Realpräsenz

Ostkirchliche Themen.
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overkott
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Realpräsenz

Beitrag von overkott »

Wie verstehen orthodoxe Katholiken die Realpräsenz?

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anneke6
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Re: Realpräsenz

Beitrag von anneke6 »

Sie wird bejaht. Den Begriff "Transsubstantiation" findet man in orthodoxer Theologie selten, und wenn, dann um die römisch-katholische Theologie zu beschreiben. Aber es wird gelehrt, daß die Worte Jesu ernst zu nehmen sind. Die Gaben sind der Leib und das Blut Christi. Das geht schon aus dem Gebet vor der Kommunion hervor. Es wird auch gelehrt, daß auch kleinste Stücke der Leib und das Blut Christie sind, denn: es wird großen Wert darauf gelegt, daß keine Partikel aus dem Mund verloren gehen, daher auch die Zapivka. Die Tatsache, daß von der Eucharistie etwas für die Kranken oder die Liturgie der vorverwandelten Gaben zurückbehalten wird beweist auch, daß die Gaben fortdauernd als Leib und Blut Christi verstanden werden.
???

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holzi
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Re: Realpräsenz

Beitrag von holzi »

Kann man also die römische Eucharistiefrömmigkeit vom Orthodoxen Standpunkt etwas flapsig als "Mit dem Essen spielt man nicht!" bezeichnen? :hmm:

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Anselmus
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Anselmus »

holzi hat geschrieben:Kann man also die römische Eucharistiefrömmigkeit vom Orthodoxen Standpunkt etwas flapsig als "Mit dem Essen spielt man nicht!" bezeichnen? :hmm:
Ich würde hier einen anderen Aspekt setzen: Eucharistiefrömmigkeit ist eher eine Übertonung des sinnlich erfassbaren. Wir betrachten die konsekrierte Hostie zum Beispiel, obwohl wir ja gar nicht sehen können, dass sie nun der Leib Christi ist. Diese Betonung des sinnlich erfassbaren ist ein über die Scholastik eingebrachter Aristotelischer Aspekt.

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Nietenolaf
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Nietenolaf »

anneke6 hat geschrieben:Den Begriff "Transsubstantiation" findet man in orthodoxer Theologie selten, und wenn, dann um die römisch-katholische Theologie zu beschreiben.
:neinfreu: Transsubstantiation bzw. μετουσίωσις oder пресуществление sind gewissermaßen sogar Pflicht, spätestens seit dem 1691'er Konzil von Konstantinopel, das die Gegner dieses Begriffs verurteilt.

Tomos des Konzils zu Konstantinopel, 1691, hat geschrieben:"...Aber da manches Mal viele Häretiker auftraten und die wesentliche und wirkliche Verwandlung des Brotes und des Weines in Leib und Blut des Herrn im Sakrament [der Eucharisite] ablehnten ... und vielerlei Worte und Sophismen verwandten, um die Einfachen zu verführen, hat die Kirche letztlich, um das im Sakrament ruhende Geheimnis mit größerer Klarheit darzulegen, kraft ihrer Macht und Tradition, unter Anrufung des Hl. Geistes das Wort "Transsubstantiation" [μετουσίωσις] gebraucht, und bezeichnet damit nichts anderes als das, was auch [das Wort] "Verwandlung" im Sakrament ausdrückt."

Weiters folgt ein Anathema "jenen, welche das Wort "Transsubstantiation" lästern und ablehnen, ein Wort, das unserer heiligen Lehre eigen und wirklich zugehörig ist, das von den frommen Kirchenlehrern als orthodox niedergeschrieben und geäußert wurde."

(Es ist natürlich eine andere Frage, wie dieses Konzil z.B. in der Russischen Kirche rezipiert wurde. Ich kenne solche Theologen, die es angreifen; z.B. Metropolit Antonij (Chrapowitzkij) oder natürlich Osipov.)
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anneke6
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Re: Realpräsenz

Beitrag von anneke6 »

Ich erinnere mich verschwommen, daß wir da mal schon eine Diskussion hatten:
http://kreuzgang.org/viewtopic.php?f=4& ... tantiation
Ehrlich gesagt, Nietenolaf ist der erste und einzige Internet-Orthodoxe, der mit dem Begriff kein Problem zu haben scheint. Manche anderen Leute haben mir das Wort schon um die Ohren gehauen, römisch-dämonische Theologie des Tridentinischen Konzils. (Ja, so reden manche Leute. Ich weiß auch, weshalb ich außerhalb dieses Forums auch nicht über orthodoxe Themen schreibe.)
???

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Bernado
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Bernado »

Nun ja, "Transubstantion" ist ein Begriff, dem die Eierschalen der Hochscholastik rundum anhaften - daß es da Leute gibt, die auf der sprachlichen Ebene Abwehrreaktionen zeigen, kann niemanden verwundern. Aber das Entscheidende ist doch, daß man zumindest auf der Ebene des Konzils in der Sache übereinstimmt - wenn auch unter dem (nach meinen Augen für die Orthodoxie typischen) Verzicht darauf, diese Sache in ein striktes Gerüst von Begrifflichkeiten und logischen Ableitungen zu pressen.

