Geldgeschäfte aus orthodoxer Sicht

Ostkirchliche Themen.
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Haiduk
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Re: Geldgeschäfte aus orthodoxer Sicht

Beitrag von Haiduk »

Stephanie hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Ich könnte nicht sagen was die ideale Lösung für dieses Problem ist. Ich bin mir aber sicher, daß unser heutiges System im Vergleich mit der feudalen Ordnung eine moralische Lücke aufweist, die mit der Geldwirtschaft in direkter Verbindung steht.
Ich weiß auch keine Lösung. Jeder der eine einfache Lösung aus dem Hut zaubern kann, ist mir auch höchst verdächtig. Deine Meinung bzgl. der moralischen Überlegenheit einer feudalen Ordnung teile ich allerdings nicht. Tatsächlich kann ich keine moralische Überlegenheit irgendeines Systems erkennen. Ich kann für mich lediglich feststellen, in welchen Systemen es mir persönlich gut geht/gehen würde und in welchem nicht.
Die historische feudale Ordnung war insofern überlegen, als die an das Eigentum gebundene Macht in den Händen von Herrschern lag, die Gottes Gebote als Maßstab ihres Handelns angenommen hatten. Freilich wurden sie dem nicht immer gerecht. Sie haben aber keine "Industrien hervorgebracht, deren ausdrückliche Zielsetzung in der Propaganda des Lasters und der Sünde wie auch der Befriedigung verderblicher Leidenschaften und Gewohnheiten besteht".

Die Frage wäre nun, wie viel es den Menschen damals besser ging, weil es das nicht gab und viel es den Menschen heute besser geht, weil es eine breite Palette industriell hergestellter und damit erschwinglicher Güter gibt. Das beste beider Welten wäre das Ideal.
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
Denn die Waffen unsres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig im Dienste Gottes, Festungen zu zerstören. (2. Kor. 10,4)

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Nassos
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Re: Geldgeschäfte aus orthodoxer Sicht

Beitrag von Nassos »

Hallo Haiduk,

bitte entschuldige, ich wollte das Geld- und Zinsgeschäft nicht mit destruktiver Spekulation bzw dem Glücksspiel vermischen. Es war eine zusätzliche Frage.

Dem Glückspiel, wenn man davon gepackt wird, liegt eine Leidenschaft und Sucht zugrunde, ein Dämon, wenn Du so willst.
Dem Zinsgeschäft als unhabgierige, wirtschaftliche Normalität aber nicht.

Vergiss also bitte Glücksspiel und üble Spekulation, das sprengt den Rahmen dieses Strangs.


Danke und Gruß,
Nassos
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

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Joseph
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Re: Geldgeschäfte aus orthodoxer Sicht

Beitrag von Joseph »

