Entwicklung der tridentinischen Messe

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
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Peti
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Entwicklung der tridentinischen Messe

Beitrag von Peti »

„Ich bedauere die Konservativen, wegen ihrer Unbildung.
Denn sie wissen nie, wie jung das ist, was sie als uralt heilig verteidigen."
Aloys Goergen
http://www.christ-in-der-gegenwart.de/a ... ag=1313954
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

iustus
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von iustus »

Peti hat geschrieben:„Ich bedauere die Konservativen, wegen ihrer Unbildung.
Denn sie wissen nie, wie jung das ist, was sie als uralt heilig verteidigen."
Aloys Goergen
http://www.christ-in-der-gegenwart.de/a ... ag=1313954
Ich bedauere Herrn Goergen wegen seiner Engstirnigkeit. Er weiß nicht, dass Konservative etwas nicht als uralt verteidigen, sondern als richtig.
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

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Florianklaus
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von Florianklaus »

Peti hat geschrieben:„Ich bedauere die Konservativen, wegen ihrer Unbildung.
Denn sie wissen nie, wie jung das ist, was sie als uralt heilig verteidigen."
Aloys Goergen
http://www.christ-in-der-gegenwart.de/a ... ag=1313954
Der Artikel strotzt nur so von den üblichen modernistischen Halbwahrheiten (z.B. tridentinische Messe sei genau so Ergebnis eines dictatus papae wie der NOM)

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Peti
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von Peti »

Dieser Teil des Aufsatzes ist sicher zu einseitig:

"Jesus hat mit der Vertreibung der Viehhändler aus dem Tempel ein Zeichen gesetzt,
daß die Zeit der Opfer vorbei ist und hat statt dessen den Tisch in die Mitte der Welt gesetzt,
eine Mahlfeier zu seinem Gedächtnis gestiftet. Diesen Tisch und die Feier an diesem Tisch
gilt es zu gestalten, mit aller Kraft, derer wir fähig sind"

Natürlich darf der Mahl-Charakter der Eucharistie nicht gegen ihren Opfer-Charakter ausgespielt werden.
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von gc-148 »

Florianklaus hat geschrieben:Der Artikel strotzt nur so von den üblichen modernistischen Halbwahrheiten (z.B. tridentinische Messe sei genau so Ergebnis eines dictatus papae wie der NOM)
der Artikel ist eine blendende Kurz-Zusammenfassung!

CIC_Fan

Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von CIC_Fan »

nur der Inhalt ist schlicht falsch das Meßbuch von 1570 wurde nicht gebastelt wie der NOM sondern war seit Jahrhunderten das Meßbuch der röm Kurie der hl. Papst Pius V. hat nur dieses Meßbuch allen auferlegt die ein anderes benützen daß jünger als 200 Jahre ist
der Kanon der hl. Messe selbst hat seine letzte Änderung unter Gregor dem großen erfahren und blieb dann in ausnahmlos allen Riten der lateinischen Kirche unverändert bis 1962 wo der hl. Joseph eingefügt wurde
der Artikel zeigt aber etwas ganz anderes die Debatte ist erschöpft all diese einwende werden seit 1975 ständig wiederholt auf beiden Seiten und man nähert sich natur gemäß nicht an ich denke das wirkliche Tradis die eben die liturgiereform als unerlaubt und ERgebnis eines Amtsmißbrauches sehen werden sich auf eine lange Zeit der Isolation einstellen müssen ähnlich wie die Altorientalen

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Florianklaus
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von Florianklaus »

CIC_Fan hat geschrieben:nur der Inhalt ist schlicht falsch das Meßbuch von 1570 wurde nicht gebastelt wie der NOM sondern war seit Jahrhunderten das Meßbuch der röm Kurie der hl. Papst Pius V. hat nur dieses Meßbuch allen auferlegt die ein anderes benützen daß jünger als 200 Jahre ist
der Kanon der hl. Messe selbst hat seine letzte Änderung unter Gregor dem großen erfahren und blieb dann in ausnahmlos allen Riten der lateinischen Kirche unverändert bis 1962 wo der hl. Joseph eingefügt wurde
Wir wollen doch Hochwürden nicht mit Fakten langweilen, die nicht in sein Weltbild passen!

