Stephen Dedalus hat geschrieben:Natürlich hat die Kirche immer die 'leibliche' Auferstehung gelehrt. Es ist auch klar, daß bis zum Aufstieg der Naturwissenschaften dieser Begriff weniger problematisch war.
Nein, keine einzige naturwissenschaftliche Erkenntnis hat den Begriff der leiblichen Auferstehung problematisch gemacht.
Stephen Dedalus hat geschrieben:Bis dahin war Leugnung der leiblichen Auferstehung gleichbedeutend mit der Leugnung der Auferstehung überhaupt. Spätestens seit dem 19. Jahrhundert wird der Auferstehungsglaube in neuer Weise von verschiedenen Seiten attackiert.
Ja, etwa von David Friedrich Strauß. Mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen hat das allerdings überhaupt nichts zu tun, sondern vielmehr mit den Ideen wahnsinniger Philosophen.
Stephen Dedalus hat geschrieben:Das neue an dem Problem scheint mir, daß die Angriffe nicht nur von Seiten der Glaubensverleugner kommen oder sich auf 'historische Kritik' und Entmythologisierung stützen.
Doch, auch etwa Bultmann & Co. sind Glaubensverleugner. Sie leugnen einfach jeglichen übernatürlichen Eingriff in das Weltgeschehen.
Pierre-Simon Laplace hatte in seiner `Abhandlung über die Himmelsmechanik' den Lenker des Weltalls nicht erwähnt und ihn Napoleon Bonaparte gegenüber als nicht benötigte Hypothese bezeichnet. Das rief Deisten auf den Plan. Wichtiger aber war, dass Gottfried Wilhelm Leibniz bereits die Naturphilosophie Isaac Newtons
ad absurdum geführt hatte. Newtons Weldbild war kausal, seine Kräfte waren immaterielle Agenten.
aequat causa effectum bedeutet bei ihm die Proportionalität von Ursache und Wirkung. Leibniz machte in seiner Bewegungslehre daraus ein metaphysisches Gesetz, das die Identität von Ursache und Wirkung fordert und damit die Kausalität leugnet. Theologen erkannten in Newtons immateriellen Agenten die Einwirkungsmöglichkeit Gottes, die Leibniz eliminierte. Erst die Quantenmechanik gab ihnen wieder Nahrung, der liebe Gott darf durch das im einzelnen zufällig erscheinende Quantengeschehen die Welt lenken.
Das alles spielt aber für die Auferstehung des Herrn und für die anderen Wunder, von denen die Schrift berichtet, keinerlei Rolle. Der gesunde Menschenverstand steht diesen so oder so perplex gegenüber. Die Naturwissenschaft ist nicht in der Lage, Bultmanns Hypothese zu bestätigen oder zu verwerfen. Die Frage, ob, wie und wann übernatürliche Eingriffe in das Weltgeschehen vorkommen, kann von der Naturwissenschaft nicht beantwortet werden.
Stephen Dedalus hat geschrieben:Bedeutete die Auferstehung wirklich, daß der Leichnam Jesu, seit drei Tagen tot, plötzlich wieder lebendig wurde - die Körperfunktionen wieder aktiviert, die Zellen wieder aktiv, das Herz schlug wieder usw... Oder muß man die Wirklichkeit der Auferstehung nicht ganz anders fassen?
Vor 2000 Jahren bedeuteten die Begriffe Leib, Fleisch, Leichnam, Körper, tot und lebendig genau dasselbe wie heute. Dass die Organe aus Zellen bestehen ändert nichts an den Gegebenheiten.
Diejenigen, die die "Wirklichkeit der Auferstehung heute ganz anders fassen" wollen, tun dies nicht wegen irgendwelcher naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern ganz allein deswegen, weil sie jeglichen übernatürlichen Eingriff in das Weltgeschehen leugnen. Tatsächlich fassen sie aber die Wirklichkeit der Auferstehung gar nicht ganz anders. Wie auch? Der Auferstandene hatte schriftgemäß einen räumlich ausgedehnten Leib, aus Fleisch und Knochen, der anfaßbar war und wie der Leib eines Menschen aussah. Sie fassen die Wirklichkeit nicht anders, sondern sie leugnen sie. Sie behaupten einfach, dass das, was wirklich geschehen ist, sich nur in den Köpfen der Jünger abgespielt habe.
Gruß
Sempre