Tradis und Patristik

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
Stephen Dedalus
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Tradis und Patristik

Beitrag von Stephen Dedalus »

Hallo zusammen,

vorgestern hatte ich wieder einmal einen Ausflug ins Tradiland. Nach der Messe hatte ich Gelegenheit, mich mit einigen der anwesenden FSSP-Priester etwas ausführlicher zu unterhalten.

Mit einem der Priester sprach ich über die Rolle, die das Studium der Väter bei den Traditionalisten spielt. Er bestätigte mir, daß die Patristik dort wie ein Stiefkind behandelt werde und man sich nicht viel mit den Vätern beschäftige.

Warum ist das so?

Gruß
SD
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holzi
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Re: Tradis und Patristik

Beitrag von holzi »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Warum ist das so?
Weil die Tradis eigentlich subjektivistische Modernisten sind und ihre eigene Imagination von Tradition absolut setzen, die Kirchenväter würden da nur stören... :/

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

Von welchem Seminar sprach der Pater?

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Athanasius2
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Re: Tradis und Patristik

Beitrag von Athanasius2 »

holzi hat geschrieben: Weil die Tradis eigentlich subjektivistische Modernisten sind und ihre eigene Imagination von Tradition absolut setzen, die Kirchenväter würden da nur stören... :/
So ein Stereotyp. Wird wohl deswegen sein, dass Prof. Van der Ploeg Patristiker war und Lefebvre selbst Dissertationes zu Augustinus schrieb. Man hat bei den 'Tradis' (=Katholiken) aber in der Tat kein evolutionäres Traditionsverständnis im Kerne, und das gehört auch so. Archäologismus und Relativismus sind Irrtümer. Lies dazu Mediator Dei und Humani generis nur.

Aber wahrscheinlich schimpfst Du lieber weiter.... Ist ja einfacher als Argumente zu suchen.

Die 'Tradis' haben das Traditionsverständnis von Kardinal Newman. Sonst nichts. Nur nicht jenes von De Loisy, Chenu und Teilhard de Chardin. Das gefällt heute vielen nicht..... Sagt aber mehr über deren Meinung zu den Kirchenvätern und der Lehre, als über die verleumdeten und verhassten Tradis.

Gerade wer die Väter studiert, schätzt die Tradition wirklich. Aber die Väter sind kein Punkt "Da war es gut", sondern eine Vorphase. Der Thomismus ist nicht schlecht. Modernisten gehen hinter den Thomismus zu den von ihnen selektiv - wie von Kalvinisten und Anglikanern - zitierten Vätern. Weil man Thomas fürchtet bzw. hasst.

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sca81
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Beitrag von sca81 »

<offtopic gelöscht>
Zuletzt geändert von sca81 am Donnerstag 19. April 2007, 13:46, insgesamt 1-mal geändert.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

ottaviani hat geschrieben:Von welchem Seminar sprach der Pater?
Wigratzbad.
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

sca81 hat geschrieben:...dafür hat die fsspx eine fünfteilige Serie zu dem Thema rausgebracht.

Fazit: der Mann befiehlt, die Frau kuscht.

Siehe hier ab Seite 32.

Das hab ich meinen Eltern gezeigt, und diese haben unabhängig voneinander gesagt, daß es traurig ist, daß sowas heute noch möglich ist. Sogar mein Vater, "das Haupt", war entsetzt!

Interessantes Detail am Rande: Meine Eltern haben auch noch vor dem Konzil geheiratet.

Und *niemals*, angeblich auch nicht im Eheunterricht, der ja damals angeblich um so vieles besser war als heute, war die Rede von der Frau als Befehlsempfänger des Mannes.

