Rückkehrökumene?

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
Benutzeravatar
holzi
Beiträge: 7886
Registriert: Montag 28. November 2005, 15:00
Wohnort: Regensburg

Beitrag von holzi »

Sascha hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:Manche (zum Glück nicht alle) Bappis meinen ja sowieso, daß man mit "Ungläubigen" nicht an einem Tisch sitzen dürfe…
Da hat Jesus aber was anderes gelehrt
Wenn ich mir so ansehe, was meine lieben pfingstlerischen Verwandten so erzählen, bei denen wäre Jesus wohl nie zur Taufe zugelassen worden... :(

Benutzeravatar
anneke6
Beiträge: 8493
Registriert: Montag 19. September 2005, 12:27

Beitrag von anneke6 »

Sascha hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:Manche (zum Glück nicht alle) Bappis meinen ja sowieso, daß man mit "Ungläubigen" nicht an einem Tisch sitzen dürfe…
Da hat Jesus aber was anderes gelehrt
Sie berufen sich auf 1. Korinther 5,11.
:sauer:
???

conscientia
Beiträge: 621
Registriert: Freitag 18. April 2008, 12:04

Beitrag von conscientia »

Ihr Lieben,

Vater Hieromonachos' Äußerungen entnehme ich, dass wir Lateiner aller Bekenntnisse uns darauf besinnen sollen, dass zu jedem Gespräch über eine zu diskutierende Sache die Bereitschaft gehört (und vielleicht auch die Demut: die humilitas, die Erdung) davon auszugehen, dass mein Gegenüber Recht haben könnte. Das entspricht ungefähr dem, was J. Habermas schon seit Jahrzehnten unter dem Stichwort "Theorie des kommunikativen Handelns" fordert. Vielleicht gelingt uns das in den nächsten Tagen etwas besser.
Auf ein gutes Gelingen!

c.

ad_hoc
Beiträge: 4877
Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 12:14

Beitrag von ad_hoc »

Stephen Dedalus hat geschrieben:@ad hoc

Das Problem in dieser Diskussion ist, daß Du Dich nicht auf den Diskussionsstil Deiner Gesprächspartner einlassen willst. Das muß scheitern. Du legst es darauf an, die Diskussion auf einer Ebene zu führen, die Marcus (und zum Teil auch Conscientia) gar nicht akzeptieren können.

Antwort:
Woraus willst Du diese Annahme geschlossen haben?
Ich habe hier zu Luther Stellung bezogen und hierbei provoziert, einfach deshalb, weil man eine Aussage, beispielsweise im Bereich Theologie und Philosophie nicht von der Person des Aussagenden getrennt beurteilen kann. Aus den Reaktionen lassen sich schon mal interessante Punkte erschließen, vor allem im Hinblick auf die Art und Weise einer Reaktion.
Also sollte zunächst geklärt werden, was, auf das mögliche korrekte Ergebnis bezogen, richtig ist: Die Diskussion über die Lehre Luthers ohne - oder unter der Einbeziehung des personalen Charakters Martin Luthers.
Was den Diskussionsstil anbelangt, so ändert sich dieser ohnehin bei jedem Themenwechsel, spätestens aber nach unterschiedlichen Gewichtungen der jeweiligen Argumente. Allein deshalb ist z. b. im Fernsehen keine Diskussion zu sehen, die ohne direkte Moderation abläuft.
Wenn es eine Diskussionsebene gibt, die von der anderen Diskussionspartei nicht akzeptiert werden kann, dann liegt dies doch hauptsächlich daran, weil in den grundlegendensten Dingen schon keine Einigung vorherrscht. Hier wäre eine Einigung entweder eingetreten, wenn zunächst die Person Luthers abgehandelt worden wäre, oder die Diskussion wäre gar nicht erst weitergeführt worden.
Beispielsweise: A sagt, die Aussagen des B können ohne Rückgriff auf die Person des A beurteilt werden. Und C sagt, die Aussagen des B können nur unter Berücksichtigung der Person des B beurteilt werden. Wer hat Recht? Solange diese Frage nicht geklärt ist, ist eine weitergehende Diskussion nicht sinnvoll.


Erstens stellst Du Luthers menschliche Schwächen in den Vordergrund. Du willst Dich nicht belehren lassen, daß dies hier von untergeordneter Bedeutung ist.
Wenn Du Luther verunglimpftst, können die Protestanten nur mit einer Verunglimpfung der Päpste entgegnen. Das wird eine Schlammschlacht und macht nur bedingt Spaß.

Antwort:
Wo wurde geklärt, dass dies von untergeordneter Bedeutung ist, bzw. von untergeordneter Bedeutung überhaupt sein kann?
Siehst Du eine Automatik darin, dass Protestanten grundsätzlich mit einer Verunglimpfung der Päpste reagieren?

Bei den ökumenischen Gesprächen geht es doch eigentlich um die unterschiedlichen Lehrauffassungen, nämlich der katholischen und der protestantischen.
Die katholische Lehrauffassung ergibt sich einerseits aus der Bibel und dem Lehramt (einschl. des Wirkens des Hl. Geistes) und die protestantische Lehrauffassung ergibt sich aus der Bibel sowie der Auslegungen Martin Luthers, zu denen später weitere Auslegungen von Protestanten hinzu genommen worden sind.
Die Entwicklung der Erkenntnisse aus der Bibel, festgelegt durch das Lehramt, hat seit nahezu 2000 Jahren eine kontinuierliche Entwicklung genommen. Vor knapp 500 Jahren kam es zum Bruch durch Luther, wobei eine neue Institution entstand, die sich, beruhende auf dem Glaubensverständnis des Luther (und späterer weiterer Protestanten) bis heute fortsetzte, zunächst parallel, aber dann mit zunehmendem Hang zur Auseinanderdividierung seinen Verlauf nahm.

Hier ist der Punkt, wo in einer Diskussion angesetzt werden muß, nicht auf dem Stand der theologischen Ansichten der Gegenwart, sondern auf dem Stand zum Zeitpunkt der Trennung! Verfährt man nämlich so nicht, kann es zu keiner Übereinkunft kommen, einmal, weil die Fronten sich im Verlauf von Jahrhunderten festgesetzt haben, weil unterschiedliche Auffassungen über wichtige Begriffe entstanden sind, ect.

Kommt trotzdem eine Einigung ohne Berücksichtigung der o g. Thesen zustande, dann bedeutet dies nur, dass eine der Parteien ihren Standpunkt ohne Nachprüfung aufgegeben hat.


Sinnvoll wird die Diskussion erst dann, wenn man auf der Ebene der echten Lehre zu reden anfängt.

Antwort:
Jedoch nur unter den zuvor genannten Voraussetzungen, anders geht es nicht. Zunächst müssen die Grundlagen geklärt sein.


Du kannst nicht den DH gegen Luthers Tischreden und seine Fürze setzen und dann auch noch erwarten, daß die Lutheraner da mitspielen. So geht es einfach nicht. Bitte vermische also nicht die Ebenen. :nono:

Antwort:
Natürlich geht es so nicht. Deshalb aber vermische ich keine Ebenen, sonder da ist ganz simpel und einfach noch etwas, was der Klärung bedarf, bevor die Diskussion weitergeführt werden kann.
Wenn Du eine Auskunft benötigst, wen fragst Du, denjenigen, von dem Du weißt, dass er die Wahrheit sagt und Dir helfen möchte, oder fragst Du denjenigen, von dem Du weißt, dass er eine starke Neigung zur Lüge besitzt?
Eine Diskussion, auf ein bestimmtes Thema bezogen, kann nur dann fruchtbar sein, wenn beide Diskussionsfundamente stimmig sind? Sind sie das hier?


Zweitens führst Du die Diskussion von einer Position aus, die die Gesprächspartner gar nicht ernst nimmt. Du äußerst wiederholt, daß Du am ökumenischen Gespräch nicht interessiert bist. Weil für Dich Protestanten sowieso im Irrtum sind, bist Du auch nicht bereit, Ihre Positionen ernsthaft zu erwägen. Das alles sind voreilige Schlüsse, die nur dazu führen, daß Du ihren Beiträgen überhaupt nicht richtig zuhörst. Das kann zu nichts führen, außer zu Polemik.

Antwort:
Genau das, was Du hier ansprichtst, habe ich im gleichen Beitrag begründet, aus dessen Inhalt Du des Schluß gezogen hast, dass ich an einem ökumenischen Gespräch nicht interessiert wäre.
Du sagst in diesem Zusammenhang, ich hätte voreilige Schlüsse gezogen. Nenne mir diese bitte und begründe Deine Meinung.
Dann wäre ich auch daran interessiert, woher Du den Schluss ziehst, ich würde deren Beiträgen nicht richtig zuhören.


Fazit: Da es sich hier um das protestantische Unterforum handelt, werde ich als Moderator in Zukunft stärker darauf achten, daß hier konstruktiv diskutiert wird. Ein Diskussionsstil, der Protestanten per se als "Christusleugner" (Raphael) bezeichnet, ihre Positionen nicht ernstnimmt oder nur dazu dient, diese lächerlich zu machen, werde ich nicht mehr dulden. Entsprechende Beiträge werden gelöscht und mit Verwarnungen geahndet.
Antwort:
Das hier protestantisches Territorium ist, habe ich soo gar nicht mitbekommen, nicht in dem Sinne jedenfalls, dass jemand, der konträr anderer Meinung ist als diese, hier mit Samthandschuhen schreiben muß. Aber dies ist in Ordnung.
Ich sage Dir auch das Ergebnis voraus, wäre diese Diskussion weitergeführt worden:
Aufgrund der unterschiedlichen Gewichtungen sowohl des Themas als auch in Bezug auf Martin Luther hätte sich herausgestellt, dass eine Diskussion mit einem positiven Ergebenis für den einen oder den anderen gar nicht zustande gekommen wäre. Die Diskussion wäre abgebrochen worden.
Uns so ist es auch mit den ökumenischen Gesprächen. Die Katholiken können von der katholischen Lehrauffassung nichts, auch nicht einen Jota, preisgeben. Und die Protestanten wollen ihre Lehrauffassung ebenfalls nicht aufgeben. Da es eine Vermischung beider Lehren nicht geben kann, ist das Gesprächsende bereits vorprogrammiert. Würden diese weitergeführt werden, dann aus anderen und vor allem nichtígeren Gründen.

