Aussagen über die richtige Feier des Abendmahls

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Lutheraner
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Aussagen über die richtige Feier des Abendmahls

Beitrag von Lutheraner »

Kürzlich war ich in einer nicht so lutherischen Landeskirche in einem Gottesdienst. Die Abendmahlsliturgie bestand nur aus den Einsetzungsworten. Der Pfarrer nahm einen Korb mit kleinen Brotstückchen vom Hochaltar, wandte sich der Gemeinde zu und sprach darüber den ersten Teil der Einsetzungsworte. Anschließend nahm er einen Kelch vom Altar, wandte sich wieder den Gläubigen zu und sprach darüber den zweiten Teil. Bei der Austeilung wurden vorab gefüllte Einzelkelche verwendet, die auf dem Altar standen. Der Kelch wurde nicht verwendet. Ich vermute, dass er leer war.

Die Gemeinde ist vom Bekenntnis her eigentlich lutherisch, die Liturgie aber klar reformiert geprägt.
Mich würde interessieren, ob es in der Geschichte der lutherischen Kirche jemals Diskussionen gab, ob so etwas eine "richtige" Abendmahlsfeier ist oder ob es allgemein detaillierte Aussagen der lutherischen Kirchenväter (z.B. bei Harms, Löhe, etc.) gibt, wie man das Hl. Abendmahl gültig feiert. Mir ist eigentlich nur bekannt, dass nach Luthers Verständnis die Einsetzungsworte notwendig seien. Ansonsten sind mir nur Diskussionen über das Verständnis des Abendmahls (Realpräsenz vs. vergeistigtes Verständnis) bekannt.

Weiß jemand etwas dazu?
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Lioba
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Re: Aussagen über die richtige Feier des Abendmahls

Beitrag von Lioba »

Gab es denn wenigstens ein allgemeines Sündenbekenntnis und Zusprache der Vergebung vorweg? Das gehört für mich untrennbar zu einem wirklich lutherischen Abendmahlsgottesdienst. Einsetzungsworte allein klingt mir ein bisschen minimalistisch, eigentlich hat doch jeder Teil des Abendmahlsgottesdienstes seinen Sinn. Eigentlich auch die Vorbereitung- das ausdrückliche Angebot der Einzelbeichte und der Seelsorge z. B.
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

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Mellon
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Re: Aussagen über die richtige Feier des Abendmahls

Beitrag von Mellon »

Lutheraner hat geschrieben:Kürzlich war ich in einer nicht so lutherischen Landeskirche in einem Gottesdienst. Die Abendmahlsliturgie bestand nur aus den Einsetzungsworten. Der Pfarrer nahm einen Korb mit kleinen Brotstückchen vom Hochaltar, wandte sich der Gemeinde zu und sprach darüber den ersten Teil der Einsetzungsworte. Anschließend nahm er einen Kelch vom Altar, wandte sich wieder den Gläubigen zu und sprach darüber den zweiten Teil. Bei der Austeilung wurden vorab gefüllte Einzelkelche verwendet, die auf dem Altar standen. Der Kelch wurde nicht verwendet. Ich vermute, dass er leer war.
Was heißt in Ihrer Schilderung, daß der betreffende Pfarrer "über" die Brotstückchen und den vermutlich leeren Kelch die Einsetzungsworte sprach? Was heißt "über" etwas sprechen. Woran war das erkennbar?

Es ist ja lutherische Lehre, daß die reale Gegenwart des Leibes und Blutes Christi unter der Gestalt des Brotes und Weins durch die segnend (!) über Brot und Wein gesprochenen Einsetzungsworte zustande kommt. Eine wichtige Belegstelle ist dafür aus den Bekenntnisschriften folgende (Epitome VII, 8+9):
"Was dann die Konsekration belanget, glauben, lehren und bekennen wir, daß solche Gegenwärtigkeit des Leibs und Bluts Christi im H. Abendmahl nicht schaffe einiches Menschen Werk oder Sprechen des Dieners, sunder daß solliche einig und allein der allmächtigen Kraft unsers Herrn Jesu Christi zugeschrieben werden soll.
Daneben aber glauben, lehren und halten wir auch einhellig, daß im Gebrauch des H. Abendmahls die Wort der Einsetzung Christi keineswegs zu unterlassen, sunder öffentlich gesprochen werden sollen, wie geschrieben stehet: „Der gesegnete Kelch, den wir segnen,“ etc. 1. Cor. 11. Wölchs Segnen durch das Sprechen der Worte Christi geschieht.
"