Was für ein Wunder, daß meine Eltern immer noch verheiratet sind, obwohl sie nach der fsspx-Theorie längst geschieden sein müßten!
:P ;) :mrgreen:
:ikb_offtopic:
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Stephen Dedalus
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Re: Tradis und Patristik

Beitrag von Stephen Dedalus »

Athanasius2 hat geschrieben: So ein Stereotyp. Wird wohl deswegen sein, dass Prof. Van der Ploeg Patristiker war und Lefebvre selbst Dissertationes zu Augustinus schrieb. Man hat bei den 'Tradis' (=Katholiken) aber in der Tat kein evolutionäres Traditionsverständnis im Kerne, und das gehört auch so. Archäologismus und Relativismus sind Irrtümer. Lies dazu Mediator Dei und Humani generis nur.
Willst Du damit sagen, der Pater habe sich in seiner Einschätzung geirrt? Mir schien er recht gut informiert zu sein...
Die 'Tradis' haben das Traditionsverständnis von Kardinal Newman. Sonst nichts. Nur nicht jenes von De Loisy, Chenu und Teilhard de Chardin. Das gefällt heute vielen nicht..... Sagt aber mehr über deren Meinung zu den Kirchenvätern und der Lehre, als über die verleumdeten und verhassten Tradis.
Also lehnen die Tradis auch die Theologen des sog. "ressourcement" ab? Mein Gesprächspartner kannte sich zumindest in der "Nouvelle Theologie" ganz gut aus, vor allem mit de Lubac. Allerdings war seine Kenntnis heutiger Theologen, die sich mit den Vätern beschäftigen, erschreckend gering (John Zizioulas, Rowan Williams etc).
Gerade wer die Väter studiert, schätzt die Tradition wirklich.
Warum tun die Tradis es dann nicht?

Ist es eigentlich nur Archäologismus, wenn man sich auf die Väter stützt, aber kein Archäologismus, wenn man die thomistische Scholastik oder das Konzil von Trient als alleinseligmachend betrachtet und alles danach (und davor) ausblendet? Ich kann in der Ablehnung fast aller Theologie seit 1800, wie sie in den Tradikreisen vorherrscht, auch nichts anderes sehen als Archäologismus. In der Methode sind sich beide Seiten da zumindest sehr ähnlich.
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sca81
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Beitrag von sca81 »

[quote="Stephen Dedalus]

:ikb_offtopic: [/quote]

Wieso :ikb_offtopic: ??

Pater = Vater, ergo die Rolle der Väter.

Oder nicht?!?

Wenn nicht, bitte um Aufklärung.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Patristik beschäftigt sich mit den Kirchenvätern = Theologen der ersten fünf Jahrhunderte.
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sca81
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Beitrag von sca81 »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Patristik beschäftigt sich mit den Kirchenvätern = Theologen der ersten fünf Jahrhunderte.
Gut, dann entschuldige ich mich hiermit für das Offtopic.

Hab anscheinend schon einen leichten Verfolgungswahn *g* ;)

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overkott
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Beitrag von overkott »

Für den rechten Umgang mit der Tradition im Glauben aus dem Geist des Anfangs empfiehlt der heilige Bonaventura:

XIX 15 Dies ist also die Abfolge: Zuerst studiere der Mensch die Bibel nach Buchstaben und Geist, dann die Kirchenvätertexte und unterwerfe sie der Bibel. Entsprechend auch die Schriften der Universitätslehrer und Philosophen, aber vorübereilend und wie ein Dieb, nicht, als solle man dabei verweilen. Was hatte Rachel davon, daß sie die Götzenbilder ihres Vaters stahl? Sie hatte nur dies davon, daß sie log und eine Krankheit vortäuschte und die Götzenbilder unter Kameldecken versteckte und sich darauf setzte. Genauso ist es, wenn man die Hefte der Philosophen versteckt. Unsere Wasser sollen nicht niederfließen ins Tote Meer, sondern in ihren ersten Ursprung. (Collationes in Hexaemeron).

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FranzSales
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Beitrag von FranzSales »

Man hat bei den 'Tradis' (=Katholiken) aber in der Tat kein evolutionäres Traditionsverständnis im Kerne, und das gehört auch so. Archäologismus und Relativismus sind Irrtümer.
Hier widersprichst Du Dir selbst. Was denn nun: Evolutionäres Traditionsverständnis oder Archäologismus? Beides zugleich geht nicht.
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

naja wigratzbad bietet nicht wirklich eine streng vorkonziliare ausbildung sie müßen ja auch das vatikanum II studieren

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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Naja, ob von uns einer die Frage "warum ist das so" beantworten kann, wage ich mal zu bezweifeln, es hat ja keiner ein Seminar länger von innen gesehen.

