Lutheraner hat geschrieben:Ich glaube unser Verständnisproblem ist hier die ganze Zeit, dass du und John euch nicht eine Kirche vorstellen könnt, die ohne der sog. Apostolischen Sukzession (als Kette bischöflicher Handauflegungen) sich als Kirche sieht und zur Kirchengeschichte und ihrer Entwicklung ein klares Verhältnis hat.
Weil das für uns in der Tat ein Widerspruch in sich ist. Man sieht in den Evangelien, in der Apostelgeschichte und in der Frühkirche eine klare Beauftragung Christi an die Apostel. Das hat die Frühkirche sehr klar mit dem Bischofsamt verbunden -- die apostolische Nachfolge. Wenn man sich also zur Kirchengeschichte bekennt, ist es aus unserer Sicht als Anglikaner tatsächlich recht seltsam, wenn man auf einmal meint, die Sukzession sei für das Bischofsamt nicht maßgeblich.
Und an dieser Stelle bekommen wir auch massive Rückendeckung von Römisch-Katholiken und Orthodoxen -- jene Christen also, die ebenfalls ein klares Verhältnis zur Kirchengeschichte und zur Tradition haben -- auch wenn sie unsere anglikanische Sukzession in Frage stellen (mehr dazu unten). Sogar Methodisten (nach ihrer Art) bekennen sich zur Sukzession. Wenn Anglikaner, Römisch-Katholiken und Orthodoxen in dieser Frage sich einig sind, muß ich ganz ehrlich fragen, warum soll ich den wenigen Protestanten zuhören, die überhaupt ein Bischofsamt anerkennen, und da meist ein sehr abgeschwächtes?
Speziell zur Anerkennung der anglikanischen apostolischen Sukzession durch andere Kirchen ist das recht kompliziert und die Situation ist noch sehr unklar.
Was Leo XIII. im Prinzip an den Pranger gestellt hat, war die Ordinale von Edward VI. -- aber diese Ordinale gab es nur kurze Zeit und danach wurde wieder "ordentlich" ordiniert, auch m.W.n. durch ordentlich geweihten Bischöfen (aus der Perspektive eines Nicht-Anglikaners). Also Apostolicae Curae ist schon an der Stelle wackelig und ab ++Matthew Parker (Erzbischof von Canterbury unter Elizabeth I.) müßte eigentlich alles wieder im Lot gewesen sein. Außerdem gab es schon in der Frühkirche Ordinalien, die genau so "fehlerhaft" waren, also sollen unsere Weihen aus den von Leo XIII. genannten Gründen fehlerhaft und nichtig sein, dann sind sie in der ganzen Kirche so.
Dann kommt die Frage der Mitwirkung der Alt-Katholiken und der Porvoo-Lutheraner noch dazu. Ab 1931 haben Alt-Katholiken in Nordamerika und Europa bei unseren Weihen mitgewirkt, und ich meine Porvoo-Lutheraner sind auch öfter dabei gewesen (weiß ich aber spontan nicht mehr). Angenommen wir sagen Apostolicae Curae sei tatsächlich richtig, spätestens ab 1931 ändert sich die Situation. Vor allem wenn man bedenkt, wie wir unsere Bischofsweihen durchführen:
...also mit möglichst vielen Mitkonsekratoren, damit möglichst viele "Ketten" weitergegeben werden. So würden wir sehr rasch die "gültigen" Ketten der Alt-Katholiken weitergeben. (Und nebenbei: Auch mit Bischöfinnen, als Frauenordination, ist m.E. damit gesichert, daß -- zumindest bei Weihen von Männern -- die Sukzession, auch aus römischer Sicht, gültig bleibt, denn es ist äußerst unwahrscheinlich, daß nur Bischöfinnen und keine Bischöfe dabei sind.)
Hinzu kommt, daß anglikanische Priester in den letzten Jahren, die römisch-katholisch werden, im Regelfall
sub conditione geweiht werden -- man räumt also ein, daß sie vielleicht doch gültig geweiht worden sind. Das ist aber erst in den letzten Jahrzehnten. Des Weiteren gibt es "zwischen den Zeilen" immer wieder kleine Hinweise, daß Rom uns tatsächlich mehr "kirchlichen" Status einräumt, als bisher der Fall -- was auch bedeutet, daß sie unsere Sukzession nun anerkennt -- aber es gibt (noch) keine offizielle Aussage dazu. (Keine Sorge, ich kann damit leben...
)
Wie uns die Orthodoxen sehen, ist allerdings eine ganz andere Geschichte, da sie m.W.n. die Sukzession deutlich stärker mit Lehren verbinden. Gelegentlich lese ich von Fällen, wo anglikanische Priester angeblich ohne Weiteres orthodoxe Priester werden, aber m.W.n. müssen sie normalerweise neu geweiht werden, da ihre Lehren bis zu dem Punkt mit denen der Orthodoxie nicht kompatibel waren (aber Walter, Alexander, Nietenolaf & Co. werden mich sicherlich korregieren).
Cheers,
John
Der Beweis, dass Gott einen Sinn für Humor hat: Er hat die Menschheit geschaffen.
[ Alt-Katholisch/Anglikanisch in Hannover ]