Wobei ich diesem Verzicht - sofern er nicht seinerseits zum Dogma mit Ausschließlichkeitsanspruch erhoben wird - durchaus auch positive Seiten abgewinnen kann.
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Lioba
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Lioba »

Jetzt bin ich ehrlich verwirrt- in dem Thread, den Anneke verlinkt hat, wird hier, soweit ich es verstehe, orthodoxerseits etwas Anderes ausgedrückt, zumindest in dem Zitat aus den Schriften der Dialogkommission. Also- sowohl Katholiken, Orthodoxe, Anglokatholiken und Lutheraner glauben klar an die Wandlung- Lutheraner soweit nicht "leuenbergisiert" auch an die bleibende Wandlung.
Unterschiedlich sind die Auffassungen vom "wie" der Wandlung und vom Umgang mit der geweihten Hostie ausserhalb der Eucharistiefeier.
Ich will hier kein Fass aufmachen oder alten Streit aufwärmen-ich habe wirklich Verstehensprobleme.
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Bernado
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Bernado »

Lioba hat geschrieben:Jetzt bin ich ehrlich verwirrt- in dem Thread, den Anneke verlinkt hat, wird hier, soweit ich es verstehe, orthodoxerseits etwas Anderes ausgedrückt, zumindest in dem Zitat aus den Schriften der Dialogkommission.
Diese Dialogkommissionen sind generell von Übel: Sagen sie was Wahres, ist es nicht neu, sagen sie was Neues, ist es nicht wahr. Ich denke, im oben zitierten Thread kommt das auch hinreichend zum Ausdruck.

Man muß nur sehen, daß der Begriff "Transsubstantion" katholischerseits (nicht generell, aber vielfach) überdeterminiert ist - dann stecken da bestreitbare Generalisierungen drin, die hervorragend als Konfliktstoff geeignet sind - zumindest dann, wenn es jemand auf den Konflikt anlegt.
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Lioba
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Lioba »

Danke, Bernardo- gibt es irgendwo Texte oder Links, die mir im Verständnis weiterhelfen? Ehrlichgesagt, habe ich meine Probleme damit, dass die verschiedenen Lehren von der Wandlung - zumindest hier um Westen, sich mit Problemen der Naturwissenschaft herumschlagen, von denen ich nicht weiss, ob sie überhaupt noch aktuell sind- das Wesen ändert sich, aber nicht die Eigenschaften :hmm:
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Bernado
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Bernado »

Lioba hat geschrieben:Danke, Bernardo- gibt es irgendwo Texte oder Links, die mir im Verständnis weiterhelfen? Ehrlichgesagt, habe ich meine Probleme damit, dass die verschiedenen Lehren von der Wandlung - zumindest hier um Westen, sich mit Problemen der Naturwissenschaft herumschlagen, von denen ich nicht weiss, ob sie überhaupt noch aktuell sind- das Wesen ändert sich, aber nicht die Eigenschaften :hmm:
Ja - das Schielen auf die Naturwissenschaften ist m.E in gewisser Weise ein Irrweg - da kommt man früher oder später bei den Engeln auf der Nadelspitze raus, und das kann es ja wohl nicht sein.

Moderne theolog. Literatur zum Thema scheint da auf ihre Weise noch verquerer zu sein als die traditionelle - nach wenigen Versuchen (Gelu Müller) habe ich es aufgegeben, mich mit diesem Wörterschwall zu befassen. Selbst der hl. Thomas, dickleibigen Büchern ja nun wahrhaftig nicht abgeneigt, war sich nicht zu schade, das, was sich wirklich zu sagen lohnt, in wenigen Versen zusamen zu fassen - für mich sind da die klassischen Hymnen weitaus hilfreicher und überzeugender als umfängliche Abhandlungen. Ich empfehle das "Adoro te devote" und das "Pange lingua" des hl. Thomas mit den Kernzeilen:

Augen, Mund und Hände täuschen sich in dir,
doch des Wortes Botschaft offenbart dich mir.
Was Gott Sohn gesprochen, nehm ich glaubend an;
er ist selbst die Wahrheit, die nicht trügen kann.

und

Und das Wort, das Fleisch geworden,
schafft durch Wort aus Brot und Wein
Fleisch und Blut zur Opferspeise,
sieht es auch der Sinn nicht ein.

Ich denke, da gibt es auch von orthodoxer Seite keinen Widerspruch. Aber vielleicht gibt es aus der orthodoxen Liturgie passende Gegenstücke?
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overkott
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Re: Realpräsenz

Beitrag von overkott »

Nietenolaf hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:Den Begriff "Transsubstantiation" findet man in orthodoxer Theologie selten, und wenn, dann um die römisch-katholische Theologie zu beschreiben.
:neinfreu: Transsubstantiation bzw. μετουσίωσις oder пресуществление sind gewissermaßen sogar Pflicht, spätestens seit dem 1691'er Konzil von Konstantinopel, das die Gegner dieses Begriffs verurteilt.

Tomos des Konzils zu Konstantinopel, 1691, hat geschrieben:"...Aber da manches Mal viele Häretiker auftraten und die wesentliche und wirkliche Verwandlung des Brotes und des Weines in Leib und Blut des Herrn im Sakrament [der Eucharisite] ablehnten ... und vielerlei Worte und Sophismen verwandten, um die Einfachen zu verführen, hat die Kirche letztlich, um das im Sakrament ruhende Geheimnis mit größerer Klarheit darzulegen, kraft ihrer Macht und Tradition, unter Anrufung des Hl. Geistes das Wort "Transsubstantiation" [μετουσίωσις] gebraucht, und bezeichnet damit nichts anderes als das, was auch [das Wort] "Verwandlung" im Sakrament ausdrückt."

