus verschlägt, so schätze ich neben dem kunstvollen Aufbauc des alten Brevieres vor allem den Hauch der Jahrhunderte - oder wie mans gut deutsch formulieren könnte: die diachrone Symphonie. Wenn man sich im Geiste in ein großes gotisches Chorgestühl versetzt, indem die großen und kleinen Heiligen und Vollendeten der Kirche stehen und unseren Gott mit den gleichen Worten singend und betend verehren ... dieses Szenario kommt mir gerade beim Beten des alten Breviers immer wieder in den Sinn.
Wenn ich auch - und das ist für mich das große Dilemma der beiden Gebräuche des lateinischen Ritus! - etwas daran kranke, dass der Heiligenkalender sich so stark unterscheidet.
In Christo sunt omnes thesauri sapientiæ et scientiæ absconditi. (Col 2,3)

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Lord Mouton
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Lord Mouton »

Wenn ich auch - und das ist für mich das große Dilemma der beiden Gebräuche des lateinischen Ritus! - etwas daran kranke, dass der Heiligenkalender sich so stark unterscheidet.
Warum wurde der Kalender eigentlich so stark verändert?
Steht in den Konzilstexten was darüber? Hab mich vor n paar Jahren mal stärker mit der Liturgiekonstitution beschäftigt, aber ich könnt mich jetzt nicht daran erinnern, dass die sowas fordert...
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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Damasus
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Damasus »

Lord Mouton hat geschrieben:
Wenn ich auch - und das ist für mich das große Dilemma der beiden Gebräuche des lateinischen Ritus! - etwas daran kranke, dass der Heiligenkalender sich so stark unterscheidet.
Warum wurde der Kalender eigentlich so stark verändert?
Steht in den Konzilstexten was darüber? Hab mich vor n paar Jahren mal stärker mit der Liturgiekonstitution beschäftigt, aber ich könnt mich jetzt nicht daran erinnern, dass die sowas fordert...
In der Tat war es ein weitgehend angemahntes "Problem", dass der Heiligenkalender doch arg überfrachtet war. Eingaben disbezüglich gab es bereits beim Tridentinum und auch beim ersten Vaticanum (das sich aus bekannten Gründen damit nicht weiter befassen konnte). Im Zuge der liturgischen Erneuerungsbestrebungen der Päpste set dem hl. Pius X. hat man neuerlich den Plan eines gelüfteten Heiligenkalenders in Angriff genommen.