Vater Hieromonach hat es in diesem Sinn schon gestgestellt: Ökumenische Gespräche machen demnach keinen Sinn. Im Dialog sollte man allerdings verbleiben. Das finde ich auch.

Und weil ich grade beim Runtergucken gesehen habe, was conscientia geschrieben hat:
Dass entspricht ungefähr dem, was J. Habermas schon seit Jahrzehnten unter dem Stichwort "Theorie des kommunikativen Handelns" fordert. Vielleicht gelingt uns das in den nächsten Tagen etwas besser.
Da erlaube ich mir die Frage, ob sich conscientia auch über den Sinn dieser Aussage im Klaren ist, in welchem Habermas damals (!) diese getroffen hatte.
Persönlich bin ich der Meinung, dass Habermas zwischenzeitlich von der sogenannten Altersweisheit eingeholt worden ist; endlich. Damals war er aber alles andere als weise, sondern er zog ganz einfach sein Programm durch.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

Benutzeravatar
FranzSales
Beiträge: 976
Registriert: Dienstag 14. Oktober 2003, 08:46

Beitrag von FranzSales »

Ich habe hier zu Luther Stellung bezogen und hierbei provoziert, einfach deshalb, weil man eine Aussage, beispielsweise im Bereich Theologie und Philosophie nicht von der Person des Aussagenden getrennt beurteilen kann.
Das gilt m.E. ganz besonders für Luther und seine Rechtfertigungslehre. Diese ist ohne sein subjektives Empfinden und auch seinen Gemütszustand überhaupt nicht zu erklären. Er ist ganz offenkundig mit seinen Sünden (oder was er dafür hielt) nicht klargekommen. Was da nun tasächlich Sünde oder nur eine psychotische Einbildung (Staupitz hat ihn diesbezüglich öfter gerügt) war, läßt sich doch gar nicht mehr klären.
Dazu kommt, dass das Luthertum -wie eigentlich keine andere Konfession- auf ihren Gründer fixiert ist. Oft gilt: Lutherus locutus, causa finita est. :kiss:
Kann man die Lehre Christi von Christus selbst trennen?

Allerdings ist hier auch schon zutreffend darauf hingewiesen worden, dass gerade die lutherische Orthodoxie Luther in einigen Punkten nicht gefolgt ist bzw. Modifikationen erfolgt sind. Die Einflüsse von Melanchton sind nicht wegzudiskutieren.

Was ist eigentlich lutherisch? Es ist sicherlich falsch hier allein auf die lutherische Orthodoxie (zB. SELK) zu rekurrieren. Die haben auf das "Gütesiegel" lutherisch kein Monopol. Das liberale Luthertum und auch sogar der Pietismus kann sich ebenfalls auf Strömungen innerhalb des vielschichtigen Denkens Luthers berufen.

Das Konzil von Trient hat nicht das Luthertum per se (das es so noch gar nicht gab), sondern die nach ihrer Auffassung häretischen Aussagen Luthers. Die haben sie m.E. zutreffend erkannt und abgelehnt. Es ging letztlich um Luthers deformierten Glaubensbegriff.
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

ad_hoc
Beiträge: 4877
Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 12:14

Beitrag von ad_hoc »

Warum sind ökumenische Gespräche, so wie sie derzeit stattfinden, nicht nur nicht gerechtfertigt, sondern auch sinnlos weil ergebnislos?

Zur besseren Veranschaulichung der strittigen Punkte in der vorhergehenden Diskussion greife ich auf den Wortwechsel zwischen conscientia und mir zurück. Konnte man da nicht annehmen, dass es sich bei ihm, wie er auf Luther und seine Lehre eingegangen ist (bzw. auch nicht eingegangen ist) um einen Protestanten handelt?
Ich war mehr als erstaunt, als ich irgendwo feststellte, dass er sich als katholischen Pfarrer bezeichnet hatte.

Im Zusammenhang mit der laufenden Diskussion hatte ich ihn folgendes gefragt:
Als ausdrücklicher Anhänger des tridentinischen Glaubensbekenntnisses von 1564 trägst Du selbstverständlich auch die Ergebnisse des Tridentinischen Konzils mit. Weiterhin bist Du renitenter (o Gott) Anhänger eines unverfälschten 2. Vatik. Konzils.
Dazu habe ich aber doch einige Fragen.
Gab es Unterschiede in den Zielsetzungen dieser beiden Konzilien?
Wenn, wie sahen diese aus?
Welches waren denn die Inhalte des 2. Vatik. Konzils, die sich von den Inhalten des Tridentinischen Konzils deutlich unterschieden?
Was würdest Du denn als die wesentlichste Unterscheidung ansehen?
Inwiefern unterscheidet sich das unverfälschte 2. Vatik. Konzil vom verfälschten 2. Vatik. Konzil?


Auf diese Fragen ging er, wie er ausdrücklich betonte, nicht mehr ein, da er meine Ablehnung jeglicher Auseinandersetzung mit der protestantischen Seite erkannt haben wollte.

Deshalb nochmals: Mir war es wichtig, zunächst mal ein für beide Teile geltendes Fundament zu setzen. Und da muß klar gesagt werden, dass die Würdigung der lutherischen Erkenntnisse einfach nicht möglich ist, ohne auf die mehr oder weniger schillernde Person Luthers zurückzugreifen. Sollte das nicht beidseitig festgestellt werden können, ist tatsächlich jede weitere Diskussion unsinnig geworden; und nicht nur wegen der allein schon genügenden These, wonach derjenige, der sich trennt, zurückkehren muß, vergleichbar dem Sohn, der mit dem ihm vom Vater gegebenen Erbteil in die Welt hinausging, und es dort verprasste. Danach erkannte er sein Fehlverhalten ( ohne Diskussion mit den Eltern und Geschwistern!! ) und kehrte, ohne Bedingungen zu stellen, zum Vater zurück, um diesen um Verzeihung zu bitten und seiner Hoffnung Ausdruck zu verleihen, um wiederum einen Platz im Hause des Vaters einnehmen zu dürfen.

Wenn also conscientia tatsächlich katholischer Pfarrer ist, dann wundere ich mich umso mehr darüber, wie er lutherisches Gedankengut und die Person Luthers selbst in Schutz nimmt. Nicht nur das, er hat sich auch ausreichend mit protestantischen Auslegungen und Sichten beschäftigt, um damit zumindest eine Verteidigung Luthers und seiner Lehre zu versuchen. Dass er sich mit der Argumentation der Protestanten auseinander setzt, ist grundsätzlich ja nicht verkehrt, aber zunächst muß er doch zu erkennen suchen, wie es eigentlich zur heutigen Situation gekommen ist. Dazu zählt nicht allein die Kenntnis über die veränderte Lehre, sondern auch deren Ursachen und vor allem die Kenntnisse über den Verursacher selbst, über Martin Luther.
Ich hoffe, dass er, conscientia, die Unterschiede zwischen katholischer und protestantischer Lehrauffassung noch erkennt und imstande ist, eine klare Trennlinie zu ziehen, nämlich da, wo diese gezogen werden muß. Würde mich überhaupt interessieren, in welchem Ausmaß conscientia in die ökumenischen Gespräche involviert ist.

Leider scheint auch damit geklärt zu sein, weshalb conscientia meine weiter oben nochmals eingefügten Fragen an ihn nicht beantworten will, denn ansonsten hätte er diese ohne weiteres beantworten können, ohne, im Normalfall, in eine Konfliktsituation zu geraten bzw. ohne dass eine Konfliktsituation festgestellt wird.
Gleichfalls hoffe ich, dass er weiß, dass er römisch-katholisch ist.
Mit jeder Aufgabe einer wesentlichen katholischen Position nähert man sich nämlich häretischen Ansichten an und wird womöglich selbst zum Häretiker.
Und als das muss Luther immer noch angesehen werden, als exkommunizierter Häretiker, der zeitlebens nicht den Weg zur einen Kirche zurückgefunden hat, bzw. nicht finden wollte. Daran hat sich bis heute nichts verändert.

Und, falls es immer noch welche gibt, denen nicht aufgefallen ist, worauf ich hinaus will:

Ist es möglich, protestantische Lehren, sowie protestantische An- und Einsichten katholischerseits zu verteidigen, ohne nicht selbst zum Protestanten zu werden?

Ist es unter diesen Umständen möglich, ökumenische Gespräche gewissermaßen auf gleicher Ebene zu führen, ganz so, als hätte sich nichts geändert, als wäre es eine sinnstiftende Diskussion unter Katholiken, die im Prinzipiellen und im Wesentlichen das gleiche glauben und wo keine Trennung stattgefunden hat?

Deshalb, genau aus diesen Gründen, ist die Person Luthers aus einer Diskussion über den hinterlassenen Glauben Luthers nicht weg zu denken. Wer anders denkt, hat Wesentliches einfach nicht verstanden, beispielsweise das Prinzip von Ursache und Wirkung.
Ohne Ursache – keine Wirkung.

Und nochmals: Was kann an Früchten und Erkenntnissen für die katholische Kirche erwachsen, die ein abgefallenes Glied der Kirche als Wahrheiten darstellt? Luther hat sich von der Kirche, die von Jesus gegründet wurde, durch eigenes Wollen losgesagt. Was wollen an und für sich gesunde Glieder der katholischen Kirche von einem kranken Glied an grundlegenden Wahrheiten erkennen?

Deshalb ist auch die Ökumene und das damit verbundene von jeglicher Basis enthobene und freischwebende ökumenische Gespräch von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

sofaklecks
Beiträge: 2776
Registriert: Sonntag 28. Mai 2006, 16:29

Grundfrage

Beitrag von sofaklecks »

Dass sich man beidseits des Grabens an den Kopf fasst, wenn jemand laut über die Heiligsprechung Luthers nachdenkt, ist klar.

