Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
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taddeo
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von taddeo »

lifestylekatholik hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Man kann aber nicht wegdiskutieren, daß 40 Jahre beständige Praxis des NOM durch die weit überwiegende Zahl aller Bischöfe und durch alle seitherigen Päpste [...]
Ja, sie haben sich alle ziemlich bemüht, die neue Messe fruchtbar zu machen und ihr was abzuringen. Aber wenn ich mir die Früchte heute so ankucke, dann muss ich schon sagen :hmm: :/ .
Früchte entstehen halt nicht von alleine, der Gärtner ist nur EIN Beteiligter dabei.
Daß die Gläubigen immer weniger Interesse daran haben, Früchte zu bringen, ist nicht allein Schuld der Bischöfe und Priester. Kein Mensch kann heute sagen, wie die Entwicklung der Kirche ohne das II. Vaticanum verlaufen wäre. Denn auch das offensichtliche Wachstum in den "altgläubigen" Gruppierungen ist dafür kein Anhaltspunkt - wenn ich bei den "NOM-Katholiken" nur die tatsächlich überzeugten und engagierten nehme, kann ich genauso gute Früchte feststellen. Das Problem ist einfach, daß die Breitenwirkung der Kirche allgemein abgenommen hat. Ob man das hätte aufhalten können, wage ich zu bezweifeln.

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lifestylekatholik
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von lifestylekatholik »

taddeo hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Man kann aber nicht wegdiskutieren, daß 40 Jahre beständige Praxis des NOM durch die weit überwiegende Zahl aller Bischöfe und durch alle seitherigen Päpste [...]
Ja, sie haben sich alle ziemlich bemüht, die neue Messe fruchtbar zu machen und ihr was abzuringen. Aber wenn ich mir die Früchte heute so ankucke, dann muss ich schon sagen :hmm: :/ .
Früchte entstehen halt nicht von alleine, der Gärtner ist nur EIN Beteiligter dabei.
Daß die Gläubigen immer weniger Interesse daran haben, Früchte zu bringen, ist nicht allein Schuld der Bischöfe und Priester. Kein Mensch kann heute sagen, wie die Entwicklung der Kirche ohne das II. Vaticanum verlaufen wäre. Denn auch das offensichtliche Wachstum in den "altgläubigen" Gruppierungen ist dafür kein Anhaltspunkt - wenn ich bei den "NOM-Katholiken" nur die tatsächlich überzeugten und engagierten nehme, kann ich genauso gute Früchte feststellen. Das Problem ist einfach, daß die Breitenwirkung der Kirche allgemein abgenommen hat. Ob man das hätte aufhalten können, wage ich zu bezweifeln.
Das sehe ich in wesentlichen Punkten sehr ähnlich, wenn ich auch glaube, dass es »NOM-Katholiken« schon durch die Liturgie zumindest schwerer gemacht wird, gute Früchte hervorzubringen.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Melody
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von Melody »

lifestylekatholik hat geschrieben:Das sehe ich in wesentlichen Punkten sehr ähnlich, wenn ich auch glaube, dass es »NOM-Katholiken« schon durch die Liturgie zumindest schwerer gemacht wird, gute Früchte hervorzubringen.
Meines Erachtens aber nicht in einem NOM, von dem hier theoretisch die Rede sein sollte. Das ganze ist zwar irgendwo ein wirklich sehr theoretisches Beispiel, aber man KANN den Novus Ordo sehr wohl so feiern, dass er sich kaum noch vom alten Ritus unterscheidet und genauso gute Früchte hervorbringen kann.

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lifestylekatholik
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von lifestylekatholik »

Melody hat geschrieben:Das ganze ist zwar irgendwo ein wirklich sehr theoretisches Beispiel,
Eben. Ich habe das in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt, und ich habe so einige Messen besucht, darunter auch neue Messen auf Latein.
Melody hat geschrieben:aber man KANN den Novus Ordo sehr wohl so feiern, dass er sich kaum noch vom alten Ritus unterscheidet
Ja. Allerdings gilt dann das Wort von Pfarrer Milch: Ja, wozu denn dann die ganze Reform?

Nein, die Liturgiereform, der NOM, leitet einen an und verleitet einen (jedenfalls die überwiegende Mehrzahl der Priester und Laien), die Messe anders zu feiern. Wer sie dennoch so nah wie möglich an der alten Messe feiern will, muss die neue Messe gegen den Strich bürsten, während das bei der alten Messe (logischerweise) nicht nötig und dadurch einfacher ist.

In den Details, z. B. in den Orationen -- auf den Strang wurde oben hingewiesen --, zeigt sich auf allen Ebenen eine Abschwächung der Aussagen, der Verehrung Gottes und des Bewusstseins der eigenen Sündhaftigkeit und Erlösungsbedürftigkeit durch Christum auch im bestmöglich gefeierten NOM.

