Altgläubige

Ostkirchliche Themen.
Brat Albert
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Altgläubige

Beitrag von Brat Albert »

Meine Frage gilt den sogenannten "Altgläubigen"
Werden sie als Schismatiker betrachtet? Gibt es Bestrebungen zu einer Wiedereingliederung?
Eine andere Frage wäre die nach der apostolischen Sukzession. Die Bischöfe der Piusbruderschaft waren ja Bischöfe, da von einem Bischof geweiht, inwieweit würde solch ein Fall in der orthodoxen Kirche möglich oder unmöglich sein (betrifft also das Weiheverständnis)
Vielen Dank für die Antworten

Brat Albert

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Robert Ketelhohn
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Re: Altgläubige

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Brat Albert
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Re: Altgläubige

Beitrag von Brat Albert »

Vielen Dank Robert,

wobei immer noch die Frage bleibt ob der Wunsch und eine realistische Möglichkeit zur Einheit zurüchzukehren besteht. Sicherlich ja kaum für den priesterlosen Teil.
Weiter würde mich das Weiheverständnis interesieren. Reicht es wenn "ein" orthodoxer Bischof weiht oder wird die Zustimmung des Patriarchen oder der Nachbarbischöfe nötig. Wäre also ein orthodoxer Fall "Piusgemeinschaft" möglich oder nicht.

Danke und Gruß

Brat Albert

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Nietenolaf
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Re: Altgläubige

Beitrag von Nietenolaf »

Ich zitiere mal mich selber, denn das Thema ist alt, glaube ich.
Um 1800 wurden sie [die Altritualisten] von der Russischen Kirche insofern "legalisiert", als daß sie nach den alten Schriften und nach altem Ritus Gottesdienst feiern konnten, solange sie sich der Hl. Synode unterstellten. Um 1905 erlangten sie die "völlige" Freiheit durch das Dekret über die Glaubensfreiheit, das Zar Nikolaus I. ausgab. Bekanntlich währte diese Freiheit nur 12 Jahre, dann ging es jeglicher Kirche in Rußland an den Kragen.

Die Altritualisten sind (noch vor 1800) weiter zerfallen, ähnlich wie der Protestantismus im Westen. Es gab zwei Hauptzweige, nämlich einen namens "Bezpopovtzy", das heißt übersetzt "die Popenlosen", denn sie hatten nach einiger Zeit keine Priester mehr: die alten starben, neue kamen nicht dazu; und sie hatten keinen Bischof, genau wie die Protestanten, konnten also keine Priester mehr weihen. Dann waren da noch die "Popovtzy", die also noch Priester hatten, aber frage mich nicht, woher.

Heute bleibt das bestehen, was die Kirche um 1800 verkündete, und was der Zar 1905 sicherstellte: die Altritualisten ("Popovtzy") sind ein Teil der Russischen Kirche mit einer eigenen Hierarchie. Ihnen wird es gewährt, nach ihrem Ritus Gottesdienst zu feiern, ihre eigenen Priester auszubilden; ihr Oberhaupt ist der (altritualistische) Metropolit von Moskau.

(...) Das allerbeste Stück Literatur, das ich je zum Leben der Altgläubigen gelesen habe, war übrigens von Nikolai Les(s)kow "Der versiegelte Engel". Eine herrliche, erbauliche, helle Geschichte, die ich Dir unbedingt empfehle.

Offensichtlich ist man mit den Altgläubigen* schon etwas weiter, als man im Westen mit den Piusbrüdern ist.

