Ein interessanter Artikel

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
conscientia
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Re: Ein interessanter Artikel

Beitrag von conscientia »

Das geht mir auch so - auch als Relilehrer muss ich mich daran halten (hast Du, Lupus, damals den angeblich neu eingeführten "Anti-Modernismus-Eid" schwören müssen? ich finde das normal).
Von daher würde ich für mich bestreiten, was weiter oben formuliert wurde.
Peregrin hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Es geht sogar noch ärger: Bekanntlich lehnen viele "den Konservativismus" ja pauschal ab. Die "Tridentinische Messe" wird ebenfalls pauschal abgelehnt. Und dennoch hört man plötzlich von den selben Leuten Sätze, in denen sie sich über das dauernde Gerede in der Messe beklagen etc. Dinge also, die eigentlich Kritikpunkte der Konservativen/ Traditionalisten sind. Vielleicht gibt es sogar größere Schnittmengen, als man meint. Warum also die Gegensätze? Da fällt mir nur die Ideolgie als Erklärung ein.
Ich sehe da die Gehirnwäsche durch kirchenfeindliche Religionslehrer. Wenn ein Kind jahrelang nur hört, wie böse die "Amtskirche" allgemein und "Rom" im besonderen ist, und dafür die "Erneuerung im Geist des Konzils" bejubelt und die Befreiungstheologie als reinste Ausformung der christlichen Lehre verherrlicht wird, dann kommen eben solche Beißreflexe heraus.
Dass die Welt von Rom oder vom Bischöflichen Ordinariat aus anders aussieht als in der Gemeinde vor Ort, dürfte klar sein.
Befreiungstheologie verherrlicht heute kein Religionslehrer mehr, weil sich entsprechendes Unterrichtsmaterial nicht mehr verkauft.
Ich bin schon froh, wenn ein Kollege etwas historische Ahnung vom Konzil und seinen Folgen hat. Manche Mitdiskutanten haben recht: Die historische und systematisvhe Kenntnis der Lehre der Kirche ist da sehr eingeschränkt. Man muss mittlerweile froh sein, wenn die Leute mehr als fünf Seiten von - haltet euch fest - Karl Rahner gelesen haben (habe mir sagen lassen, es gebe immer mehr Theologiestudierende, die Texte von Rahner nicht verstünden und auch nicht verstehen wollten, ganz zu schweigen von Thomas, Augustinus, Heidegger etc. pp.).

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taddeo
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Beitrag von taddeo »

conscientia hat geschrieben:(habe mir sagen lassen, es gebe immer mehr Theologiestudierende, die Texte von Rahner nicht verstünden und auch nicht verstehen wollten)
Es gab vermutlich noch nie Theologiestudierende, die die Texte von Rahner wirklich verstanden. Sein Bruder, Prof. Hugo Rahner, soll einmal auf die Frage, was er denn im Ruhestand vorhabe, geantwortet haben "die Werke meines Bruders ins Deutsche übersetzen".

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Lupus
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Re: Ein interessanter Artikel

Beitrag von Lupus »

@ ottaviani::

wie soll ich das verstehen?
"wieso hast du was angestellt?"
oder "wieso, hast du was angestellt?"

weder das eine noch das andere, sondern das ist einfach der Investitureid, den man vor Übernahme des Pfarramts ablegen muss. Das ist unter "Herrschaft der Wollzeile", (wie Du wohl sagen würdest) genau so!

+L.
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ar26
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Beitrag von ar26 »

@ conscientia

Lässt sich den Quadragessimo anno überhaupt mit Dignitatis humanae vereinbaren? 8) Ansonsten hast Du nicht unrecht. Politisch gesehen ist jemand, der eine ständische oder österreichisch-legitimistische Ordnung favorisiert, alt-konservativ, man könnte auch sagen, reaktionär. Relevant ist aber, ob er nach der Legitimität einer Ordnung fragt. Nach modernem Verständnis ist eine Ordnung nur legitim, wenn sie demokratisch ist. Ein (echer) Konservativer meint aber, daß sie legitim ist, wenn sie eine religiöse Rückbindung hat. In wieweit Edmund Burke wirklich konservativ ist, steht auf einem anderen Blatt. Ich sehe 1689 als Vorläufer von 1789.

Was die Philosophie angeht, so braucht man nicht derart in die Tiefe zu gehen. Es geht hier um Logik. Eine Erscheinung, die nach traditionellem kirchlichen Verfahren schon gar nicht prüfbar ist, erscheint mir zweifelhaft. Die Aussagen aus 28 Jahren, die zunächst ja gar nicht schriftlich festgehalten wurden, können eben auf ihre Rechtgläubigkeit gar nicht untersucht werden. Daher kann eine kirchliche Anerkennung erst gar nicht erfolgen. Dies kann man nur auf der emotional-psychischen Ebene überbrücken. Einer methodischen Prüfung hält das nicht stand.