Der NOM ist ein Kind seiner Zeit, der 60er-Jahre, der Zeit der modernen optimistischen Selbstüberschätzung und Selbstüberhebung des Menschen in den westlichen Industrienationen. Zumindest außerhalb der Kirche ist diese Zeit inzwischen vorbei. Mal kucken, wann auch die Kirchenführer in diesen Nationen das mitkriegen.
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Germanus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von Germanus »

Die Schwierigkeiten der Liturgiereform, deren Krönung (neben allen anderen zu behandelnden Punkten) der "NOM" sein sollte, sind wohl in der Ideologie zu suchen, die die Reformer beseelt haben wird. Sie wollten etwas "Reines" - einen Archäologismus also, der nicht nur blauäugig, sondern auch ungesund war. Was im "NOM" konstruiert wurde, trägt der Entwicklung nicht Rechnung, die neben der Liturgiegeschichte stattgefunden hat. Wer zurück zu den Quellen will, muss auch beachten, auf was für einem Hintergrund und Fundament die "Quellen" fließen konnten. Es dürfte bei einem Zurück zur liturgischen Tradition nicht ums Latein gehen, sondern um ein neue Befruchtung des Glaubenslebens. Die Argumente, die hier schon genannt wurden (z.B. durch Zitate von Ratzinger-Texten), sind durchaus zutreffend. Aber die Schwierigkeiten beginnen nicht erst mit der Liturgischen Bewegung oder mit der Reform der österlichen Liturgie oder mit Bugnini und seinen Helfern, sondern sehr viel früher, nämlich als das Beten der Kirche vom Beten derjenigen losgelöst wurde, die die Kirche (neben dem Klerus) bilden.
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anneke6
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von anneke6 »

Germanus hat geschrieben:Aber die Schwierigkeiten beginnen nicht erst mit der Liturgischen Bewegung oder mit der Reform der österlichen Liturgie oder mit Bugnini und seinen Helfern, sondern sehr viel früher, nämlich als das Beten der Kirche vom Beten derjenigen losgelöst wurde, die die Kirche (neben dem Klerus) bilden.
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Interessanter Gedanke. Ich halte es tatsächlich für möglich, daß wenn sich diese Schere nie so weit geöffnet wäre, niemand auf die Idee gekommen wäre, eine verständlichere Liturgie in der Volkssprache zu kreieren.
???

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cantus planus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von cantus planus »

Und wieso haben die Liturgiereformer dann mit einer Arroganz sondergleichen die gesamte Volksfrömmigkeit, die Andachten, den Rosenkranz, Flurumgänge etc. abgeholzt, die Bilder zerstört und die Statuen auf den Müll geworden? Warum sind viele durchaus brauchbare Gebetbücher über Nacht einer nie gekannten Zensur anheimgefallen?

Wohlgemerkt sprechen wir hier nicht von den fernen Zeiten der Liturgiereform. Ich habe im Studium in den Liturgikvorlesungen noch nach der Jahrtausendwende Dinge gehört, bei denen mir heute noch die Haare zu Berge stehen.

Nein, hier widerspricht sich für mich etwas. Und zwar gewaltig.
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Germanus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von Germanus »

Eine der vielen Antworten aus cantus' Frage ist relativ einfach: Alles, was nicht in die ideologische "Reinheit" der Reformer passte, hatte auf Gedeih und Verderb ([Punkt]) zu weichen. Sehr gute Initiativen zur Wiederbelebung alter Riten der Orden wurden in ziemlich arroganter Manier zugunsten einer "Einheitsliturgie" verboten. und ein solches Verbot lässt sich keinesfalls mit dem 2. Vatikanum decken. Im Grunde ja auch nicht das, was als "NOM" aus der Liturgiereform geworden ist, denn der ist z.B. wesentlich "klerikalisierter", als es der ältere Ritus war.
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cantus planus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von cantus planus »

Man sollte sich stets vor Augen halten, dass die Liturgiereform Bugninis und Pauls VI. mit dem II. Vaticanum nichts zu tun hat. Die sich aus "Sacrosanctum Concilium" ergebende Reform war mit der Neuedition des vergessenen Missales von 1965 abgeschlossen.

Daraus ergibt sich eben die Frage, 1.) was Paul VI. ritt, eine solche Reform vom Zaun zu brechen, 2.) mit welcher Autorität er das tat und 3.) aus welchen Gründen und mit welcher Zielsetzung.

Meine Meinung dazu ist klar, und muss in diesem Thread nicht (themenfremd) noch einmal aufgerollt werden. Im Zweifelsfall läuft es eben darauf hinaus, was lifestyle sagte: wer sich bemüht, den Novus Ordo möglichst dicht an der überlieferten Liturgie zu feiern, muss sich fragen lassen, warum er nicht gleich auf das Original zurückgreift.

Und im Umkehrschluss beantwortet sich auch die Frage dieses Stranges: ich bin sicher, dass der Besuch eines theoretisch würdig und allen Rubriken entsprechenden Novus Ordo für einen Traditionalisten nicht schädlich ist. Er ist aber dort nicht notwendig, wo eine Alte Messe zu erreichen ist. Und er ist schädlich, wo die Messe nicht dem Meßbuch entsprechend gefeiert und nicht in der Intention zelebriert wird, zu tun, was die Kirche immer und überall zu tun beabsichtigte, was faktisch flächendeckend der Fall ist, so dass in einigen Foren schon Namen von Pfarrern oder Adressen von Klöstern ausgetauscht werden, bei denen man die Messe bedenkenlos besuchen kann.