Weiters folgt ein Anathema "jenen, welche das Wort "Transsubstantiation" lästern und ablehnen, ein Wort, das unserer heiligen Lehre eigen und wirklich zugehörig ist, das von den frommen Kirchenlehrern als orthodox niedergeschrieben und geäußert wurde."

(Es ist natürlich eine andere Frage, wie dieses Konzil z.B. in der Russischen Kirche rezipiert wurde. Ich kenne solche Theologen, die es angreifen; z.B. Metropolit Antonij (Chrapowitzkij) oder natürlich Osipov.)
Wie wird Transsubstantiation denn außer der Feststellung der bleibenden Wandlung in den Leib Christi orthodox erklärt? Wird ousia differenziert in sichtbar und unsichtbar, in niederes und höheres Sein?

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Nassos
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Nassos »

Nietenolaf hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:Den Begriff "Transsubstantiation" findet man in orthodoxer Theologie selten, und wenn, dann um die römisch-katholische Theologie zu beschreiben.
:neinfreu: Transsubstantiation bzw. μετουσίωσις oder пресуществление sind gewissermaßen sogar Pflicht, spätestens seit dem 1691'er Konzil von Konstantinopel, das die Gegner dieses Begriffs verurteilt.

Tomos des Konzils zu Konstantinopel, 1691, hat geschrieben:"...Aber da manches Mal viele Häretiker auftraten und die wesentliche und wirkliche Verwandlung des Brotes und des Weines in Leib und Blut des Herrn im Sakrament [der Eucharisite] ablehnten ... und vielerlei Worte und Sophismen verwandten, um die Einfachen zu verführen, hat die Kirche letztlich, um das im Sakrament ruhende Geheimnis mit größerer Klarheit darzulegen, kraft ihrer Macht und Tradition, unter Anrufung des Hl. Geistes das Wort "Transsubstantiation" [μετουσίωσις] gebraucht, und bezeichnet damit nichts anderes als das, was auch [das Wort] "Verwandlung" im Sakrament ausdrückt."

Weiters folgt ein Anathema "jenen, welche das Wort "Transsubstantiation" lästern und ablehnen, ein Wort, das unserer heiligen Lehre eigen und wirklich zugehörig ist, das von den frommen Kirchenlehrern als orthodox niedergeschrieben und geäußert wurde."

(Es ist natürlich eine andere Frage, wie dieses Konzil z.B. in der Russischen Kirche rezipiert wurde. Ich kenne solche Theologen, die es angreifen; z.B. Metropolit Antonij (Chrapowitzkij) oder natürlich Osipov.)
Hallo Nietenolaf,

das ist auch für mich neu. Gilt es hier, irgendwelche Nuancen in der Bedeutung des T-Wortes zu unterscheiden oder sprechen wir über haargenau exakt das Gleiche?

Ich bitte Dich, mach die Mühe etwas mehr dazu zu schreiben.
wikipedia hat geschrieben:Gegenüber der Philosophie in griechischer Tradition werden von den Orthodoxen das Erbe Israels und die direkte spirituelle Erfahrung stärker betont. Daraus ergibt sich, dass viele Bereiche der Theologie bewusst im Vagen gelassen werden; beispielsweise wird bei der Eucharistie zwar eine „Veränderung“ der Elemente bekannt, der Begriff der Transsubstantiation aber abgelehnt, und auch die Marienlehre ist in der Orthodoxie zwar in der Liturgie klar vorhanden, aber kaum formell dogmatisiert.
Vielen Dank und Gruß,
Nassos
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Nietenolaf
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Nietenolaf »

Das Konzil sagt doch alles, wonach Du fragst:
"Transsubstantiation" [μετουσίωσις] ... bezeichnet ... nichts anderes als das, was auch [das Wort] "Verwandlung" im Sakrament ausdrückt."

Wenn Metropolit Antonij Anfang des 20. Jahrhunderts diesen Begriff als "Borgung" von westlichen Theologen darstellt, hat er trotzdem nicht ganz unrecht, greift aber faktisch dieses Konzil an. Dessen Kontext ist im Übrigen ein ähnlicher, wie der des Tridentinum: die Überhandnahme protestantischer (speziell calvinistischer) Ansichten in der Kirche. Patriarch Kyrill Lukaris sei nur nochmal erwähnt.
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Johaennschen
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Johaennschen »

Hallo Nietenolaf,

wohl aus einem "antirömischen Affekt" heraus, wird ja der Begriff Transsubstantiation von vielen Orthodoxen abgelehnt, in Unkenntnis anscheinend der von Dir hier präsentierten Beschlüsse. Die Gründe für die Ablehnung sind meist ziemlich diffus, was es nicht einfach macht, hier mit vernünftigen Argumenten dagegenzuhalten. Zumal man als Protestant ja nur recht geringe Autorität hat aus orthodoxer Sicht. ;D
Da Du ja hier Belege höchster Autorität zitierst, würde mich interessieren, wo man dazu was (am liebsten natürlich im Netz) finden kann. Irgendwie bin ich nämlich zu doof. :achselzuck:
Stimmt die Jahreszahl bzw. der Ort der angeführten Synode wirklich?
Konnte gegen Lukaris nur Hinweise auf Synoden in Konstantinopel 1638, in Jassy 1642 oder 1672 in Jerusalem finden.
:hae?: Hilfe!
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Miserere Nobis Domine
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Häufig wird "Transsubstantion" im Sinne der aristotelischen Scheidung von Substanz und Akzidenz verstanden. In der Orthodoxen Kirche sind Sakramente aber Mysterien. Ich denke, hier könnte der Unterschied liegen. Obwohl es mich auch nicht überraschen würde, wenn Nietenolaf orthodoxe Theologen anführen würde, die die Wandlung ebenfalls aristotelisch verstanden, denn es gab ja auch scholastisch beeinflusste Orthodoxe.

