Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Germanus hat geschrieben: Danke für diese informationen!
Doch zum Ritus der Kirche von Lyon wäre zu bemerken: zumindest die Zisterzienser und eben die Kartäuser hatten eben diesen Ritus übernehmen können, da ihre Klöster ja im Jurisdiktionsbezirk des Erzbischofs von Lyon lagen bzw. liegen. Ob nun der Ritus der Kartäuser wirklich mit dem der Kirche von Lyon auch später noch übereinstimmte?
Nehmen Sie es von mir an: Ja. Haargenau stimmte der Ritus von Lyon (Fassung: XI. Jahrhundert) mit dem Ritus der Karthäuser bis 1969 überein.
Mir ist eingefallen, dass ich nicht weiß, ob die betreffenden Bischöfe (von Mailand und Toledo) vor der Herausgabe ihrer liturgischen Bücher wirklich erst in Rom um die Approbation anfragen müssen. Eigentlich ist den Bischöfen ja zugestanden, für ihre Diözese selbst zu entscheiden.
Seit dem Mittelalter nicht mehr. Schon z.Zt. von Quo Primum (1570) mußte man Unterlagen zeigen können um die "Über 200 Jahre Alt"-Aussage zu untermauern. Also muß die römische Gottesdienstkongregation approbieren.
Die Frage des Novus Ordo ist so einfach nicht zu lösen. Sicher hatte die Reform ihren Sinn und auch Berechtigung. Der Ritus, den Papst Pius V. vorgeschrieben hatte, und der mit Änderungen bis zum "Novus Ordo" im allgemeinen röm.-lat. Gebrauch war, war ja auch nicht unbedingt sonderlich exakt im Beachten der liturgischen Traditionen... Das wäre zumindest zu Bedenken.
Können Sie mir das prezisieren und erklären anhand von Beispielen? Wenn eins auf den "Tridentinischen" Ritus zutrifft, dann wohl das Wort "exakt".

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Athanasius2 hat geschrieben:Wenn eins auf den "Tridentinischen" Ritus zutrifft, dann wohl das Wort "exakt".
Ich habe neulich an einem sog. "levitierten Hochamt" im trid. Ritus teilgenommen. Es wurde anläßlich einer Konferenz zelebriert. Die Zelebranten waren also nicht gewohnt, miteinander in dieser Kapelle zu zelebrieren. Amüsiert habe ich zur Kenntnis genommen, daß es an einigen Stellen zu kleinen Mißverständnissen kam, wer wann was wie machen muß. Der "Master of Ceremonies" leitete durch die Zeremonie und hat das dann gesteuert.

Das war nichts Gravierendes, aber es war doch deutlich, daß die "Exaktheit" des tridentinischen Ritus offenbar nicht ausreichte, um die Zelebration wie am Schnürchen laufen zu lassen. ;)

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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Athanasius2 hat geschrieben:Wenn eins auf den "Tridentinischen" Ritus zutrifft, dann wohl das Wort "exakt".
Ich habe neulich an einem sog. "levitierten Hochamt" im trid. Ritus teilgenommen. Es wurde anläßlich einer Konferenz zelebriert. Die Zelebranten waren also nicht gewohnt, miteinander in dieser Kapelle zu zelebrieren. Amüsiert habe ich zur Kenntnis genommen, daß es an einigen Stellen zu kleinen Mißverständnissen kam, wer wann was wie machen muß. Der "Master of Ceremonies" leitete durch die Zeremonie und hat das dann gesteuert.

Das war nichts Gravierendes, aber es war doch deutlich, daß die "Exaktheit" des tridentinischen Ritus offenbar nicht ausreichte, um die Zelebration wie am Schnürchen laufen zu lassen. ;)
Der Ritus war dort wohl exakt, doch die Zelebranten waren schlecht vorbereitet, oder wenigstens einer von denen. Bei der FSSPX habe ich so etwas noch nie erfahren, auch nicht, wenn Priester aus Afrika (Schwarzen) mit Priestern aus Estland und Dänemark zelebrierten, ohne einander sprachlich zu verstehen.

Ich nehme an, diese Konferenz war in Oxford und organisiert von CIEL? :roll: Ich war nicht dabei, aber doch einige "Bekannten" von mir.

Germanus
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Beitrag von Germanus »

Athanasius2 hat geschrieben:
Germanus hat geschrieben: Danke für diese informationen!
Doch zum Ritus der Kirche von Lyon wäre zu bemerken: zumindest die Zisterzienser und eben die Kartäuser hatten eben diesen Ritus übernehmen können, da ihre Klöster ja im Jurisdiktionsbezirk des Erzbischofs von Lyon lagen bzw. liegen. Ob nun der Ritus der Kartäuser wirklich mit dem der Kirche von Lyon auch später noch übereinstimmte?
Nehmen Sie es von mir an: Ja. Haargenau stimmte der Ritus von Lyon (Fassung: XI. Jahrhundert) mit dem Ritus der Karthäuser bis 1969 überein.
Mir ist eingefallen, dass ich nicht weiß, ob die betreffenden Bischöfe (von Mailand und Toledo) vor der Herausgabe ihrer liturgischen Bücher wirklich erst in Rom um die Approbation anfragen müssen. Eigentlich ist den Bischöfen ja zugestanden, für ihre Diözese selbst zu entscheiden.
Seit dem Mittelalter nicht mehr. Schon z.Zt. von Quo Primum (1570) mußte man Unterlagen zeigen können um die "Über 200 Jahre Alt"-Aussage zu untermauern. Also muß die römische Gottesdienstkongregation approbieren.
Die Frage des Novus Ordo ist so einfach nicht zu lösen. Sicher hatte die Reform ihren Sinn und auch Berechtigung. Der Ritus, den Papst Pius V. vorgeschrieben hatte, und der mit Änderungen bis zum "Novus Ordo" im allgemeinen röm.-lat. Gebrauch war, war ja auch nicht unbedingt sonderlich exakt im Beachten der liturgischen Traditionen... Das wäre zumindest zu Bedenken.
Können Sie mir das prezisieren und erklären anhand von Beispielen? Wenn eins auf den "Tridentinischen" Ritus zutrifft, dann wohl das Wort "exakt".
Herzlichen Dank für die Antwort bzgl. des Kartäuserritus (und für die Angabe der Fotoquelle zum Ambrosianischen Ritus).
Ein Wort zuvor: Ich selbst schätze den sogenannten Tridentinischen Ritus außerordendlich! Er hat ja viele uralte Traditionen bewahren können, die mir teuer sind, und die mir vielfach fehlen bei den neuen Formen in der Liturgie.
Trotzdem gibt es für mich auch Gegenbeispiele, die zeigen, dass der Gottesdienst sich wandeln kann und darf, so meine ich.
Trotz aller Exaktheit, wie Sie betonen, hat der Tridentinische Ritus in einer liturgisch doch wichtigen Frage keine klare Linie beibehalten: das frühkirchliche Verbot der Kniebeugung (an Sonntagen und) in der Osterzeit wird nicht beachtet. Verzeihen Sie mir, wenn ich aus dem Ärmel nicht den entsprechenden Kanon schütteln kann... Er existiert jedoch. Wir finden dieses Verbot noch im 12./13. Jahrhundert in der Ritenfamilie von Lyon z.B. Ebendort hatte man auch am ebenfalls frühen Verbot festgehalten, das Hl. Eucharistische Opfer mehrmals auf einem Altar zu feiern. Für den Tridentinischen Ritus war das auch kein Problem mehr, meine ich zu wissen. Das sind Beispiele für den Wandel in der Befolgung der kirchlichen Canones, die man durchaus als Fehlentwicklung bezeichnen könnte. Es sind sicher nicht die einzigen. Hinzu kommt die Schwierigkeit der lateinischen Kirchensprache. Meiner bescheidenen Meinung nach hat die große Kluft zwischen Zelebrant und Volk der Spiritualität und Frömmigkeit nicht gut getan. Cum grano salis gesprochen, dachte ich deshalb schon oft, ob nicht letztendlich dieser fehlende Tiefgang durch das Unverständnis der erhabenen liturgischen Texte zum Zusammenbruch mancher Infrastrukturen in der röm.-lat. Kirche geführt haben mag. Andere Entwicklungen werden dazu beigetragen haben. Die Überzeugung der frühen Kirchen, dass zur Gültigkeit des Weihesakraments die Zustimmung des Volkes gehört, die auch in Rom noch mindestens im Mittelalter vertreten wurde, ist ein Punkt, der sich mit der oben angesprochenen Diskrepanz zwischen "Messe lesendem Liturgen" und de facto "entmündigtem" Volk (s. die spätere Vorschrift, dass alle ursprünglich dem Volk zustehenden Teile vom Priester durch die integrale Rezitation "gültig" gemacht werden mussten!) dann so nicht mehr vereinbaren läßt.
Die sogenannte "Exaktheit" des Tridentinischen Ritus wird auch dort durchbrochen, wo Eigenbrauch das Korsett wieder durchbricht (vgl. das "Eulogion" in manchen Diözesen Frankreichs, das seine eigene Stelle im Messverlauf bekam).
Meiner Meinung nach soll das Hilfmittel des Ritus in der Liturgie, die ja eigentlich schon die Verbindung von irdischem Menschenwerk und dem Werk Gottes ist, uns Menschen u.a. helfen, die Anwesenheit Gottes in seiner Kirche und in der Welt sichtbar zu machen. Deshalb z.B. brauchen wir die Liturgie nicht mehr so zu feiern, wie es die Apostel getan haben, weil die Welt sich stark verändert hat. Doch das Wesen der Liturgie darf nicht angetastet werden.
Ob das so dem Frieden dienen könnte, der ja manchmal durch Kleinigkeiten arg bedroht ist? Gebe es Gott.