Insofern hat ein Traditionalist kaum einen Grund, den Besuch einer normalen Sonntagsmesse (von diversen zu allen möglichen Anlässen "gestalteten" Gottesdiensten ganz zu schweigen!) überhaupt in Betracht zu ziehen.

Es ist ja nicht so, dass ihm ohne den Novus Ordo etwas fehlen würde.
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ottaviani
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von ottaviani »

Melody hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben:Das sehe ich in wesentlichen Punkten sehr ähnlich, wenn ich auch glaube, dass es »NOM-Katholiken« schon durch die Liturgie zumindest schwerer gemacht wird, gute Früchte hervorzubringen.
Meines Erachtens aber nicht in einem NOM, von dem hier theoretisch die Rede sein sollte. Das ganze ist zwar irgendwo ein wirklich sehr theoretisches Beispiel, aber man KANN den Novus Ordo sehr wohl so feiern, dass er sich kaum noch vom alten Ritus unterscheidet und genauso gute Früchte hervorbringen kann.

Oberste Bedingung ist dafür für mich das erste Hochgebet und zumindest die Wandlungsworte auf Latein.
das macht ihn aber nicht besser

Fridericus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von Fridericus »

Melody hat geschrieben:Meines Erachtens aber nicht in einem NOM, von dem hier theoretisch die Rede sein sollte. Das ganze ist zwar irgendwo ein wirklich sehr theoretisches Beispiel, aber man KANN den Novus Ordo sehr wohl so feiern, dass er sich kaum noch vom alten Ritus unterscheidet und genauso gute Früchte hervorbringen kann.

Oberste Bedingung ist dafür für mich das erste Hochgebet und zumindest die Wandlungsworte auf Latein.
Nein, kann man nicht. Der NOM hat schwerwiegende Mängel.
Zuletzt geändert von Fridericus am Samstag 11. Juni 2011, 16:09, insgesamt 1-mal geändert.

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Melody
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von Melody »

Der NOM ist aber die Liturgie aller Päpste seit dem Konzil. Alle Priester werden - bis auf Ecclesia-Dei-Institute - im NOM geweiht. Chrisammessen finden im NOM statt. Selig- und Heiligsprechungen finden im NOM statt.

Mängel hin oder her, man kann das alles nicht einfach so beiseiteschieben, wenn man nicht die Einheit mit dem Papst aufgeben möchte.
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cantus planus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von cantus planus »

Wir haben im Laufe der Kirchengeschichte schon mehr als einmal Situationen gehabt, wo größte Teile der Kirche in die Irre gingen, und erst nach recht langer Zeit wieder auf den richtigen Weg fanden. Insofern wäre ich recht vorsichtig, die letzten vier Jahrzehnte mit diesem Argument zu verteidigen...
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ottaviani
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von ottaviani »

Melody hat geschrieben:Der NOM ist aber die Liturgie aller Päpste seit dem Konzil. Alle Priester werden - bis auf Ecclesia-Dei-Institute - im NOM geweiht. Chrisammessen finden im NOM statt. Selig- und Heiligsprechungen finden im NOM statt.

Mängel hin oder her, man kann das alles nicht einfach so beiseiteschieben, wenn man nicht die Einheit mit dem Papst aufgeben möchte.
ein mangel bei einem Sakrament soll man wegen einer "Einheit" bei seite schieben was für eine Einhweit soll das den sein die auf Kosten der Sakramente geschlossen wird?

Germanus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von Germanus »

Die Frage nach dem Warum des "NOM" stellt sich mir ebenfalls. Cantus planus hatte ganz richtig auf das Meßbuch von 1965 verwiesen - wohlgemerkt eine lateinisch-deutsche Ausgabe des Missale Romanum, die tatsächlich nach den Vorgaben des Vatikanum II erstellt worden war. Nach einigem Nachdenken (und einigem Lesen von Archivmaterial) kommt mir immer mehr der Gedanke: Die Macher des NOM hatten aus irgendeinem Grund und Zufall eine solche Macht bekommen, dass sie wirklich ohne Hindernisse alles und jeden damit unterdrücken konnten. Es ging dabei ja wohlgemerkt nicht nur um den Meßordo, sondern um viel mehr: liturgische Disziplin, Rubriken, Kalendarium etc. Auf unergründliche Weise konnte jene Reformergruppe etwas erlauben oder etwas zurückweisen, was nicht in ihr Gedankengebäude passte, das mittlerweile ganze Theologengenerationen, man muss es sagen, verformt hat. Selbst ein wirklich "rubrikentreu" gefeierter NOM kann deshalb schon bedenklich werden, wenn man sieht, dass die Grundlagen der "Rubrikentreue" eher Ästhetizismus und anderes sein könnten. Das ist echter Liturgie fremd.
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taddeo
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von taddeo »