In der Liturgikonstitution fand auch dieses Thema seinen Niederschlag in Kapitel 5:
Liturgiekonstitution, Kap. 5 hat geschrieben:102. Als liebende Mutter hält die Kirche es für ihre Aufgabe, das Heilswerk ihres göttlichen Bräutigams an bestimmten Tagen das Jahr hindurch in heiligem Gedenken zu feiern. In jeder Woche begeht sie an dem Tag, den sie Herrentag genannt hat, das Gedächtnis der Auferstehung des Herrn, und einmal im Jahr feiert sie diese Auferstehung zugleich mit dem seligen Leiden des Herrn an Ostern, ihrem höchsten Fest. Im Kreislauf des Jahres entfaltet sie das ganze Mysterium Christi von der Menschwerdung und Geburt bis zur Himmelfahrt, zum Pfingsttag und zur Erwartung der seligen Hoffnung und der Ankunft des Herrn. Indem sie so die Mysterien der Erlösung feiert, erschließt sie die Reichtümer der Machterweise und der Verdienste ihres Herrn, so daß sie jederzeit gewissermaßen gegenwärtig gemacht werden und die Gläubigen mit ihnen in Berührung kommen und mit der Gnade des Heiles erfüllt werden.
103. Bei der Feier dieses Jahreskreises der Mysterien Christi verehrt die heilige Kirche mit besonderer Liebe Maria, die selige Gottesgebärerin, die durch ein unzerreißbares Band mit dem Heilswerk ihres Sohnes verbunden ist. In ihr bewundert und preist sie die erhabenste Frucht der Erlösung. In ihr schaut sie wie in einem reinen Bilde mit Freuden an, was sie ganz zu sein wünscht und hofft.
104. In diesen Kreislauf des Jahres hat die Kirche auch die Gedächtnistage der Martyrer und der anderen Heiligen eingefügt, die, durch Gottes vielfältige Gnade zur Vollkommenheit geführt, das ewige Heil bereits erlangt haben, Gott im Himmel das vollkommene Lob singen und Fürsprache für uns einlegen. In den Gedächtnisfeiern der Heiligen verkündet die Kirche das Pascha- Mysterium in den Heiligen, die mit Christus gelitten haben und mit ihm verherrlicht sind. Sie stellt den Gläubigen ihr Beispiel vor Augen, das alle durch Christus zum Vater zieht, und sie erfleht um ihrer Verdienste willen die Wohltaten Gottes.
107. Das liturgische Jahr soll so neugeordnet werden, daß die überlieferten Gewohnheiten und Ordnungen der heiligen Zeiten beibehalten oder im Hinblick auf die Verhältnisse der Gegenwart erneuert werden; jedoch soll der ursprüngliche Charakter der Zeiten gewahrt bleiben, damit die Frömmigkeit der Gläubigen durch die Feier der christlichen Erlösungsgeheimnisse, ganz besonders des Pascha-Mysteriums, genährt werde. Sollten auf Grund der örtlichen Verhältnisse Anpassungen notwendig sein, so soll nach Art. 39 und 40 verfahren werden.
108. Die Herzen der Gläubigen sollen vor allem auf die Herrenfeste hingelenkt werden, in denen die Heilsgeheimnisse das Jahr hindurch begangen werden. Daher soll das Herrenjahr den ihm zukommenden Platz vor den Heiligenfesten erhalten, damit der volle Kreis der Heilsmysterien in gebührender Weise gefeiert wird.
111. Die Heiligen werden in der Kirche gemäß der Überlieferung verehrt, ihre echten Reliquien und ihre Bilder in Ehren gehalten. Denn die Feste der Heiligen künden die Wunder Christi in seinen Knechten und bieten den Gläubigen zur Nachahmung willkommene Beispiele. Die Feste der Heiligen sollen nicht das Übergewicht haben gegenüber den Festen, welche die eigentlichen Heilsmysterien begehen. Eine beträchtliche Anzahl von ihnen möge der Feier in den einzelnen Teilkirchen, Nationen oder Ordensgemeinschaften überlassen bleiben, und nur jene sollen auf die ganze Kirche ausgedehnt werden, die das Gedächtnis solcher Heiligen feiern, die wirklich von allgemeiner Bedeutung sind.
Die Hervorhebungen stammen von mir.
Gerade der letzte Satz ist dann 1969 als Begründung herangezogen worden, weshalb eine nicht unbeträchtliche Zahl von Heiligen aus dem Generalkalender gestrichen wurden.
Man muss aber auch sehen, dass von den 65 höheren Festen im Kalneder Pius V. der Kalender unter Johannes XXIII. stattliche 21 Hochfeste (Feste 1. Kl.), 31 Feste (Feste 2. Kl.) und 180 "gebotene Gedenktage" (Feste 3. Kl.) aufwies - also etwa 63% eines Jahres mit Heiligenfeste "belegt" waren.
Als man sich dann anschickte den Beschluss des Konzils umzusetzten (das Heiligenjahr soll nicht das Übergewicht haben vor dem Herrenjahr), ging man von fünf Grundsätzen aus:

Verminderung der Ideenfeste
Überprüfung der Angaben übder die Heiligen des Kalenders von 1960
Auswahl der Festtage von größerer Bedeutung
Universalität des Kalenders: möglichst Heilige aus allen Völkern und Zeiten sollen representiert sein.

Das führte dann dazu, dass rund 60 Heilige gestrichen wurden und etwa 100 in Eigenkalender verbracht wurden; rund 80 Heiligentage wurden (in der regel auf den historischen Sterbetag) verlegt.

Die Frage ist, ob man dabei nicht ein wenig zu sehr gerodet hat, wenngleich ich die Grundsätze an sich nicht problematish finde. Wirklich historische Irrtümer sollten nicht liturgisch zementiert werden (etwa die Verwechselung des hl. Polykarb von Smyrna mit dem hl Polykarp von Nizäa).

Diese starke Reduzierung wurde im deutschen Raum durch die hohe Zahl an Eigenfesten - etwa 70 - zu einem guten Teil "ausgeglichen".