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Nietenolaf
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Nietenolaf »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:scholastisch beeinflusste Orthodoxe
Ach, in diesem Zusammenhang ist das Unsinn. Die ganze Rauferei um dieses Wort scheidet die Geister: die protestantischen von den orthodoxen. Genau das ist das gesamte Fazit der griechischen Konzilien des 17. Jahrhunderts: "Transsubstantiation" ist ein gut orthodoxer Begriff. Wenn ich demnächst (vielleicht morgen) mal Zeit und Lust habe, übersetze ich euch den Tomos des Konzils von 1691. Übrigens wurde es von den Russen gerade im "antischolastischen" Kontext rezipiert: in Russland polemisierte man Ende des 17. Jh. mit den Lateinern bezüglich des Moments der Wandlung der Gaben und bediente sich doch seiner Inhalte. Also ein leicht anderer Blickwinkel als der des Konzils selbst, denn in Russland gab es zu der Zeit noch keine protestantisierenden Strömungen, welche die Realpräsenz bestritten hätten. Der Tomos des Konzils streitet eine "Borgung" dieses Begriffs von den Lateinern ausdrücklich ab.

Johaennschen hat geschrieben:Stimmt die Jahreszahl bzw. der Ort der angeführten Synode wirklich?

Ja, klar. Es ist nur ein recht wenig bekannter Sachverhalt, selbst unter Orthodoxen und also auch im Internet. Tatsächlich gibt es - wahrscheinlich bedingt durch diese relative Unbekanntheit - immer mal wieder dieselben Auswüchse an Meinungen wie jene, welche das Konzil unter's Anathem stellt: ich denke da nur an den in diesem Strang bereits erwähnten Prof. Osipov und seinen Kollegen an derselben Akademie, Prof. Zaitsev (immerhin war ich bei ersterem in diversen Vorlesungen, kenne ihn und seine Opponenten aus nächster Nähe). Die konstruieren Wunder was für Theorien über die Eucharistie, nur, um den Begriff "Transsubstantiation" zu umgehen oder zu widerlegen und zu demonstrieren, daß die Lateiner (sprich: Katholiken) allesamt Scholastiker (und damit "unorthodox") sind. Und ohne dass sie's merken, fangen sie an, quasi protestantische Theorien zu vertreten.

Jedenfalls richtete sich das Konzil von 1691 nicht direkt gegen Kyrill Lukaris, sondern gegen einen seiner (indirekten) Schüler, Johannes Karyophyllis. Vielleicht wirst Du unter diesem Namen fündig (ich habe es nicht probiert). Das Konzil dauerte nur einen Tag, es fand am Samstag der ersten Woche der Großen Fastenzeit (also am Vortag des Sonntags der Orthodoxie) des Jahres 1691 statt. Es war ein kleines Konzil, die Patriarchen von Konstantinopel und Jerusalem waren dort und wohl noch ein Dutzend Bischöfe (ich zitiere euch später die komplette Liste der Unterschriften). Aber die Rezeption blieb nicht aus, sie wurde in Rußland jedoch durch die Zeit Peters I. (also die Abschaffung des Patriarchats) beendet. Der letzte russische Patriarch Adrian (+1700) hatte den Tomos des Konzils jedoch mit in seine kanonische Sammlung aufgenommen, die leider nie gedruckt werden sollte.
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Nietenolaf,

Das führt mich zu folgenden Fragen:
1. Wie bindend kann eigentlich ein Konzil sein, wenn es praktisch nicht rezipiert wird?
2. Welche protestantisierenden Thesen vertreten Osipov und Zaitsev?

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Nietenolaf
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Nietenolaf »

1. Die Frage ist mir zu allgemein, welches Konzil meinst Du? Außerdem ist die Frage hier off topic.
2. Z.B. die "Konsubstantation". Ihr könnt euch mit dem theologischen Disput bekannt machen, der seinerzeit innerhalb der Mauern der Akademie geführt wurde: http://www.mpda.ru/news/text/25946.html -- das war so eine Art Mini-Konzil, würde ich fast meinen. Mehr zum selben Thema: http://theolcom.ru/ru/full_text.php?TEXT_ID=255, http://www.theolcom.ru/doc/714/IS.pdf, http://www.mpda.ru/search/fulltext.html ... 8&x=11&y=7
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Nietenolaf
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Nietenolaf »

Ich lese gerade, daß das Patriarchat von Alexandria vor kurzem Kyrill Lukaris kanonisiert hat... :achselzuck:
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Johaennschen
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Johaennschen »