cantus planus hat geschrieben:Wir haben im Laufe der Kirchengeschichte schon mehr als einmal Situationen gehabt, wo größte Teile der Kirche in die Irre gingen, und erst nach recht langer Zeit wieder auf den richtigen Weg fanden. Insofern wäre ich recht vorsichtig, die letzten vier Jahrzehnte mit diesem Argument zu verteidigen...
Da hast Du schon recht. Aber ich darf daran erinnern, daß auch einige solcher Zeiten, in denen größte Teile der Kirche - aus heutiger Sicht betrachtet - in die Irre gingen, Zeiten des "tridentinischen" oder vortridentinischen Meßritus und der entsprechenden Seelsorge waren. Und trotzdem ging damals die Kirche in einem Maß den Bach runter, wie man es sich kaum vorstellen kann.
(Daß dennoch der größte Teil der Leute in den Kirchen gesessen ist, kann man kaum der damaligen geistlichen "Qualität" der Kirche zuschreiben, sondern vor allem dem Zwang, unter dem das einfache Volk stand. Heute geht man halt einfach nicht mehr hin, wenn einem was nicht paßt - diese Alternative gab es früher nicht.)

Raimund J.
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von Raimund J. »

taddeo hat geschrieben:
iustus hat geschrieben:Nein, da kann man alle 62 Gründe weglassen, weil sie nur Gründe dafür sind, warum die Alte Messe der Neuen vorzuziehen ist, nicht aber warum die "Neue Messe für Traditionalisten" schlecht ist.
Darauf wirst Du nie eine ernstzunehmende Antwort bekommen, iustus.

Es gibt nämlich offensichtlich "gute" und "schlechte" Traditionalisten. Letztere werden auch gern als "Neokonservative" verunglimpft.
Die "guten" Traditionalisten sind die, für die ausschließlich der VOM zählt und der NOM ein Werk des Teufels ist, das man nicht mal mit der Beißzange anfassen darf.
Die "schlechten" Traditionalisten sind die, die auch im NOM - wenn auch mit Abstrichen in der Praxis - die theologische und liturgische Kontinuität der katholischen Kirche verwirklicht sehen und deren Glaubensleben aus dieser Kontinuität lebt und auch durch den NOM genährt wird. Diese "schlechten" Traditionalisten werden aber von den "guten" als katholische Weicheier betrachtet und von den "modernen" Katholiken als unverbesserliche Hardcore-Fundamentalisten. Sie sind es, die es niemandem recht machen können, und die keinerlei Lobby haben -
Absolut zutreffend beschrieben. Ansonsten hat es halt nunmal als historisches Faktum eine Liturgiereform gegeben und die Kirche muss derzeit damit leben. Papst Benedikt XVI. hat schon 1988 als Kardinal gesagt:
Es gibt viele Gründe, die dazu geführt haben können, daß viele Menschen Zuflucht in der alten Liturgie suchen. Ein erster und wichtiger Grund liegt in der Bewahrung der Würde und des Heiligen.
Und zieht die direkte Schlussfolgerung:
Wir müssen die Dimension des Heiligen in der Liturgie zurückerobern.
.

Bei der Ausgangsfrage kann ich nicht unbedingt mitreden, da ich zum einen kein "Traditionalist" bin und zum anderen keine Bedenken gegen eine Hl. Messe im Novus Ordo hege. Ich respektiere die Vorbehalte, die manche Katholiken aus innerer Überzeugung gegen bestimmte Liturgieformen haben, kann jedoch nicht recht nachvollziehen, daß man damit so weit geht, "päpstlicher als der Papst" sein zu wollen. Wo "Traditionalisten" die Möglichkeit haben, die alte Messe zu besuchen, sollen sie das tun, aber wie soll die "Zurückeroberung der Dimension des Heiligen in der Liturgie" stattfinden können, wenn diejenigen im Kirchenvolk, die das Unterstützen, dem NOM konsequent fernbleiben? Der Heilige Vater kann nicht einfach per Dekret von einem Tag auf den anderen im Sinne der "Traditionalisten" eine Entscheidung treffen. Durch die Akzeptanz des kirchenrechtlichen "Iststatus" und die nicht sture oder gar feindselige Ablehnung der Hl. Messe nach der neuen Ordnung würde meines Erachtens der Kirche ein grösserer Dienst erwiessen als durch Abgrenzung.
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cantus planus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von cantus planus »

Du vergisst dabei, dass eine tolerantere Haltung bis vor wenigen Jahren einem Selbstmord der Traditionalisten-Szene gleichgekommen wäre. Und auch jetzt ist noch Vorsicht geboten. Dass viele Tradis ihre Wagenburg allmählich verlassen könnten, ist nur den durch "Summorum Pontificum" geänderten Voraussetzungen zu verdanken.