Germanus
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Beitrag von Germanus »

Athanasius2 hat geschrieben:
Germanus hat geschrieben: Danke für diese informationen!
Doch zum Ritus der Kirche von Lyon wäre zu bemerken: zumindest die Zisterzienser und eben die Kartäuser hatten eben diesen Ritus übernehmen können, da ihre Klöster ja im Jurisdiktionsbezirk des Erzbischofs von Lyon lagen bzw. liegen. Ob nun der Ritus der Kartäuser wirklich mit dem der Kirche von Lyon auch später noch übereinstimmte?
Nehmen Sie es von mir an: Ja. Haargenau stimmte der Ritus von Lyon (Fassung: XI. Jahrhundert) mit dem Ritus der Karthäuser bis 1969 überein.
Mir ist eingefallen, dass ich nicht weiß, ob die betreffenden Bischöfe (von Mailand und Toledo) vor der Herausgabe ihrer liturgischen Bücher wirklich erst in Rom um die Approbation anfragen müssen. Eigentlich ist den Bischöfen ja zugestanden, für ihre Diözese selbst zu entscheiden.
Seit dem Mittelalter nicht mehr. Schon z.Zt. von Quo Primum (1570) mußte man Unterlagen zeigen können um die "Über 200 Jahre Alt"-Aussage zu untermauern. Also muß die römische Gottesdienstkongregation approbieren.
Die Frage des Novus Ordo ist so einfach nicht zu lösen. Sicher hatte die Reform ihren Sinn und auch Berechtigung. Der Ritus, den Papst Pius V. vorgeschrieben hatte, und der mit Änderungen bis zum "Novus Ordo" im allgemeinen röm.-lat. Gebrauch war, war ja auch nicht unbedingt sonderlich exakt im Beachten der liturgischen Traditionen... Das wäre zumindest zu Bedenken.
Können Sie mir das prezisieren und erklären anhand von Beispielen? Wenn eins auf den "Tridentinischen" Ritus zutrifft, dann wohl das Wort "exakt".
Herzlichen Dank für die Antwort bzgl. des Kartäuserritus (und für die Angabe der Fotoquelle zum Ambrosianischen Ritus).
Ein Wort zuvor: Ich selbst schätze den sogenannten Tridentinischen Ritus außerordendlich! Er hat ja viele uralte Traditionen bewahren können, die mir teuer sind, und die mir vielfach fehlen bei den neuen Formen in der Liturgie.
Trotzdem gibt es für mich auch Gegenbeispiele, die zeigen, dass der Gottesdienst sich wandeln kann und darf, so meine ich.
Trotz aller Exaktheit, wie Sie betonen, hat der Tridentinische Ritus in einer liturgisch doch wichtigen Frage keine klare Linie beibehalten: das frühkirchliche Verbot der Kniebeugung (an Sonntagen und) in der Osterzeit wird nicht beachtet. Verzeihen Sie mir, wenn ich aus dem Ärmel nicht den entsprechenden Kanon schütteln kann... Er existiert jedoch. Wir finden dieses Verbot noch im 12./13. Jahrhundert in der Ritenfamilie von Lyon z.B. Ebendort hatte man auch am ebenfalls frühen Verbot festgehalten, das Hl. Eucharistische Opfer mehrmals auf einem Altar zu feiern. Für den Tridentinischen Ritus war das auch kein Problem mehr, meine ich zu wissen. Das sind Beispiele für den Wandel in der Befolgung der kirchlichen Canones, die man durchaus als Fehlentwicklung bezeichnen könnte. Es sind sicher nicht die einzigen. Hinzu kommt die Schwierigkeit der lateinischen Kirchensprache. Meiner bescheidenen Meinung nach hat die große Kluft zwischen Zelebrant und Volk der Spiritualität und Frömmigkeit nicht gut getan. Cum grano salis gesprochen, dachte ich deshalb schon oft, ob nicht letztendlich dieser fehlende Tiefgang durch das Unverständnis der erhabenen liturgischen Texte zum Zusammenbruch mancher Infrastrukturen in der röm.-lat. Kirche geführt haben mag. Andere Entwicklungen werden dazu beigetragen haben. Die Überzeugung der frühen Kirchen, dass zur Gültigkeit des Weihesakraments die Zustimmung des Volkes gehört, die auch in Rom noch mindestens im Mittelalter vertreten wurde, ist ein Punkt, der sich mit der oben angesprochenen Diskrepanz zwischen "Messe lesendem Liturgen" und de facto "entmündigtem" Volk (s. die spätere Vorschrift, dass alle ursprünglich dem Volk zustehenden Teile vom Priester durch die integrale Rezitation "gültig" gemacht werden mussten!) dann so nicht mehr vereinbaren läßt.
Die sogenannte "Exaktheit" des Tridentinischen Ritus wird auch dort durchbrochen, wo Eigenbrauch das Korsett wieder durchbricht (vgl. das "Eulogion" in manchen Diözesen Frankreichs, das seine eigene Stelle im Messverlauf bekam).
Meiner Meinung nach soll das Hilfmittel des Ritus in der Liturgie, die ja eigentlich schon die Verbindung von irdischem Menschenwerk und dem Werk Gottes ist, uns Menschen u.a. helfen, die Anwesenheit Gottes in seiner Kirche und in der Welt sichtbar zu machen. Deshalb z.B. brauchen wir die Liturgie nicht mehr so zu feiern, wie es die Apostel getan haben, weil die Welt sich stark verändert hat. Doch das Wesen der Liturgie darf nicht angetastet werden.
Ob das so dem Frieden dienen könnte, der ja manchmal durch Kleinigkeiten arg bedroht ist? Gebe es Gott.

