SD hat geschrieben:Gerade in meiner Heimat ist die SELK extrem "low church".
Wusste gar nicht, dass wir bei Euch in London Zweigstellen haben...
Ich habe mal an einer Abendmesse in einer Nachbargemeinde teilgenommen. Die Messe bzw. die Eucharistiefeier wurde dort zwar auch nur von einem Liturgen zelebriert. Dafür wirkten aber ein Vikar (?) als Vorsänger und Vortragskreuzträger, ein Pfarrdiakon als Lektor des Evangeliars und Kelchdiakon sowie ein pensionierter Superintendent als Prediger mit. Man hätte auch hier meinen können, in einer Tridentinischen Messe zu sein, wenn man von der Landessprache in der Liturgie, dem Opferkanon und Symbolen wie Weihrauch und Weihwasser einmal absieht. Der Liturg trug interessanterweise Albe, Stola und Kasel, der Superintendent i. R. nur Albe und Stola (bei der Predigt wurde auch im tridentinischen Ritus nie Kasel getragen), der Pfarrdiakon Albe mit Diakonstola (Schärpe) und der Vierte, vermutlich ein Vikar, schwarzen Talar mit Chorhemd. Die Liturgie wurde nahezu komplett gesungen und die Messe ad orientem zelebriert (nicht ungewöhnlich in der SELK). Kommuniziert wurde, was in der SELK keine Seltenheit ist, im Knien und zwar in der Form der Mundkommunion.
Solche Messen kann man allerdings schon aus Personalgründen nur selten feiern. Da haben es die Gemeinden echt besser, die neben ihrem Gemeindepfarrer noch auf einen rüstigen Ruhestandspfarrer und einen Pfarrdiakon zurückgreifen können. Auch in der SELK gibt es mittlerweile die Situation, dass sich Gemeinden einen Pfarrer teilen müssen und Pfarrstellen aus Kostengründen abgebaut werden, obwohl die SELK-Pfarrer nur 80 % der Pfarrsolds ihrer landeskirchlichen Kollegen und Kolleginnen erhalten.
Kürzlich vertrat ein Pfarrvikar unserem Pfarrer bei dem Predigtgottesdienst. Äußerlich gesehen, er trug den schwarzen Talar mit lutherischem Beffchen, hätte man meinen können, es handle sich bei ihm um einen „low-church-Sympathisanten“. Tatsächlich feierte er mit uns einen schönen Gottesdienst auf Grundlage Luthers Deutschen Messe ohne Abendmahl. Die Liturgie wurde gesungen, selbst so Aufforderungen wie „Lasset und beten“. Bei der Beichte sowie zwischen dem Lied vor der Predigt und der Predigt kniete er sogar vor dem Altar nieder. Eine ältere Frau meinte, dass ihm (junger Familienvater, promovierte vor nicht all zu langer Zeit zum Dr. theol. und soll sein Geld in einem anderen Berufszweig verdienen) das Geld fehle, sich eine andere Amtstracht zuzulegen. Falls sie damit recht haben sollte, könnte man daraus schließen, dass es zwar durchaus liturgische Pfarrer unter den Trägern des schwarzen Talars gibt, sich diese aber aus finanziellen Gründen keine Albe, Stola und Kasel leisten können und die Gemeindekasse dafür nicht herhalten soll. Liturgische Kleidung ist eben ein Adiaphora und daher nicht so wichtig.