Bei John Paul Two hast Du meine Worte verdreht. Es ist nicht meine Gleichung, daß rückständig=unpopulär sei. Es ist die Gleichung der Welt. Ich meine, man ist in manchen Dingen sehr auf die Bedürfnisse des modernen Menschen eingegangen. Liturgie als Event-Charakter, Spiritualität als interreligiöses Gemeinschaftserlebnis usw. gefallen eben. Die Frage, die manch einem blieb, war eben, warum denn der allgegenwärtige Koitus was negatives sei.
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Robert Ketelhohn
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Re: Ein interessanter Artikel

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ar26 hat geschrieben:Ein (echer) Konservativer meint aber, daß sie legitim ist, wenn sie eine religiöse Rückbindung hat.
Das bestreite ich.
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conscientia
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Beitrag von conscientia »

@ ar26: Ich verstehe Dich also dahingehend: Du sagst, es kommt häufig genug (und besonders in Bezug auf Medj.) auf das Einhalten simpelster Regeln der argumentativen Logik an.

@ taddeo: Es gibt bei den Rahner Brothers wie bei so vielen unterschiedliche Stilformen und -ebenen. Wenn einer Wissenschaftler ist und Universitätsprofessor, darf er einen entsprechenden Stil pflegen. Eigentlich liegt der Fehler eher bei Rahners Mitbrüdern, die ihn in den seit den späten 50ern zum größten Theologen aller Zeiten aufgebaut haben. Hätte man Scheeben annotuck ebenfalls dazu aufgebaut, könnte man auch Scheeben-bashing wegen schwieriger Sprache betreiben.

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ar26
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Re: Ein interessanter Artikel

Beitrag von ar26 »

@ Robert
:heul: Dann mach den Erklärbär!

http://www.monarchieliga.de/text/kuehne ... lauben.htm

Ohne mir den ganzen Text und seine Thesen zu eigen machen zu wollen, teile ich doch einige wesentliche Aussagen. Im Kern ist jegliches konservatives Denken religiös, weil es anders gar keinen Sinn machen würde, überhaupt zu denken. Somit ist auch jegliche Ordnung, die auf konservativen Überlegungen beruht, eine religiös motivierte Ordnung. Das heißt nicht eine Theokratie o.ä. sondern eine politische Ordnung, die im Gesamtgefüge der sichtbaren und unsichtbaren Welt ihren Platz kennt.

@ Conscientia
Ja, in diesem Bereich scheint viel auf die Gefühlswelt gebaut zu sein ohne hinterfragt zu werden.
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Robert Ketelhohn
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Re: Ein interessanter Artikel

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ar26 hat geschrieben:@ Robert
:heul: Dann mach den Erklärbär!
Was für eine „religiöse Rückbindung“ ist denn überhaupt gemeint?
An die Götter Roms? Und wenn nicht?

Erklären mußt du. Ich verstehe nicht, inwiefern eine „religiöse Rück-
bindung“ auf irgendeine Weise die irdische Legitimität einer irdischen
Herrschaft tangieren soll.
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ar26
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Re: Ein interessanter Artikel

Beitrag von ar26 »

Die Frage ist doch, ob es "irdische Legitimität" überhaupt gibt. Oder meinst Du vielleicht bloße Legalität?

Was die Religion angeht, es mag viele religiöse Systeme geben, Religion gibt es aber nur eine.
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Robert Ketelhohn
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Re: Ein interessanter Artikel

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich meine Legitimität.

Und die Religionen sind geradezu ihre Vielgestaltigkeit gekennzeichnet.
Babylon ist ihr Name. Confusio. Das Christentum demgegenüber „ist“
keine Religion.

Deine Begründung fehlt noch! ;)
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ar26
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Re: Ein interessanter Artikel

Beitrag von ar26 »

@ Robert

Ausgehend vom Anfang des Römerbriefs Kapitel 13 können wir sagen, daß jede staatliche Ordnung sich auf Gott zurückführen lässt, von Gott eingesetzt ist. Nun kann dieser Text entsprechend dem Magisterium der Kirche nicht absolut im lutherischen Sinne der Zwei-Reiche-Lehre verstanden werden, sondern immer nur soweit, als daß diese Ordnung zumindest einem Minimum nach das göttliche Recht und das Sittengesetz respektiert. Sollte sie das nicht tun, so ist Widerstand erlaubt, wenn nicht gar geboten.

Zugleich ist es darum Aufgabe der Kirche und der Gläubigen, die Mächtigen an die Quelle ihrer Herrschaft zu erinnern und entsprechendes Handeln anzumahnen (vgl. Enzyklika Quas primas). Ein Konservativer ist meiner Ansicht nach jemand, der genau dies einfordert bzw. selbst zu realisieren versucht. Daher ist eine politische Ordnung, die von vornherein jegliche Verantwortlichkeit gegenüber Gott ablehnt oder gar seine Existenz negiert, eine Ordnung, der ein Konservativer mindestens ablehnend gegenüber steht.