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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Herzlichen Dank für die Antwort bzgl. des Kartäuserritus (und für die Angabe der Fotoquelle zum Ambrosianischen Ritus).
Ein Wort zuvor: Ich selbst schätze den sogenannten Tridentinischen Ritus außerordendlich! Er hat ja viele uralte Traditionen bewahren können, die mir teuer sind, und die mir vielfach fehlen bei den neuen Formen in der Liturgie.
Trotzdem gibt es für mich auch Gegenbeispiele, die zeigen, dass der Gottesdienst sich wandeln kann und darf, so meine ich.
Trotz aller Exaktheit, wie Sie betonen, hat der Tridentinische Ritus in einer liturgisch doch wichtigen Frage keine klare Linie beibehalten: das frühkirchliche Verbot der Kniebeugung (an Sonntagen und) in der Osterzeit wird nicht beachtet. Verzeihen Sie mir, wenn ich aus dem Ärmel nicht den entsprechenden Kanon schütteln kann... Er existiert jedoch. Wir finden dieses Verbot noch im 12./13. Jahrhundert in der Ritenfamilie von Lyon z.B.


Ich habe vom Verbot der Kniebeugung noch nie gehört. Und der Papst kann ja solche kirchlichen Vorschriften leicht ändern. Im Name Jesu knien sich Himmel, Erde und Hölle, sagt ja der hl. Paulus, oder? Auch in der Osterliturgie der Ostkirche wird gekniet, und zwar vom Priester, der sich in völliger Hingabe hinkniet und mit dem Kopf zur Erde wirft hinter dem Ikonostasis.
Ebendort hatte man auch am ebenfalls frühen Verbot festgehalten, das Hl. Eucharistische Opfer mehrmals auf einem Altar zu feiern. Für den Tridentinischen Ritus war das auch kein Problem mehr, meine ich zu wissen. Das sind Beispiele für den Wandel in der Befolgung der kirchlichen Canones, die man durchaus als Fehlentwicklung bezeichnen könnte. Es sind sicher nicht die einzigen.
Entschuldigung, aber ich bin wirklich neugierig nach den Kanones, wo das Magisterium ein Knieverbot erlassen hat für Sonntäge und die Osterzeit. Dennoch: der Papst kann solche Sachen ändern. Natürlich hatte das einzige Opfer auf dem Hochaltar eine gewisse Bedeutung. Das war auch der Grund, warum es so viele Seitenaltäre gibt in mittelalterlichen Kirchen. Aber hat der Novus Ordo das gelöst? Werden dort auf dem Tische nicht noch mehr Messen hintereinander gefeiert (nun, heute fehlt oft das Volk das apostatisiert ist - aber sag mal: 1975?).
Hinzu kommt die Schwierigkeit der lateinischen Kirchensprache. Meiner bescheidenen Meinung nach hat die große Kluft zwischen Zelebrant und Volk der Spiritualität und Frömmigkeit nicht gut getan. Cum grano salis gesprochen, dachte ich deshalb schon oft, ob nicht letztendlich dieser fehlende Tiefgang durch das Unverständnis der erhabenen liturgischen Texte zum Zusammenbruch mancher Infrastrukturen in der röm.-lat. Kirche geführt haben mag. Andere Entwicklungen werden dazu beigetragen haben. Die Überzeugung der frühen Kirchen, dass zur Gültigkeit des Weihesakraments die Zustimmung des Volkes gehört, die auch in Rom noch mindestens im Mittelalter vertreten wurde, ist ein Punkt, der sich mit der oben angesprochenen Diskrepanz zwischen "Messe lesendem Liturgen" und de facto "entmündigtem" Volk (s. die spätere Vorschrift, dass alle ursprünglich dem Volk zustehenden Teile vom Priester durch die integrale Rezitation "gültig" gemacht werden mussten!) dann so nicht mehr vereinbaren läßt.
Das interessiert mich überhaupt nicht. Diese Zustimmung war eine irrige Doktrin die nichts mit der Sakramentären Realität zu tun hat. Soll also auch bitte sehr nicht beachtet werden.

Die Lateinische Sprache war den Leuten eher teuer, hat Sie vom sakralen überzeugt. Und spätestens nach dem 19. Jh. mit den Volksmessbüchern auch nicht von der Teilnahme gehindert. Die Teilnahme wurde durch Bet-Sing-Messen, Operette-Messen und das Vergessen der Gregorianik verringert, nicht durch die lateinische Sprache. Im Mittelalter, ich habe es aus profanen Texten, sang man auf dem Felde auswendig etwa das Veni sancte Spiritus und Lauda Sion. Die Leute damals kannten das, da Leben und Lust um die Kirche drehten, manchmal zwar aus naiver Angst, aber dennoch. Die Teilnahme fehlte da wirklich nicht. Und Papst Pius X. hat jede Beschwerde in jener Ansicht weggenommen durch Wiederherstellung der Gregorianik und Forderung des Volksmitsingens und der Instruktion des Volkes im Mitsingen und -Beten der hl. Messe, sowohl im Singen der Antworten wie im inwendigen Mitlesen.
Meiner Meinung nach soll das Hilfmittel des Ritus in der Liturgie, die ja eigentlich schon die Verbindung von irdischem Menschenwerk und dem Werk Gottes ist, uns Menschen u.a. helfen, die Anwesenheit Gottes in seiner Kirche und in der Welt sichtbar zu machen. Deshalb z.B. brauchen wir die Liturgie nicht mehr so zu feiern, wie es die Apostel getan haben, weil die Welt sich stark verändert hat. Doch das Wesen der Liturgie darf nicht angetastet werden.
Nun, da bin ich mit Ihnen nicht einverstanden. (Zum ersten wohl.) Die Römische Liturgie geht in ihrer Essenz zurück auf Apostolische Zeiten (wenigstens Kanongebete, bestimmte Lesungen, Teile des Propriums, sowie Pater noster und andere Sprüche). In 1940 war die tridentinische Liturgie auch schon längst nicht mehr "modern" oder "zeitgemäss" in erster Hinsicht, aber bei tieferem Nachdenken, kam hervor, dass sie zeitlos ist. Nicht umsonst, war 1948 die Zahl der Priesterweihen abnormal hoch. Die Benediktiner von Solemnes haben es vor 1930 vorgetan, wie die Liturgie heute noch so gehört wie sie ist. Zeitlos. Über Zeiten hinweg schauend. Mit den Resten der Apostel, den reichen Gebeten des frühen Mittelalters, den Gewändern der Renaissance- und Barockzeit, den Volksmessbüchern des 18. Jh. Man könnte sie erreichern, aber nicht abschaffen oder unterdrücken. Liturgie ist gegeben, wird nicht gemacht.
Ob das so dem Frieden dienen könnte, der ja manchmal durch Kleinigkeiten arg bedroht ist? Gebe es Gott.
Opus iustitiae pax. Wenn die Liturgeia Werk der Gerechtigkeit ist, wird sie dem Frieden dienen.