Klar ist, daß sich die meisten traditionalistischen Institute stark auf Thomas von Aquin ausrichten, das wird ja auch ausdrücklich so gesagt.

Ich würde allerdings auch zu bedenken geben, daß z.B. das Seminar in Wigratzbad meines Wissens nach nicht den Anspruch erhebt, eine theologische Elite heranzubilden, sondern zunächst mal Priester für die Seelsorge. Und ob sich jetzt ein normaler Diözesanpfarrer damit auskennt was z.B. Rowan Williams (!) über die Kirchenväter geschrieben hat, wage ich auch zu bezweifeln.
Es kommt aber bei der FSSP schon vor, daß einer nach der Priesterweihe noch weiterstudiert, sei es in Rom oder anderswo.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

overkott hat geschrieben:Für den rechten Umgang mit der Tradition im Glauben aus dem Geist des Anfangs empfiehlt der heilige Bonaventura:
Kannst Du auch noch andere Themen? :roll:
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overkott
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Beitrag von overkott »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Für den rechten Umgang mit der Tradition im Glauben aus dem Geist des Anfangs empfiehlt der heilige Bonaventura:
Kannst Du auch noch andere Themen? :roll:
Was hältst du von Robert Ketelhohn's Vorschlag Ernst Christoph Suttner's für den Bonaventura-Buchpreis? Siehst du da nicht auch einen Bezug zur Biographie Bonaventura's?

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Athanasius2
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Re: Tradis und Patristik

Beitrag von Athanasius2 »

Stephen Dedalus hat geschrieben: Willst Du damit sagen, der Pater habe sich in seiner Einschätzung geirrt? Mir schien er recht gut informiert zu sein...
Wigratzbad ist nicht "die" Tradi-Welt, nicht einmal Maßstab. Und es kommt mir als ausdrücklich einseitig vor, das Seminar in Wigratzbad vorzuwerfen sich nicht mit den Altvätern zu beschäftigen während sogar die Katholische Theologische Universität Utrecht den "Seminaristen" des Erzbistums Utrecht nur Barth, Rahner, Chenu, De Lubac und Schillebeeckx beibringt und deren Interpretationen der Kirchenväter.
Also lehnen die Tradis auch die Theologen des sog. "ressourcement" ab? Mein Gesprächspartner kannte sich zumindest in der "Nouvelle Theologie" ganz gut aus, vor allem mit de Lubac. Allerdings war seine Kenntnis heutiger Theologen, die sich mit den Vätern beschäftigen, erschreckend gering (John Zizioulas, Rowan Williams etc).
Die Nouvelle Théologie mit Vertretern wie dem indexierten Autor Chenu, Urs von Balthasar ("Die Bastionen schleifen", "Die Hölle ist leer"), Rahner ("alle Menschen sind anonyme Christen") und De Lubac (der Rom negativ darstellt), ist weder katholisch noch theologisch. Sie ist spekulativ.

Rowan Williams ist mir solange er nicht mit St. Augustinus im Roma locuta, cause finita übereinstimmt, keine Autorität und keine glaubwürdige Quelle.
Warum tun die Tradis es dann nicht?
Nur Du sagst sie tun es nicht.
Ist es eigentlich nur Archäologismus, wenn man sich auf die Väter stützt, aber kein Archäologismus, wenn man die thomistische Scholastik oder das Konzil von Trient als alleinseligmachend betrachtet und alles danach (und davor) ausblendet? Ich kann in der Ablehnung fast aller Theologie seit 1800, wie sie in den Tradikreisen vorherrscht, auch nichts anderes sehen als Archäologismus. In der Methode sind sich beide Seiten da zumindest sehr ähnlich.
1. Sich stützen auf die Kirchenväter ist katholisch, sie (selektiv zitierend) gegen die Lehre der Kirche instrumentalisieren wie es Kalvinisten und Lutheraner und Anglikaner tun, nicht.