Ich bin auch dafür, klar die Ursachen der Kirchenspaltung herauszuarbeiten.

Indessen bin ich gänzlich anderer Auffassung, was die Frage angeht, ob man denn von abgefallenen Gliedern etwas lernen könne. Diese Möglichkeit völlig auszuschliessen, heisst, jemanden, der über dieselben Dinge nachdenkt, für generell unfähig zu erklären, der Wahrheit näherzukommen. Dies gilt gar dann nicht nur für die Person Martin Luthers, sondern für evangelische Theologen schlechthin.

Der Denkfehler liegt m.E. darin, die protestantischen Theologen für schlechterdings unfähig dazu zu halten, aus ihrer Sicht Erkenntnisse über die Schrift und über Gott zu finden, die die katholische Kirche befruchten könnten. Oder deren Widerlegung die katholische Theologie weiterbringt.

Der weitere Denkfehler liegt darin, dass man annimmt, man könne eine Idee einfach dadurch aus der Welt schaffen, dass man ihren Urheber abqualifiziert. Das ist eine extrem kurzsichtige Vorgehensweise: Die Idee entwickelt sich ob ihrer Überzeugungskraft und ist sie richtig, dann kann man sich höchstens darüber wundern, dass ein so blindes Huhn so ein Korn gefunden oder so ein Ei gelegt hat. Kluge Einsichten werden nicht nur asketischen Einsiedlern geschenkt.

Ich als Laie stehe dieser Diskussion hier schlicht fassungslos gegenüber. Noch mehr, es gibt mir zu denken, wie Menschen, die mit identischen Worten ihren Glauben bekennen, derart miteinander umgehen. Das kann ein Nichtchrist nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen. Noch klarer: Wer diese Diskussion hier als Nichtchrist liest, wird als nächstes das Buch des Herrn Dawkins lesen.

Ja, es ist richtig, der auch hier im Kreuzgang immer wieder vertretenen Auffassung entschieden entgegenzutreten, man solle die Ökumene zustandebringen, indem jeder ein bisschen nachgibt. Ökumene zustandebringen heisst Überzeugungsarbeit zu leisten.

Aber die besteht nicht darin, dass einer dem anderen Bücher über den Weinverbrauch Luthers und der umgekehrt eines über den, pardon, Kurtisanenverbrauch der Borgiapäpste um die Ohren schlägt. Sondern darin, zu sehen, wo die Gemeinsamkeiten sind und die Unterschiede. Und letztere auszudiskutieren. Man lese in dem Jesusbuch des Papstes. Er zitiert evangelische und katholische Theologen und setzt sich mit jeder Meinung auf hohem Niveau auseinander. Das ist die richtige Methode.

sofaklecks

John Grantham
Beiträge: 1678
Registriert: Mittwoch 5. Juli 2006, 17:45
Wohnort: Hannover
Kontaktdaten:

Re: Grundfrage

Beitrag von John Grantham »

Lieber sofaklecks,

Deinen sehr zu schätzenden Beitrag in allen Ehren, aber die Vernunft ist im Internet strengstens verboten.

Bild

;)

Cheers,

John
Zuletzt geändert von John Grantham am Donnerstag 1. Mai 2008, 21:55, insgesamt 1-mal geändert.
Der Beweis, dass Gott einen Sinn für Humor hat: Er hat die Menschheit geschaffen.
[ Alt-Katholisch/Anglikanisch in Hannover ]

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Beitrag von Stephen Dedalus »

Danke Sofaklecks, für Deinen wertvollen Beitrag.

Das grundsätzliche Problem der Ökumene besteht m. E. darin, daß wir Geschichte, auch Kirchengeschichte, nur rückwärts betrachten können, aber nach vorne leben müssen.

Wir finden uns in einer Situation der Trennung zwischen unterschiedlichen kirchlichen Traditionen. In jeder dieser Traditionen gibt es eine eigene tradierte Version zur Frage, wie und warum diese Trennung zustande kam und was sie bedeutete. Dies gehört zur jeweiligen Identität der jeweiligen Tradition. Das Problem ist nun, daß wir gerne immer wieder an diesen Punkt zurückkommen möchten, um von daher, sozusagen von der Wurzel her, die Ursachen der Trennung anzugehen. Das ist aber kaum möglich, da wir uns alle weiterentwickelt haben. Die Katholiken von heute sind nicht mit denen des 16. Jahrhunderts identisch, ebensowenig wie die Lutheraner. Auch wenn die Wurzeln der Trennung im 16. Jahrhundert liegen, muß die Überwindung der Trennung nicht im 16. Jahrhundert gesucht werden, sondern in einer gemeinsamen Zukunft - oder zumindest in einem offenen Dialog darüber, wie diese Zukunft aussehen soll.

Echte Ökumene sucht dabei nach der Wahrheit. Nur im Wachsen auf die Wahrheit hin kann diese Gemeinsamkeit entstehen. Wer dabei der Meinung ist, ein Stück der Wahrheit erkannt zu haben, muß sich mühen, es seinem Gesprächspartner so zu erklären, daß auch dieser es als Wahrheit erkennt. Dieser Prozeß kann lange dauern, vielleicht wird er in manchen Fragen nicht zu einem Abschluß führen.
If only closed minds came with closed mouths.

conscientia
Beiträge: 621
Registriert: Freitag 18. April 2008, 12:04

Keine Sorge

Beitrag von conscientia »

Keine Sorge, ich melde mich baldmöglichst wieder, habe im Moment andere Sachen vorrangig zu erledigen.
Grüße
c.

ad_hoc
Beiträge: 4877
Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 12:14

Beitrag von ad_hoc »

sofaklecks hat u. a. geschrieben:
Der Denkfehler liegt m.E. darin, die protestantischen Theologen für schlechterdings unfähig dazu zu halten, aus ihrer Sicht Erkenntnisse über die Schrift und über Gott zu finden, die die katholische Kirche befruchten könnten. Oder deren Widerlegung die katholische Theologie weiterbringt.

Antwort:
Die protestantischen Theologen sind nicht unfähig, aus ihrer Sicht die richtigen Erkenntnisse zu finden, aber zunächst mal jeder für sich selbst; sonst würden sie ja tatsächlich irgendwann gesammelt zur Katholischen Kirche übertreten.
In diesem Fall wären es Erkenntnisse, die in der Katholischen Kirche bereits gegeben sind und sie würden dann ohnehin in die Katholische Kirche eintreten, weil sie diese Erkenntnisse dort vorfinden.
Andererseits würde mich natürlich schon interessieren, wie so etwas denn aussehen würde, wenn ein protestantischer Theologe eine Erkenntnis erhält, und diese der Katholischen Kirche zwecks Befruchtung übermittelt. Auch die Widerlegung einer solchen protestantischen Erkenntnis, um die Katholische Kirche weiterzubringen, wäre schon mal interessant. Wie so etwas bloß aussehen könnte?


Der weitere Denkfehler liegt darin, dass man annimmt, man könne eine Idee einfach dadurch aus der Welt schaffen, dass man ihren Urheber abqualifiziert. Das ist eine extrem kurzsichtige Vorgehensweise: Die Idee entwickelt sich ob ihrer Überzeugungskraft und ist sie richtig, dann kann man sich höchstens darüber wundern, dass ein so blindes Huhn so ein Korn gefunden oder so ein Ei gelegt hat. Kluge Einsichten werden nicht nur asketischen Einsiedlern geschenkt.

Antwort:
Das ist so nicht richtig. Ein Urheber läßt sich nur dann abqualifizieren, wenn es etwas Abzuqualifizierendes an ihm gibt. Wie schon erwähnt: ein Lügner und Verleumder kann niemanden von der Wahrheit überzeugen, auch dann, wenn er tatsächlich mal etwas Wahres behaupten würde.
Und eine Idee nährt sich zunächst nicht von ihrer Überzeugungskraft, sondern von der Glaubwürdigkeit und der Kompetenz des Urhebers. Sobald diese Idee die Öffentlichkeit erreicht, muß sie sich einer Überprüfung stellen, sowohl die Idee als auch deren Urheber.

Aber eine Idee kann auch ohne Berücksichtigung des Urhebers weiterverbreitet werden, und zwar aus allen möglichen Gründen. Z. B. weil sie etwas deutlich einfacher gestaltet, weil sie zu weniger verpflichtet, weil sie das Leben insgesamt zunächst mal einfacher zu machen scheint und vor allem deshalb, weil sie weniger oder gar keine Verpflichtungen auferlegt. In diesem Fall ist eine solche Entwicklung ein Selbstläufer, und warum: weil die meisten Menschen vor der Verantwortung für sich und andere und besonders vor der eigenen Verpflichtung davon laufen.
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Die Katholiken von heute sind nicht mit denen des 16. Jahrhunderts identisch, ebensowenig wie die Lutheraner. Auch wenn die Wurzeln der Trennung im 16. Jahrhundert liegen, muß die Überwindung der Trennung nicht im 16. Jahrhundert gesucht werden, sondern in einer gemeinsamen Zukunft - oder zumindest in einem offenen Dialog darüber, wie diese Zukunft aussehen soll.
Was ist aus den unterschiedlichen Entwicklungen zu schließen? Die Katholiken haben sich weiter entwickelt in ihren Erkenntnissen, und die Protestanten haben sich weiter entwickelt in ihren Erkenntnissen, die aufgrund der unterschiedlichen Annahmen selbstverständlich unterschiedliche und deshalb voneinander weiter trennende Entwicklungsstufen hinter sich gebracht haben.

Und dies bedeutet ganz einfach: zurück zum letzten gemeinsamen Nenner, um von dort aus die unterschiedlichen Entwicklungsstufen anzugehen und vor allen Dingen das ursprünglich Trennende herauszukristallisieren und darüber zu sprechen.

Ansonsten diskutiert man, wie schon angedeutet, freischwebend in der Luft, ohne Bindung an den Ursprung. Wenn die Bindung an den Ursprung verloren gegangen ist, ist es um so schwieriger, diejenigen Gründe und Motive zu verstehen, die zu den trennenden Einstellungen geführt haben.
Was bleibt ansonsten übrig? Die Überlegungen, wo können wir uns einigen, wo müssen wir was noch unter den Tisch fallen lassen, weil eine Einigung derzeit nicht möglich ist?