Haiduk hat geschrieben:Deine Einwände müffeln schwer nach protestantischer Ethik.
Oh Mann.... :vogel:
Kein einziger Cent würde für soziale Belange ausgegeben werden, wenn es nach Dir ginge. Das ist eine sehr extreme Position, und zwar keineswegs nur aus europäischer Perspektive.
Nun einen wunderbaren Strohmann hast Du dir da gebaut. Das heißt also das es keine private Armensorge gibt oder geben kann? Wenn Du mir schon protestantische Ethic vorwirfst, dann beschäftige Dich auch einmal damit. Du wirst feststellen, daß die Protestanten immerhin Krankenhäuser etc. gebaut, Schulen gestiftet, die Heilsarmee gegründet haben und, zumindest hier in NA es heute noch tun. Ganz zu schweigen von der Armenfürsorge, den Waisenhäusern, den Schulen, Krankenhäusern, Spitalen und Hospizen, etc der RK und der OC... Du denkst also, daß man dem einfachen Christen nicht vertrauen kann, daß er dem Gebote Gottes, sich des Nächsten und der Armen anzunehmen folgt. Man muß ihn, durch Gesetze dazu zwingen. Das ist ein trauriges Menschenbild was Du Dir da aufgemalt hast. Glaube mir, gesetzlich verordnete "Liebe," wie sie ein sozialistischer Premier von Ontario einmal so stolz verkündete, geht immer in die Hose.... das "Paradies auf Erden" kann nicht durch die Legislative geschaffen werden.
.... hat Gott es eben zugelassen, daß Menschen der Ideologie des Sozialismus verfielen.
Oh Mann oh Mann... was soll ich dazu noch sagen. Du warst schonmal besser... wesentlich besser!
So magst Du, geehrter Joseph, denn weiter diesem schlechten Wirtschaftsliberalismus das Wort reden, solange Du nicht den Eindruck erweckst es handele sich um eine Doktrin, die von der Kirche besser angesehen wäre als der schlechte Sozialismus oder der schlechte Nationalismus.
Oh Mann. oh Mann, oh Mannomann... vielen Dank für Deine großmütige Erlaubnis. Sollte ich diesen Eindrucks jemals erwecken wollen, weiß ich ja nun, daß ich es nicht darf. Sollte es doch passieren, werde ich natürlich sofort beichten gehen......
...wenn ich Joseph hier so grundsätzlich widerspreche, dann vor allem deshalb, weil mir seine Aussagen zu absolut sind.
Ein Prinzip ist entweder richtig oder falsch, wahr oder unwahr. So wie es keine Kompromissprinzipien geben kann, kann es auch keine Aussagen die "nur ein bißchen absolut" sind geben .... A=A, weiß ist nicht schwarz, Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. Matthäus 5:37
Er hat unrecht, wenn er so tut, als müsse christlich-konservatives Denken automatisch zu einem flammenden Bekenntnis zum Wirtschaftsliberalismus führen, das jedes Bekenntnis zu sozialpolitischen Maßnahmen mit Propaganda für einen kommunistischen Umsturz gleichsetzt
Er tut dies ganz gewiß nicht. Aber es scheint, daß Deine rosa Brille Dir beim Lesen Schwierigkeiten bereitet. Lassen wir's halt...

Lieber Haiduk, ich befürchtete am Anfang dieses Threads das Jeremias mich in ein ideologisches Geschwafel verwickeln wollte. Ich tat ihm Unrecht und entschuldige mich noch einmal dafür. Allerdings sind wir nun doch beim ideologischen Geschwafel angelangt. Ich bin allerdings überrascht, daß es von Dir kommt.... das hatte ich nicht erwartet.

Es tut mir Leid aber ich ziehe mich aus der Debatte zurück. Du unterstellst mir Motive welche ich nirgents auch nur angedeutet habe. Du baust eifrig Strohmänner auf um sie dann dann wortreich niederzureißen. Der Thread ist für mich, hauptsächlich durch Deine unsachliche, i halbgare Logorhea, erledigt...

Gruß
Joseph
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Haiduk
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Re: Geldgeschäfte aus orthodoxer Sicht

Beitrag von Haiduk »

Joseph hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Deine Einwände müffeln schwer nach protestantischer Ethik.
Oh Mann.... :vogel:
Kein einziger Cent würde für soziale Belange ausgegeben werden, wenn es nach Dir ginge. Das ist eine sehr extreme Position, und zwar keineswegs nur aus europäischer Perspektive.
Nun einen wunderbaren Strohmann hast Du dir da gebaut. Das heißt also das es keine private Armensorge gibt oder geben kann? Wenn Du mir schon protestantische Ethic vorwirfst, dann beschäftige Dich auch einmal damit. Du wirst feststellen, daß die Protestanten immerhin Krankenhäuser etc. gebaut, Schulen gestiftet, die Heilsarmee gegründet haben und, zumindest hier in NA es heute noch tun. Ganz zu schweigen von der Armenfürsorge, den Waisenhäusern, den Schulen, Krankenhäusern, Spitalen und Hospizen, etc der RK und der OC... Du denkst also, daß man dem einfachen Christen nicht vertrauen kann, daß er dem Gebote Gottes, sich des Nächsten und der Armen anzunehmen folgt. Man muß ihn, durch Gesetze dazu zwingen. Das ist ein trauriges Menschenbild was Du Dir da aufgemalt hast. Glaube mir, gesetzlich verordnete "Liebe," wie sie ein sozialistischer Premier von Ontario einmal so stolz verkündete, geht immer in die Hose.... das "Paradies auf Erden" kann nicht durch die Legislative geschaffen werden.
Die Möglichkeit private Armenfürsorge ist natürlich ein gültiger Einwand. Du hast schon Recht. In den USA wird vieles privat finanziert.