Germanus
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Beitrag von Germanus »

Athanasius2 hat geschrieben:
Herzlichen Dank für die Antwort bzgl. des Kartäuserritus (und für die Angabe der Fotoquelle zum Ambrosianischen Ritus).
Ein Wort zuvor: Ich selbst schätze den sogenannten Tridentinischen Ritus außerordendlich! Er hat ja viele uralte Traditionen bewahren können, die mir teuer sind, und die mir vielfach fehlen bei den neuen Formen in der Liturgie.
Trotzdem gibt es für mich auch Gegenbeispiele, die zeigen, dass der Gottesdienst sich wandeln kann und darf, so meine ich.
Trotz aller Exaktheit, wie Sie betonen, hat der Tridentinische Ritus in einer liturgisch doch wichtigen Frage keine klare Linie beibehalten: das frühkirchliche Verbot der Kniebeugung (an Sonntagen und) in der Osterzeit wird nicht beachtet. Verzeihen Sie mir, wenn ich aus dem Ärmel nicht den entsprechenden Kanon schütteln kann... Er existiert jedoch. Wir finden dieses Verbot noch im 12./13. Jahrhundert in der Ritenfamilie von Lyon z.B.


Ich habe vom Verbot der Kniebeugung noch nie gehört. Und der Papst kann ja solche kirchlichen Vorschriften leicht ändern. Im Name Jesu knien sich Himmel, Erde und Hölle, sagt ja der hl. Paulus, oder? Auch in der Osterliturgie der Ostkirche wird gekniet, und zwar vom Priester, der sich in völliger Hingabe hinkniet und mit dem Kopf zur Erde wirft hinter dem Ikonostasis.
Ebendort hatte man auch am ebenfalls frühen Verbot festgehalten, das Hl. Eucharistische Opfer mehrmals auf einem Altar zu feiern. Für den Tridentinischen Ritus war das auch kein Problem mehr, meine ich zu wissen. Das sind Beispiele für den Wandel in der Befolgung der kirchlichen Canones, die man durchaus als Fehlentwicklung bezeichnen könnte. Es sind sicher nicht die einzigen.
Entschuldigung, aber ich bin wirklich neugierig nach den Kanones, wo das Magisterium ein Knieverbot erlassen hat für Sonntäge und die Osterzeit. Dennoch: der Papst kann solche Sachen ändern. Natürlich hatte das einzige Opfer auf dem Hochaltar eine gewisse Bedeutung. Das war auch der Grund, warum es so viele Seitenaltäre gibt in mittelalterlichen Kirchen. Aber hat der Novus Ordo das gelöst? Werden dort auf dem Tische nicht noch mehr Messen hintereinander gefeiert (nun, heute fehlt oft das Volk das apostatisiert ist - aber sag mal: 1975?).
Hinzu kommt die Schwierigkeit der lateinischen Kirchensprache. Meiner bescheidenen Meinung nach hat die große Kluft zwischen Zelebrant und Volk der Spiritualität und Frömmigkeit nicht gut getan. Cum grano salis gesprochen, dachte ich deshalb schon oft, ob nicht letztendlich dieser fehlende Tiefgang durch das Unverständnis der erhabenen liturgischen Texte zum Zusammenbruch mancher Infrastrukturen in der röm.-lat. Kirche geführt haben mag. Andere Entwicklungen werden dazu beigetragen haben. Die Überzeugung der frühen Kirchen, dass zur Gültigkeit des Weihesakraments die Zustimmung des Volkes gehört, die auch in Rom noch mindestens im Mittelalter vertreten wurde, ist ein Punkt, der sich mit der oben angesprochenen Diskrepanz zwischen "Messe lesendem Liturgen" und de facto "entmündigtem" Volk (s. die spätere Vorschrift, dass alle ursprünglich dem Volk zustehenden Teile vom Priester durch die integrale Rezitation "gültig" gemacht werden mussten!) dann so nicht mehr vereinbaren läßt.
Das interessiert mich überhaupt nicht. Diese Zustimmung war eine irrige Doktrin die nichts mit der Sakramentären Realität zu tun hat. Soll also auch bitte sehr nicht beachtet werden.