* Der Hl. Bischof Feofan der Klausner (Ende 19. Jhd.) erwähnt sie in mehreren seiner Homilien, und sagt (sinngemäß): "Sie sagen, bei uns sei alles neu. In Wahrheit ist bei ihnen alles neu, und bei uns alles alt." Sie heißen im offiziellen Sprachgebrauch "Staroobrjadtzy", das heißt soviel wie "Altritualisten", die nach dem alten Ritual den Gottesdienst Feiernden.
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

Brat Albert
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Re: Altgläubige

Beitrag von Brat Albert »

Hallo Nietenolaf,
Heute bleibt das bestehen, was die Kirche um 1800 verkündete, und was der Zar 1905 sicherstellte: die Altritualisten ("Popovtzy") sind ein Teil der Russischen Kirche mit einer eigenen Hierarchie. Ihnen wird es gewährt, nach ihrem Ritus Gottesdienst zu feiern, ihre eigenen Priester auszubilden; ihr Oberhaupt ist der (altritualistische) Metropolit von Moskau.
Das erstaunt mich. Dann gibt es also z.Bsp. in Moskau zwei Bischöfe, bzw. Metropoliten. Das könnte ich mir für die katholische Kirche kaum als wünschenswert vorstellen.
Die Frage die mich weiterhin interesiert ist die Form oder Vorschrift für eine gültige Bischofsweihe. Bischof Lefevre weihte ja gültig aber unerlaubt vier Priester zu Bischöfen. Die Folge war die Exkommunikation, aber ich meine in der orthodoxen Kirche würden "schismatische" Weihen grundsätzlich nicht anerkannt. Außerdem müßten meine ich die "Nachbarbischöfe " zugegen sein. Ich bin mir aber nicht sicher ob das so stimmt.

Gruß Brat Albert

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Nietenolaf
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Re: Altgläubige

Beitrag von Nietenolaf »

Hallo Brat Albert,

die Kombination "gültig, aber unerlaubt" oder "gültig, aber nicht anerkannt" ist für uns absurd, denn bei uns gibt es kein "ex opere operato". Außerdem braucht es bei uns nach wie vor (Nikaia I, cn. 4*) mindestens drei Bischöfe zur Weihe eines neuen. Deswegen ist Deine Frage nicht erschöpfend zu beantworten.

Weitereführende Info zu den "kanonischen" Altritualisten: http://de.wikipedia.org/wiki/Russisch-O ... che_Kirche

* "Ein Bischof soll nach Möglichkeit von allen Bischöfen des Gebiets eingesetzt werden. Wenn dies nicht möglich ist, ob aus dringendem Bedarf, oder aufgrund der weiten Entfernung, mögen wenigstens drei sich an einem Ort versammeln, die abwesenden aber schriftlich ihr Einverständnis bekunden, und dann möge die Weihe stattfinden. Solche Weihen müssen in einem jeden Bezirk von dessen Metropoliten bestätigt werden." (I. Oek. Konzil zu Nikaia, Kanon Nr. 4). Vergl. auch Canones apostolorum, cn. 1.
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Brat Albert
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Re: Altgläubige

Beitrag von Brat Albert »

Hallo Nietenolaf,

vielen Dank für die Antwort.
In etwa so hatte ich es auch in Erinnerung zu haben. Und das klingt positiv:

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Sein 2004 gewählter Nachfolger, Metropolit Andrian (Tschetwergow), zeigte sich als talentierter und charismatischer Führer, die sich intensiv für die Formulierung und Verbreitung der kulturellen und religiösen „Botschaft“ der Altgläubigen für die moderne russische Gesellschaft einsetzte. Obwohl er sich selbst in seinen öffentlichen Erklärungen als traditionalistisch und konservativ darstellte, machte Andrian einen bedeutenden Schritt nach vorn zu einem Dialog mit der Russisch-Orthodoxen Kirche und dem russischen politischen Establishment. Durch den plötzlichen Tod des Metropoliten Andrian am 10. August 2005 während einer Wallfahrt im Voruralgebiet, fand dieser „Neue Kurs“ ein vorläufiges Ende. Allerdings bestätigte der neue Metropolit Kornili, der am 18. Oktober 2005 gewählt wurde, dass er die Politik der Offenheit gegenüber der russischen Gesellschaft, die von seinem Vorgänger begonnen wurde, fortsetzen wolle.
aus Wiki

Gruß Albert

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