Man darf bitte nie vergessen, wie gnadenlos Priester und Gläubige verfolgt wurden, die dem überlieferten Ritus weiterhin anhingen. Wer jetzt zu Toleranz auffordert, muss auch das bittere Unrecht der letzten 40 Jahre erwähnen, dass etliche Priester und Theologen um ihre schiere Existenz gebracht hat.
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Raimund J.
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von Raimund J. »

Ja, cp, damit rennst Du ja bei mir durchaus offene Türen ein, für all diese Bedenken habe ich Verständnis und man muss sich einige Zeit mit der Historie beschäftigen um dieses Verständnis zu entwickeln und man muss sich dazu gegenseitig kennenlernen. Als Bild zu dieser Diskussion sehe ich zwei Kreise mit einer derzeit relativ kleinen Schnittmenge, aber diese Schnittmenge sollte sich langsam und sicher vergrössern und nicht stagnieren und wieder auseinandertriften. Ich habe halt die - vielleicht wahnwitzige - Vorstellung, daß "traditionelles Verhalten" im NOM auch zu einer positiven Entwicklung im Sinne der Rückeroberung der "Dimension des Heiligen in der Liturgie" führen kann. Die "Tradis" denen mit Sicherheit alles an der Einheit der Kirche liegt, müssen vielleicht zunächst mal das Opfer bringen, den Iststatus als Ausgangsbasis einer neuen und positiven Entwicklung im Sinne der "Rückeroberung" zu akzeptieren.
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Kilianus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von Kilianus »

Dieser Strang legt gnadenlos die Entwicklung dieses Forums, vermutlich aber auch der Kirche im deutschsprachrigen Raum insgesamt bloß: Weil’s die auf der einen Seite immer toller treiben, werden auch die auf der anderen Seite immer extremer. Und auf einmal stößt beispielsweise Cantus in jenes Horn, das – Verzeihung, harte Worte müssen manchmal sein – Leute wie der in einer hermetisch abgeriegelten Gedankenwelt eingemauerte Gamaliel tröten ließen. Oder Marion, die in der Regel auf eigene Argumentation verzichtet und sich darauf beschränkt, als absolute Wahrheit zu vertreten, was Pater Gaudrion irgendwo mal vertreten hat. Und die sich nicht dafür interessiert, daß es ebenso fromme wie kompetente Leute gibt, die die Dinge ganz anders sehen.

Zum Thema dieses Strangs selbst: Wer die alte Form pauschal als die „bessere“ verteidigt, der neueren Form gar ebenso pauschal die Legitimität abgespricht, macht folgende (im Einzelnen nicht unbedingt sauber voneinander abzugrenzende) Denkfehler.
1. Er ignoriert das Ausmaß der Veränderungen, die dem römischen Ritus auch vor 1950 widerfahren sind. Als ob es nicht beispielsweise ein unglaublich tiefgehender Einschnitt gewesen wäre, als man die Laien nicht mehr zur Kelchkommunion hinzutreten ließ. Und was hat es da nicht sonst alles zu manchen Zeiten und an manchen Orten gegeben: Sequenzen, tropierte Ordinariumsgesänge, feierliche Schlußsegen, mit denen die Nichtkommunikanten noch vor der Kommunion aus der Messe entlassen wurden, seltsame Spielszenen auf und um den Lettner mit als Engeln verkleideten Chorknaben, die auch nicht immer sauber von der eigentlichen Liturgie getrennt waren, Priesterweihen durch Nicht-Bischöfe, Frauen, die in der Liturgie das Evangelium vor- und dazu die Stola tragen, und so weiter und so fort.
2. Er überschätzt die Perfektion des alten Ritus. Auch vor 1950 hat es immer wieder Eingriffe gegeben, die vom jeweiligen Zeitgeist und daher von Einseitigkeiten, Mißverständnissen etc. geprägt waren. (Als ein Beispiel unter vielen würde ich den übertriebenen Hang zum Stillgebet anführen. Auch die von Ottaviani weiter oben angeführten Kreuzzeichen während des Kanon ließen sich da einreihen, waren sie doch ursprünglich zu einem großen Teil wohl keine Segens-, sondern Zeigegesten.) Und: Auch vor 1950 hat es immer wieder Schludrigkeit und Faulheit gegeben. (Daß das Graduale in der Regel nur aus einem Psalmvers besteht, ist Resultat einer immer weitergehenden Kürzung – die eben erst kurz vor der absoluten Streichung halt gemacht hat. Oder: Der Transport des Missale von der Epistel- auf die Evangelienseite ist der doch sehr kümmerliche Rest einer Evangeliarprozession.)
3. Er hat überhaupt ein unreflektiertes Verhältnis zum Spannungsverhältnis von Verändern und Bewahren. Wenn sich der Vortrag der Schrifttexte von den Ambonen hin zu den Altarseiten verlagert, so ist das organische (Höher-?)Entwicklung. Wird die Entwicklung irgendwann wieder umgekehrt, ist’s Archäologismus. (Wieso fordert eigentlich niemand die Wiedereinführung sämtlicher mittelalterlicher Sequenzen oder der tropierten Ordinariumsgesänge? Deren Abschaffung war nach dieser Logik auch schon archäologistisch.)