Die Eigentliche Frage wäre ja aber, ob nicht für den EINEN Ritus EIN Kalender nötig wäre, nach dem man dann ordentlich bzw. außerordentlich zelebrieren würde. Dabei sind weniger die weggefallenen Heiligen ein Problem (sie wären so eine Art "Eigenfeiern der Ecclesia Dei Gemeinschaften"), sondern die unterchiedlichen Termine zu denen Heilige gefeiert werden (z.B. der hl. Thomas am 3.7. und/oder/bzw. am 21.12.).
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Lord Mouton
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Lord Mouton »

Huch, das war mir gar nicht so bewusst, aber so im Nachhinein stimmt das schon mit der überverhältnismäßigen Masse an Heiligenfesten im alten Ritus...

Naja, unter Benedikt hätte ich mich durchaus vorstellen können, dass das vereinheitlicht wird...
Franziskus wird sich in seinem Pontifikat wohl eher mit anderen Sachen beschäftigen.
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

Germanus
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Germanus »

Der röm. Ritus war eigentlich durch die Jahrhunderte hindurch recht konservativ und hatte deshalb lange seine ältesten Elemente bewahren können. Die 65er Reform hat an der Form wenig geändert. Eine große Änderung war eigentlich nur die Sprache: Dass eben auch in der Landessprache zelebriert werden konnte. Das "Übergewicht" an Heiligengedenktagen glich früher das Fehlen von eigenen Formularen der Wochentage aus, wo oft das Sonntagsoffizium der Messe (samt Lesungen) genommen werden mußte. Das hat seinen Grund auch in der Tradition, denn die Eucharistie wurde in der alten Zeit am Sonntag und an den Heiligengedenktagen gefeiert. Der röm. Ritus war also sehr traditionsbewußt, wenn er deshalb die Meßformulare auch nur für diese Tage (und für die geprägten Zeiten etc.) im Meßbuch verzeichnet hatte. Nach der 65er Reform wollte man der Praxis und den Wünschen der Konzilsväter gerecht werden und hat deshalb für jeden Tag des Jahres Lesungstexte etc. ausgewählt. Die Heiligen waren daher nicht mehr so wichtig, zumal die Kommemorationspraxis geändert wurde (die eigentlich durchaus ihre Berechtigung hatte!). Alles zusammen ergab nach 1970 ein ziemlich dürftiges Ganzes, in dem sich ein gesundes liturgisches Leben nicht unbedingt wiederfindet.
Gruß G.
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

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Damasus
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Damasus »

Germanus hat geschrieben:Der röm. Ritus war eigentlich durch die Jahrhunderte hindurch recht konservativ und hatte deshalb lange seine ältesten Elemente bewahren können. Die 65er Reform hat an der Form wenig geändert. Eine große Änderung war eigentlich nur die Sprache: Dass eben auch in der Landessprache zelebriert werden konnte. Das "Übergewicht" an Heiligengedenktagen glich früher das Fehlen von eigenen Formularen der Wochentage aus, wo oft das Sonntagsoffizium der Messe (samt Lesungen) genommen werden mußte. Das hat seinen Grund auch in der Tradition, denn die Eucharistie wurde in der alten Zeit am Sonntag und an den Heiligengedenktagen gefeiert. Der röm. Ritus war also sehr traditionsbewußt, wenn er deshalb die Meßformulare auch nur für diese Tage (und für die geprägten Zeiten etc.) im Meßbuch verzeichnet hatte. Nach der 65er Reform wollte man der Praxis und den Wünschen der Konzilsväter gerecht werden und hat deshalb für jeden Tag des Jahres Lesungstexte etc. ausgewählt. Die Heiligen waren daher nicht mehr so wichtig, zumal die Kommemorationspraxis geändert wurde (die eigentlich durchaus ihre Berechtigung hatte!). Alles zusammen ergab nach 1970 ein ziemlich dürftiges Ganzes, in dem sich ein gesundes liturgisches Leben nicht unbedingt wiederfindet.
Gruß G.
Dass der römische Ritus per se konservativ (bewahrend) ist, ist ja geradezu zwingend ... Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe (1Kor 15,3)!