Damit ist gesagt, daß einerseits
1. die Gegenwart des Leibes und Blutes Christi durch einen Segen zustande kommt und dieser Segen durch die segnend über Brot und Wein gesprochenen Einsetzungsworte geschieht und andererseits
2. die Einsetzungsworte eben ein Segen und keine "Hokuspokus-Zauberformel" sind. Mit anderen Worten: Wenn irgendwo ein Stück Brot herumliegt und jemand zufällig in der Nähe zufällig die Einsetzungsworte aus seiner Bibel laut vorliest, so wird dieses Brot nicht zum wahren Leib Christi.

Wie es scheint, lag in dem von Ihnen geschilderten Fall gar nicht die Absicht vor, zu segnen, bzw. zu konsekrieren. Zumindest nicht beim Kelch. Denn der wurde, selbst wenn Wein in ihm drin war, ja außen vor gelassen. Und es bestand offensichtlich auch nicht die Absicht, die Einzelkelche zu segnen. Wer jemanden oder etwas segnen möchte, aber dabei den Hintern zuwendet, dem glaube ich auch die Absicht nicht, wirklich segnen zu wollen.
Der Pfarrer wandte sich der Gemeinde zu - und das ist bezeichnend. Vermutlich (und ich bin hier wirklich nur auf Vermutungen angewiesen) waren die Einsetzungsworte als Erinnerungshilfe für die Gemeinde gedacht. Jesus sollte bei dieser Handlung dadurch vergegenwärtigt werden, daß sich die Gemeinde an Ihn erinnert.
Mir ist es im Grunde unbegreiflich, warum so viele Evangelische Sturm laufen gegen die katholische Lehre, nach der Christus im Abendmahl gegenwärtig ist aufgrund des liturgischen Handelns des geweihten Priesters. Die bei den meisten Protestanten als original "evangelisch" angesehene Position, dass Jesus durch das erinnernde Handeln der Gemeinde vergegenwärtigt werde, ist ja nichts weiter als nur eine Modernisierung, Entmythologisierung und Subjektivierung dieser katholischen Lehre. Beide Male wird der Herr vergegenwärtigt durch das Handeln von Mensche ...
Er kennet seine Scharen / am Glauben, der nicht schaut / und doch dem Unsichtbaren, als säh er ihn, vertraut;
der aus dem Wort gezeuget / und durch das Wort sich nährt / und vor dem Wort sich beuget / und mit dem Wort sich wehrt.

Allons
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Re: Aussagen über die richtige Feier des Abendmahls

Beitrag von Allons »

Mellon hat geschrieben:Es ist ja lutherische Lehre, daß die reale Gegenwart des Leibes und Blutes Christi unter der Gestalt des Brotes und Weins durch die segnend (!) über Brot und Wein gesprochenen Einsetzungsworte zustande kommt. Eine wichtige Belegstelle ist dafür aus den Bekenntnisschriften folgende (Epitome VII, 8+9):
"Was dann die Konsekration belanget, glauben, lehren und bekennen wir, daß solche Gegenwärtigkeit des Leibs und Bluts Christi im H. Abendmahl nicht schaffe einiches Menschen Werk oder Sprechen des Dieners, sunder daß solliche einig und allein der allmächtigen Kraft unsers Herrn Jesu Christi zugeschrieben werden soll.
Daneben aber glauben, lehren und halten wir auch einhellig, daß im Gebrauch des H. Abendmahls die Wort der Einsetzung Christi keineswegs zu unterlassen, sunder öffentlich gesprochen werden sollen, wie geschrieben stehet: „Der gesegnete Kelch, den wir segnen,“ etc. 1. Cor. 11. Wölchs Segnen durch das Sprechen der Worte Christi geschieht.
"