Auf nichts anderem beruht der klassische kontinentaleuropäische Konservatismus, wie er sich nach 1789 entwickelt hat. Das schließt ja keine Strömungen mit ein, die sich selbst konservativ verbrämten oder verbrämt wurden, wie etwa die bißmarcksche Ordnung.
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Robert Ketelhohn
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Re: Ein interessanter Artikel

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ar26 hat geschrieben:Ausgehend vom Anfang des Römerbriefs Kapitel 13 können wir sagen, daß jede staatliche Ordnung sich auf Gott zurückführen lässt, von Gott eingesetzt ist. Nun kann dieser Text entsprechend dem Magisterium der Kirche nicht absolut im lutherischen Sinne der Zwei-Reiche-Lehre verstanden werden, sondern immer nur soweit, als daß diese Ordnung zumindest einem Minimum nach das göttliche Recht und das Sittengesetz respektiert.
Wo steht das?
ar26 hat geschrieben:Sollte sie das nicht tun, so ist Widerstand erlaubt, wenn nicht gar geboten.
Wo steht das?
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ar26
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Re: Ein interessanter Artikel

Beitrag von ar26 »

Aus Quas Primas

1.
Pius XI. hat geschrieben:Wenn daher die Staatenlenker Unversehrtheit ihrer Autorität sowie Gedeihen und Fortschritt des Vaterlandes bezwecken, so dürfen sie sich nicht weigern, in ihrem persönlichen Namen und mit ihrem ganzen Volke der Herrschermacht Christi ihre Verehrung und Ergebenheit öffentlich zu bezeugen.
2.
Pius XI. hat geschrieben:Wie nämlich die königliche Würde Unseres Herrn der menschlichen Autorität der Fürsten und Staatsoberhäupter eine religiöse Weihe verleiht, so adelt sie die Pflichten der Bürger und ihren Gehorsam. Obwohl der Apostel Paulus Frauen und Sklaven aufforderte, in ihrem Manne, bzw. in ihrem Herrn, Christus zu ehren, so hat er sie doch auch eben deswegen ermahnt, ihnen nicht als Menschen zu gehorchen, sondern einzig als Stellvertretern Christi; denn es zieme sich nicht, daß die von Christus erlösten Menschen andern Menschen knechtisch dienen: Um teuren Preis seid ihr erkauft, macht euch also nicht zum Sklaven von Menschen
Zu 1. Wer sich nicht dem Königtum Christi beugt, dessen Autorität ist versehrt.

Zu 2. Widerstand in Form von Ungehorsam wird dort eindeutig angeführt. Davon unberührt scheint mir Widerstand in Form von Nothilfe gegen eine staatliche Autorität, die beispielsweise ungerecht meinen Nächsten tötet. Dieses Recht dürfte unbestreitbar sein.
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Robert Ketelhohn
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Re: Ein interessanter Artikel

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ad 1:Da steht nichts von Illegitimität. Meinst du im Ernst, Pius XI. hätte den Kaiser von China oder Japan für illegitim gehalten?

ad 2:Da steht nichts von Widerstand. Im Gegenteil, wir müßten nach der pianischen Interpretation sogar im ungerechten Herrn, dem zu gehorchen Paul verlangt, das Bild Christi erblicken.
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Re: Ein interessanter Artikel

Beitrag von ar26 »

Ich behaupte mal, er hat sogar den König von England für illegitim gehalten, da es aufgrund Dekrets seines Hl. Namensvetters mit der Ordnungsnummer fünf keinen legitimen König von England mehr gibt. Das hatten wir hier aber schon mal. Gleichwohl hindert das zunächst erstmal nicht daran, mit den faktischen Gegebenheiten umzugehen. Wobei hier sicher noch ein Unterschied zwischen dem noch nicht bekehrten Heiden und dem Ketzer bzw. Apostaten gemacht werden muss.

Ich bestreite aufs Heftigste, daß man als Christ ein falsches Gesetz, daß positives Tun verlangt, befolgen muss, wenn dieses Tun gegen den offenbarten Willen Christi gerichtet ist. Hier gibt es keinen Gehorsam. Genauso wird vom Christenmenschen zumindest ein innerer Widerstand gegen eine staatliche Ordnung verlangt, die zwar nicht durch Zwang jedoch durch subtiles Einflößen versucht, gegen den göttlichen Willen zu handeln. Mich wundert, daß gerade Du dies bestreitest. Oder schickst Du demnächst Deine Kinder in den Berliner Staatsbürgerkundeunterricht, wo sie mal so richtig lernen können, was die zivilen Werte unseres Staates sind?

Das hat nichts damit zu tun, daß es auch in Staaten unter illegitimer Führung genügend Gesetze und Regeln gibt, die per se zu befolgen sind. Auch im Kommunismus sollte man an roten Ampeln halten und kann sich ggf. schwer versündigen wenn man es nicht tut.

Genau diesen Punkt drückt das zweite Zitat des elften Pius hier aus.
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