Nietenolaf hat geschrieben:Jedenfalls richtete sich das Konzil von 1691 nicht direkt gegen Kyrill Lukaris, sondern gegen einen seiner (indirekten) Schüler, Johannes Karyophyllis. Vielleicht wirst Du unter diesem Namen fündig (ich habe es nicht probiert).
Ach so, danke. Das erklärt meine Verwechslung mit den anderen o. g. Konzilen.
Aber über diesen Karyophyllis finde ich sogar noch weniger im Netz. :achselzuck:
Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Häufig wird "Transsubstantion" im Sinne der aristotelischen Scheidung von Substanz und Akzidenz verstanden. In der Orthodoxen Kirche sind Sakramente aber Mysterien. Ich denke, hier könnte der Unterschied liegen. Obwohl es mich auch nicht überraschen würde, wenn Nietenolaf orthodoxe Theologen anführen würde, die die Wandlung ebenfalls aristotelisch verstanden, denn es gab ja auch scholastisch beeinflusste Orthodoxe.
Ich glaube nicht, daß hier das Problem liegt. Die "Scheidung von Substanz und Akzidenz" ist ja in diesem Falle nix hochphilosophisches, sondern einfach das was jeder Kommunikant weiß: sieht aus wie Brot, schmeckt wie Brot, ist aber in Wirklichkeit doch was ganz andres. Das ist freilich mysteriös, aber daß das Wesentliche der Gaben hier unsichtbar bleibt, kann doch mindestens sagen. Nichts anderes beschreibt doch die Transsubstantiationslehre: äußerlich ändert sich zwar nix, in Wahrheit aber schon. Akzidenz und Substanz nennen die das dann halt. Über diese Worte nun groß zu streiten bringt einen doch nicht weiter...
Nietenolaf hat geschrieben:Ich lese gerade, daß das Patriarchat von Alexandria vor kurzem Kyrill Lukaris kanonisiert hat... :achselzuck:
Was meint das? Heiliggesprochen? :hmm:
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Johaennschen
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Johaennschen »

Nietenolaf hat geschrieben:1. Die Frage ist mir zu allgemein, welches Konzil meinst Du? Außerdem ist die Frage hier off topic.
2. Z.B. die "Konsubstantation". Ihr könnt euch mit dem theologischen Disput bekannt machen, der seinerzeit innerhalb der Mauern der Akademie geführt wurde: http://www.mpda.ru/news/text/25946.html -- das war so eine Art Mini-Konzil, würde ich fast meinen. Mehr zum selben Thema: http://theolcom.ru/ru/full_text.php?TEXT_ID=255, http://www.theolcom.ru/doc/714/IS.pdf, http://www.mpda.ru/search/fulltext.html ... 8&x=11&y=7
Ad 1: ich denke, er meint das von Dir vorgestellte, das die Transsubstantiationslehre verteidigt. In der Tat stellt es sich auch mir so dar, als kennten 99% der Orthodoxen das nicht.
Ad 2: Sehr interessant! Leider ist mir die Google-Übersetzung kaum verständlich. :breitgrins: Ziemlich geradebrecht! ;D

Aus dem ersten Link:
Universaltranslator hat geschrieben:Die Debatte hat der beiden Parteien kritisiert worden. Also, um das Konzept der Adresse Transsubstantiation geäußerte Kritik von prof. AI Osipova, die über die Unzulässigkeit Verständnis des Sakramentes der Eucharistie als "atomistische Wunder Umwandlung eines Stoffes in einen anderen sprach.
Originaltext:
В ходе дискуссии подверглись критике положения обеих сторон. Так, в адрес концепции пресуществления прозвучала критика со стороны проф. Осипова, который высказался о недопустимости понимания Таинства Евхаристии как «атомистического чуда» превращения одного вещества в другое.
Dieser Prof., kritisiert er hier ein mögliches Mißverständnis der "Substanz" in der Transsubstantiationslehre oder will er dagegen polemisieren?
Oder noch unverständlicher:
Universaltranslator hat geschrieben:Ven. AA Zaitsev, die wiederum verteidigt die Auffassung, dass das Sakrament prelozheniya Geschenke in keiner Weise im Hinblick auf die Änderung der Essenz, denn es führt zwangsläufig zu unannehmbar für die orthodoxen Tradition beschrieben wird, ist die Magie von Natur aus Lehre über die Veränderungen in der physikalischen Natur der geschaffenen Welt .
Originaltext:
Зайцев, в свою очередь, отстаивал взгляд на то, что таинство преложения Даров никоим образом не может описываться в терминах изменения сущности, поскольку оно с необходимостью приводит к неприемлемому для православной традиции, магическому по своей сути учению об изменениях «физической природы в рамках тварного мира».
Das ist ja eigentlich gar nicht mehr verständlich, aber ich interpretiere es mal so, als solle ein Argument gegen die Transsubstantiation vorgebracht werden, was anscheinend wieder die Substanz so versteht, wie ein Chemiker es vielleicht täte.
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Nietenolaf
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Nietenolaf »

Johaennschen hat geschrieben:Aber über diesen Karyophyllis finde ich sogar noch weniger im Netz. :achselzuck:
Ach, der ist sogar bei Bautz bekannt: http://www.bautz.de/bbkl/k/Karyophylles_jo.shtml (sorry, Schreibweise). Er war Großlogothet, über diesen Sachverhalt findet man auch ein paar Ergebnisse. NB: Auch Bautz hat seine Erkenntnisse über diesen Mann größtenteils aus dem "'Eγχειρίδιον κατὰ τοῦ 'Iωάννου τοῦ Kαρυοϕῦλλου" des Patriarchen Dositheos II. Notaras. Es gibt kaum andere Quellen.