Und genau dies passiert heute.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

John Grantham
Beiträge: 1678
Registriert: Mittwoch 5. Juli 2006, 17:45
Wohnort: Hannover
Kontaktdaten:

Beitrag von John Grantham »

ad_hoc hat geschrieben:Was ist aus den unterschiedlichen Entwicklungen zu schließen? Die Katholiken haben sich weiter entwickelt in ihren Erkenntnissen, und die Protestanten haben sich weiter entwickelt in ihren Erkenntnissen, die aufgrund der unterschiedlichen Annahmen selbstverständlich unterschiedliche und deshalb voneinander weiter trennende Entwicklungsstufen hinter sich gebracht haben.

Und dies bedeutet ganz einfach: zurück zum letzten gemeinsamen Nenner, um von dort aus die unterschiedlichen Entwicklungsstufen anzugehen und vor allen Dingen das ursprünglich Trennende herauszukristallisieren und darüber zu sprechen.
Zwar würde ich das mit "die Wahrheit ist irgendwo in der Mitte" zusammenfassen, aber das (ziemlich große) Problem mit der Aussage ist, die verschiedenen Gruppen -- die Römisch-Katholiken erst recht* -- sind nicht in der Lage, zuzugeben, daß ihr Beitrag zur Auseinanderentwicklung besonders groß oder gar überhaupt präsent ist. Jeder beruft sich auf die Urkirche und behauptet, man sie näher an der Quelle als alle anderen.

(* - Gerade das Papsttum ist hier die Blockade. Wo der Papst sei, sei die Kirche, und die Kirche habe immer Recht, weil sie den Papst hat, ad absurdum ad nauseam. Ich weiß, nicht alle Römisch-Katholiken denken so, aber in ökumenischen Gesprächen geht es oft so aus.)

Daher finde ich SDs Variante sinnvoller. Man findet eine Möglichkeit, den Weg gemeinsam zu gehen, wo man aufs Allernotwendigste konzentriert -- auf die Botschaft Jesu -- und hört auf, möglichst viel und das möglichst detailliert verbindlich zu machen.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Lutheraner, Anglikaner, Römisch-Katholiken, Orthodoxe, Alt-Katholiken, und Methodisten glauben alle an Realpräsenz in der Eucharistie, mit etwas mehr Mühe sogar Calvinisten glauben das nach ihrer Art, nur die Auslegung ist in verschiedenen Punkten unterschiedlich. Ist es wirklich so schlimm, wenn ein Lutheraner an seinem "in und unter" festhält, während Römisch-Katholiken meinen, jedes Partikelchen ist Gott, solange die Praxis Realpräsenz reflektiert? Beide sagen "das ist Gott".

(Gleich kommt Spott von wegen "kleinster gemeinsamer Nenner". :roll:)

Einerseits muß die Kirche tatsächlich bestimmte Erkenntnisse festlegen und sie für verbindlich erklären. Das ist nicht viel anders als in einem Rechtsstaat mit der Verfassung. Aber alles darüber hinaus muß gewisse Spielräume erlauben, solange alle Beteiligten diese Grunderkenntnisse nicht anfaßt, und irgendwo muß man (wie Pater Theodoros sagt) zugeben, daß man selbst evtl. in Unrecht ist (von den Grunderkenntnissen abgesehen) und auch sehen, daß die anderen zumindest den guten Willen und richtige Motivation haben.

Daher meine Aussage oben, daß der Hl. Geist in den ökumenischen Konzilien weht. Die Konzilien der ungeteilten Kirche sind unsere Garantie, daß die Kirche richtig liegt, wo alle im Konsens sind. Die Bereitschaft muß da sein, alles, was danach kam, in Frage zu stellen.

Cheers,

John
Der Beweis, dass Gott einen Sinn für Humor hat: Er hat die Menschheit geschaffen.
[ Alt-Katholisch/Anglikanisch in Hannover ]

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Beitrag von Stephen Dedalus »

ad_hoc hat geschrieben: Und dies bedeutet ganz einfach: zurück zum letzten gemeinsamen Nenner, um von dort aus die unterschiedlichen Entwicklungsstufen anzugehen und vor allen Dingen das ursprünglich Trennende herauszukristallisieren und darüber zu sprechen.
Genau dies geht imho nicht. Zurückdrehen läßt sich die Geschichte nicht, und keiner von uns, Katholik, Anglikaner oder Lutheraner kann plötzlich wieder so denken wie im 16. Jahrhundert. Unser Verständnis der Trennungen der Reformationszeit muß zwar eine Rolle in unseren Dialogen heute spielen, aber gelebt und gestaltet werden kann nur nach vorne!

Eine der besten Methoden des ökumenischen Dialogs hat m. E. die ARCIC (Anglikanisch/Römisch-Katholische Internationale Kommission) erarbeitet. Sie nennen das Re-Rezeption der Tradition. Dabei geht es schlicht darum, sich die einzelnen Punkte der theologischen und kirchlichen Tradition Schritt für Schritt vorzunehmen und gemeinsam zu diskutieren, wie diese heute verstanden und gelebt werden. Dabei wird besonders gefragt, ob man die Aussagen der Tradition heute in einer Weise formulieren kann, die sowohl treu die eigene kirchliche Überlieferung wiedergibt wie auch annehmbar ist für den ökumenischen Partner. Die Ergebnisse sind erstaunlich. Das jüngste Beispiel, ein Dokument über Maria (Mary: Grace and Hope in Christ) legt davon ein beredtes Zeugnis ab.

Der Vorteil dieser Methode scheint zweifach zu sein: Zum einen natürlich werden an manchen Punkten bestehende Trennungen überwunden. In einem Gespräch, das nicht geführt wird, um die Kontroversen der Vergangenheit aufzuwärmen, sondern um gemeinsam die Aussagen der Tradition für heute zu diskutieren, stellen die Partner häufig erstaunliche Gemeinsamkeiten fest. Dabei geht es nicht um den "kleinsten gemeinsamen Nenner" (verbleibende Trennungen werden jeweils klar benannt).

Der zweite Vorteil liegt darin, daß die Methode der Re-Rezeption die Gesprächspartner jeweils dahin führt, die eigene Tradition besser zu verstehen. Indem man den Gehalt der Tradition neu formuliert, und zwar auf eine Weise, die möglichst die Reizworte vermeidet, die zu einem anderen Zeitpunkt in der Geschichte für den Gesprächspartner unannehmbar waren, vertieft sich das Verständnis des eigenen Glaubens. Statt "nachzugeben" oder Teile des eigenen Glaubens zu verleugnen, führt das ökumenische Gespräch in diesem Fall also tatsächlich weiter auf dem Weg der Erkenntnis.
If only closed minds came with closed mouths.

Benutzeravatar
taddeo
Moderator
Beiträge: 19226
Registriert: Donnerstag 18. Januar 2007, 09:07

Beitrag von taddeo »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Indem man den Gehalt der Tradition neu formuliert, ... vertieft sich das Verständnis des eigenen Glaubens. Statt "nachzugeben" oder Teile des eigenen Glaubens zu verleugnen, führt das ökumenische Gespräch in diesem Fall also tatsächlich weiter auf dem Weg der Erkenntnis.
Wenn "Ökumene" dazu führen würde, wäre ja schon viel erreicht.

Genau darin scheint mir aber ein gewisses Problem zu liegen. Die vorher diskutierte und zB von Lutheraner abgelehnte "Weiterentwicklung" des Glaubens, wie sie die katholische Kirche versteht, geschieht ja (zumindest im Idealfall) als tiefere Erkenntnis des Glaubens auf der Grundlage der Heiligen Schrift und der Überlieferung. Dem scheint mir die "traditionalistische" Berufung auf die Bekenntnisschriften als einzig legitime Auslegung der Schrift in den reformierten Gruppierungen zu widersprechen: alles soll so bleiben, wie es Luther und seine Mitstreiter festgelegt haben. Dem gegenüber steht andererseits eine Assimilation des Protestantismus an die jeweils aktuelle Zivilgesellschaft, die bis zur Selbstaufgabe reicht und dem Katholizismus so eigentlich fremd ist. Wie paßt das zusammen, wenn man einerseits die Glaubenslehre auf dem Stand des 16. Jahrhunderts einfriert und andererseits alles rezipiert, was der jeweilige Säkularismus an Strömungen so anbietet, bis hin zu Homo-Ehesegnungen und geschiedenen, wiederverheirateten Amtsträgern?

conscientia
Beiträge: 621
Registriert: Freitag 18. April 2008, 12:04

Beitrag von conscientia »

Salut, beisammen,

man kommt eben nicht immer dazu, sich schnell wieder zu äußern. Zunächst mal zur Info: Die Vorstellung, ich sei katholischer Pfarrer, amüsiert mich. Wahrscheinlich liegt das daran, dass ich daherreden kann wie ein solcher. Das macht wohl die Sozialisation. Ich bin einer, den die Kanonisten als "Weltlaie" bezeichnen würden, zugegeben mit theologischer Ausbildung. Warum ich mich conscientia genannt habe? Weiß ich nicht mehr. Vielleicht weil in diesem Forum Auseinandersetzung über die rechte Lehre von Gnade und Rechtfertigung immer wieder eine Rolle spielen. Vielleicht nenne ich mich gelegentlich um.