Die These, dass die Heiligenfeste allein bzw. vor allem dazu gedient haben sollen die fehlender Werktagslesungen auszugleichen halte ich für etwas schief. Sicherlich richtig, dass es zusehens (vor allem dann im 19. Jh.) immer wieder geradezu gezielte Kampagnen gab bestimmte Feste einzuführen, die meist nach etwa folgendem Muster abliefen:

Zuerst wurde eine bestimmte Frömmigkeitsform bzw. ein Heiliger lokal bzw. in einer bestimmten Gemeinschaft gepflegt und der Hl. Stuhl wurde ersucht, diese Andacht auch liturgisch "abzusegnen". Folge: der Papst erleubte einer bestimmten Diözese/orden die Feier eines Festes.
Nach einer Weile begann dann die Kampagne mit gehäuften Ersuchen, doch die Feier auf die ganze Kirche auszudehnen. Man könnte fast meinen, die Auffassung bestand damals, dass nur die Feste etwas "taugten", die auch im Generalkalender verzeichnet waren. Jeder wollte gern "seinen" Ordensgründer oder Patron im Gesamtkalender finden. Der kurze Dienstweg zum einen und eine gewisse organisierte Blüte andererseits führten dann (auch) dazu, dass die Franzosen und vor allem die Italiener fleißig im Kalender vertreten waren.
Eine gewisse Internationalisierung brachte die Wende zum 20. Jh., wo die Missaionare Deutschlands, Englands und der Slawen in den Kalendereingang fanden, sowie die großen östlichen Kirchenlehrer.

Die seelsorgerliche Not in dieser Zeit bewegte wohl auch die Päpste, namentlich Leo XIII. dazu, dieser Ausdehnung der Heiligenverehrung nachzugeben, aber nicht so sehr um des Fehlens einer Werktagsleseordung, sondern weil an einfachen Ferialtagen das Berevier im Vergleich zu einem Heiligenfest deutlichst umfangreicher war (in der Matutin waren 12 ganze, zumeist recht lange Psalmen zu beten, an Heiligenfesten nur neun relativ kurze ... um nur ein Beispiel zu nennen).

Im Ritus von 1965 gab es dann auch - dem Wunsch der Konzilsväter nach einem reicher bereiteten Tisch des Gotteswortes (SC 51) - erste Ansätze einer "Perikopenordnung für die Messfeier an Wochentagen", die auch an Festen 3. Klasse zu gebrauchen war, wenn ein Fest nicht explizite eigenlesungen hatte. Diese Ordnung aus dem Jahr 1966 brachte ein Mehr an Lesungen (ein zweijahreszyklus für die Lesung und einen Einjahreszyklus für das Evangelium) OHNE die bestehende Perikopenordnung zu ändern: Die Sonntagslesungen und die Lesungen für die Werktage der Fasten- und Passionszeit, soeiwe die Quatembertage etc. blieben unangetastet.

Leider wurde dieser Weg dann in der Folge verlassen und ein laus liturgischer Sicht monströses Lesungssystem am grünen Exegetentisch zu schaffen. Ohne mich in Deteils zu verlieren halte ich den ersten Versuch für prinzipiell "richtiger", als den zweiten. Wieso?

1. Das Prinzip des römischen Ritus ist, wie von Germus so schön beschrieben, das Bewahren des Empfangenen. Das Konzil mahnte doch noch, dass nichts geändert werden sollte, wenn es nicht wirklich einen pastoralen Nutzen hätte. Worin lag aber der Nutzen im Abbruch des traditionellen, bis in die Spätantike/Frühmittelalter zurückreichenden Lektionssystem? Nicht zuletzt schadete es sogar der Ökumene! Viele lutherische Gemeinschaften machten die Abkehr von der traditionellen Leseordnung nicht mit. auch wen sich die luth. und die kath. Ordnung in der Nachpfingstzeit gegeneinander verschoben war, so gab es dennoch eine weitgehende Übereinstimmung da aus der gleichen Wurzel kommend.
2. Dass dem "Otto-normal-Messgänger" nur eine Schonkost der biblischen Botschaft präsentiert wurde (jeder Sonntag hatte sein Lektionspaar, dass alljährlich wiederkehrte), zeigt die mütterliche Fürsorge der Kirche:
Besser, ein einfacher Gläubige hört "ständig" die gleichen Texte, die dann aber auch im Gedächtnis und - viel wichtiger - ins Herz wandern (vgl. Lk 2,19: Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.), als dass in einem dem normalen Messbesucher nicht überschaubaren Dreijahreszyklus immer neue Texte präsentiert werden (noch dazu nach dem Willen der Schöpfer eine Lesung mehr als früher). Wer es fassen kann, der fasse es ... aber was ist mit denen (und es sind derer viele), die es nicht in diesem maß fassen können?
3. Denen, die es fassen können ... oder wollen, gab die Werktagsordng von 1966 die Möglichkeit, sich täglich vom Tisch des Gotteswortes nähren zu lassen: sei es durch den Besuch der Mese, oder durch die Betrechtung der entsprechenden Texte zuhause, wi es interessierte Laien mit "dem Schott" ja taten.
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marcus-cgn
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von marcus-cgn »