2. Ich kein keinen "Tradikreis" in dem man "fast alle Theologie seit 1800" ablehnt. Nicht einmal alle Theologie seit 1950. Garrigou Lagrange und einen Patristiker wie Kardinal Schuster (von Mailand) werden immer wieder zitiert, so auch Kardinal Van Rossum und sogar moderne Thomistiker bzw. Theologen in thomistischer Tradition (die Bergers kommen da ins Gedächtnis).

3. Deine Beschreibung der "Tradiszene" und deren Studien der Patristik ist somit bevorurteilt, inkorrekt, ja hetzerisch formuliert.

4. Ich als Tradi (=römisch-katholischer Christ) glaube dass die Kirchenväter als Autoritäten Schlüsselfiguren sind für die Überwindung der protestantischen Häresien und Irrtümer, während posttridentinische theologische Konstruktionen nur wenige von den abgefallenen Christen (Protestanten) überzeugen können und dann nur noch die hellenistisch-philosophisch Ausgebildeten unter denen. Ich glaube aber auch am Wert der modernen Theologen sofern sie nur glaubenstreu sind, auch im Bekenntnis únd den Thesen.

Stephen Dedalus
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Re: Tradis und Patristik

Beitrag von Stephen Dedalus »

Athanasius2 hat geschrieben:Wigratzbad ist nicht "die" Tradi-Welt, nicht einmal Maßstab. Und es kommt mir als ausdrücklich einseitig vor, das Seminar in Wigratzbad vorzuwerfen sich nicht mit den Altvätern zu beschäftigen während sogar die Katholische Theologische Universität Utrecht den "Seminaristen" des Erzbistums Utrecht nur Barth, Rahner, Chenu, De Lubac und Schillebeeckx beibringt und deren Interpretationen der Kirchenväter.
Mal immer schön langsam mit den jungen Pferden. Der betreffende Pater hat zwar in Wigratzbad studiert, ist aber ein bißchen in der Welt herumgekommen und hat einen guten Überblick (einen besseren, als ich Dir hier unterstelle). Da er mehrere Sprachen spricht und nicht deutscher Herkunft ist, hat sich sein Urteil nicht nur auf Wigratzbad bezogen, sondern auf die gesamte Tradiwelt (mit der Einschränkung natürlich, die solche Pauschalurteile generall mit sich bringen). Deine Retourkutsche gegen die "liberale" Utrechter Fakultät trägt hier zur Sache wirklich nichts bei.

Die Nouvelle Théologie mit Vertretern wie dem indexierten Autor Chenu, Urs von Balthasar ("Die Bastionen schleifen", "Die Hölle ist leer"), Rahner ("alle Menschen sind anonyme Christen") und De Lubac (der Rom negativ darstellt), ist weder katholisch noch theologisch. Sie ist spekulativ.
Wahrscheinlich wurde de Lubac von Rom daher zum Kardinal erhoben.
Rowan Williams ist mir solange er nicht mit St. Augustinus im Roma locuta, cause finita übereinstimmt, keine Autorität und keine glaubwürdige Quelle.
Alberne Anmerkung. Jemand kann ein guter Patristiker sein, ohne dem Bischof von Rom zu unterstehen. Man schaue nur auf die Orthodoxen.
Nur Du sagst sie tun es nicht.
Unsinn. Ich habe von Anfang an klargestellt, daß meine Frage durch eine Diskussion mit einem Tradi-Priester ausgelöst wurde, der mir dies so geschildert hat. Siehe oben. (Ich verstehe übrigens nach wie vor nicht, warum die Tradis, die ich realen Leben kenne, so angenehme Gesprächspartner sein können, während viele von ihnen in der virtuellen Welt immer gleich Amok laufen....)