Zu ad_hoc's Fragen:
Als ausdrücklicher Anhänger des tridentinischen Glaubensbekenntnisses von 1564 trägst Du selbstverständlich auch die Ergebnisse des Tridentinischen Konzils mit. Weiterhin bist Du renitenter (o Gott) Anhänger eines unverfälschten 2. Vatik. Konzils.
Dazu habe ich aber doch einige Fragen.
1. Gab es Unterschiede in den Zielsetzungen dieser beiden Konzilien?
2. Wenn, wie sahen diese aus?
3. Welches waren denn die Inhalte des 2. Vatik. Konzils, die sich von den Inhalten des Tridentinischen Konzils deutlich unterschieden?
4. Was würdest Du denn als die wesentlichste Unterscheidung ansehen?
5. Inwiefern unterscheidet sich das unverfälschte 2. Vatik. Konzil vom verfälschten 2. Vatik. Konzil?
[color=#][/color]
In aller Kürze! 1. Ja. -
2. Wenn ich recht sehe, ging es auf dem Tridentinum darum, die Doktrin der papsttreuen Lateiner in Auseinandersetzung mit der Zusammenfassung, die man sich von der Lehre der Reformatoren hatte machen lassen (von Konzilstheologen), neu und als Unterscheidungslehre zu formulieren. - Beim letztem Konzil (ich schreibe jetzt immer "dem Konzil", wie es in meiner Kindheit und Jugend Brauch war) ging es darum, die Glaubensdoktrin der römischen Kirche besser und wirksamer zu bewahren und zu erklären, und das bedeutet: nicht mehr in Abgrenzung von einer als böse empfundenen Welt, wie das die Kirche seit Reformation, Aufklärung und Restauration so gerne tat, sondern im Dialog mit ihr, im Auf-sie-Zugehen - und in einer Neu- und Tiefer-Gründung der christlichen Spiritualität im Mysterium des Pascha Jesu Christi (sieh dazu den Art. 1 der Liturgie-Konstitution, den ich als Präambel des ganzen Korpus der Konzils-Texte verstehe). -
3. und 4. Darum grenzt das Konzil nicht ab, sondern geht auf den Gegner, der als Mensch guten Willens gesehen wird, zu und vermittelt. Beispiel Liturgiesprache: Während das Tridentinum die Aussage irgendeines Reformators, Gottesdienst dürfe nur in der Landessprache gefeiert werden (woran sich meines Wissens die lateinkundigen Lutheraner und Anglikaner ohnehin nicht gehalten haben, bei den Kalvinisten weiß ichs nicht), verwirft und sagt, auch das Latein sei als Gottesdienstsprache erlaubt, und die nachtridentinische Reformbewegung diesen Passus dahingehend auslegt, dass die Landessprache gar nicht als Gottesdienstsprache benutzt werden darf, weshalb seither die lateinische Messe Identitätsmerkmal der römischen Kirche ist - erlaubt das Konzil auch den Gebrauch der Landessprache. Es gibt noch mehr solcher Beispiele. Diese möge genügen. Die Stellenbelege erspare ich mir im Moment, Ihr alle werdet meine Antwort lesen wollen.
5. a) Das Konzil unverfälscht: Ich nehme seine Beschlüsse, besonders wenn sie praktischer Natur sind, und versuche, sie glaubhaft in die Wirklichkeit umzusetzen. (Mir wichtig: Theologie mit dem hl. Thomas als Meister; tätige usw. Teilhabe der Gläubigen an der Liturgiefeier, wozu sie in durch die hl. Taufe-Firmung Recht und Pflicht erworben haben; Zusammenhang zwischen Liturgie, Frömmigkeit und Alltagspraxis; gemeinsame Feier der Haupthoren in der Kirche; "Der Messordo soll so überarbeitet werden, dass der eigentliche Sinn der einzelnen Teile und ihr wechselseitiger Zusammenhang deutlicher hervortrete und die fromme und tätige Teilhabe der Gläubigen erleichtert werde." (SC 50) - Was die Teilhabe der Gläubigen erleichtert, ist sinnvoll, was sie stört (auch wenn es modernster Katechetik entspricht), ist sinnlos. - Wer die Reformbedürftigkeit der liturgischen Ordnungen am Vorabend des Konzils leugnet und den inneren Sinn der konziliaren Anordnungen, wie sie in der Liturgiekonstitution stehen, scheint mit das Konzil zu verfälschen. Es war nicht irgendein Papst (wie der hl. Pius X. mit der Brevierreform 1911 oder Pius XII.), es waren römischer Papst und römisches Patriarchatskonzil gemeinsam, die für die ganze Weltkirche, so weit sie mit dem Stuhl Petri in Sakramentengemeinschaft steht, eine innere und äußere Erneuerung der Liturgiefeier angeordnet haben (das die Rezipienten verfälschenderweise etwas anderes daraus gemacht haben, ist eine andere Diskussion.)
b) Verfälschtes Konzil: Ich picke mir nur einen Teil aus den Anordnungen des Konzils heraus und sage dann, das war's, obwohl eigentlich mehr dazu gehört. Beispiel: Beim Art. 36 (Gebrauch der lateinischen Sprache) darf ich nicht nur § 1 zitieren ("...soll in den lateinischen Riten erhalten bleiben, soweit nicht Sonderrecht entgegensteht"), sondern muss auch die nachfolgen Paragrafen berücksichtigen: § 2: Der Gebrauch der Muttersprache kann nicht selten sehr nützlich sein, darum weiteren Raum, bei Lesungen und Hinweisen und einigen Orationen und Gesängen. § 3: Die für einzelne Gebiete zuständige Autorität bestimmt, ob und in welcher Weise (probatio und confirmatio durch den römischen Stuhl). § 4: Muttersprachliche Übersetzung von der in § 3 genannten Autorität approbiert. - Wer nur § 1 zitiert, ohne die positive Würdigung der Muttersprache in § 2 ebenfalls zu zitieren, führt bewusst Menschen in die Irre, verfälscht das Konzil. Auf eine ähnliche Tour ist leider auch das Tridentinum verfälscht worden. Alles weitere, wenn ich eines Tages einmal dazu gekommen bin, etwas Profundes dazu zuschreiben.


Bis auf bald
c.

Raimund J.
Beiträge: 6092
Registriert: Dienstag 3. April 2007, 09:33

Beitrag von Raimund J. »

conscientia hat geschrieben:Zunächst mal zur Info: Die Vorstellung, ich sei katholischer Pfarrer, amüsiert mich.

Ich hätte auf Oberlehrer getippt.
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

conscientia
Beiträge: 621
Registriert: Freitag 18. April 2008, 12:04

Noch'n paar Überlegungen

Beitrag von conscientia »

ad_hoc hat geschrieben: [1] vergleichbar dem Sohn, der mit dem ihm vom Vater gegebenen Erbteil in die Welt hinausging, und es dort verprasste. Danach erkannte er sein Fehlverhalten ( ohne Diskussion mit den Eltern und Geschwistern!! ) und kehrte, ohne Bedingungen zu stellen, zum Vater zurück, um diesen um Verzeihung zu bitten und seiner Hoffnung Ausdruck zu verleihen, um wiederum einen Platz im Hause des Vaters einnehmen zu dürfen.

[2] Dazu zählt nicht allein die Kenntnis über die veränderte Lehre, sondern auch deren Ursachen und vor allem die Kenntnisse über den Verursacher selbst, über Martin Luther.
Ich hoffe, dass er, conscientia, die Unterschiede zwischen katholischer und protestantischer Lehrauffassung noch erkennt und imstande ist, eine klare Trennlinie zu ziehen, nämlich da, wo diese gezogen werden muß. Würde mich überhaupt interessieren, in welchem Ausmaß conscientia in die ökumenischen Gespräche involviert ist.
[3] Mit jeder Aufgabe einer wesentlichen katholischen Position nähert man sich nämlich häretischen Ansichten an und wird womöglich selbst zum Häretiker.
Und als das muss Luther immer noch angesehen werden, als exkommunizierter Häretiker, der zeitlebens nicht den Weg zur einen Kirche zurückgefunden hat, bzw. nicht finden wollte. Daran hat sich bis heute nichts verändert.

[4] Und, falls es immer noch welche gibt, denen nicht aufgefallen ist, worauf ich hinaus will:

Ist es möglich, protestantische Lehren, sowie protestantische An- und Einsichten katholischerseits zu verteidigen, ohne nicht selbst zum Protestanten zu werden?

Ist es unter diesen Umständen möglich, ökumenische Gespräche gewissermaßen auf gleicher Ebene zu führen, ganz so, als hätte sich nichts geändert, als wäre es eine sinnstiftende Diskussion unter Katholiken, die im Prinzipiellen und im Wesentlichen das gleiche glauben und wo keine Trennung stattgefunden hat?

Deshalb, genau aus diesen Gründen, ist die Person Luthers aus einer Diskussion über den hinterlassenen Glauben Luthers nicht weg zu denken. [5] Wer anders denkt, hat Wesentliches einfach nicht verstanden, beispielsweise das Prinzip von Ursache und Wirkung.
Ohne Ursache – keine Wirkung.

[6] Und nochmals: Was kann an Früchten und Erkenntnissen für die katholische Kirche erwachsen, die ein abgefallenes Glied der Kirche als Wahrheiten darstellt? Luther hat sich von der Kirche, die von Jesus gegründet wurde, durch eigenes Wollen losgesagt. Was wollen an und für sich gesunde Glieder der katholischen Kirche von einem kranken Glied an grundlegenden Wahrheiten erkennen?

[7] Deshalb ist auch die Ökumene und das damit verbundene von jeglicher Basis enthobene und freischwebende ökumenische Gespräch von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Gruß, ad_hoc
Lieber ad_hoc, einige kurze Nachträge: Was John und Stephen zur Methode des ökumenischen Nachdenkens geschrieben haben, halte ich prinzipiell für richtig. Sehr treffend ist der Begriff Re-Rezeption. Vielleicht darf ich von mir sagen, dass ich mich um eine Re-Rezeption meiner konfessionellen Tradition bemühe: In Auseinandersetzung mit den Argumenten der anderen erscheint mir die Sache selbst in neuem Licht, ich lerne ihren eigentlichen Sinn besser zu erfassen.
[1] Mit dieser Bemerkung zeigst du, dass du eigentlich nur Rückkehrökumene für richtig hältst. Ich umschriebe das Verhältnis zwischen römischer und reformatorischen Kirchen anders: Beide sind aus dem Vaterhaus abgehauen, wobei die römische Kirche, nachdem sie ein neues gefunden und notdürftig geflickt (katholische Reform im 16. u. 17. Jh.) hatte, behauptet hat, sie ist im Vaterhaus geblieben. Leider nur fing es wieder an zu regnen (Aufklärung, Restauration, industrielle Revolution), und das sah sich die römische Kirche schwuppdiwupps gezwungen, von neuem über Bauplan und Reparaturen nachzudenken. Es wurde ein Fundament gegossen (Konzil), kaum war das fertig, fing's ganz heftig an zu regnen, und daraufhin zogen ein paar Katholen zurück ins damals notdürftig geflickte Vaterhaus und behaupteten, Jesus Christus, der Apostel Petrus oder wer auch immer habe es so super gebaut, wie es da steht.