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marcus-cgn
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von marcus-cgn »

Peti hat geschrieben:„Ich bedauere die Konservativen, wegen ihrer Unbildung.
Denn sie wissen nie, wie jung das ist, was sie als uralt heilig verteidigen."
Aloys Goergen
http://www.christ-in-der-gegenwart.de/a ... ag=1313954
Zugespitzt formuliert ist diese Aussage grob falsch.

Das Römische Messbuch wurde auf dem Trienter Konzil (1545-63) nicht neu konzipiert, sondern das bereits existierende "stadt-römische" Messbuch wurde lediglich für die ganze Kirche allgemeinverbindlich erklärt. Dessen Wurzeln liegen tatsächlich in der Spätantike. Es handelt sich um ein organisch gewachsenes Werk das neben römischen Traditionen auch ostfränkische (sprich germanische) und gallische Strömungen in sich aufnahm und miteinander verschmolz. Man könnte sogar einen Vergleich mit der Herausbildung des biblischen Kanons ziehen, der ja ebenfalls einen längeren Entstehungsprozess hatte.

Das ärgerliche an solchen Aufsätzen ist, dass ich den Verfassern eine vorsätzliche Täuschung der Leser unterstelle. Natürliche ist eine geschichtliche Darstellung immer den Vorgängen der Gegenwart unterworfen, aber es gibt nur wenige Bereiche, wo historische Tatsachen derart bewusst verbogen werden wie in der modernen Theologie.

Das Trienter Konzil hat sich übrigens viel toleranter und weiser verhalten, als 4 Jahre später das Zweite Vatikanische Konzil: Hat letzteres die Liturgiereform mit der Brechstange durchgesetzt, zeigte dagegen das Trienter Konzil einen größeren Respekt vor gewachsenen Strukturen. Diözesen, die über einen Ritus mit einer mehr als 2-jährigen Eigentradition verfügten, brauchten das Tridentinische Messbuch nicht zu übernehmen. Deshalb hat sich das Messbuch in der frühen Neuzeit in Europa nur sehr langsam durchgesetzt und von einer flächendeckende Einführung kann erst nach der Französischen Revolution im 19. Jahrhundert die Rede sein. Nur in dieser Hinsicht ist der Tridentinische Ritus tatsächlich jung, von seinem Wesen her dagegen sehr, sehr alt.

CIC_Fan

Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von CIC_Fan »

das sagte ich ja

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taddeo
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von taddeo »

marcus-cgn hat geschrieben:Zugespitzt formuliert ist diese Aussage grob falsch.

Das Römische Messbuch wurde auf dem Trienter Konzil (1545-63) nicht neu konzipiert, sondern das bereits existierende "stadt-römische" Messbuch wurde lediglich für die ganze Kirche allgemeinverbindlich erklärt. Dessen Wurzeln liegen tatsächlich in der Spätantike. Es handelt sich um ein organisch gewachsenes Werk das neben römischen Traditionen auch ostfränkische (sprich germanische) und gallische Strömungen in sich aufnahm und miteinander verschmolz.
Genau genommen, war es nicht einmal ein "stadt-römisches" Missale, was da verwendet wurde, sondern das Missale der römischen Kurie. Das freilich geht mit wenigen Änderungen auf Papst Gelasius I. (492-496) zurück, mit kleineren Änderungen durch Papst Gregor I. (590-604), war aber nie allgemein verpflichtend, auch wenn es durch Franziskaner in halb Europa verbreitet wurde. Was die Päpste seit dem 5. Jahrhundert immer wieder propagiert haben, war nur die Verwendung des Römischen Meßkanons, nicht aber der einzelnen Meßformulare und der übrigen Teile des Ordo Missae. Bis Papst Gregor gab es ja nicht mal in der Stadt Rom ein offizielles "römisches" Meßbuch; sein Liber Sacramentorum war ausschließlich für die päpstliche Liturgie mit ihren Stationsgottesdiensten bestimmt, die andere Zelebranten überhaupt nicht brauchten.