Johaennschen hat geschrieben:
Nietenolaf hat geschrieben:Ich lese gerade, daß das Patriarchat von Alexandria vor kurzem Kyrill Lukaris kanonisiert hat... :achselzuck:
Was meint das? Heiliggesprochen? :hmm:
Ja. Das Konzil von 1672 sprach ihn ja von der Autorschaft des ketzerischen "Östlichen Bekenntnisses des christlichen Glaubens" frei. Allerdings merkt es auch an, daß er kein heiliger Märtyrer sei (es gab damals schon Befürworter einer Heiligsprechung) - vorher (1638) wurde er ja namentlich unter's Anathem gestellt.[/color]
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Johaennschen »

Nietenolaf hat geschrieben:Ach, der ist sogar bei Bautz bekannt: http://www.bautz.de/bbkl/k/Karyophylles_jo.shtml (sorry, Schreibweise). Er war Großlogothet, über diesen Sachverhalt findet man auch ein paar Ergebnisse. NB: Auch Bautz hat seine Erkenntnisse über diesen Mann größtenteils aus dem "'Eγχειρίδιον κατὰ τοῦ 'Iωάννου τοῦ Kαρυοϕῦλλου" des Patriarchen Dositheos II. Notaras. Es gibt kaum andere Quellen.
Super, danke! :klatsch: Warum dieses dumme Google mir auch nur "Caryophyllis" vorschlägt als andere Schreibung. Tsts. ;D
Nächstes Mal probier ich mehr Abwandlungen des Namens, wenn ich nix finde, bevor ich wieder nach Hülfe schreie, versprochen! :indianer:
Ja. Das Konzil von 1672 sprach ihn ja von der Autorschaft des ketzerischen "Östlichen Bekenntnisses des christlichen Glaubens" frei. Allerdings merkt es auch an, daß er kein heiliger Märtyrer sei (es gab damals schon Befürworter einer Heiligsprechung) - vorher (1638) wurde er ja namentlich unter's Anathem gestellt.
Mh... :hmm: Wie jetzt? Hat er das Bekenntnis nun geschrieben oder nicht? Ich meine, das ist doch gedruckt erschienen, wohl mit seinem Namen drauf, oder? Hat ihm da etwa jemand einen Streich gespielt? :detektiv:
Naja, egal. Ich finde es eigentlich eine sehr nette Geste, daß ihr den Kalvinisten endlich einen Schutzpatron verpaßt habt (Calvin selbst klappert ja wahrscheinlich zuviel mit den Zähnen, um fürzubitten :ikb_furious: ).
Kriegen wir Lutheraner auch irgendwann einen? Bitte! :ikb_thumbup:
Martin Forensikos oder so wär doch ein schöner Name! :narr:

EDIT: habe mich nun wieder eingekriegt. :nuckel: Kannst da ja einfach drüberweglesen oder so. :troll:

Aha! Da haben wir es ja:
Verlag Traugott Bautz, BBKL hat geschrieben:Den Transsubstantiationsbegriff lehnte er ab, weil die Wandlung (metabole) ein übernatürliches, der Sinneswahrnehmung entzogenes und daher jedem Erklärungsversuch verschlossenes Geschehen sei, der Begriff der T. jedoch die Verwandlung einer Substanz in eine andere bezeichne. Der Streit beruhte letztlich z.T. auf unterschiedlichem Gebrauch aristotelischer Begriffe.
Das "zum Teil" würde ich streichen. Er verstand Substanz wohl wirklich miß. Ulkig! :hmm: Was mag er sich denn aber unter Substanz vorgestellt haben? Brotmoleküle und Jesusmoleküle ja wohl nicht, sonst müßte ja jede Eucharistiefeier der Päbstler mit einen Fleischwunder einhergehen. :roll:
Es gibt keine Dummheit, an die der moderne Mensch nicht imstande wäre zu glauben, sofern er damit nur dem Glauben an Christus ausweicht.
Nicolás Gómez Dávila

Miserere Nobis Domine
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Johaennschen hat geschrieben:Die "Scheidung von Substanz und Akzidenz" ist ja in diesem Falle nix hochphilosophisches, sondern einfach das was jeder Kommunikant weiß: sieht aus wie Brot, schmeckt wie Brot, ist aber in Wirklichkeit doch was ganz andres.
Davon bin ich nicht überzeugt. Wenn man bei Thomas von Aquin liest, ist diese Scheidung eben doch etwas hochphilosophisches, und bezieht sich nicht nur auf die Eucharistie, sondern auf alle Dinge. So sagt er zum Beispiel "Accidens non est ens sed entis".

Dass es Substanzen als eigentlich Seiende gibt, zu denen die Akkzidenzen nur gehören, ist eine spekulativ-philosophische Behauptung, nach heutigem Verständnis übrigens ohne empirische Grundlage. Darum finde ich es hochproblematisch, diese Lehre als die Wahrheit anzusehen und das Verständnis von Eucharistie daran zu binden.

Entsprechend befürworte ich es, wenn die Orthodoxie davon Abstand hält.

Johaennschen
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Johaennschen »

Diese Lehre war schon immer ohne empirische Grundlage. Wie auch? :achselzuck: Sie ist also nicht veraltet, sondern spekulativ, wie Du ja selbst auch schreibst.

Aber versuche doch mal, die Realpräsenz in der Eucharistie zu beschreiben, ohne dabei Substanz und Akzidenz voneinander zu trennen. :hmm:
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Johaennschen hat geschrieben:Diese Lehre war schon immer ohne empirische Grundlage. Wie auch? :achselzuck: Sie ist also nicht veraltet, sondern spekulativ, wie Du ja selbst auch schreibst.
Sie ist insofern veraltet, als dass früher nicht-empirische Physik wissenschaftlich üblich und anerkannt war, und heute nicht mehr.
Johaennschen hat geschrieben:Aber versuche doch mal, die Realpräsenz in der Eucharistie zu beschreiben, ohne dabei Substanz und Akzidenz voneinander zu trennen. :hmm:
"Dies ist mein Leib" und "Dies ist mein Blut". Diese Beschreibungen Christi sind mir genug.