Damasus hat geschrieben:

Die Eigentliche Frage wäre ja aber, ob nicht für den EINEN Ritus EIN Kalender nötig wäre, nach dem man dann ordentlich bzw. außerordentlich zelebrieren würde. Dabei sind weniger die weggefallenen Heiligen ein Problem (sie wären so eine Art "Eigenfeiern der Ecclesia Dei Gemeinschaften"), sondern die unterchiedlichen Termine zu denen Heilige gefeiert werden (z.B. der hl. Thomas am 3.7. und/oder/bzw. am 21.12.).
Eine Vereinheitlichung des Kalenders wird größte Probleme bereiten. Man muss sich vor Augen halten, dass der Kalender von 1960 im Grunde ein gewachsener Kalender ist, wo zum großen Teil den Heiligen mehr oder weniger zufällig ein Tag zugewiesen wurde. Dagegen hat der neue Kalender den fragmentarischen Versuch unternommen jeden Gedenktag am Todestag des Heiligen oder zumindest in dessen unmittelbarer Nähe zu begehen. Fragmentarisch deshalb, weil man zahlreiche Ausnahmen gemacht hat, um Fasten-, Oster- oder Adventszeit besser hervorzuheben, weshalb zB. der hl. Thomas von Aquin im Januar oder Johannes Paul II. im Oktober gefeiert wird.

Das Problem zeigt sich an folgender Stelle:

Die hl. Theresia vom Jesuskind starb am 30.09., der Tag ist belegt vom hl. Hieronymus. Danach kommt im alten Kalender am 1.10. der hl. Remigius, dann das Schutzengelfest. Der 3.10. war frei, so dass hier die hl. Theresia gefeiert wurde. Da im neuen Kalender der hl. Remigius gestrichen wurde, hat man die hl. Theresia auf den 1.10. näher an ihren Todestag verschoben.

An dieser Stelle könnte man zwar noch eine Lösung finden, weil der hl. Remigius nur ein Gedächtnis ist, allerdings finden sich solche Verschiebungen in jedem Monat, wo teilweise auch Feste 3. Klasse entfernt wurden und mit anderen Heiligen belegt wurden.

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Damasus
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Damasus »

