berneuchen hat geschrieben:Nach wie vor unklar ist mir, warum hier im Forum diese Liebe zur alten Form mit einer manchmal ans skurile grenzenden Aggesssivität gegen den NOM und seine "Fans" verteidigt werden muss.
Das gilt natürlich auch umgekehrt. Die Ablehnung des VOM ist teilweise von gleicher Aggressivität geprägt (vgl. die Aussagen von Glück et. al.).
Noch 2 Cent von mir…
Oben hatte ich schon etwas geschrieben bezüglich der "Stimmung" in den Seminaren nach dem Konzil. Es ist wirklich erhellend, wenn man sich mal mit Priestern, die Ende der 70er Jahre oder Anfang der 80er Jahre geweiht wurden, über diese Sachen unterhält.
Ebenso erhellend ist es, wenn man sich mit Priestern unterhält, die in den 50er Jahren geweiht wurden. Mein Heimatpfarrer (Weihejahrgang 1957) erzählte mal, wie der NOM gleichsam mit der Brechstange eingeführt wurde. Die Priester des Dekanats wurden an einem Tag zusammengerufen. Irgendein Prälat aus dem Generalvikariat zelebrierte dann die Messe im NOM und sagte: „Das ist unsere neue Messe. So wird ab sofort zelebriert. Alles andere ist nicht mehr erlaubt.“
Zack! – Ein Federstrich und der Umbruch war da.
Von ähnlichem Befremden berichtete mir ein Priester, als er über "Radio Vatikan" auf Kurzwelle die Kunde vernahm, daß von einem auf den anderen Tag, das Nüchternheitsgebot verkürzt wurde und es nicht mehr ab Mitternacht galt. Für ihn war das, so sagte er mir, ein regelrechter Schock. Mit einem Federstrich war etwas abgeschafft/verändert worden, dessen Nichteinhaltung vorher als schwere Sünde galt.
Ich habe das Gefühl, daß im Laufe der Kirchen-/Liturgiegeschichte vieles geändert wurde ohne, daß es vorher eine passende Katechese gab – und zwar eine Katechese sowohl für die Priester als auch für die Gläubigen.
Als dann der NOM eingeführt war, sprach sich rum, daß es einen rebellischen Bischof gibt, der das nicht mitmachen will. In der Wahrnehmung der Gläubigen - und das mag von manchen Priestern auch geschürt worden sein - galt er als Abtrünniger, als Spinner, als Wasauchimmer. So zementierte sich die Vorstellung fest, daß der VOM verboten ist. Wer für den VOM war, stand in einer bestimmten Ecke - eine Ecke mit der der normale Gläubige möglichst nichts zu tun haben wollte.
Ich erinnere mich noch an das Gesicht von jemandem, als ich erzählte, daß ich in den 90ern zu Exerzitien in St. Pelagiberg wolle und erzählte, daß dort alles nach dem VOM abläuft. Die erste Frage war dann: „Ist das nicht verboten? Sind das nicht diese komischen Leute um Lefebvre?“ Ich mußte dann erstmal lang und breit erklären, daß alles in Ordnung sein und es erlaubt sei etc. Verstanden wurde ich trotzdem nicht so recht. Mir wurde dann nur gesagt: „Naja, wenn Du meinst. Du mußt ja wissen, was Du tust.“
Und nun kommt die "Motu Proprio Brechstange": Mit genauso wenig Feingefühl wurde der VOM wieder offiziell neben den NOM gestellt. Vorher gab es auch keine Katechese für die Gläubigen. Die Gläubigen nahmen (nehmen) es so wahr, daß es eine Sache für "diese Spinner" ist, die damals schon rebelliert haben; daß es eine Sache ist, die für ihre Gemeinden kein Thema ist; daß da nur frömmelnde, abgedrehte Leute hingehen.
Daß das MP dann auch noch mit dem "Fall Williamson" in Verbindung gebracht wird, hat der Sache auch nicht gut getan.
So führt man die Menschen mit ihren unterschiedlichen spirituellen Bedürfnisse nicht zusammen. Nun sind es 5 Jahr her, seit das MP herauskam, aber es ist noch nicht in den Gemeinden angekommen. Vielleicht braucht es nach 40 Jahren NOM noch weitere 40 Jahre in denen NOM neben VOM steht, ehe der VOM allgemein akzeptiert wird.
Wie gesagt: nur meine 2 Cent.