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Re: Realpräsenz

Beitrag von Johaennschen »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Sie ist insofern veraltet, als dass früher nicht-empirische Physik wissenschaftlich üblich und anerkannt war, und heute nicht mehr.
Es gibt keine nicht-empirische Physik und es gab auch nie welche. Es geht hier auch nicht um eine physikalische (oder gar chemische! :auweia: ) Frage, sondern um eine metaphysische. Wenn Du Dir das klarmachtest, lehntest Du vielleicht den infragestehenden Begriff nicht mehr ab.
"Dies ist mein Leib" und "Dies ist mein Blut". Diese Beschreibungen Christi sind mir genug.
Aha. :roll:
Daß es aber weder so aussieht, noch so schmeckt, ist Dir doch aber sicherlich aufgefallen, oder?
Falls ja: Nimm beide Aussagen zusammen, und Du hast eigentlich schon "Transsubstantiation" gesagt.
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Nietenolaf »

Johaennschen hat geschrieben:Ad 1: ich denke, er meint das von Dir vorgestellte, das die Transsubstantiationslehre verteidigt. In der Tat stellt es sich auch mir so dar, als kennten 99% der Orthodoxen das nicht.
Ob es die Transsubstantiationslehre verteidigt, ist noch fraglich - dazu gehört eine Analyse der "Transsubstantiationslehre" (in diesem Fall: was die Lateiner darunter verstehen). Zunächst wird nur der Begriff verteidigt, nämlich, daß er der kirchlichen Überlieferung eigen ist.

Ansonsten, um das Off-Topic noch kurz aufzugreifen: die griechischen Konzilien des 17. Jh. (einschließlich dessen von 1691) sind voll rezipiert. Daß sie unbekannt waren oder sind, tut nichts zur Sache: üblicherweise werden die Definitionen dann aktuell, wenn wieder Theologoumena die Runde machen, welche denen ähneln, die das jeweilige Konzil verurteilt hat. Der Begriff "Transsubstantiation" wird m.W. wieder frühestens Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts angegriffen; diese Einstellung verbreitete sich bei russischen Theologen vorwiegend unter dem Einfluß der "Slawophilen" und lebte nach der Revolution in der Emigration fort, namentlich bei den Theologen der Pariser Emigration, bei manchem (von mir nicht näher zu benennenden) griechischen Phyletisten und modernistisch geprägten Philosophen. Es mangelte aber schon damals nicht an Gegenstimmen (z.B. bei Florenskij). Allerdings haben die diversen Innovationen einzelner Theologen des 20. Jahrhunderts, welche ihrer Art nach eine "Revision" der kirchlichen Überlieferung unter dem Vorwand des Kampfes mit vorgeblich "scholastischem" Einfluß darstellen, keine Bedeutung gegen die Anathemata der Konzilien, speziell des Konzils von 1691, die in Russland zu Zeiten des Patriarchen Adrian ***rezipiert wurden***.
Es kann sein, daß z.B. die russische Auslandskirche insofern von diesen vorrevolutionären Theologoumena geprägt ist und diese im Westen folglich als "orthodoxe Position" verstanden wurden.

Zweitens, um ein ähnliches Beispiel zu bringen: die Definitionen der palamitischen Konzilien des 14. Jh. waren bis hinein ins 20. Jh. auch unter Orthodoxen kaum bekannt. Sie waren in Vergessenheit geraten. Das tut aber ihren Bestimmungen keinen Abbruch. Inzwischen sind sie wieder aktuell, so dass manche gar von einem "Neopalamismus" sprechen (was aber unsinnig ist).
Mir persönlich hat nicht nur ein Katholik erklärt, das Dogma der "Unbefleckten Empfängnis" beschreibe die Menschwerdung Christi "ohne menschlichen Akt der Zeugung". Ist das ein Ausdruck für fehlende Rezeption, wodurch das Dogma ungültig wird? Wohl kaum.

Und zum Thema:
Miserere Nobis Domine hat geschrieben:
Johaennschen hat geschrieben:Aber versuche doch mal, die Realpräsenz in der Eucharistie zu beschreiben, ohne dabei Substanz und Akzidenz voneinander zu trennen. :hmm:
"Dies ist mein Leib" und "Dies ist mein Blut". Diese Beschreibungen Christi sind mir genug.
Im orthodoxen Verständnis des Begriffs "Transsubstantiation" wird ja auch nicht versucht, das Mysterium des Schleiers zu berauben:
Schreiben der Östlichen Patriarchen über den Orthodoxen Glauben* hat geschrieben:Durch den Begriff "Transsubstantiation" wird nicht die Art und Weise erklärt, auf welche Brot und Wein zum Leib und Blut des Herrn werden: das kann nämlich niemand, als Gott allein, begreifen, und die Mühen jener, die es begreifen wollen, kann man nur als Folgen von Wahnsinn und fehlender Ehrfurcht bezeichnen; sondern damit wird nur gezeigt, daß Brot und Wein sich nach der Heiligung nicht im übertragenen Sinn, nicht symbolisch, und nicht durch eine Fülle an Gnade, nicht durch die Mitteilung oder die Herabkunft der einen Göttlichkeit des Eingeborenen zu Leib und Blut des Herrn wandeln, und nicht die eine oder andere zufällige Eigenschaft** von Brot und Wein werden zu einer zufälligen Eigenschaft des Leibes und des Blutes Christi durch irgendeine Veränderung oder Vermischung, sondern, wie es oben gesagt wurde, wahrhaftig, wirklich und wesentlich wird das Brot zu dem wahren Leib des Herrn selbst, und der Wein wird zu dem Blut des Herrn selbst.
* Das ist de facto die Antwort des Konzils von 1672 auf das ketzerische "Östliche Bekenntnis des christlichen Glaubens" von Lukaris.
** Bei euch: "Akzidenz".[/color]
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