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Protasius
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von Protasius »

Die Form der Messe (und selbstverständlich der Meßkanon selbst) waren ja auch durch quasi ganz Europa einheitlich. Die Choralgesänge hingegen konnten sich durchaus unterscheiden (v.a. bei später eingeführten Festen), der Gebrauch von Sequenzen war vor dem Konzil von Trient sehr viel weiter verbreitet als heute (waren zugegebenermaßen auch fragwürdige Exemplare darunter). Ebenso die Lesungen: in mehreren Diözesanliturgien gab es eigenständige Lesungen für die Werktage auch außerhalb der Fastenzeit, und es gab auch einige Liturgien, bei denen zwei Lesungen vor dem Evangelium vorgetragen wurden (am bekanntesten wohl der ambrosianische Ritus). Und es gab große Unterschiede im Zeremoniell: in vielen Diözesen war es an hohen Festtagen üblich, daß die Akolythen eine Tunicella trugen (man denke an das Wiener Fünfherrenamt) und die Kantoren Pluviale. Auch mehrere Diakone und Subdiakone waren an Kirchen mit zahlreicherem Klerus in Gebrauch, beispielsweise in Salisbury, Paris oder Lyon. Ein tridentinisches levitiertes Hochamt ist quasi die Spar-Variante für kleine Festtage oder normale grüne Sonntage.

Das gilt auch für den Ort, an dem die Epistel und das Evangelium vorgetragen werden: die Lesung der Epistel an den Altarstufen war etwa im Lyoneser Missaler nur für Werktage vorgesehen, während für Sonntage und höhere Festtage die Ambonen benutzt wurden.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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taddeo
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von taddeo »

Protasius hat geschrieben:Die Form der Messe (und selbstverständlich der Meßkanon selbst) waren ja auch durch quasi ganz Europa einheitlich.
Naja, sooo einheitlich war das nicht. Da gab es schon Abweichungen, die mehr als nur Kleinigkeiten betrafen, siehe den gallikanischen Ritus. Vor allem die Festordnung war schon sehr divergierend. In Regensburg zB herrschte lange ein "Ritus" vor, den man andernorts in Bayern nicht kannte; kein Wunder, die französischen Wanderbischöfe Emmeram und Erhard hatten natürlich ihre eigenen (gallikanischen) Missalien dabei, als sie nach Regensburg kamen, und verwendeten die selbstverständlich weiter. Ansonsten war in Rätien die Liturgie eher von Aquileia geprägt, denn bis dorthin reichte die Jurisdiktion des Patriarchats Aquileia, dem auch das Bistum Säben unterstand, das zunächst auch für Regensburg zuständig war.

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Niels
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von Niels »

taddeo hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben:Die Form der Messe (und selbstverständlich der Meßkanon selbst) waren ja auch durch quasi ganz Europa einheitlich.
Naja, sooo einheitlich war das nicht. Da gab es schon Abweichungen, die mehr als nur Kleinigkeiten betrafen, siehe den gallikanischen Ritus. Vor allem die Festordnung war schon sehr divergierend. In Regensburg zB herrschte lange ein "Ritus" vor, den man andernorts in Bayern nicht kannte; kein Wunder, die französischen Wanderbischöfe Emmeram und Erhard hatten natürlich ihre eigenen (gallikanischen) Missalien dabei, als sie nach Regensburg kamen, und verwendeten die selbstverständlich weiter. Ansonsten war in Rätien die Liturgie eher von Aquileia geprägt, denn bis dorthin reichte die Jurisdiktion des Patriarchats Aquileia, dem auch das Bistum Säben unterstand, das zunächst auch für Regensburg zuständig war.
Ergänzend dazu folgender Literaturhinweis für alle Interessierten:
Klaus Gamber, Das Patriarchat Aquileja und die bairische Kirche (Studia patristica et liturgica 17); Regensburg 1987.
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taddeo
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von taddeo »

;D Was meinst Du, woher ich solche Sachen weiß? :pfeif:

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Niels
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von Niels »

;)
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von Fragesteller »

taddeo hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben:Die Form der Messe (und selbstverständlich der Meßkanon selbst) waren ja auch durch quasi ganz Europa einheitlich.
Naja, sooo einheitlich war das nicht. Da gab es schon Abweichungen, die mehr als nur Kleinigkeiten betrafen, siehe den gallikanischen Ritus. [...]
Das gilt aber doch nicht für die unmittelbar vortridentinische Zeit, von der Prostasius spricht?