Die Lateinische Sprache war den Leuten eher teuer, hat Sie vom sakralen überzeugt. Und spätestens nach dem 19. Jh. mit den Volksmessbüchern auch nicht von der Teilnahme gehindert. Die Teilnahme wurde durch Bet-Sing-Messen, Operette-Messen und das Vergessen der Gregorianik verringert, nicht durch die lateinische Sprache. Im Mittelalter, ich habe es aus profanen Texten, sang man auf dem Felde auswendig etwa das Veni sancte Spiritus und Lauda Sion. Die Leute damals kannten das, da Leben und Lust um die Kirche drehten, manchmal zwar aus naiver Angst, aber dennoch. Die Teilnahme fehlte da wirklich nicht. Und Papst Pius X. hat jede Beschwerde in jener Ansicht weggenommen durch Wiederherstellung der Gregorianik und Forderung des Volksmitsingens und der Instruktion des Volkes im Mitsingen und -Beten der hl. Messe, sowohl im Singen der Antworten wie im inwendigen Mitlesen.
Meiner Meinung nach soll das Hilfmittel des Ritus in der Liturgie, die ja eigentlich schon die Verbindung von irdischem Menschenwerk und dem Werk Gottes ist, uns Menschen u.a. helfen, die Anwesenheit Gottes in seiner Kirche und in der Welt sichtbar zu machen. Deshalb z.B. brauchen wir die Liturgie nicht mehr so zu feiern, wie es die Apostel getan haben, weil die Welt sich stark verändert hat. Doch das Wesen der Liturgie darf nicht angetastet werden.
Nun, da bin ich mit Ihnen nicht einverstanden. (Zum ersten wohl.) Die Römische Liturgie geht in ihrer Essenz zurück auf Apostolische Zeiten (wenigstens Kanongebete, bestimmte Lesungen, Teile des Propriums, sowie Pater noster und andere Sprüche). In 1940 war die tridentinische Liturgie auch schon längst nicht mehr "modern" oder "zeitgemäss" in erster Hinsicht, aber bei tieferem Nachdenken, kam hervor, dass sie zeitlos ist. Nicht umsonst, war 1948 die Zahl der Priesterweihen abnormal hoch. Die Benediktiner von Solemnes haben es vor 1930 vorgetan, wie die Liturgie heute noch so gehört wie sie ist. Zeitlos. Über Zeiten hinweg schauend. Mit den Resten der Apostel, den reichen Gebeten des frühen Mittelalters, den Gewändern der Renaissance- und Barockzeit, den Volksmessbüchern des 18. Jh. Man könnte sie erreichern, aber nicht abschaffen oder unterdrücken. Liturgie ist gegeben, wird nicht gemacht.
Ob das so dem Frieden dienen könnte, der ja manchmal durch Kleinigkeiten arg bedroht ist? Gebe es Gott.
Opus iustitiae pax. Wenn die Liturgeia Werk der Gerechtigkeit ist, wird sie dem Frieden dienen.
Hier schon mal die Beantwortung Ihrer Frage bezüglich des Verbots der Kniebeugung an bestimmten Tagen:
Tertullian behandelt dieses Thema schon in seinem Traktat "de oratione". - Das Konzil von Nizäa (325) schließlich verkündet in seinem 20. Kanon : "Da es einige gibt, die am Tag des Herrn und in den Tagen der Pentekoste niederknien, hat die heilige Synode beschlossen, [an den genannten Tagen] die Gebete vor dem Herrn stehend zu verrichten, damit alle Gepflogenheiten in jedem Sprengel auf gleich Weise beachtet werden." (Dekrete der Ökumenischen Konzilien... Hrsg. v. Josef Wohlmuth, Bd.1, S.16). - Eine Kniebeugung des Zelebranten während der Liturgie am Ostertag im byzantinischen Ritus konnte ich allerdings nicht ausfindig machen im entsprechenden liturgischen Buch. Das würde ja diesem obenzitierten Kanon widersprechen, wie Sie zu Recht bemerken. Wenn der röm. Papst solche Canones außer Kraft setzen kann, dann kann er auch spätere Verordnungen eliminieren - das gebe ich zu bedenken... Grundbedingung ist meiner Ansicht nach die dogmatische Verwurzelung im apostolischen Glauben.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Athanasius2 hat geschrieben: Ich nehme an, diese Konferenz war in Oxford und organisiert von CIEL? :roll: Ich war nicht dabei, aber doch einige "Bekannten" von mir.
Warum :roll: ??
Zuletzt geändert von Stephen Dedalus am Freitag 20. Oktober 2006, 13:32, insgesamt 1-mal geändert.

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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Germanus hat geschrieben: Hier schon mal die Beantwortung Ihrer Frage bezüglich des Verbots der Kniebeugung an bestimmten Tagen:
Tertullian behandelt dieses Thema schon in seinem Traktat "de oratione". - Das Konzil von Nizäa (325) schließlich verkündet in seinem 20. Kanon : "Da es einige gibt, die am Tag des Herrn und in den Tagen der Pentekoste niederknien, hat die heilige Synode beschlossen, [an den genannten Tagen] die Gebete vor dem Herrn stehend zu verrichten, damit alle Gepflogenheiten in jedem Sprengel auf gleich Weise beachtet werden." (Dekrete der Ökumenischen Konzilien... Hrsg. v. Josef Wohlmuth, Bd.1, S.16). - Eine Kniebeugung des Zelebranten während der Liturgie am Ostertag im byzantinischen Ritus konnte ich allerdings nicht ausfindig machen im entsprechenden liturgischen Buch. Das würde ja diesem obenzitierten Kanon widersprechen, wie Sie zu Recht bemerken. Wenn der röm. Papst solche Canones außer Kraft setzen kann, dann kann er auch spätere Verordnungen eliminieren - das gebe ich zu bedenken... Grundbedingung ist meiner Ansicht nach die dogmatische Verwurzelung im apostolischen Glauben.
Danke für die Quelle.

1. Das Konzil von Nizäa trifft eher auf die Byzantinische Liturgie zu, war auch stark darauf orientiert.

2. Dogmatisch ist so eine Vorschrift zur Liturgie nicht, da sie weder vom Glauben noch von Moral unfehlbar spricht.

3. In jeder göttlichen Liturgie gibt es nach dem Pater noster die Anbetung der Geheimnisse durch den Priester bzw. Bischof. Kniend, ganz auf dem Boden gebogen.

4. Die Meinung dieses Canons ist sicherlich völlig unklar. Handelt es sich dabei nicht um eine Bestimmung zum Hinknien bei den Gebeten des Fastens, also das längere Hinknien? Die Fastengebete beginnen ja mit "Humiliate capita vestra Deo". "Flectamus genua." "Levate."

5. Ich kenne keine westlichen Riten bei denen der Priester zur Osterzeit steht.

6. Handelt es sich hier vielleicht nicht um Kleriker, die beim Aussprechen des Gebetes (Collecta, Oratio) in der Eucharistiefeier am Sonntag knien anstatt stehen? Mir ist die Bedeutung unklar. Ein Priester soll ja stehen beim Aussprechen der Orationes der Messe, auch der Postcommunio.

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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Athanasius2 hat geschrieben: Ich nehme an, diese Konferenz war in Oxford und organisiert von CIEL? :roll: Ich war nicht dabei, aber doch einige "Bekannten" von mir.
Warum :roll: ??

Was ist nun an CIEL schon wieder nicht in Ordnung?

Bei Euch Traditionalisten habe ich immer mehr den Eindruck, daß die ganze Welt "voller Teufel" ist, um mit Luther zu sprechen. ;)
Höh? Ich habe gar nicht negativ von der CIEL Konferenz gesprochen? Wo lesen Sie das in meinem Beitrag? Ich stehe sehr positiv zum CIEL und fand die Photos dieser Konferenz in Oxford Hall sehr gut gelungen und schön. Die Zeremonien auch.

Ich glaube eher, Sie lesen immer etwas in die Beiträge der "Traditionalisten" hinein, damit wir so erscheinen sollen dass die ganze Welt "voller Teufel" ist. Projektion eher als Konstatierung!

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Athanasius2 hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Athanasius2 hat geschrieben: Ich nehme an, diese Konferenz war in Oxford und organisiert von CIEL? :roll: Ich war nicht dabei, aber doch einige "Bekannten" von mir.
Warum :roll: ??

Was ist nun an CIEL schon wieder nicht in Ordnung?

Bei Euch Traditionalisten habe ich immer mehr den Eindruck, daß die ganze Welt "voller Teufel" ist, um mit Luther zu sprechen. ;)
Höh? Ich habe gar nicht negativ von der CIEL Konferenz gesprochen? Wo lesen Sie das in meinem Beitrag? Ich stehe sehr positiv zum CIEL und fand die Photos dieser Konferenz in Oxford Hall sehr gut gelungen und schön. Die Zeremonien auch.