marcus-cgn hat geschrieben: Eine Vereinheitlichung des Kalenders wird größte Probleme bereiten. Man muss sich vor Augen halten, dass der Kalender von 1960 im Grunde ein gewachsener Kalender ist, wo zum großen Teil den Heiligen mehr oder weniger zufällig ein Tag zugewiesen wurde. Dagegen hat der neue Kalender den fragmentarischen Versuch unternommen jeden Gedenktag am Todestag des Heiligen oder zumindest in dessen unmittelbarer Nähe zu begehen. Fragmentarisch deshalb, weil man zahlreiche Ausnahmen gemacht hat, um Fasten-, Oster- oder Adventszeit besser hervorzuheben, weshalb zB. der hl. Thomas von Aquin im Januar oder Johannes Paul II. im Oktober gefeiert wird.
Dem stimme ich zu! Ich sehe nur gerade darin eine "Schwäche". Viele Heilige sind eben "durch Zufall" an ihren traditionellen Platz geraten. Eine engere Verbindung zu ihrem dies natalis wäre doch eigentlich wünschenswert, oder?
Das Beispiel des hl. Thomas von Aquin zeigt auch ein weiteres sehr schön. In der Tat: sein Sterbetag ist der 7. März (an dem er im 1960er Kalender begangen wird). Dieser fällt aber so gut wie immer in die Fastenzeit, was aus dem Fest 3. Klasse eine bloße Kommemoration macht. Nun ist der hl. Thomas v. Aquin aber einer der großen Kirchenlehrer des Westens, sodass er es doch "verdient" hätte ausgiebeiger gefeiert zu werden. Dass man daraufhin den 28. Januar gewählt hat, den Tag der Übertragung der Reliquien (dieses Fest wurde bei den Dominikanern "immer schon" gefeiert), hältzumindest einen Bezug zum Heiligen und ermöglicht seine Feier außerhalb der liturgisch dominanten Fastenzeit. Andernfalls hätte man das Fest hochstufen müssen zu einem Fest 2. Klasse, was dann aber - schaut man auf andere Feste innerhalb der Fastenzeit - doch kein wirklich durchwegs gangbarer Weg wäre.
Ein andere Frage wäre, ob die Feier der Quadragesima so dominant sein müsste. Die Kirche hielt es allerdings für ratsam und das Konziel ist dieser Entscheidung weiter gefolgt.
marcus-cgn hat geschrieben: Das Problem zeigt sich an folgender Stelle:

Die hl. Theresia vom Jesuskind starb am 30.09., der Tag ist belegt vom hl. Hieronymus. Danach kommt im alten Kalender am 1.10. der hl. Remigius, dann das Schutzengelfest. Der 3.10. war frei, so dass hier die hl. Theresia gefeiert wurde. Da im neuen Kalender der hl. Remigius gestrichen wurde, hat man die hl. Theresia auf den 1.10. näher an ihren Todestag verschoben.

An dieser Stelle könnte man zwar noch eine Lösung finden, weil der hl. Remigius nur ein Gedächtnis ist, allerdings finden sich solche Verschiebungen in jedem Monat, wo teilweise auch Feste 3. Klasse entfernt wurden und mit anderen Heiligen belegt wurden.
Ich sehe darin kein so großes Problem. Fakt ist, dass auch zu "vorkonziliaren" Zeiten zum Teil drastische Eingriffe in den Kalender gemscht wurden. Ich bin auch nicht der Ansichtk, dass jeder Heilige des 1960er Kalenders unreflektiert wieder in den Generalkalender aufgenommen werden muss. Man ist in der Kürzung sicherlich etwas übers Ziel hinausgeschossen, doch prinzipiellwar es ein sinnvoller und nötiger Schritt.
Die Frage ist doch aber, wie eine Reform der Refom (sollte sie denn noch gewollt sein) aussehen müsste. Da müssen sich beide Formen - also auch beide Kalender - aufeinander zubewegen.
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Protasius
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Protasius »

Ihr müßt dabei bedenken, daß in den 50er und 60er Jahren kräftig am Kalender herumgeschraubt wurde. Thomas v. Aquin wäre bis
dahin selbstverständlich gefeiert worden (mit 2 Vespern und Kommemoration des Werktages) und nicht nur kommemoriert (Duplexfeste liegen höher als Werktage der Fastenzeit). Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurde fast jedes Heiligenfest gefeiert, sogar sonntags, und da die ganzen Bekennerheiligen, die seit Trient kanonisiert wurden, meistens Duplexrang hatten, gab es außerhalb der Fastenzeit kaum Tage, an denen etwas anderes als die Festpsalmen im Brevier gebetet wurden. Pius X. hat dann das Brevier neu geordnet und Sonntage im Rang höher als Duplexfeste gestellt. Diese ganzen Feste sind jetzt Feste III. Klasse. Daneben gibt es aber noch die ganzen Feste, die jetzt weggefallen sind bzw. nur kommemoriert werden (deren Offizium wird gar nicht gefeiert, in der Messe werden sie vllt. gefeiert, vllt. auch nicht), nämlich alle Semiduplex- und Simplexfeste, darunter viele Martyrer der frühen Kirche wie der hl. Bischof Blasius, die Martyrer Cyriakus (Nothelfer), Largus und Smaragdus, die persischen Martyrer Abdon und Sennen, frühe Päpste wie der hl. Evaristus etc. pp. Gewachsen war dieser Kalender schon, aber beim Stutzen dieses ausgeschlagenen Baumes sind auch viele wertvolle Äste gefallen.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Damasus
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Damasus »