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Protasius
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von Protasius »

Fragesteller hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben:Die Form der Messe (und selbstverständlich der Meßkanon selbst) waren ja auch durch quasi ganz Europa einheitlich.
Naja, sooo einheitlich war das nicht. Da gab es schon Abweichungen, die mehr als nur Kleinigkeiten betrafen, siehe den gallikanischen Ritus. [...]
Das gilt aber doch nicht für die unmittelbar vortridentinische Zeit, von der Prostasius spricht?
Das gallikanischste, was es damals noch gab, dürfte der Ritus von Lyon sein. Der hatte aber eine sehr ähnlich Form wie der römische Ritus; wie in vielen außerrömischen Riten auch fand allerdings die Gabenbereitung nicht beim Offertorium, sondern während des Graduale statt, wie es heute noch der Fall im Dominikanerritus ist. Das Pax Domini vor dem Agnus Dei nahm - wie im Ritus von Salisbury und bis ins 16. Jhd. auch im Prämonstratenserritus - eine feierliche Segensform an (vergleichbar dem feierlichen Schlußsegen im NOM), während der Schlußsegen in vielen Fällen nicht gespendet wurde. (Die Dominikaner hatten in ihren Anfangszeiten in Südfrankreich auch keinen Schlußsegen und beschlossen auf einem Generalkapitel, ihn dort zu spenden, wo das Volk das erwartet.)

Der eigentliche gallikanische Ritus, wie er im ca. 4. - 7. Jhd. in Gallien gefeiert wurde, ist uns ja mangels Quellen kaum zugänglich. Die Pilgerin Egeria sagt in ihrem Bericht über die Feierlichkeiten der Kar- und Osterwoche, daß die Liturgie in Gallien auf die gleiche Weise gefeiert wird; mithin hatte vor den Einheitlichkeitsbemühungen Karls des Großen Gallien wohl eine den orientalischen Liturgien ähnliche Meßfeier.

Wirklich eigenständige lateinische Riten gab es neben den vielen, vielen Gebräuchen des römischen Ritus in der unmittelbar vortridentinischen Zeit mW nur im mozarabischen Ritus in Spanien und im ambrosianischen Ritus in Mailand.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von Fragesteller »

Protasius hat geschrieben:
Fragesteller hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben:Die Form der Messe (und selbstverständlich der Meßkanon selbst) waren ja auch durch quasi ganz Europa einheitlich.
Naja, sooo einheitlich war das nicht. Da gab es schon Abweichungen, die mehr als nur Kleinigkeiten betrafen, siehe den gallikanischen Ritus. [...]
Das gilt aber doch nicht für die unmittelbar vortridentinische Zeit, von der Prostasius spricht?
Das gallikanischste, was es damals noch gab, dürfte der Ritus von Lyon sein. Der hatte aber eine sehr ähnlich Form wie der römische Ritus; [...] Wirklich eigenständige lateinische Riten gab es neben den vielen, vielen Gebräuchen des römischen Ritus in der unmittelbar vortridentinischen Zeit mW nur im mozarabischen Ritus in Spanien und im ambrosianischen Ritus in Mailand.
Das meinte ich; darum trifft Dich Taddeos Einwand nicht wirklich.
wie in vielen außerrömischen Riten auch fand allerdings die Gabenbereitung nicht beim Offertorium, sondern während des Graduale statt, wie es heute noch der Fall im Dominikanerritus ist.
Ist da dann Bereitung und Aufopferung getrennt? Oder fällt das Offertorium ganz weg?

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ar26
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Re: Entwicklung der tridentinischen Messe

Beitrag von ar26 »

Zum Vergleich des römischen mit den anderen lat. Riten bzw. dieser Riten insgesamt gibt es eine Synopse im Internet. Aus der geht hervor, daß die Gabenbereitung im alten Dominikanerritus vor der Hl. Messe stattfand, ähnlich wie im byzant. Ritus.