Ist es eigentlich nur Archäologismus, wenn man sich auf die Väter stützt, aber kein Archäologismus, wenn man die thomistische Scholastik oder das Konzil von Trient als alleinseligmachend betrachtet und alles danach (und davor) ausblendet? Ich kann in der Ablehnung fast aller Theologie seit 1800, wie sie in den Tradikreisen vorherrscht, auch nichts anderes sehen als Archäologismus. In der Methode sind sich beide Seiten da zumindest sehr ähnlich.
1. Sich stützen auf die Kirchenväter ist katholisch, sie (selektiv zitierend) gegen die Lehre der Kirche instrumentalisieren wie es Kalvinisten und Lutheraner und Anglikaner tun, nicht.
Jede Tradition liest die Kirchenväter selektiv. Das Corpus Patristicum ist so umfassend und in sich so vielschichtig und zuweilen auch widersprüchlich, daß keine Tradition sich auf alles berufen kann. Das wäre widersinnig und unmöglich. Auch das römische Lehramt wählt aus und gewichtet. Insofern läuft Dein Vorwurf ins Leere.

2. Ich kein keinen "Tradikreis" in dem man "fast alle Theologie seit 1800" ablehnt. Nicht einmal alle Theologie seit 1950. Garrigou Lagrange und einen Patristiker wie Kardinal Schuster (von Mailand) werden immer wieder zitiert, so auch Kardinal Van Rossum und sogar moderne Thomistiker bzw. Theologen in thomistischer Tradition (die Bergers kommen da ins Gedächtnis).
Nun ja. Das ist eine Frage der Betrachtung. Ich habe zu oft gehört, daß alle Theologie seit der Aufklärung oder frz. Revolution "in die falsche Richtung" gegangen sei, als dies nicht für eine typische traditionalistische Aussage halten zu müssen.
3. Deine Beschreibung der "Tradiszene" und deren Studien der Patristik ist somit bevorurteilt, inkorrekt, ja hetzerisch formuliert.
Sie spiegelt nur, was ich immer wieder höre und lese.
Ich glaube aber auch am Wert der modernen Theologen sofern sie nur glaubenstreu sind, auch im Bekenntnis únd den Thesen.
Kannst Du mir einen bedeutenden katholischen Theologen des zwanzigsten Jahrhunderts nennen, der in Deinen Augen in diese Kategorie fällt? Ratzinger fällt bei Euch ja wohl auch eher durch... OK, Garrigou-Lagrange hast Du genannt. Noch jemand?
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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Aus dem 20. Jahrhundert?

Kardinal Avery Dulles S.J. gefällt mir ziemlich gut und ich bin selber absoluter "Fan" von Kardinal Jan de Jong (†1954), Anti-Modernist, Nazi-Gegner und nüchterner Inselmensch. (Er war Erzbischof von Utrecht von 1936 bis 1955.)

Natürlich sind mir vor allem die Schriften von Kardinal Bacci, einem Spitzentheologen und sehr praktischen (wie Msgr. Escrivá) Menschen, teuer.

Von den Kirchenvätern gefällt mir St. Ambrosius am meisten, neben dem Hl. Johann Chrysostomos.

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ottaviani
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Re: Tradis und Patristik

Beitrag von ottaviani »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Athanasius2 hat geschrieben:Wigratzbad ist nicht "die" Tradi-Welt, nicht einmal Maßstab. Und es kommt mir als ausdrücklich einseitig vor, das Seminar in Wigratzbad vorzuwerfen sich nicht mit den Altvätern zu beschäftigen während sogar die Katholische Theologische Universität Utrecht den "Seminaristen" des Erzbistums Utrecht nur Barth, Rahner, Chenu, De Lubac und Schillebeeckx beibringt und deren Interpretationen der Kirchenväter.
Mal immer schön langsam mit den jungen Pferden. Der betreffende Pater hat zwar in Wigratzbad studiert, ist aber ein bißchen in der Welt herumgekommen und hat einen guten Überblick (einen besseren, als ich Dir hier unterstelle). Da er mehrere Sprachen spricht und nicht deutscher Herkunft ist, hat sich sein Urteil nicht nur auf Wigratzbad bezogen, sondern auf die gesamte Tradiwelt (mit der Einschränkung natürlich, die solche Pauschalurteile generall mit sich bringen). Deine Retourkutsche gegen die "liberale" Utrechter Fakultät trägt hier zur Sache wirklich nichts bei.