Bei dem Satz "kein einziger Cent" ging es mir tatsächlich um das Geld des Steuerzahlers. Wenn dieser Satz isoliert gelesen wird, dann geht das nicht mehr daraus hervor. Im direkt vorhergehenden Satz ging es aber um "staatliche" Sozialpolitik. Da dachte ich eben, ich bräuchte es nicht nochmal hinschreiben, daß ich staatliches Geld meine:
Du fragst nach den Gründen staatlicher Sozialpolitik und gehst dabei so weit deren Sinnhaftigkeit komplett zu bestreiten. Kein einziger Cent würde für soziale Belange ausgegeben werden, wenn es nach Dir ginge.
Du siehst darin einen Strohmann, weil der isolierte Satz so freilich schärfer klingt. Ich meine nicht daß das gerecht ist. Es war vielleicht ein rhetorischer Winkelzug, aber als Strohmann kann ich es nicht gelten lassen. In der Debatte davor war es schließlich immer um staatliches Geld gegangen.

Dennoch tut's mir leid, Joseph :heul:
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
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Stephanie
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Re: Geldgeschäfte aus orthodoxer Sicht

Beitrag von Stephanie »

Haiduk hat geschrieben:
Stephanie hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Ich könnte nicht sagen was die ideale Lösung für dieses Problem ist. Ich bin mir aber sicher, daß unser heutiges System im Vergleich mit der feudalen Ordnung eine moralische Lücke aufweist, die mit der Geldwirtschaft in direkter Verbindung steht.
Ich weiß auch keine Lösung. Jeder der eine einfache Lösung aus dem Hut zaubern kann, ist mir auch höchst verdächtig. Deine Meinung bzgl. der moralischen Überlegenheit einer feudalen Ordnung teile ich allerdings nicht. Tatsächlich kann ich keine moralische Überlegenheit irgendeines Systems erkennen. Ich kann für mich lediglich feststellen, in welchen Systemen es mir persönlich gut geht/gehen würde und in welchem nicht.
Die historische feudale Ordnung war insofern überlegen, als die an das Eigentum gebundene Macht in den Händen von Herrschern lag, die Gottes Gebote als Maßstab ihres Handelns angenommen hatten. Freilich wurden sie dem nicht immer gerecht. Sie haben aber keine "Industrien hervorgebracht, deren ausdrückliche Zielsetzung in der Propaganda des Lasters und der Sünde wie auch der Befriedigung verderblicher Leidenschaften und Gewohnheiten besteht".

Die Frage wäre nun, wie viel es den Menschen damals besser ging, weil es das nicht gab und viel es den Menschen heute besser geht, weil es eine breite Palette industriell hergestellter und damit erschwinglicher Güter gibt. Das beste beider Welten wäre das Ideal.
:achselzuck:

Vielleicht stehe ich auf der Leitung aber mir wird nicht ganz klar worauf du hinaus willst.
Geldgeschäfte gab es ja vorher auch schon, das ist ja keine Erfindung des 19. Jh. (Das Hauptjahrhundert des Wirtschaftsliberalismus). Neu sind hingegen Aktiengesellschaften oder freie Berufswahl etc. Und die Abkehr von der Agrargesellschaft. Nu ja...wenn von 80 Millionen wieder 70% in der Landwirtschaft arbeiten sollen, werden wir hier in D ein echtes Platzproblem bekommen. :blinker:
Sündenindustrie...äh...also Alkohol, Prostitution und Co. gab es bekanntlich zu allen Zeiten. Die wird aber nicht vom Staat hervorgebracht - und darum ging es doch, der Vergleich des Feudalstaates mit ... tja... welchem eigentlichen? Die gegenwärtige Bundesrepublik? Menschen haben auch früher Alkohol gebrannt und verkauft. Schon die Heiligenlegende des Hl. Fürst Wladimir erwähnt die Anekdote, dass er angeblich den Islam abgewiesen habe, weil ein Alkoholverbot für Russen undenkbar sei... Wann auch immer diese Anekdote entstand, sicherlich nicht erst gegenwärtig. Deutsche ohne Bier? Undenkbar, immerhin brauen ja auch Klöster.