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cantus planus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von cantus planus »

Kilianus hat geschrieben:Dieser Strang legt gnadenlos die Entwicklung dieses Forums, vermutlich aber auch der Kirche im deutschsprachrigen Raum insgesamt bloß: Weil’s die auf der einen Seite immer toller treiben, werden auch die auf der anderen Seite immer extremer.
Das kann man nicht bestreiten. Ich bin mir durchaus bewusst, dass sich meine Position - wie man hier mit der Forensuche ja auch unschwer nachvollziehen kann - in den letzten Jahren geändert hat. Zum einen ist das die Folge eines intensiven Studiums verschiedener kirchlicher Dokumente, zum anderen natürlich auch ein gerüttelt Maß über die Frustration, die der Dienst in der nachkonziliaren Kirche mit sich brachte. Mir stehen heute noch die Haare zu Berge bei dem Ausmaß an Sakrilegien, an denen ich mich beteiligen musste. Der Austritt aus dem Kirchendienst war ein Befreiungsschlag. Seitdem erkenne ich immer klarer, wie verrottet die nachkonziliare Kirche tatsächlich ist, und wie sehr dieser Mangel auch noch forciert wird. Natürlich erhebe ich dagegen meine Stimme. Ich bin durchaus nicht auf der Linie einer FSSPX. Allerdings bevorzuge ich diese immer noch dem Chaos einer gewöhnlichen Novus-Ordo-Pfarrei.
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von obsculta »

Die FSSPX ist das,was sie immer war.Sie ist keinen Deut "extremer" geworden.

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cantus planus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von cantus planus »

Das hat auch niemand behauptet. Und darum geht's hier auch gar nicht. :neinfreu:
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von obsculta »

cantus planus hat geschrieben:Das hat auch niemand behauptet. Und darum geht's hier auch gar nicht. :neinfreu:

Ich weiß.Warum holst Du sie dann in Deinem post aus der Schublade? Daraus resultiert meine Antwort. :ja:

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cantus planus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von cantus planus »

Die FSSPX ist die profilierteste traditionalistische Gemeinschaft, die es derzeit gibt, und zugleich Ursprung (fast) aller anderen, jetzt mit Rom verbundenen Gemeinschaften. Deshalb habe ich sie angeführt.

Ich verstehe deine Reaktion nicht. :hae?: Ist das jetzt ein Pawlow'scher Reflex? :achselzuck:
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ottaviani
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von ottaviani »

cantus planus hat geschrieben:Du vergisst dabei, dass eine tolerantere Haltung bis vor wenigen Jahren einem Selbstmord der Traditionalisten-Szene gleichgekommen wäre. Und auch jetzt ist noch Vorsicht geboten. Dass viele Tradis ihre Wagenburg allmählich verlassen könnten, ist nur den durch "Summorum Pontificum" geänderten Voraussetzungen zu verdanken.

Man darf bitte nie vergessen, wie gnadenlos Priester und Gläubige verfolgt wurden, die dem überlieferten Ritus weiterhin anhingen. Wer jetzt zu Toleranz auffordert, muss auch das bittere Unrecht der letzten 40 Jahre erwähnen, dass etliche Priester und Theologen um ihre schiere Existenz gebracht hat.
und das gefährliche es hat sich nix geändert der Kam pf für die Messe aller Zeiten wird auf eine Art Liebhaberei reduziert natürlich mit frommen Floskeln wenn man heute die Predigten und Vorträge von Mgr Lefebvre liest die er von 1988-1991 gehalten hat (er war bis zum Schluß sehr emsig) muß man nach 20 Jahren sagen Bravo Monsigneur sie haben auch hier recht behalten

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cantus planus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von cantus planus »

Gewiss. Die Frage nach der Liturgiereform ist ja nicht eine Frage nach Veränderung der Form - was den Begriff "Reform" überhaupt schon Lügen straft -, sondern nach Veränderung der Theologie. Und an diesem Punkt passiert bisher nichts. Insbesondere im deutschen Sprachraum verheert immer noch der Rahnerismus alles.

Ich würde nicht sagen, es habe sich nichts verändert. Aber es ist wahr, dass wir von einer echten Wende noch weit entfernt sind.
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Germanus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von Germanus »

ottaviani hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:Du vergisst dabei, dass eine tolerantere Haltung bis vor wenigen Jahren einem Selbstmord der Traditionalisten-Szene gleichgekommen wäre. Und auch jetzt ist noch Vorsicht geboten. Dass viele Tradis ihre Wagenburg allmählich verlassen könnten, ist nur den durch "Summorum Pontificum" geänderten Voraussetzungen zu verdanken.