Ich glaube eher, Sie lesen immer etwas in die Beiträge der "Traditionalisten" hinein, damit wir so erscheinen sollen dass die ganze Welt "voller Teufel" ist. Projektion eher als Konstatierung!
Das war nicht meine Absicht. Aber warum haben Sie nach der Erwähnung von CIEL ein "roll eyes" gesetzt? Darauf habe ich mich bezogen.

Gruß
SD

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

maxl hat geschrieben:Weiß vielleicht jemand, welcher Ritus in der Kartause von Marienau zelebriert wird, der Kartäuserritus oder der novus ordo oder eine im Zuge der Liturgiereform überarbeitete Form des alten Kartäuserritus?
es gibt ei neues Missale der Kathäuser von 1981
man kann es hier herunterladen
http://www.chartreux.org/de/frame.html

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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Das war nicht meine Absicht. Aber warum haben Sie nach der Erwähnung von CIEL ein "roll eyes" gesetzt? Darauf habe ich mich bezogen.

Gruß
SD
Weil ich einfach mal ein lustiges Smiley benutzen wollte. Hätte ich einen lachenden hinzugefügt, hätten Sie es wahrscheinlich als "auslachen" und "lächerlich machen" des CIEL angesehen?

Bitte nicht immer negatives annehmen vorher.

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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

ottaviani hat geschrieben:
maxl hat geschrieben:Weiß vielleicht jemand, welcher Ritus in der Kartause von Marienau zelebriert wird, der Kartäuserritus oder der novus ordo oder eine im Zuge der Liturgiereform überarbeitete Form des alten Kartäuserritus?
es gibt ei neues Missale der Kathäuser von 1981
man kann es hier herunterladen
http://www.chartreux.org/de/frame.html
http://www.chartreux.org/textes/liturgi ... e-scan.zip

Missále Cartusiense (ZIP)

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Athanasius2 hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Das war nicht meine Absicht. Aber warum haben Sie nach der Erwähnung von CIEL ein "roll eyes" gesetzt? Darauf habe ich mich bezogen.

Gruß
SD
Weil ich einfach mal ein lustiges Smiley benutzen wollte. Hätte ich einen lachenden hinzugefügt, hätten Sie es wahrscheinlich als "auslachen" und "lächerlich machen" des CIEL angesehen?

Bitte nicht immer negatives annehmen vorher.
Naja, die Bedeutung eines "roll eyes" ist imho eindeutig und drückt aus, daß man genervt ist. Das konnte ich im Bezug auf das CIEL nicht anders verstehen. Sorry. Meine Teufeleien nehme ich daher gerne zurück. ;)

Auch ich sehe in der Arbeit von CIEL viel Gutes und habe einige exzellente Vorträge dort gehört.

Germanus
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Beitrag von Germanus »

Athanasius2 hat geschrieben:
Germanus hat geschrieben: Hier schon mal die Beantwortung Ihrer Frage bezüglich des Verbots der Kniebeugung an bestimmten Tagen:
Tertullian behandelt dieses Thema schon in seinem Traktat "de oratione". - Das Konzil von Nizäa (325) schließlich verkündet in seinem 20. Kanon : "Da es einige gibt, die am Tag des Herrn und in den Tagen der Pentekoste niederknien, hat die heilige Synode beschlossen, [an den genannten Tagen] die Gebete vor dem Herrn stehend zu verrichten, damit alle Gepflogenheiten in jedem Sprengel auf gleich Weise beachtet werden." (Dekrete der Ökumenischen Konzilien... Hrsg. v. Josef Wohlmuth, Bd.1, S.16). - Eine Kniebeugung des Zelebranten während der Liturgie am Ostertag im byzantinischen Ritus konnte ich allerdings nicht ausfindig machen im entsprechenden liturgischen Buch. Das würde ja diesem obenzitierten Kanon widersprechen, wie Sie zu Recht bemerken. Wenn der röm. Papst solche Canones außer Kraft setzen kann, dann kann er auch spätere Verordnungen eliminieren - das gebe ich zu bedenken... Grundbedingung ist meiner Ansicht nach die dogmatische Verwurzelung im apostolischen Glauben.
Danke für die Quelle.

1. Das Konzil von Nizäa trifft eher auf die Byzantinische Liturgie zu, war auch stark darauf orientiert.

2. Dogmatisch ist so eine Vorschrift zur Liturgie nicht, da sie weder vom Glauben noch von Moral unfehlbar spricht.

3. In jeder göttlichen Liturgie gibt es nach dem Pater noster die Anbetung der Geheimnisse durch den Priester bzw. Bischof. Kniend, ganz auf dem Boden gebogen.

4. Die Meinung dieses Canons ist sicherlich völlig unklar. Handelt es sich dabei nicht um eine Bestimmung zum Hinknien bei den Gebeten des Fastens, also das längere Hinknien? Die Fastengebete beginnen ja mit "Humiliate capita vestra Deo". "Flectamus genua." "Levate."

5. Ich kenne keine westlichen Riten bei denen der Priester zur Osterzeit steht.

6. Handelt es sich hier vielleicht nicht um Kleriker, die beim Aussprechen des Gebetes (Collecta, Oratio) in der Eucharistiefeier am Sonntag knien anstatt stehen? Mir ist die Bedeutung unklar. Ein Priester soll ja stehen beim Aussprechen der Orationes der Messe, auch der Postcommunio.
1° Da das erste Konzil von Nizäa auch das erste der großen Ökumenischen Konzilien war, hatte es seine Bedeutung für die gesamte "Ökumene". Nicht umsonst wird begründet u.a. angenommen, dass seine leitenden Moderatoren zwei westliche Teilnehmer waren. Wir besitzen die griechischen und lateinischen Canonessammlungen, wobei eine lat. Übersetzung vom hl. Bischof Hilarius von Arles angefertigt wurde. Nicht zu vergessen: es war das Konzil des hl. Athanasius. Wir verdanken ihm das Quicumque z.B. Und, wie gesagt: noch nach Jahrhunderten wurden die liturgischen Bestimmungen des Konzils von Nizäa auch in den lat. Riten befolgt.

2° Der Begriff des Dogmas war allgemein auf die liturgischen Vollzüge angewendet. Wir können keine Liturgie und keinen Gottesdienst feiern, ohne unseren Glauben zu bekennen: keine Doxologie kommt ohne den dogmatischen Hintergrund aus. Und alle liturgischen Texte sind irgendwie auch Glaubensbekräftigung für den, der sie singt oder betet (wozu man sie verstehen muss).

3° Das sind die Angaben aus dem Liturgikon. In der Osterzeit allerdings fehlt diese "Rubrik" bzw. wird ausgelassen (Ausnahmen bestätigen sicher auch hier die Regel...). Erst mit der Vesper des Montags nach Pfingsten, also am Pfingstsonntagnachmittag, wird die Kniebeugung mit feierlichen "Kniebeugungsgebeten" wieder gestattet.