Aber, was den Zins betrifft, drehen wir uns im Kreis ohne Antworten zu finden. Natürlich, ich finde es auch verderblich, wenn ich Geld einem Gemeindemitglied oder Freunden leihen würde und dafür Zinsen verlangen würde. Ich kann allerdings immer noch nicht sehen, wie die staatliche Wirtschaft ohne Zins existieren solle... Das wäre ja quasi...Freibier für alle.
Ich habe das Gefühl, dass wir hier ein Dilemma haben, aus dem wir nicht heraus kommen. Denn es ist die Mehrheit der Bevölkerung, die nicht als Selbstversorger auf dem Land lebt sondern in irgendwelchen Unternehmen arbeitet... Es bleibt wohl dem Gewissen eines jedem anheim gestellt, ob er in Aktien investiert und wenn ja in welche (100%ige Transparenz gibt es da eh nicht) und ob er sich von der Gier leiten lässt und Börsenspekulationen als Spiel zur Geld- und Wohlstandsmehrung betrachtet. Oder ob er lediglich schaut, dass er halt sein Geld so anlegt, dass er davon im Alter leben kann...ohne Jacht, Villa am Comer See und was sonst noch so dazu gehört.
Für mich ganz persönlich gehört die "Geiz ist geil" Mentalität (und jedes Halbjahr ein neues Handy, ein neuer noch größerer Bildschirm etc.) wesentlich mehr zur Sünde (Habsucht und Gier) als die Tatsache, dass meine Bank von mir Zinsen will für das Geld, das sie mir geliehen hat.
Aber es liegt ja an mir den Versuchungen nachzugeben oder nicht. Es liegt doch an mir, ob ich Kredite aufnehme um mir ein neues Auto zu kaufen statt mit der Bahn zu fahren und zu sparen, ob ich ständig neue technische Spielereien kaufe, die nur zur Ablenkung dienen, denn telefonieren tut das alte Handy auch, etc. etc.
Wird kaum der Gerechte gerettet, wo werde ich Sünder erscheinen? Die Last und Hitze des Tages habe ich nicht getragen. Die um die elfte Stunde kamen, denen zähle mich bei, Gott, und sei mein Erretter.

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Joseph
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Re: Geldgeschäfte aus orthodoxer Sicht

Beitrag von Joseph »

Stephanie hat geschrieben:Aber es liegt ja an mir den Versuchungen nachzugeben oder nicht. Es liegt doch an mir, ob ich Kredite aufnehme um mir ein neues Auto zu kaufen statt mit der Bahn zu fahren und zu sparen, ob ich ständig neue technische Spielereien kaufe, die nur zur Ablenkung dienen, denn telefonieren tut das alte Handy auch, etc. etc.
Amen, Stephanie.....

Gruß
Joseph
PS: Diese ewigen Bevormundungsversuche durch den Staat und allen denjenigen die meinen es besser zu wissen als der staubige Rest von uns, geht mir nunmal gewaltig auf den Kragen.... "Man merkt die Absicht und ist verstimmt" sagte schon Wilhelm Busch.
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Pilgerer
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Re: Geldgeschäfte aus orthodoxer Sicht

Beitrag von Pilgerer »

Haiduk hat geschrieben:Die Möglichkeit private Armenfürsorge ist natürlich ein gültiger Einwand. Du hast schon Recht. In den USA wird vieles privat finanziert.
Die Industrialisierung mit der damit verbundenen Individualisierung legitimiert meiner Ansicht nach durchaus ein gewisses Maß an staatlicher Armenfürsorge. Doch würde das die ärmsten 10-20% der Bevölkerung betreffen und könnte in Form einer negativen Steuer geschehen. Was im Moment in den westlichen Staaten geschieht, ist, dass der Sozialstaat auch die Mittelschicht versorgt und damit die Staatskassen überfordert.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Joseph
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Re: Geldgeschäfte aus orthodoxer Sicht

Beitrag von Joseph »

Haiduk hat geschrieben:Dennoch tut's mir leid, Joseph :heul:
Schon gut, ich werd' es überleben.... ;D

Gruß
Joseph
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