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Re: Realpräsenz

Beitrag von Johaennschen »

Nietenolaf hat geschrieben:Ob es die Transsubstantiationslehre verteidigt, ist noch fraglich - dazu gehört eine Analyse der "Transsubstantiationslehre" (in diesem Fall: was die Lateiner darunter verstehen). Zunächst wird nur der Begriff verteidigt, nämlich, daß er der kirchlichen Überlieferung eigen ist.
Okay, das stimmt natürlich, da war ich etwas ungenau in meiner Ausdrucksweise.
Und auch das stimmt natürlich: Unkenntnis hebt die rechte Lehre nicht auf.
Im orthodoxen Verständnis des Begriffs "Transsubstantiation" wird ja auch nicht versucht, das Mysterium des Schleiers zu berauben:
Schreiben der Östlichen Patriarchen über den Orthodoxen Glauben* hat geschrieben:Durch den Begriff "Transsubstantiation" wird nicht die Art und Weise erklärt, auf welche Brot und Wein zum Leib und Blut des Herrn werden: das kann nämlich niemand, als Gott allein, begreifen, und die Mühen jener, die es begreifen wollen, kann man nur als Folgen von Wahnsinn und fehlender Ehrfurcht bezeichnen; sondern damit wird nur gezeigt, daß Brot und Wein sich nach der Heiligung nicht im übertragenen Sinn, nicht symbolisch, und nicht durch eine Fülle an Gnade, nicht durch die Mitteilung oder die Herabkunft der einen Göttlichkeit des Eingeborenen zu Leib und Blut des Herrn wandeln, und nicht die eine oder andere zufällige Eigenschaft von Brot und Wein werden zu einer zufälligen Eigenschaft des Leibes und des Blutes Christi durch irgendeine Veränderung oder Vermischung, sondern, wie es oben gesagt wurde, wahrhaftig, wirklich und wesentlich wird das Brot zu dem wahren Leib des Herrn selbst, und der Wein wird zu dem Blut des Herrn selbst.


* Das ist de facto die Antwort des Konzils von 1672 auf das ketzerische "Östliche Bekenntnis des christlichen Glaubens" von Lukaris.
Ich denke, daß das ein häufiges Mißverständnis ist, daß man nämlich meint, die Transsubstantion wolle etwas erklären, wo sie doch nur etwas beschreiben will, wenn auch in der Sprache einer bestimmten philosophischen Schule.
Daß es auch hierzu sicherlich vielfältige Mißdeutungen von den Päbstlern gibt, steht wieder auf einem anderen Blatt.
Zuletzt geändert von Johaennschen am Dienstag 28. Dezember 2010, 16:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Johaennschen »

Hallo Freunde,

habe gerade entdeckt, daß es sogar in der englischen Wikipedia einen recht interessanten Artikel zum Thema dieses Stranges gibt:
http://en.wikipedia.org/wiki/Metousiosis
Es gibt keine Dummheit, an die der moderne Mensch nicht imstande wäre zu glauben, sofern er damit nur dem Glauben an Christus ausweicht.
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Nassos
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Re: Realpräsenz

Beitrag von Nassos »

Johaennschen hat geschrieben:
Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Sie ist insofern veraltet, als dass früher nicht-empirische Physik wissenschaftlich üblich und anerkannt war, und heute nicht mehr.
Es gibt keine nicht-empirische Physik und es gab auch nie welche. Es geht hier auch nicht um eine physikalische (oder gar chemische! :auweia: ) Frage, sondern um eine metaphysische. Wenn Du Dir das klarmachtest, lehntest Du vielleicht den infragestehenden Begriff nicht mehr ab.
"Dies ist mein Leib" und "Dies ist mein Blut". Diese Beschreibungen Christi sind mir genug.
Aha. :roll:
Daß es aber weder so aussieht, noch so schmeckt, ist Dir doch aber sicherlich aufgefallen, oder?
Falls ja: Nimm beide Aussagen zusammen, und Du hast eigentlich schon "Transsubstantiation" gesagt.
An dieser Stelle sei mal angeführt, dass das ca 99% der Orthodoxen tatsächlich nicht beschäftigt (und natürlich erwartet keiner, dass die Hl. Kommunion nach Leib und Blut schmeckt).
Dies kann man nicht außer Betracht lassen! Somit begeht MND mit seinem pragmatischen Ansatz nicht eine grobe Verallgemeinerung, sondern er bezieht sich auf das wesentliche.
Die Rückfragen sind meiner Ansicht zwar schön theologisch aber absolut nicht substa.., ähm, essentiell.

Dies soll natürlich der hochinteressanten Diskussion hier keinen Abbruch tun!

Gruß,
Nassos
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