4° Klar, dass in der Fastenzeit das Knien besondere Bedeutung hat, nämlich als Zeichen des Buße. Der Kanon 20 des Konzils von Nizäa bezieht sich aber nicht auf diese speziellen Gebete, sondern gebraucht das schlichte Wort "euché", das ganz allgemein Gebet meint. Das dürfte auch auf Nr. 6 antworten. Der griechische Titel ist übrigens erhellend: "An Sonntagen und in der Pentekoste darf das Knie nicht gebeugt werden". Sicher wird aber auch hier gelten: der Mensch ist nicht Sklave der Vorschriften...

5° Da sind wir ja beim Thema: der Ritus der Zisterzienser in seiner Fassung von ca. 1180 sagt eindeutig in seinen Bestimmungen, dass der Priester z.B. an den "Festtagen" die venia so vollzieht, dass er sich verneigt und seine Fingerknöchel den Boden berühren. An "Werktagen" hingegen macht er die gewöhnliche venia: Er verneigt sich so tief, dass Knie und Fingerknöchel den Boden berühren. Das gilt auch für die Altardiener (Diakon, Subdiakon...). Ansonsten kennt der Zisterzienserritus keine "Kniebeuge" nach röm.-lat. Art des sog. Tridentinischen Ritus. Der Zelebrant verneigt sich entweder tief oder er macht jene venia, die ja der östlichen Metanie gleichkommt, aber wie gesagt, nicht an diesen "österlichen" Tagen. Der Ausdruck "venia wie an Festtagen" taucht immerhin häufig in diesen Texten auf und beweist, dass ein echtes Bedürfnis bestand, diese Regel beachtet zu wissen.
Übrigens ist das Folgende interessant: die Zelebration mit den Renaissance- und Barockgewändern, die ja eigentlich wirklich würdig sind und zur Verherrlichung Gottes beitragen wollen, macht ein exaktes Befolgen der Rubriken z.B. im Zisterzienserritus unmöglich. Um diese Problematik zu lösen, wären sicher noch angestrengte Überlegungen notwendig. Ob das allerdings die Not wenden würde, die wir haben, um genau zu definieren, was womöglich gar nicht genau zu definieren ist?

maxl
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Beitrag von maxl »

Athanasius2 hat geschrieben:
ottaviani hat geschrieben:
maxl hat geschrieben:Weiß vielleicht jemand, welcher Ritus in der Kartause von Marienau zelebriert wird, der Kartäuserritus oder der novus ordo oder eine im Zuge der Liturgiereform überarbeitete Form des alten Kartäuserritus?
es gibt ei neues Missale der Kathäuser von 1981
man kann es hier herunterladen
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Wenn man sich das anschaut, erkennt man: novus ordo :(

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

aber in einer sehr zivilisierten form

maxl
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Beitrag von maxl »

ottaviani hat geschrieben:aber in einer sehr zivilisierten form
Richtig, aber es wäre doch schön gewesen, wenn sie ihren überlieferten Ritus behalten hätten. Warum eigentlich hat man den Ritus überarbeitet, wollten das die Kartäuser selber so, oder hat man sie dazu "gezwungen"?

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

es war wunsch des generalkapitels

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Clemens
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Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Beitrag von Clemens »

Liebe Leute,

heute wurde mir erneut eine Bildungslücke bewusst:
Bestehen zwischen der Tridentinischen Messe und der Messliturgie davor nennenswerte Unterschiede?
Wurde etwas geändert? Oder nur die übliche Praxis festgeschrieben?
Ähnelte die vortridentinische Messe noch mehr der ostkirchlichen?

Bestimmt weiß das jemand...

Kilianus
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Re: Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Beitrag von Kilianus »

Die "tridentinische" Liturgie ist ja selbst schon vortridentinisch. Im Zuge der tridentinischen Reformen wurde die an der römischen Kurie gefeierte, also schon vorhandene Liturgie allgemeinverbindlich.

Leg' Dir Jungmanns Missarum Sollemnia zu. Damit bekommt Du einen fundierten Überblick.

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Lupus
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Re: Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Beitrag von Lupus »

Eine zutreffende Beantwortung ist insofern sehr schwierig, als es gar keine "tridentinische" Messe gibt!

+L.
Christus mein Leben, Maria meine Hoffnung, Don Bosco mein Ideal!

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Juergen
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Re: Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Beitrag von Juergen »

Trient hat aus der Vielfalt der Liturgien, die es gab, eine einheitliche Ligurgie vorgeschrieben, und alle anderen, die nicht älter als 200 Jahre waren, abgeschafft, so daß am Ende neben der bekannten "tridentinischen" Messe nur noch die mozarabische Liturgie in Toledo und der abrosianische Ritus in Mailand übrig geblieben sind. Daneben blieben auch einige Sonderformen, die in Orden gefeiert wurden, bestehen.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Bernado
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Re: Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Beitrag von Bernado »

Clemens hat geschrieben:Bestehen zwischen der Tridentinischen Messe und der Messliturgie davor nennenswerte Unterschiede?
Wurde etwas geändert? Oder nur die übliche Praxis festgeschrieben?
Ähnelte die vortridentinische Messe noch mehr der ostkirchlichen?
Das nach Trient approbierte Missale entspricht bis auf einige nicht so wesentliche Änderungen der "Consuetodo Curiae Romanae", die im 13. und 14. Jh. einigermaßen feste Form angenommen hatte. Dabei handelt es sich um eine in Jahrhunderten gewachsene römisch-fränkische Mischform, die durch die Bettelorden noch einmal modifiziert und vereinfacht worden war.

Solange es keine großen Häresien gab, war die Kirche des Westens in liturgischen Fragen recht freizügig. Jedes Bistum, jeder Orden, oft sogar jedes Kloster hatte seine eigenen usus, die sich in den Gebeten und Zeremonien um den Kanon sowie in den Perikopen oft stark unterschieden. Der Kanon, der im Wesentlichen schon vor die Zeit Gregors des Großen zurückreicht, galt zwar als unverfügbares Kernstück, aber auch dort traten durch veränderte Heiligenlisten oder erweiterete Gebete immer wieder kleinere Abweichungen ein.

Trient bzw. Pius V. trugen der "Vielfalt in der Orthodoxie" insoweit Rechnung, als es alle Ordines und Usus, die älter als 200 Jahre waren, im Prinzip weiterbestehen ließ. Daß diese dann doch weitgehend außer Gebrauch kamen, hatte Gründe, die sich nicht auf das Konzil zurück führen lassen.

Eine besondere Nähe zu ostkirchlichen Riten gibt es im römischen Ritus vor Trient nicht - die findet man eher in den mozarabischen Formen oder auch in Mailand.

Anstelle von Jungmann, der dick, teuer, sehr wissenschaftlich und in vielen der reichlich gebotenen Details auch überholt ist, empfehle ich den aktuellen Fiedrowicz: Die überlieferte Messe, der sich im Grundsätzlichen kurz und leicht verständlich hält, aber mit einem imposanten Anmerkungsapparat beliebige Vertiefung ermöglicht.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Clemens
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Re: Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Beitrag von Clemens »

Danke schon mal allen Antwortenden!
Lupus hat geschrieben:Eine zutreffende Beantwortung ist insofern sehr schwierig, als es gar keine "tridentinische" Messe gibt!