Die Nouvelle Théologie mit Vertretern wie dem indexierten Autor Chenu, Urs von Balthasar ("Die Bastionen schleifen", "Die Hölle ist leer"), Rahner ("alle Menschen sind anonyme Christen") und De Lubac (der Rom negativ darstellt), ist weder katholisch noch theologisch. Sie ist spekulativ.
Wahrscheinlich wurde de Lubac von Rom daher zum Kardinal erhoben.
Rowan Williams ist mir solange er nicht mit St. Augustinus im Roma locuta, cause finita übereinstimmt, keine Autorität und keine glaubwürdige Quelle.
Alberne Anmerkung. Jemand kann ein guter Patristiker sein, ohne dem Bischof von Rom zu unterstehen. Man schaue nur auf die Orthodoxen.
Nur Du sagst sie tun es nicht.
Unsinn. Ich habe von Anfang an klargestellt, daß meine Frage durch eine Diskussion mit einem Tradi-Priester ausgelöst wurde, der mir dies so geschildert hat. Siehe oben. (Ich verstehe übrigens nach wie vor nicht, warum die Tradis, die ich realen Leben kenne, so angenehme Gesprächspartner sein können, während viele von ihnen in der virtuellen Welt immer gleich Amok laufen....)

Ist es eigentlich nur Archäologismus, wenn man sich auf die Väter stützt, aber kein Archäologismus, wenn man die thomistische Scholastik oder das Konzil von Trient als alleinseligmachend betrachtet und alles danach (und davor) ausblendet? Ich kann in der Ablehnung fast aller Theologie seit 1800, wie sie in den Tradikreisen vorherrscht, auch nichts anderes sehen als Archäologismus. In der Methode sind sich beide Seiten da zumindest sehr ähnlich.
1. Sich stützen auf die Kirchenväter ist katholisch, sie (selektiv zitierend) gegen die Lehre der Kirche instrumentalisieren wie es Kalvinisten und Lutheraner und Anglikaner tun, nicht.
Jede Tradition liest die Kirchenväter selektiv. Das Corpus Patristicum ist so umfassend und in sich so vielschichtig und zuweilen auch widersprüchlich, daß keine Tradition sich auf alles berufen kann. Das wäre widersinnig und unmöglich. Auch das römische Lehramt wählt aus und gewichtet. Insofern läuft Dein Vorwurf ins Leere.

2. Ich kein keinen "Tradikreis" in dem man "fast alle Theologie seit 1800" ablehnt. Nicht einmal alle Theologie seit 1950. Garrigou Lagrange und einen Patristiker wie Kardinal Schuster (von Mailand) werden immer wieder zitiert, so auch Kardinal Van Rossum und sogar moderne Thomistiker bzw. Theologen in thomistischer Tradition (die Bergers kommen da ins Gedächtnis).
Nun ja. Das ist eine Frage der Betrachtung. Ich habe zu oft gehört, daß alle Theologie seit der Aufklärung oder frz. Revolution "in die falsche Richtung" gegangen sei, als dies nicht für eine typische traditionalistische Aussage halten zu müssen.
3. Deine Beschreibung der "Tradiszene" und deren Studien der Patristik ist somit bevorurteilt, inkorrekt, ja hetzerisch formuliert.
Sie spiegelt nur, was ich immer wieder höre und lese.
Ich glaube aber auch am Wert der modernen Theologen sofern sie nur glaubenstreu sind, auch im Bekenntnis únd den Thesen.
Kannst Du mir einen bedeutenden katholischen Theologen des zwanzigsten Jahrhunderts nennen, der in Deinen Augen in diese Kategorie fällt? Ratzinger fällt bei Euch ja wohl auch eher durch... OK, Garrigou-Lagrange hast Du genannt. Noch jemand?
das de Lubac Kardinal wurde und auch Hans Urs von Balthasar zeigt deutlich in welch falsche Richtung die Theologie vor allem unter JPII lief
Bedeutend in der Zeit PiusXII war z.b. P. Sebastian Tromp SJ P. Mons Spadaforra Ludwig Ott usw allerdings gelten diese Theologen heute als persona non grata und natürlich Kardinal Journet Kardinal Siri und der älteste zur Zeit lebende Kardinal Stickler