Man darf bitte nie vergessen, wie gnadenlos Priester und Gläubige verfolgt wurden, die dem überlieferten Ritus weiterhin anhingen. Wer jetzt zu Toleranz auffordert, muss auch das bittere Unrecht der letzten 40 Jahre erwähnen, dass etliche Priester und Theologen um ihre schiere Existenz gebracht hat.
und das gefährliche es hat sich nix geändert der Kam pf für die Messe aller Zeiten wird auf eine Art Liebhaberei reduziert natürlich mit frommen Floskeln wenn man heute die Predigten und Vorträge von Mgr Lefebvre liest die er von 1988-1991 gehalten hat (er war bis zum Schluß sehr emsig) muß man nach 20 Jahren sagen Bravo Monsigneur sie haben auch hier recht behalten
Es tut mir leid, hier Ottaviani widersprechen zu müssen, aber die "Messe aller Zeiten" ist weder der Ritus von 1962, noch der von 1570, noch ein Zwischenstadium in der doch erheblichen Entwicklung, die zwischen diesen Jahren stattgefunden hat. Die "Messe aller Zeiten" wird dort gefeiert, wo eine irdische Gemeinde mit der himmlischen Kirche die Liturgie feiert, was auch immer sie für einen Ritus benutzen mag. Was es für den "NOM" so schwierig macht, sich in diese Überlieferungslinie einzureihen, ist zweifellos seine Konstruiertheit, die ihn nur scheinbar ohne Bruch und in Kontinuität als Reform des 1962er Ritus erscheinen läßt (was ich, nebenbei bemerkt, äußerst bedauerlich finde). Die Theologie der Liturgie spielt hierbei sicher eine bedeutende Rolle.
Gruß G.
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

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cantus planus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von cantus planus »

Im Prinzip sind deine Ausführungen nicht falsch. Das Problem ist aber, dass sie - wie die meisten Argumente, die hier im Forum in dieser Sache ausgetauscht wurden - das Grundproblem des Novus Ordo nicht berücksichtigen.

Der Novus Ordo ist nicht vom II. Vatikanischen Konzil beschlossen worden. Er ist ein Schreibtischkonstrukt eines mittelmäßigen Liturgikers (Kronzeugen für diese Aussage u. a. Joseph Kardinal Frings, Joseph Kardinal Ratzinger und John Kardinal Heenan, um einmal andere Stimmen als den Coetus Internationalis Patrum zu bemühen), der von Papst Paul VI. in einem Akt nie dagewesenen Cäsaropapismus durchgesetzt wurde. Natürlich hat es am Ritus immer und zu aller Zeit Reformen und Ergänzungen gegeben. Das bestreitet auch die FSSPX nicht: schließlich verwendet sie weder das Tridentinische Originalmissale in erster Ausgabe oder eine andere, möglicherweise vorpianische. Ebenso lehnt sie nicht die Brevierreform Leos XIII. ab, um einmal einen Aspekt aufzugreifen, der nicht direkt mit der Heiligen Messe zu tun hat.

Gewisse gewachsene oder nach sorgfältiger Überlegung vorgenommene Änderungen haben niemals die Substanz der Messe angerührt, sondern nur marginal an einzelnen Punkten eingegriffen.

Die Bugnini-Reform hat jedoch vor allem das Ziel gehabt, den Römischen Ritus abzulösen (sic! Quelle: Bugnini selbst), sowie die Errungenschaften der Liturgischen Bewegung, die unter Ignorierung der Rubriken des vorhandenen Missales, teilweise gegen den Willen der Bischöfe und ausdrücklicher Verbote des Papstes (Anweisung Pius XII. an die deutschen Bischöfe, Eigenmächtigkeiten zu unterlassen), unter Verletzung des Kirchenrechts und auf dem Stand subjektiver Vorlieben und den individuell gewonnenen Erkenntnissen privater, und qualitativ offenbar sehr unterschiedlicher liturgischer Studien entstanden sind, nachträglich zu legtimieren und bei der Gelegenheit auch gleich zu institutionalisieren.

Der Novus Ordo Missae ist im Kern sicherlich der überlieferte römische Ritus. Dieser Kern ist gut und heilig, und daher ist eine Gültigkeit des Ritus nicht auszuschließen. Die Liturgiereform selbst aber, die dem Ritus seine neue Gestalt gab, hat drei Quellen: Subjektivismus, Ungehorsam und liturgischer Mißbrauch. Diese schlechten Quellen setzen sich denn in der Feier dieser neuen Form konsequent fort (Quelle: die zahlreichen seither erschienenen Dokument zur Unterbindung liturgischen Mißbrauchs).

Nie zuvor hat es in der Kirche so eine umfassende, so konsequent durchgezogene Liturgiereform so fragwürdiger Fundierung mit darüberhinaus glatt zu verwerfender Zielsetzung gegeben, u. a. der Tilgung jeglicher spezifisch katholischer Elemente, um die Protestanten nicht zu verstören (Quelle: Erzbischof Bugnini, offiziell im Osservatore Romano), und die in nicht zu leugnendem Bruch mit "Sacrosanctum Concilium" (wiederum im Rückgriff auf weite Teile "Tra le sollecitudinis" des hl. Pius X.) und damit in bewusster und gewollter Abkehr von eben dieser Kontinuität dann in der berühmten Ansprache an die Gläubigen auf dem Petersplatz durch Paul VI. bestätigt wurde.