[2] und [3] Vielen Dank für dein therapeutisches Bemühen um meine Glaubensfestigkeit! (Solltest du dich in Dr. Freud umbenennen wollen?) Ich meine schon, ich erkenne ganz gut, wo der Status confessionis in Frage steht und wo noch nicht. Nach all den vielen Lehrgesprächen zwischen der römischen und den lutherischen Kirchen halte ich die konfessionellen Gräben für überwunden. Ich vermute, für den römisch-reformierten Dialog gilt dasselbe.
Mich würde wohl interessieren: Warum ist es dir überhaupt von so existenzieller Wichtigkeit, dass wir alle Lehrverurteilungen der Vergangenheit, Gegenwart so hoch hängen?
Ich selbst fühle mich vom Konzil und seinen Rezipienten im deutschen Sprachraum befreit von einer festgefrorenen Lehrbuch-Theologie wie in Ludwig Ott, "Grundriss des Glaubens".

[4] Wie gesagt: In einem Nach-Denken der Entscheidungen des 16. Jahrhunderts bekomme ich einen neuen Riecher für das existenzielle Anliegen des Augustiner-Eremiten Martin Luther, dem seine Schultheologie (die ja, zum Schaden der Kirche, nicht auf dem hl. Thomas beruhte) in seinen Zweifeln nicht zu helfen mochte. Ich bewundere die humanistische Milde, die das Tridentinum in seiner Gnaden- und Rechtfertigungslehre gezeigt hat. Ich bekomme ein Gespür für die Spuren sowohl einer Augustinischen Entschiedenheit als auch eines überkommenen semipelagianischen Aszetismus in der römischen Kirche, auch in meiner eigenen spirituellen Sozialisation, und denke mir: Das rechte Maß zwischen Augustinus und Luther und ihrem existenziellen Anliegen und dem Anliegen des Pelagius und seiner Anhänger zu wahren, ist ein Ritt auf der Klinge. Wie kann ich da noch urteilen? Und schwupps: ich bin ein Häretiker. Stimmt's? Was ist daran so schlimm? Damit wäre ich wieder bei meiner in 3 formulierten Frage.

[5] Bekenne mich als Andersdenkender.

[6] Antwort findet sich in 1. Meines Erachtens hat sich auch die römische Kirche von Luther losgesagt, durch eifriges Ignorieren seines Anliegens, aber das habe ich gelegentlich (und an einem der vorigen Tage schon) erklärt.

Reicht das vorerst? Ich fühle mich in meiner Häretiker-Haut ganz wohl (obwohl mir das noch nie einer vorgehalten hat).

Einstweilen einen Gruß
c.

Paul Heliosch
Beiträge: 1615
Registriert: Samstag 15. Dezember 2007, 11:52

Beitrag von Paul Heliosch »

Der Begriff "Rückkehroekumene" ist nichts weiter als ein "falscher Fuffziger", der zu nichts ausser zu Streit darüber führt, zu welchem Wert er denn handelbar wäre...

Benutzeravatar
FranzSales
Beiträge: 976
Registriert: Dienstag 14. Oktober 2003, 08:46

Beitrag von FranzSales »

Sehr treffend ist der Begriff Re-Rezeption.
Hier hat es im letzten Jahrhundert vor dem Konzil vielversprechende Ansätze -zumindest, was ich unter Re-Rezeption verstehe- gegeben. Ich denke da insbesondere an die "Nouvelle Theologie" und da insbesondere an Jean Danielou, Louis Bouyer, Yves Congar, Henri de Lubac etc.
Überhaupt: M.E. ist die Literatur in ökumenischer Hinsicht kurz vor dem Konzil äußerst interessant (von beiden Seiten!). Nichts von Wischi-Waschi-Ökumene oder kleinster gemeinsamer Nenner.

Zukunftsträchtig ist m.E. nur eine Rezeption der Alten -und ungeteilten- Kirche. Freilich nicht in einem archäologischen Sinne, sondern eher als moderne Orthodoxie.
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

Benutzeravatar
Peti
Beiträge: 2566
Registriert: Donnerstag 4. Oktober 2007, 11:45
Wohnort: Landkreis München

Beitrag von Peti »

FranzSales hat geschrieben:
Sehr treffend ist der Begriff Re-Rezeption.
Hier hat es im letzten Jahrhundert vor dem Konzil vielversprechende Ansätze -zumindest, was ich unter Re-Rezeption verstehe- gegeben. Ich denke da insbesondere an die "Nouvelle Theologie" und da insbesondere an Jean Danielou, Louis Bouyer, Yves Congar, Henri de Lubac etc.
Überhaupt: M.E. ist die Literatur in ökumenischer Hinsicht kurz vor dem Konzil äußerst interessant (von beiden Seiten!). Nichts von Wischi-Waschi-Ökumene oder kleinster gemeinsamer Nenner.

Zukunftsträchtig ist m.E. nur eine Rezeption der Alten -und ungeteilten- Kirche. Freilich nicht in einem archäologischen Sinne, sondern eher als moderne Orthodoxie.

So sehe ich das Ganze auch.Für Katholiken ist dabei theologisches Feingefühl und Wertschätzung für den Mitchristen notwendig.Er muss zeigen können, dass katholische"Überschüsse" nicht einfach fallengelassen werden können.
"Nicht durch Abschaffung der marianischen Dogmen oder durch Leugnung der apostolischen Sukzession stellt man die Einheit mit den Protestanten her, sondern durch die rechte Einordnung dieser Wahrheiten in das übergreifende christologisch-trinitarische Ganze.
Nicht durch Preisgabe des wahren Primats des Nachfolgers Petri erziehlt man Einigung mit der Orthodoxie, sondern durch dessen glaubwürdige Darlebung im Geist des Evangeliums" (Hans Urs von Balthasar)

ad_hoc
Beiträge: 4877
Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 12:14

Beitrag von ad_hoc »

Der voraussehbaren Ergebnislosigkeit halber will ich gar nicht mehr weiter auf das Thema eingehen.
Eins Statement auf die immer wieder gleichen Erfahrungen in dieser Situation sowie auf den entsprechenden Ausblick sollte zunächst genügen um zu verdeutlichen: Ökumenische Gespräche sind sinnlos verschwendete Zeit.

Es ist mühselig, Menschen, die von ihrem Wissen und ihrer vermeintlichen Berufung überzeugt sind und die deshalb, hier im Bereich der Ökumene, nichts unversucht lassen möchten, auf Teufel komm raus eine Einigung, nicht eine Zusammenführung, nein, eine Einigung trotz Bewahrung der bisherigen gegensätzlichen Positionen zu bewirken. Eine gegenseitige Akzeptanz also, wobei weder die Katholiken noch die Protestanten irgendeinen der für sie wichtigen Lehrsätze aufgeben müssen; man toleriert sich einfach in christlicher Nächstenliebe. Und ist Gast bei der gemeinsamen Mahlfeier, wechselseitig in der katholischen und in der protestantischen Kirche.

Persönlich halte ich eine solche Einstellung für derart bescheuert, dass mir weitere Worte zur Erklärung eines solchen Denkvorgangs einfach fehlen.

Wie ist es möglich, dass informierte und den Glauben zu leben glaubende Katholiken und zugleich wissen sollend, dass sie sich im Besitz der einzigen Wahrheit befinden, derart auf die protestantischen Ökumene-Partner zugehen, stets willens, die eigenen Positionen aufzugeben und dafür schlimmstenfalls protestantische Positionen zu übernehmen, und nicht erkennen, dass sie dadurch selbst den Weg des Schismas gehen?

Es ist ja nicht so, dass die so genannten ökumenischen Gespräche eine neue Erfindung wären. Nein, diese hat es schon viel früher gegeben. Beispiel gefällig? Ob es was nützt?

Zwischen Katholiken und Protestanten sollte ein „Religionsgespräch“ stattfinden, in Worms, um strittige Punkte zu klären und womöglich auf die Wiedervereinigung hinzuarbeiten. Zu dieser Zeit waren bereits fünf vergebliche Versuche dieser Art gescheitert. Jede Partei sollte zwölf Vertreter entsenden. Schließlich war es soweit. Am 11. September 1557 war die erste Zusammenkunft. Bereits in der ersten Sitzung verwarf der protestantische Vertreter, Melanchthon, die „gottlosen Beschlüsse des Konzils von Trient und den Götzendienst der katholischen Kirche“. Auch war unter den Protestanten keine Einigkeit. Die Lutheraner verdammten die Anhänger der Zwinglischen Abendmahlslehre, einige weitere Sektierer ebenfalls und schlossen sie von allen weiteren Sitzungen aus. Die derart Beschimpften verließen gedemütigt die Stadt. Und das Religionsgespräch war beendet.
Schon damals war die innere Zerrissenheit und Uneinigkeit unter den Protestanten offen zu Tage getreten, die ihre Führer bis dahin zu verbergen gesucht hatten.
Einer der bekanntesten Geschichtsschreiber, Ranke, urteilt über dieses Religionsgespräch in Worms: „Es ist demütigend, berichten zu müssen, dass die Besprechung nicht durch Streitigkeiten zwischen zwei grossen Parteien abgebrochen wurde – soweit kam es gar nicht – die Spaltungen unter den Protestanten selbst haben ihr gänzlich ein Ende gemacht.“

Nicht nur das Konzil zu Trient, sondern vor allem der Ausgang dieses religiösen Treffens in Worms, sorgte für eine gewisse Umkehr.
Gegenüber der bisherigen protestantischen Flut war nun die Katholische Kirche wieder auf dem auf dem Weg der Selbstbehauptung.
Petrus Canisius war bei diesem Religionsgespräch auch dabei gewesen. Nicht weil er wollte – er hielt von solchen Versammlungen nichts (die fünf ergebnislosen Treffen zuvor hatten dies ja ausreichend dokumentiert) – aber seine Oberen wollten, dass er dort zugegen wäre. Er schrieb: „Das Gespräch hat die Einigkeit der Katholiken durch die Uneinigkeit der Gegner gefestigt.“
Vierzig Jahre waren seit dem Thesenanschlag Luthers vergangen. Der große Optimismus bei den Protestanten hatte sich gelegt, es zeigte sich, dass die Dinge keineswegs besser geworden waren, manches hatte sich sogar zum Schlechteren gewandelt. Eine gesunde Ernüchterung trat ein.
Canisius warnte immer wieder vor dem Abbröckelungsprozess, dem unbedingt Einhalt geboten werden mußte.
Er sagte, die Kirche sollte ihre Nachgiebigkeit aufgeben und strenger und fester in ihren Forderungen sein.
Im Jahre 1566 fand wiederum ein Reichstag statt, in Augsburg. Auf der Domkanzel suchte Canisius den Kaiser und die Katholiken zu einer festen Haltung zu ermutigen. Beim Abschluss dieses Reichstags war die Stellung der Katholiken zumindest gesichert, ja gestärkt.