Ansonsten sollte man das ganze mal eingehender analysieren. Richtig ist zweifellos, daß sich die lat. Riten in vielerlei Hinsicht bei den Klerikergebeten unterscheiden. Aber die für mich als Laien in der Hl. Messe vorrangig wahrnehmbare und mehr und mehr verinnerlichte Grundstruktur ist die gleiche. Augenscheinlich könnte ich an einer Hl. Messe im alten Dominikanerritus teilnehmen ohne mich fremd zu fühlen.
...bis nach allem Kampf und Streit wir dich schaun in Ewigkeit!

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Clemens
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Re: Entwicklung der tridentinischen Messe

Beitrag von Clemens »

Danke für den lehrreichen Link! :doktor:

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taddeo
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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von taddeo »

Protasius hat geschrieben:Der eigentliche gallikanische Ritus, wie er im ca. 4. - 7. Jhd. in Gallien gefeiert wurde, ist uns ja mangels Quellen kaum zugänglich.
Klaus Gamber schreibt dazu in seinem Büchlein "Die Meßfeier nach altgallikanischem Ritus" (Regensburg 1984) im Vorwort:
Der altgallikanische Meßritus, der in seiner im 6. Jh. für uns erfaßbaren Ausprägung, wie zu zeigen sein wird, auf die östliche, näherhin kleinasiatisch-syrische Liturgie des 4. Jh. zurückgeht, war einst überall im Abendland, mit Ausnahme des Erzbistums Rom, das Mittelitalien umfaßte, verbreitet. Er wurde jedoch im Frankenreich um 750 durch einen Erlaß König Pippins, hinter dem vor allem kirchenpolitische Erwägungen standen, abgeschafft und durch den stadtrömischen ersetzt, um in der Folgezeit nur noch, wenn auch weiterentwickelt und dem römischen angepaßt, als "mozarabischer" Ritus in Spanien (Toledo) und als "ambrosianischer" in Teilen Oberitaliens (Mailand) bis in die Gegenwart weiterzuleben.
Das heißt also, daß der stadtrömische Ritus zunächst nur eng begrenzt gebraucht wurde, während der gallikanische Ritus der in Europa übliche war, aus der syrischen Liturgiefamilie stammte und daß sowohl der mozarabische als auch der ambrosianische Ritus Formen des gallikanischen, nicht des stadtrömischen Ritus sind. Charakteristisch für den gallikanischen Ritus waren u. a. die Bereitung der Opfergaben VOR der Messe (= Proskomidie) in der Sakristei, der Gesang des Trishagion in lateinischer UND griechischer Sprache vor den Lesungen, dann eine Propheten- und eine neutestamentliche Lesung vor dem Evangelium, eine "Deprecatio pro populo" (= Fürbittlitanei); im Opfergottesdienst ein Einzug mit den Opfergaben und eine Verlesung der Diptychen (= der Spender dieser Gaben). Alles Dinge, die so eher an östliche Liturgien erinnern als an das, was wir heute unter "tridentinischer Ritus" kennen.

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Re: Entwicklung der tridentinischen Messe

Beitrag von Protasius »

Ich war jetzt von den liturgischen Büchern des Dominikanerordens ausgegangen, und habe dort wie auch im Lyoneser Ritus und Sarum Use festgestellt, daß die Gabenbereitung (also Vermischung von Wein und Wasser) zumindest beim Hochamt während oder während der Zwischengesänge geschieht, also nicht vor, sondern während der Messe an der Kredenz bzw. einem Seitenaltar. Während des Offertoriums findet dann nur die eigentliche Opferung und die Inzensation statt.