Stephen Dedalus
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Re: Tradis und Patristik

Beitrag von Stephen Dedalus »

ottaviani hat geschrieben: Bedeutend in der Zeit PiusXII war z.b. P. Sebastian Tromp SJ P. Mons Spadaforra Ludwig Ott usw allerdings gelten diese Theologen heute als persona non grata und natürlich Kardinal Journet Kardinal Siri und der älteste zur Zeit lebende Kardinal Stickler
Über Ott habe ich mich mit dem Pater auch unterhalten, aber selbst er war der Meinung, daß man ihn nicht unter die bedeutenden Theologen einreihen kann, da er mehr Synthese betrieben hat als eigene Theologie.
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Athanasius2 hat geschrieben: Kardinal Avery Dulles S.J. gefällt mir ziemlich gut und ich bin selber absoluter "Fan" von Kardinal Jan de Jong (†1954), Anti-Modernist, Nazi-Gegner und nüchterner Inselmensch. (Er war Erzbischof von Utrecht von 1936 bis 1955.)
Hm, Avery Dulles kenne ich, aber welchen bedeutenden Beitrag hat er geleistet?? :hmm:

Gruß
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ottaviani
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Re: Tradis und Patristik

Beitrag von ottaviani »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
ottaviani hat geschrieben: Bedeutend in der Zeit PiusXII war z.b. P. Sebastian Tromp SJ P. Mons Spadaforra Ludwig Ott usw allerdings gelten diese Theologen heute als persona non grata und natürlich Kardinal Journet Kardinal Siri und der älteste zur Zeit lebende Kardinal Stickler
Über Ott habe ich mich mit dem Pater auch unterhalten, aber selbst er war der Meinung, daß man ihn nicht unter die bedeutenden Theologen einreihen kann, da er mehr Synthese betrieben hat als eigene Theologie.
So kann man eben verschiedener mweinung sein
ich bin bei den petrusbrüdern sehr vorsichtig weil eben nachkonziliare lehre mit vorkonziliarer liturgie gelehrt wird

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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Diese Aufgabe "finde den bedeutenden Theologen" ist in meinen Augen ziemlich sinnlos.
Wir sind uns ja wohl darin einig, daß der Traditionalismus eine Gegenbewegung gegen den Mainstream der Theologie des letzten Jahrhunderts ist.
Es ist wohl nur natürlich, daß die Theologen, die als angesehen betrachtet werden, zum Mainstream gehörten, da sie ihn ja mitgeprägt haben. Jetzt von jemandem, der explizit gegen diesen Strom schwimmt, nach bedeutenden Theologen nachzusuchen, ist nicht sonderlich sinnvoll.

Um das auf das Thema dieses Topics zurückzuführen, es gab gewiß auch Jahrhunderte, in denen man sich nicht um Patristik scherte. Wenn nun jemand am Ende dieses Jahrhunderts keinen bedeutenden Theologen nennen konnte, der bahnbrechende Patristik betrieben hat, sagt das trotzdem nichts über den Wert der Patristik aus.

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Peregrin
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Re: Tradis und Patristik

Beitrag von Peregrin »

Stephen Dedalus hat geschrieben: Über Ott habe ich mich mit dem Pater auch unterhalten, aber selbst er war der Meinung, daß man ihn nicht unter die bedeutenden Theologen einreihen kann, da er mehr Synthese betrieben hat als eigene Theologie.
Um als Theologe was bedeuten zu können, muß man also seine eigene Theologie erfinden?
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Das in der Nouvelle Théologie erkennbare und oft ausdrücklich formulierte Bedürfnis, auch wieder auf die Vätertheologie zurückzugreifen, scheint mir nicht nur nachvollziehbar, sondern völlig berechtigt. Die andere Frage ist, ob dies geglückt ist. Einige Vertreter der Nouvelle Théologie – wie Henri de Lubac – haben die beachtliche, ja überaus wertvolle Arbeit geleistet, nahezu Verschüttetes wiederzuentdecken.