Protasius hat geschrieben:Ihr müßt dabei bedenken, daß in den 50er und 60er Jahren kräftig am Kalender herumgeschraubt wurde. Thomas v. Aquin wäre bis
dahin selbstverständlich gefeiert worden (mit 2 Vespern und Kommemoration des Werktages) und nicht nur kommemoriert (Duplexfeste liegen höher als Werktage der Fastenzeit). Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurde fast jedes Heiligenfest gefeiert, sogar sonntags, und da die ganzen Bekennerheiligen, die seit Trient kanonisiert wurden, meistens Duplexrang hatten, gab es außerhalb der Fastenzeit kaum Tage, an denen etwas anderes als die Festpsalmen im Brevier gebetet wurden. Pius X. hat dann das Brevier neu geordnet und Sonntage im Rang höher als Duplexfeste gestellt. Diese ganzen Feste sind jetzt Feste III. Klasse. Daneben gibt es aber noch die ganzen Feste, die jetzt weggefallen sind bzw. nur kommemoriert werden (deren Offizium wird gar nicht gefeiert, in der Messe werden sie vllt. gefeiert, vllt. auch nicht), nämlich alle Semiduplex- und Simplexfeste, darunter viele Martyrer der frühen Kirche wie der hl. Bischof Blasius, die Martyrer Cyriakus (Nothelfer), Largus und Smaragdus, die persischen Martyrer Abdon und Sennen, frühe Päpste wie der hl. Evaristus etc. pp. Gewachsen war dieser Kalender schon, aber beim Stutzen dieses ausgeschlagenen Baumes sind auch viele wertvolle Äste gefallen.
Das alles ist mir wohl bewusst - und Deine Meinung, dass bei (der letzten) Reform viele wertvolle Äste vielen, teile ich persönlich voll und ganz. Was ist aber der natürliche Weitergang in der Entwicklung des Heiligenkalenders (gerade auch mit Blick auf den 65er Ritus als Modell der "Versöhnung" der beiden Formen des römischen Ritus zu einer)? Wo muss angesetzt werden?
Dass die liturgische Praxis vor Pius X. in diesem Punkt arg problematisch war, dürfte keiner wirklich bestreiten wollen. Der Sonntag sollte ganz selbstverständlich den Vorzug für den normalen Heiligenfesten haben. Das dies in diesem Rangverhältnis auch für die Werktage der geprägten Zeiten gelten soll, sehe ich auch nicht unbedingt. Da könnte die Regelungen des Rubrikenkodex von 1960 durchaus etwas "zurückgedreht" werden. Das sollte auch im Bereich der Oktaven gelten. So ist z.B. die Oktav der Krichweihe weggefallen, obwohl sie biblisch begründet ist (in den Makkabäerbüchern wird die achttäge Feier der Tempelweihe bezeugt). Es gebe darüber hinaus sicherlich auch einige Hochfeste, die mit einer solchen Freude begangen werden, dass dies einfach ausstrahlen müsste auf die kommende Woche: der Pfarr- und Bistumspatron, aber auch Maria Himmelfahrt, Epiphanias, Fronleichnam, Allerheiligen etc. Dadurch würde immer noch nicht die Balance zwischen Heiligen- udn Herrenjahr wanken.
Unbenommen ist es schwierig einen gewachsenen Kalender umzugestalten - und jeder, der sich an dieses Werk macht, hat von vornherein verloren. Denn jeder Heilige hat natürlich auch - zurecht - seine "Lobby". Ich hätte auch einige Vorschläge für Feste, die es verdienen würde gefeiert zu werden, etwa das Fest der Sieben Freuden Mariens als notwendige Ergänzung zum Schmerzensfest. Letzteres wird im alten Kalender ja sogar doppelt gefeiert. Das Schutzfest des hl. Joseph müsste wieder eingeführt werden - immerhin ist er der Schutzher der ganzen Kirche ... oder es müsste er 19. März anders geprägt sein. Abgesehen von meinen persönlichen Lieblingsheiligen, die natürlich es allesamt verdient hätte von allen gefeiert zu werden... :heiligenschein:

Sachlich müsste man sich dagegen die Normen ansehen, die zur Reform aufgestellt werden/wurden und schauen, wie dieses umgesetzt wurden (oder auch nicht).
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Protasius
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Protasius »

Ich fand den Kalender direkt nach dem tridentinischen Konzil ganz gut; andererseits kann ich aber auch die Motivation hinter den vielen neuen Bekennerheiligen verstehen Vorbilder zu geben, die nicht den Martertod gestorben sind. Trotzdem sind das so viele, dass man zwar einige besonders verehrte im Generalkalender übriglassen sollte (z.B. Theresa von Avila), aber den Großteil in verschiedene Regionalkalender schieben könnte, den hl. Petrus von Alcantara in den spanischen Kalender, den hl. Gabriel von der schmerzhaften Jungfrau nach Italien etc. (was ja so in etwa bei der Kalenderreform gemacht hat, aber weil dabei das Temporale ziemlich durcheinander gewirbelt wurde, halte ich ihn für ebenso verbesserungswürdig).
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Damasus
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Damasus »

Ich bin in dem Punkt mit dem Temporale ganz bei Dir. Bei den unierten Anglikanern gibt es ja auch noch/wieder die Epiphanie-, Vorfasten, Pfingst- und Trinitatiszeit.
Das traditionelle Kirchenjahr könnte also durchaus stärkeres Heimatrecht zurückbekommen, zumal es nun auch nicht so viel komplizierter ist. Wer sich "damals" damit befassen wollte hat es ebenso verstanden. Und die Frage wäre ja auch, was eine Gleichschaltung der Sonntage per annum für einen "wirklichen geistlichen Nutzen" hatte.
Mir ging es in meinen Einlassungen auch primär ums das Proprium de Sanctis, das Commune und das Temporale könnte gut außerordentlich (schön) bleiben. :blinker:
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Protasius
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Protasius »

Damasus hat geschrieben:Ich bin in dem Punkt mit dem Temporale ganz bei Dir. Bei den unierten Anglikanern gibt es ja auch noch/wieder die Epiphanie-, Vorfasten, Pfingst- und Trinitatiszeit.
Das traditionelle Kirchenjahr könnte also durchaus stärkeres Heimatrecht zurückbekommen, zumal es nun auch nicht so viel komplizierter ist. Wer sich "damals" damit befassen wollte hat es ebenso verstanden. Und die Frage wäre ja auch, was eine Gleichschaltung der Sonntage per annum für einen "wirklichen geistlichen Nutzen" hatte.
Mir ging es in meinen Einlassungen auch primär ums das Proprium de Sanctis, das Commune und das Temporale könnte gut außerordentlich (schön) bleiben. :blinker:
Pius X. stand ja 1911 vor zwei Alternativen: die fast 1500 Jahre Psalmenverteilung zu ändern, oder das Sanctorale auszudünnen. Aus Sorge der Verehrung der Heiligen zu schaden hat er sich für die erste Möglichkeit entschieden. Es gibt einen Blog, der einen Vorschlag macht, wie der Kalender aussehen könnte, wenn Pius X. sich für die zweite Möglichkeit entschieden hätte: http://currenttridentineordo.blogspot.de/, man orientiert sich an der Heiligendichte unter Pius V. 1568/1570, der das Sanctorale bereinigte.
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kleine_therese
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1965

Beitrag von kleine_therese »

Ist der Ritus von 1965 rechtgläubig?

...fragt neugierig die kleine_therese

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Niels
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Re: 1965

Beitrag von Niels »

Ja, sagt der kleine Niels. :fieselschweif:
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Juergen
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Re: 1965er Ritus

Beitrag von Juergen »

Nein, ein Ritus kann niemals rechtgläubig, weil der Ritus selbst nicht glaubt. Aber diejenigen, die ihn feiern können rechtgläubig oder recht gläubig oder gläubig oder ungläubig oder… sein.

Wenn jedoch der Ritus von 1965 so gefeiert wird, wie er zu feiern ist, dann wird eine Messe gefeiert, an der teilzunehmen niemand aufgrund des Ritus gehindert ist. Insofern entsteht durch die Feier des Ritus eine – modernistisch ausgedrückt – „rechtgläubige Atmosphäre“.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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