Daß die Gabenbereitung vor dem Stufengebet geschieht, habe ich gerade beim Nachschauen im Dominikanerritus nur für die stille Messe gesehen, mit der ich mich nicht so ausgiebig beschäftigt habe, weil ich Hochämter als Vollform der Messe interessanter finde.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Re: Entwicklung der tridentinischen Messe

Beitrag von Kilianus »

Ui.
Peter B. Steiner hat geschrieben:Wesentliches Merkmal einer absolutistischen Regierung ist, daß alles für das Volk, aber nichts durch das Volk geschieht. In der tridentinischen Messe wird das Volk in den Kirchenbänken ruhiggestellt und von vorne „bezelebriert", von oben „bepredigt" und von hinten mit Musik „zugedröhnt".
Daß das Volk von vorne "bezelebriert" werde, scheint mir gar trefflich die Zelebration versus populum zu berschreiben. :pfeif:

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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von marcus-cgn »

taddeo hat geschrieben: Genau genommen, war es nicht einmal ein "stadt-römisches" Missale, was da verwendet wurde, sondern das Missale der römischen Kurie.
...
Bis Papst Gregor gab es ja nicht mal in der Stadt Rom ein offizielles "römisches" Meßbuch; sein Liber Sacramentorum war ausschließlich für die päpstliche Liturgie mit ihren Stationsgottesdiensten bestimmt, die andere Zelebranten überhaupt nicht brauchten.
Damit wird aber ein wichtiger Entwicklungsstrang für das Römische Meßbuch angesprochen. Das aufwendige Prozessionswesen der Statio, vom Lateran zur jeweiligen Stationskirche, war die Klammer des Papstes mit seiner Urbs. In weltlich-politischer Hinsicht orientierte sich das Zeremoniell des Papsthofes immer mehr an kaiserlichen Ritualen. In liturgischer Hinsicht lieferten die Stationskirchen und deren Patrone Anknüpfungspunkte für die Ausgestaltung der Messformulare. Die Spuren lassen sich noch in der heute gebräuchlichen Ausgabe des alten Messbuches nachverfolgen. Die Geschichte lebt in diesem einzigartigen Glaubensdokument fort, darin besteht sein besonderer Wert.

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Re: Entwicklung der tridentinischen Messe

Beitrag von Siard »

Kilianus hat geschrieben:Ui.
Peter B. Steiner hat geschrieben:Wesentliches Merkmal einer absolutistischen Regierung ist, daß alles für das Volk, aber nichts durch das Volk geschieht. In der tridentinischen Messe wird das Volk in den Kirchenbänken ruhiggestellt und von vorne „bezelebriert", von oben „bepredigt" und von hinten mit Musik „zugedröhnt".
Daß das Volk von vorne "bezelebriert" werde, scheint mir gar trefflich die Zelebration versus populum zu berschreiben. :pfeif:
:ja:

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Re: Sieben Jahre Motu Proprio Summorum Pontificum - Eure Bilanz

Beitrag von ad-fontes »

taddeo hat geschrieben: Genau genommen, war es nicht einmal ein "stadt-römisches" Missale, was da verwendet wurde, sondern das Missale der römischen Kurie. Das freilich geht mit wenigen Änderungen auf Papst Gelasius I. (492-496) zurück, mit kleineren Änderungen durch Papst Gregor I. (590-604) [...]
Nein, das geht auf das sog. Gregorianum zurück (Redigiert oder zusammengestellt unter Papst Honorius I., jedenfalls nach der Kirchweihe von St. Maria ad martyres, vormals Pantheon). Papst Gelasius wird ein anderes Sakramentar zugeschrieben, aber ebenfalls aus dem 7. Jh., überliefert und erg. allein in einer einzigen Handschrift aus Chelles aus dem frühen 8. Jh.
taddeo hat geschrieben: Bis Papst Gregor gab es ja nicht mal in der Stadt Rom ein offizielles "römisches" Meßbuch; sein Liber Sacramentorum war ausschließlich für die päpstliche Liturgie mit ihren Stationsgottesdiensten bestimmt, die andere Zelebranten überhaupt nicht brauchten.
Doch sehr wohl, als Stellvertreter des Papstes. Vermutlich einer der Gründe für die Zusammenstellung der Meßformulare in einem Codex. Auch die Tage, die keine Stationsliturgie hatten, wurden ergänzt bzw. sind Bestandteil. Das Paduenese beispielsweise diente den Klerikern an St. Peter (um 680). Es enthellt auch Formulare für die Sonntage nach Pfingsten, die sich ebenfalls im Gelasianum mixtum finden (hier mit der für Gelasiana üblichen Alia-Oration nach der Collecta).
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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