Zu dieser Zielsetzung kommt die verheerende Tendenz jener Jahre hinzu, das menschliche Machen zu überschätzen und zum Maßstab des Ritus zu erheben (Quelle: Joseph Kardinal Ratzinger). Neben der Institutionalisierung des liturgischen Subjektivismus und des Ökumenismus dringt die rahnersche Antropozentrik in die Liturgie vor.

Der daraus resultierende Schaden wird mittlerweile sogar von liberalen Bischöfen nicht mehr geleugnet (beachte: noch vor 10 Jahren wurde überall ein "nachkonziliarer Frühling" bejubelt!).

Aufgrund der Gültigkeit der Messe ist es für einen Traditionalisten natürlich möglich, an einem korrekt gefeierten Novus Ordo teilzunehmen. Er wird sich aber möglichst davon fernhalten, wenn er nicht die unguten Tendenzen unterstützen will, die ich oben skizziert habe, und die der Grund dafür sind, weshalb der liturgische Mißbrauch in der "Ordentlichen Form" eher die Regel, als die Ausnahme ist.

Selbstverständlich ist auch im Alten Ritus nicht alles ideal und einiges heischt nach behutsamer Reform. Wir sehen am Novus Ordo Missae allerdings eindrücklich, wie man es nicht angehen sollte.

Das segensreiche Wirken unseres Heiligen Vaters Benedikt XVI. hat einige Grundübel des neuen Ritus zu heilen versucht, indem er klarstellte, dass dieser nur in der "Erblinie" der römischen Tradition korrekt zu zelebrieren ist. Das hilft denen, die sich um eine würdige Liturgie mühen ungemein weiter, heilt allerdings nicht die Wurzel des Übels (Subjektivismus, Ungehorsam und liturgischer Mißbrauch), die die kostbare Pflanze immer im Wachstum hemmen wird und vermutlich auch niemals ganz zu heilen ist, weil sie dieser Form des Ritus eben schon von der Entstehung her immanent ist.

Genau aus diesem Grund ist die Rede Benedikts XVI. von "einem Ritus in zwei Formen" als kirchenpolitischer Geniestreich trotz aller liturgiewissenschaftlicher, historischer und dogmatischer Fragwürdigkeit zu unterstützen, auf dass eine echte Liturgiereform wieder zu einem Römischen Ritus zurückführt und die Spaltungen und Ärgernisse vergangener Jahrzehnte überwindet.

Bis dahin werden freilich noch Jahrzehnte ins Land gehen.
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taddeo
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von taddeo »

Das ist der beste Beitrag von Dir, cantus, den ich seit langem hier gelesen habe.
In Form und Inhalt würde ich ihn unterschreiben.

Nur an einem Punkt sehe ich meine eigene Aufgabe als Theologe und Kirchenmusiker anders:
Er wird sich aber möglichst davon fernhalten, wenn er nicht die unguten Tendenzen unterstützen will, die ich oben skizziert habe, und die der Grund dafür sind, weshalb der liturgische Mißbrauch in der "Ordentlichen Form" eher die Regel, als die Ausnahme ist.
Ich mache gerade in jüngster Zeit immer öfter die Erfahrung, daß nicht das Fernhalten zu einer Verbesserung führt, sondern das aktive Einflußnehmen auf die Liturgie. Das geht natürlich nicht überall, manche (viele?) Priester sind gegen alle Verbesserungen immun.
Aber in meinem persönlichen Umfeld habe ich es gottlob mit einigen Priestern zu tun, die sich von "mündigen Laien" (als solcher würde ich mich betrachten) durchaus behutsam zu einer ordentlichen Zelebration des NOM "anstiften" lassen. Erst heute durfte ich wieder ein lateinisches Amt erleben - nicht in meiner Pfarrei, ohne daß ich dem Priester irgend eine Anregung dazu gegeben hätte! Da wir eine lateinische mehrstimmige Messe mit unvollständigem Text gesungen haben, hat er sogar diese Ordinariumsteile still gebetet.
Sicher, das braucht Zeit, und den Einfluß, bis ein Priester auf solchen "Laienrat" eingeht, muß man sich mühsam erarbeiten. Aber es geht. Es geht immer dann, wenn der Priester den betreffenden Laien nicht als ewigen Nörgler wahrnimmt, sondern als einen Menschen, der tatsächlich Ahnung von der Sache hat und bereit ist, seine Fähigkeiten in den Dienst der Kirche bzw. der Liturgie zu stellen - nicht zur Selbstdarstellung, sondern als Angebot an die Gemeinde, das aus der Liebe zur Kirche kommt.

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cantus planus
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von cantus planus »

taddeo hat geschrieben:Das ist der beste Beitrag von Dir, cantus, den ich seit langem hier gelesen habe.
In Form und Inhalt würde ich ihn unterschreiben.
Taddeo, bist du's? :hae?:



:umkuck:
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martin v. tours
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Re: Frage: NOM für "Traditionalisten" ?

Beitrag von martin v. tours »

Perfekte Analyse,dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Traurig macht mich nur,das Du mit deinem letzten Satz vermutlich auch recht hast.
martin v. tours
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
Nicolás Gómez Dávila

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