Wären damals die Katholiken und vor allem der katholische Klerus entschieden gewesen in ihrem Glauben und in ihren Überzeugungen und damit weniger schlafmützig und kleinmütig, dann wäre vermutlich ein ganz anderer Verlauf eingetreten, unabhängig davon, dass die Fürsten unter allen Umständen die Trennung beibehalten wollten. Denn nie würden diese daran denken, die durch den Glaubensstreit auf sie überkommenen Güter der Katholischen Kirche dieser wieder zurück zu geben.

Und wie ist es heute? Herrscht heute Einigkeit unter den Protestanten? Und bei den Katholiken? Herrscht heute Einigkeit unter diesen? Aber nichtsdestotrotz fühlen sich beide bemüßigt, ökumenische Gespräche zu führen? Mit welchem Hintergrund und mit welcher glaubwürdigen Legitimation, muß man sich da fragen?

Zumindest für die Katholiken gäbe es nur eine Lösung: Wachsen im Glauben, den Glauben verteidigen gegenüber falschen Behauptungen, falschen Überzeugungen und falschen Glaubensauslegungen, Stärken der Glaubensbrüder, und ansonsten: Beten für die Bewahrung des wahren Glaubens und für die abgefallenen und in die Irre geleiteten Brüder und Schwestern, dass sie wieder in die eine wahre Kirche zurückfinden.

Alles andere ist Firlefanz, Selbstbetrug, Selbstüberschätzung.

Allerdings habe ich die Hoffnung, die Vertreter der so genannten ökumenischen Gespräche haben zumindest ahnungsweise begriffen, dass die gegenwärtigen Gespräche unter den derzeitigen Gegebenheiten sinnlos sind, genau so sinnlos, wie sie es schon zuvor waren. Wenn schon die Teilnehmer solcher Gespräche sich nicht von gegnerischen Argumenten überzeugen lassen wollen, wo sind dann, zumindest auf katholischer Seite, diejenigen Vertreter, die von ihrer Persönlichkeit her, von ihrem Wissen, ihrer Reputation und ihrer Spiritualität her gesehen, einen derartigen Eindruck hinterlassen, wie der von mir zitierte Petrus Canisius?
Ist es ein Trost, dass auch die protestantische Seite keine Vorzeigbaren im o. g. Sinne besitzt?

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

John Grantham
Beiträge: 1678
Registriert: Mittwoch 5. Juli 2006, 17:45
Wohnort: Hannover
Kontaktdaten:

Beitrag von John Grantham »

Lieber ad_hoc,

Von Deinen Lippen (oder besser gesagt von Deiner Tastatur) sind schon öfter die Worte gefallen, Antworte von mir oder SD oder anderen vermeintlichen "Protestanten" seien katholischer, als die Antworte der anwesenden Römisch-Katholiken. Vor allem Du beklagst öfter, wie wenig Konsens in etlichen Fragen in der römisch-katholischen Kirche herrscht. Und vor allem scheinst Du eine eigene Vision der "Einheit" innerhalb der Kirche um jeden Preis durchsetzen zu wollen. So gesehen ist die Behauptung, nur bei Protestanten herrscht Uneinigkeit, oder nur Protestanten versuchen, das eigene Kirchenbild durchzusetzen, oder die Andeutung, daß die Rechtgläubigkeit nur innerhalb der römisch-katholischen Kirche zu finden ist, alles ziemlich inkonsequent.

Die Grenzen um "DIE Kirche" herum verlaufen noch lange nicht so sauber und scharfkantig, wie Du hier angeben willst. :hmm:

Ökumenische Gespräche sind auf keinem Fall sinnlos, denn auch wenn es sicherlich Betonköpfe in den verschiedenen Lagern gibt, dienen sie trotzdem, daß diejenigen, die tatsächlich rechtgläubig sind (die eher nicht die Betonköpfe sind...), in Kontakt bleiben und sich gegenseitig unterstützen. Es ist also eine Art Mission -- eine Mission innerhalb des Christentums, die ebenso notwendig ist, wie die außerhalb. Es ist auch die Prüfung schlechthin, von dem, was tatsächlich rechtgläubig ist. Man muß immer stets bereit sein, den Glauben unter Prüfung zu stellen und nicht einfach die Ohren zumachen und andere niederbrüllen oder wegzugehen und zu schmollen.

Der Weg zur Einheit ist es m.E. nicht, vor vorne herein auszugrenzen, sondern einzuladen und in aller Demut, Ehrlichkeit, Offenheit, Geduld und Bescheidenheit Gespräche zu führen.

Cheers,

John
Der Beweis, dass Gott einen Sinn für Humor hat: Er hat die Menschheit geschaffen.
[ Alt-Katholisch/Anglikanisch in Hannover ]

conscientia
Beiträge: 621
Registriert: Freitag 18. April 2008, 12:04

Beitrag von conscientia »

John Grantham hat geschrieben:Lieber ad_hoc,

Von Deinen Lippen (oder besser gesagt von Deiner Tastatur) sind schon öfter die Worte gefallen, Antworte von mir oder SD oder anderen vermeintlichen "Protestanten" seien katholischer, als die Antworte der anwesenden Römisch-Katholiken. Vor allem Du beklagst öfter, wie wenig Konsens in etlichen Fragen in der römisch-katholischen Kirche herrscht. [...]
Die Grenzen um "DIE Kirche" herum verlaufen noch lange nicht so sauber und scharfkantig, wie Du hier angeben willst. :hmm:

[...]
Cheers,

John
Auch die römisch-katholische Kirche, verbreitet auf dem ganzen Erdenrund, geeint und geordnet unter den Bischöfen, ist nicht mehr ein solch monolithischer Block, wie sie es unter den Pius-Päpsten zu sein schien.
Auch damals gab es eine Jugend-, Bibel-, Oft-Kommunion- und Liturgische Bewegung, die sich als Kirchliche (Erneuerungs-)Bewegung verstanden haben. Die Liturgische Bewegung ist von Pius XII. und dem II. Vatikanum als ein Hindurchgehen des Hl. Geistes durch seine Kirche bezeichnet worden.
Selbst die Erneuerung der Scholastik seit der kirchlichen und politischen Restauration in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist eher als Erneuerungsbewegung zu buchen, als Verflüssigen eines vereist erscheinenden Blocks!
Die Käseglocke eines real existierenden Bürokratismus und seiner Unfehlbarkeit (nicht: der päpstlichen) macht in der römischen Kirche manches eindeutig, was es gar nicht ist.
Ansonsten sieh das Hans Urs-Zitat bei Peti.

Gruß
c.

ieromonach
cum angelis psallat Domino
Beiträge: 542
Registriert: Montag 27. August 2007, 20:26
Kontaktdaten:

Rückkehrökumene

Beitrag von ieromonach »

Ihr Lieben,
Röm. Katholizismus haben doch die gleichen Wurzeln in der Theologie. Euer Denken und Forschen ist doch identisch, wieso könnt ihr Euch nicht einigen?

Mit uns Orthodoxen ist das schon problematischer weil wir andere Formen des Denkens in der Theologie benutzen.

Oder hat die Trennung im westlichen Patriarchat gar nichts mit Glauben zu tun sondern nur mit "Rechthaberei" und Macht? Bei vielen Protestanten habe ich aber schon manchmal den Eindruck daß sie nur historisch "evangelisch" sind ansonsen aber ohne Glauben an den Mensch gewordenen Gott.

+P.Theodoros

ad_hoc
Beiträge: 4877
Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 12:14

Beitrag von ad_hoc »

John Grantham und Conscientia

Guckt mal, was ich in meinem letzten Beitrag oben geschrieben habe:
Und wie ist es heute? Herrscht heute Einigkeit unter den Protestanten? Und bei den Katholiken? Herrscht heute Einigkeit unter diesen? Aber nichtsdestotrotz fühlen sich beide bemüßigt, ökumenische Gespräche zu führen? Mit welchem Hintergrund und mit welcher glaubwürdigen Legitimation, muß man sich da fragen?
Da steht's doch, dass nicht nur die Protestanten, sondern auch die Katholiken uneins sind.
Dass ich da eine bestimmte Sicht der Dinge habe, ist doch klar. Und diese Sicht gipfelt vor allem in der Tatsache, dass Gespräche in der Regel immmer auf einen Kompromoss hinauslaufen. Aber Kompromisse kann es ganz einfach in Glaubensüberzeugungen nicht geben. Das bedeutet, entweder gehen die Katholiken zu den Protestanten über, wobei sie automatisch häretisch werden, oder die Protestanten gehen zu den Katholiken über. Im anderen Fall gibt es als Ergebnis von Kompromissen zwei häretische Relgionsgruppen.