Damit ist gesagt, daß einerseits
1. die Gegenwart des Leibes und Blutes Christi durch einen Segen zustande kommt und dieser Segen durch die segnend über Brot und Wein gesprochenen Einsetzungsworte geschieht und andererseits
2. die Einsetzungsworte eben ein Segen und keine "Hokuspokus-Zauberformel" sind. Mit anderen Worten: Wenn irgendwo ein Stück Brot herumliegt und jemand zufällig in der Nähe zufällig die Einsetzungsworte aus seiner Bibel laut vorliest, so wird dieses Brot nicht zum wahren Leib Christi.

Mir ist es im Grunde unbegreiflich, warum so viele Evangelische Sturm laufen gegen die katholische Lehre, nach der Christus im Abendmahl gegenwärtig ist aufgrund des liturgischen Handelns des geweihten Priesters. Die bei den meisten Protestanten als original "evangelisch" angesehene Position, dass Jesus durch das erinnernde Handeln der Gemeinde vergegenwärtigt werde, ist ja nichts weiter als nur eine Modernisierung, Entmythologisierung und Subjektivierung dieser katholischen Lehre. Beide Male wird der Herr vergegenwärtigt durch das Handeln von Menschen ...
Lieber Mellon,
ich denke auch, dass die Intention der feiernden Gesamtgemeinde (mit dem Liturg/-in in seiner Doppelfunktion als Liturg und Gemeindemitglied) die "Reichweite" der Wandlung bestimmt. Die Intention ist aber sicherlich nicht auf direkten Sichtkontakt zu den Gaben beschränkt sondern kann sich durchaus auch auf die nicht unmittelbar verfügbaren Gaben beziehen. Wenn im Dom (Balina natürlich) also für 800 Leutz Gaben konsekriert werden, müssen die da nicht einen großen Hostienhaufen auf dem Altar anhäufen um den entschlossen zu konsekrieren und wieder zu verteilen, sondern die segnende Intention gilt pars pro toto. Freilich: die segnende Intention sollte sichtbar und für die Gemeide erfahrbar sein, weshalb ich bei manchen Gelegenheiten die Epiklese sehr schmerzlich vermisse bzw. mich um so mehr freue, wenn sie gesprochen wird.

Die Epiklese hat (nach meinem Empfinden) auch die Funktion, die Gemeinde daran zu erinnern, dass zu einem Sakrament immer zwei Aspekte gehören, menschliches Handeln und göttliche Handeln als Gnade/Zusage. Beide sind untrennbar ineinander verschränkt, weshalb jede detaillierte Auseinandersetzung darüber, welche Knöpfchen und Hebelchen in der Liturgie welche Wandlung bewirkt oder nicht bewirkt oder irgentwelche Kausalitätslehren im Endeffekt nur zu Mißverständnissen führen kann.

Hoffe, es geht Dir gut, herzliche Grüße, Allons!

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Lutheraner
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Re: Aussagen über die richtige Feier des Abendmahls

Beitrag von Lutheraner »

Allons hat geschrieben:Wenn im Dom (Balina natürlich) also für 800 Leutz Gaben konsekriert werden, müssen die da nicht einen großen Hostienhaufen auf dem Altar anhäufen um den entschlossen zu konsekrieren und wieder zu verteilen, sondern die segnende Intention gilt pars pro toto.
Das heißt, wenn während der Austeilung zusätzlich Wein und Hostien aus der Sakristei geholt werden, dann müssten sie deiner Meinung nach nicht mehr konsekriert werden?
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

Allons
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Re: Aussagen über die richtige Feier des Abendmahls

Beitrag von Allons »

Moin Luthi, sorry, ich hatte woanders zu tun und war deshalb ne Woche nicht hier. Nein, wenn die Gaben in der Sakristei als Reserve für diesen GD zurückgelegt worden waren würde ich eine erneute Konsekrierung nicht für notwendig halten. Freilich habe ich auch noch kein Abendmahl erlebt, in dem hektisch irgentwelche Reserven herangebückelt worden wären.

Grüße, Allons!

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