Eignet ihnen aber auch der nüchterne Realismus eines Augustin? Der bei aller „mystischen“ Begrifflichkeit doch stets klare und auf dem festen Fundament des Glaubensschatzes stehende Ausdruck eines Basilius oder Gregor von Nazianz? Oder wird die Methode über die Sache erhoben, so daß die Konturen des apostolischen Glaubens mystisch-allegorisch verfließen? Wird, beispielsweise, die figurative Methode der Schriftdeutung mit der Spekulation eines Origenes verwechselt, der von der allegorischen Homer-Exegese der mittleren Akademie herkam, vermengt mit alexandrinischem Mystizismus?

Ich will sie nicht alle durchgehen und mir auch kein endgültiges Urteil erlauben. Es mag wohl sein, daß bei einem de Lubac, Daniélou, Crouzel oder auch Balthasar eine gewisse schwarmgeistige Neigung gelegentlich unvermerkt die angedeuteten Irrwege begünstigt hat. Bei Karl Rahner, um ganz offen zu reden, kann ich mich dagegen des Eindrucks nicht erwehren, daß er sehr bewußt und gezielt sprachliche Nebelwerfer einsetzt.
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Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Leguan hat geschrieben:D
Es ist wohl nur natürlich, daß die Theologen, die als angesehen betrachtet werden, zum Mainstream gehörten, da sie ihn ja mitgeprägt haben.
Nun, das muß nicht so sein. Mancher Theologe, der später als kanonisch galt, hat als enfant terrible angefangen. Auch als Außenseiter kann man prägend werden. Man denke etwa nur an Karl Barth, der gewiß nicht mit dem Mainstream geschwommen ist (gegen den ganzen liberalen Schwarm!) und gerade damit zum bedeutendsten prot. Theologen des 20. Jahrhunderts wurde.

Ich denke, daß die Kirche Vor- und manchmal auch Querdenker braucht, auch wenn sich erst im Rückblick herausstellt, was sie davon als richtig und bleibend anerkennen kann. Ich halte das in jedem Fall für besser, als aus Furcht, falsch zu denken, die Sache ganz aufzugeben und gar keine (spekulative) Theologie mehr zu treiben.
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overkott
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Re: Tradis und Patristik

Beitrag von overkott »

Peregrin hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben: Über Ott habe ich mich mit dem Pater auch unterhalten, aber selbst er war der Meinung, daß man ihn nicht unter die bedeutenden Theologen einreihen kann, da er mehr Synthese betrieben hat als eigene Theologie.
Um als Theologe was bedeuten zu können, muß man also seine eigene Theologie erfinden?
Prinzipiell, nein. Er muss den Glauben für seine Zeit verständlich deuten können. Dann gilt er als be-deutend.

maliems
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Beitrag von maliems »

4 Gedanken:

1. Studium im besten Sinne bietet neben einem schulischen Lehrbetrieb auch Freiraum zum Selbststudium. Wohl jedes Seminar hat die BKV griffbereit und verscheidene Patrologien.

2. Thomas-Vorlesungen sind gut und schön, wer aber Thomas liest (und wohl jedes Seminar hat eine Übersetzung griffbereit) liest Väterstellen und Vätertheologie ohne Ende.

3. Wer Scheeben liest, lernt viel über die Väter.

4. Die dogmatischen Handbücher bieten viel Vätertheologie.

Gerhard
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Re: Tradis und Patristik

Beitrag von Gerhard »

overkott hat geschrieben:Er muss den Glauben für seine Zeit verständlich deuten können. Dann gilt er als be-deutend.
War nicht Ratzinger auch seiner Zeit voraus? Ist es nicht vielmehr das Visionäre, das einen guten Theologen auszeichnet?
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overkott
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Re: Tradis und Patristik

Beitrag von overkott »

Gerhard hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Er muss den Glauben für seine Zeit verständlich deuten können. Dann gilt er als be-deutend.
War nicht Ratzinger auch seiner Zeit voraus? Ist es nicht vielmehr das Visionäre, das einen guten Theologen auszeichnet?
Ratzinger war die vergangenen 50 Jahre auf der Höhe der Zeit. Aber er war nicht für alle bedeutend. Seine theologische Vision von Gott als Caritas ist von bonaventuranischer Mystik.

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