+L.
Was bedeutet diese Aussage? Was gibt es und was nicht?

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Protasius
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Re: Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Beitrag von Protasius »

Clemens hat geschrieben:Danke schon mal allen Antwortenden!
Lupus hat geschrieben:Eine zutreffende Beantwortung ist insofern sehr schwierig, als es gar keine "tridentinische" Messe gibt!

+L.
Was bedeutet diese Aussage? Was gibt es und was nicht?
Ich denke, Lupus möchte damit sagen, daß das Tridentinum keinen neuen Ritus vorgeschrieben hat. Die Liturgie der päpstlichen Kapelle wurde kodifiziert und als Missale Romanum herausgegeben. Vorher war der römische Ritus eben der Ritus der Diözese Rom, der mit mehr oder weniger großen Abweichungen andernorts auch gefeiert wurde.

Ein Ritus mit einigen ostkirchlichen Elementen ist der Zisterzienserritus, der allerdings neben dem Konzil bis ins 20. Jahrhundert weiterbestand und durch Trient nicht angetastet wurde. Dieser Ritus enthält beispielsweise in der Osterzeit und an Sonntagen keine Kniebeuge und ein Teil der Gabenbereitung wird am Anfang der Messe vorgenommen, was ich als der Ostkirche verwandt betrachten würde.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Fragesteller
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Re: Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Beitrag von Fragesteller »

Ich denke mal, dass mit der Entstehung des Buchdrucks sich die Frage nach einer vereinheitlichten Liturgie in ganz neuer Weise stellte (Die Karolinger haben zwar auch für Einheitlichkeit gesorgt, aber so weit gehend kann die Vereinheitlichung mit den damaligen Mitteln nicht gewesen sein, oder?). Daher: Wie verbreitet waren vor der MT gedruckte Messbücher und wer approbierte damals die Texte? War die Diskussion über eine vereinheitlichte Liturgie schon älter (ich glaube mich zu erinnern, dass in der Confessio Augustana diese Forderung abgewehrt wird)?

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ad-fontes
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Re: Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Beitrag von ad-fontes »

Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Die "Missa tridentina"
Clemens hat geschrieben:Bestehen zwischen der Tridentinischen Messe und der Messliturgie davor nennenswerte Unterschiede?
Wann davor?

Die Rubriken wurden verändert/präzisiert.

in der Ordnung der Lesungen in der Nachpfingstzeit ist manches in Wegfall gekommen (die Feriallesungen, die sich aber in Krakau und anderswo bis ins Spätmittelatler hielten), manches gegeneinander verschoben oder ausgefallen (zB das Ev. vom 18. So nach Pfg. Mt 22, 23-33).

Die Privatgebete sind überwiegend fränkischen Ursprungs und im lauf der Zeit weniger geworden. Auch wenn der direkte Vorläufer des Missale von 1570 das meßbuch der römischen Kurie des 12./13. Jh. ist, so findet sich diesbzgl. schon das meiste Ende des 9./Anfang des 10. Jh.

Die Orationen des MR 1570 stimmen mit dem Gregorianum weitgehend überein. Es werden also an allen wichtigen liturgischen Tagen die gleichen orationen gesprochen, wie in der Papstliturgie round about 630 (oder schlagen wir hundert drauf und sagen 730 wegen der Donnerstage in der XL).> Also punktuell gab es immer Wachstum und Entwicklung, eben "organische Liturgieentwicklung" (Auffüllen der Lücken, zB Donnerstag in der Pfingstoktav, Samstag nach Aschermittwoch und Sa vor Palmsonntag, neue Forumlare für Feste, Sequenzen, Tropen, die überbordende Fülle an Votivmessen).

Was den Gesang betrifft, so ist er im Prinzip ebenfalls identisch mit dem der päpstlichen Liturgie des Frühmittelalters. Wachstum einerseits (Sequenzen, Tropen), Verknappung andererseits (Wegfall/Reduktion der Psalmverse bei Introitus, Offertorium und Communio). "Trient" brachte dann erneut eine Reduktion der Sequenzen (auf 4).

Alles in allem würde ich sagen, von "tridentinischer Messe" zu sprechen ist nur angemessen im Hinblick auf die "feiergestalt" (Rubriken), ansonsten ist es die überlieferte Messe, die zurecht auch "gregorianische Messe" genannt wird (denn die gelasianische Einflüsse im Sakramentar konnten sich zwar bis ins Hochmittelalter halten, aber am Ende "siegte" dann doch das reine, unvermsichte Gregorianum.

Noch ein Wort zu den Lesungen: Die Epistel des MR 1570 weichen nur punktuell vom Murbacher Comes ab (um 800), der wiederum den Würzburger Comes (550 [Frühdatierung] oder kurz nach 650 [so Chavasse]) als Grundlage hat. Gamber vermutet mit guten Gründen, daß das Perikopenbuch der römischen Kirche auf Betreiben von Papst Damasus von Hieronymus geschaffen wurde.

Die Übereinstimmung der Evangelienperikopen zwischen dem MR 1570 und dem ältesten capitulare Pi (nach Klauser um 650), würde ich übern daumen gepeilt auf 90% schätzen. (Wie gesagt, die Ep+Ev an den So nach pfg. sind nicht mehr in ihrer alten Ordnung, wie es sich noch in einigen Diözesen im Spätmittelalter, zB Lüttich, Lyon, findet).
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Clemens
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Re: Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Beitrag von Clemens »

Interessant! Danke!"

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Sempre
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Re: Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Beitrag von Sempre »

Clemens hat geschrieben:Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?
Opferkult im Tempel.

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Tipheret
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Re: Was war eigentlich VOR der Missa Tridentina?

Beitrag von Tipheret »

Wenn ich die z. T. sehr profunden Aussagen von Kennern der Materie lese, dann stelle ich als theologischer Laie für mich fest, dass es durchaus unterschiedliche Riten gab, die sich im Laufe der Jahre, Jahrhunderte entwickelten.
Eine Tradition wurde das eine oder andere Mal dem jeweiligen Zeitgeist, oder dem Anspruch bzw. der Anweisung des jeweiligen Papstes folgend verändert.

Deshalb verstehe ich, über die Frage hinausgehend nicht, weshalb man in traditionellen Kreisen des Kirchenvolkes so tut, als sei eine Veränderung des "alten Ritus" ein Sakrileg, das den Glauben zerstört.

So wie ihr es hier z. T. schildert, scheint es doch ein absolut normaler Entwicklungsvorgang in der Kirche zu sein?!

Ein Gottesdienst ist, m.E. kein Selbstzweck, sondern dient einzig der Anbetung Gottes.

Wenn er in "vortridentinischen Zeiten" wie immer man diese Riten, die es ja gegeben hat auch nennt, diese Art der Anbetung akzeptiert hat, wieso sollte er mit einer anderen, einer modernen Form, die Menschen des 21. Jahrhunderts inhalrtlich besser verstehen, nicht einverstanden sein?

Tipheret
Was Du auch tust, handele klug und bedenke das Ende
quidquid agis, prudenter agas et respice finem

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