Damit es hier nochmals deutlich wird: Ich habe nie behauptet, dass bei den Katholiken alles in Ordnung ist. Z. B. taugen die meisten deutschen Bischöfe, Pfarrer und Theologen nichts. Sie taugen deshalb nichts, weil sie sich nicht an die römischen Vorgaben halten. Und weil sie sich nicht an die römischen Vorgaben halten und demzufolge auch dem Papst den geschuldeten Gehrosam verweigern, haben sie auch nicht den Anspruch auf den Respekt und den Gehorsam des gläubigen Volkes.

Die Katholische Kirche hat derzeit nur den einzigen Vorteil. Sie ist zumindest im Besitz der Wahrheit, was beispielsweise bei den protestantischen Gruppen nicht der Fall ist.

Ich warte immer noch auf eine Studie, die mal auf die häretischen Ursprünge der einzelnen protestantischen Lehren hinweist. Sie sind nahezu alle in den ersten 200 bis 400 Jahren n. Chr. zu suchen und sie haben sich fortgesetzt bis ins Mittelalter und von dort aus bis in die Zeit der Reformation und darüber hinaus bis heute.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

John Grantham
Beiträge: 1678
Registriert: Mittwoch 5. Juli 2006, 17:45
Wohnort: Hannover
Kontaktdaten:

Re: Rückkehrökumene

Beitrag von John Grantham »

ieromonach hat geschrieben:Oder hat die Trennung im westlichen Patriarchat gar nichts mit Glauben zu tun sondern nur mit "Rechthaberei" und Macht?
Der Eindruck ist jedenfalls schwer abzustreiten. *seufz*

Cheers,

John
Der Beweis, dass Gott einen Sinn für Humor hat: Er hat die Menschheit geschaffen.
[ Alt-Katholisch/Anglikanisch in Hannover ]

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Re: Rückkehrökumene

Beitrag von Linus »

John Grantham hat geschrieben:
ieromonach hat geschrieben:Oder hat die Trennung im westlichen Patriarchat gar nichts mit Glauben zu tun sondern nur mit "Rechthaberei" und Macht?
Der Eindruck ist jedenfalls schwer abzustreiten. *seufz*

Cheers,

John
Na dann wechsel doch die Fronten. Wir haben Recht. und Macht. :mrgreen: :D
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Benutzeravatar
Lutheraner
Beiträge: 3914
Registriert: Donnerstag 9. November 2006, 10:50

Beitrag von Lutheraner »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Danke Sofaklecks, für Deinen wertvollen Beitrag.

Das grundsätzliche Problem der Ökumene besteht m. E. darin, daß wir Geschichte, auch Kirchengeschichte, nur rückwärts betrachten können, aber nach vorne leben müssen.

Wir finden uns in einer Situation der Trennung zwischen unterschiedlichen kirchlichen Traditionen. In jeder dieser Traditionen gibt es eine eigene tradierte Version zur Frage, wie und warum diese Trennung zustande kam und was sie bedeutete. Dies gehört zur jeweiligen Identität der jeweiligen Tradition. Das Problem ist nun, daß wir gerne immer wieder an diesen Punkt zurückkommen möchten, um von daher, sozusagen von der Wurzel her, die Ursachen der Trennung anzugehen. Das ist aber kaum möglich, da wir uns alle weiterentwickelt haben. Die Katholiken von heute sind nicht mit denen des 16. Jahrhunderts identisch, ebensowenig wie die Lutheraner. Auch wenn die Wurzeln der Trennung im 16. Jahrhundert liegen, muß die Überwindung der Trennung nicht im 16. Jahrhundert gesucht werden, sondern in einer gemeinsamen Zukunft - oder zumindest in einem offenen Dialog darüber, wie diese Zukunft aussehen soll.

Echte Ökumene sucht dabei nach der Wahrheit. Nur im Wachsen auf die Wahrheit hin kann diese Gemeinsamkeit entstehen. Wer dabei der Meinung ist, ein Stück der Wahrheit erkannt zu haben, muß sich mühen, es seinem Gesprächspartner so zu erklären, daß auch dieser es als Wahrheit erkennt. Dieser Prozeß kann lange dauern, vielleicht wird er in manchen Fragen nicht zu einem Abschluß führen.
Danke, für diesen guten Beitrag!
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

Benutzeravatar
Lutheraner
Beiträge: 3914
Registriert: Donnerstag 9. November 2006, 10:50

Re: Rückkehrökumene

Beitrag von Lutheraner »

Lieber Pater Theodoros,
ieromonach hat geschrieben:Bei vielen Protestanten habe ich aber schon manchmal den Eindruck daß sie nur historisch "evangelisch" sind ansonsen aber ohne Glauben an den Mensch gewordenen Gott.
Das gibt es in anderen christlichen Traditionen doch auch. Ich denke da nur an das Bild der russischen Orthodoxie, das Tolstoi und Leskow in ihren Romanen und Erzählungen zeichnen, an Filmaufnahmen serbisch-orthodoxer Priester, die angeblich Waffen segnen, mit denen die Brüdervölker auf dem Balkan getötet wurden, an das wunderschöne portugiesische Kloster Batalha, das gebaut wurde, um Gott für den militärischen Sieg gegen die katholischen spanischen Glaubensbrüder zu danken, das "Te Deum" das der Papst angeblich nach dem Gemetzel der Bartholomäusnacht Gott zum Dank aufführen ließ, an all die Kirchenleute jeglicher Denomination und Tradition, die aus Hartherzigkeit und Blindheit die Gottesebenbildlichkeit des Menschen mit den Füßen traten. Da war nirgends Glaube an den Mensch gewordenen Gott.
Die Glaubensschwäche ist im mitteleuropäischen "aufgeklärten Protestantismus" leichter erknennbar, da sie generall als Infragestellen des Glaubens auftritt. In anderen Traditionen tritt sie unter dem Gewand der Strenggläubigkeit auf - und ist und war doch genauso immer vorhanden.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

John Grantham
Beiträge: 1678
Registriert: Mittwoch 5. Juli 2006, 17:45
Wohnort: Hannover
Kontaktdaten:

Beitrag von John Grantham »

Lieber ad_hoc,
ad_hoc hat geschrieben:Dass ich da eine bestimmte Sicht der Dinge habe, ist doch klar. Und diese Sicht gipfelt vor allem in der Tatsache, dass Gespräche in der Regel immmer auf einen Kompromoss hinauslaufen. Aber Kompromisse kann es ganz einfach in Glaubensüberzeugungen nicht geben.
Die Frage ist, in wie weit ist etwas ein "Kompromiss"?

Nehmen wir doch mein Beispiel weiter oben -- die Lehre bzgl. der Eucharistie. Solange alle glauben, Gott ist präsent in Brot und Wein, ist es weiter schlimm, wenn der Lutheraner an seinem "in und unter" festhält, während Römisch-Katholiken ihre Substanzlehre haben, solange beide Seiten den anderen ihre Variante nicht vorschreiben und solange die Praxis in allen Fällen diese Präsenz Christi in die Tat umsetzt?

Ich habe sehr häufig den Eindruck, daß Protestanten und Katholiken öfter extrem nahe sind, klammern aber an andere Begrifflichkeiten und Bunkerdenken -- eben weil, wie Pater Theodoros sagt, man lieber Recht haben will und bloß nicht kapitulieren.

Du versuchst auch, die "römischen Vorgaben" durchzusetzen und vor allem Gehorsam gegenüber den Papst. Du wirst aber in der alten Kirche kein Vorbild für dieses Denken finden -- das ist alles eine Entwicklung aus der Reaktion gegen Protestantismus. (Nicht mal Rom verlangt ein solches Papstbild, wie Du hier vertrittst -- der Papst hat nicht immer Recht.) Wenn das kein altkirchliches Vorbild hat, stellt sich die Frage, in wie weit eine derartige Weiterentwicklung tatsächlich apostolisch sein kann.

Sinn und Zweck der Tradition ist es keineswegs, daß man sich von der Quelle distanziert, sondern sie bestätigt.

Wir haben jedoch tatsächlich Vorgaben: Die Credos und die Beschlüße der Konzilien der ungeteilten Kirche. Das ist doch bereits eine ganze Menge, die uns verbindet. Sonst versufft man in immer präziser werdenden selbstgebastelten "Vorgaben" -- Handkommunion gegen Mundkommunion, oder ob man Lila in der Kirche tragen darf. Die Tendenz dabei ist dann nicht mehr, "damit alle eins werden", sondern daß "alle tun, was ich sage". Das ist nicht dasselbe -- statt Liebe und Einladung, Jurismus und Pharisäertum.

Cheers,

John
Der Beweis, dass Gott einen Sinn für Humor hat: Er hat die Menschheit geschaffen.
[ Alt-Katholisch/Anglikanisch in Hannover ]

John Grantham
Beiträge: 1678
Registriert: Mittwoch 5. Juli 2006, 17:45
Wohnort: Hannover
Kontaktdaten:

Beitrag von John Grantham »

Nachtrag: Dieses Vorhaben ist auch ein Beispiel, wo man sich in der römisch-katholischen Kirche von der Tradition entfernt -- und man versucht dann, dieses verkrümmte Kirchenbild anderen vorzuschreiben.

Es ist mit den anderen Mariendogmen auch in etwa so. Anglikaner haben i.d.R. weniger ein Problem mit dem Inhalt der Mariendogmen, als mit der Dogmatisierung einer Präzision dieser Tradition selbst. Das heißt, man schließt damit immer mehr Leute aus, weil sie diese enge Variante der Tradition nicht teilen. Irgendwann hat man dadurch eine Kirche mit einer Mitgliedschaft von eins, und das ist wohl kaum mit "Ut Unum Sint" zu vereinbaren.

Cheers,

John
Der Beweis, dass Gott einen Sinn für Humor hat: Er hat die Menschheit geschaffen.
[ Alt-Katholisch/Anglikanisch in Hannover ]

Benutzeravatar
anneke6
Beiträge: 8493
Registriert: Montag 19. September 2005, 12:27

Beitrag von anneke6 »

Erst einmal werden wir sehen, ob das überhaupt durchkommt. Und so lange wird sich Linus die Altkatholiken nicht angucken müssen…
???

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema