holzi hat geschrieben:Wo? Von wem? Interessiert mich nämlich auch!
Der Aufsatz, auf den ich mich bezog, ist von Charlotte Methuen, Women with Oversight. Evidence in the Early Church, in: Women and the Episcopate, Affirming Catholicism - The Journal, ed. by James Rigney, London 2006, S. 83-102. Charlotte Methuen lehrt Kirchengeschichte in Oxford.
Charlotte Methuen gibt einen interessanten Überblick über die Quellenlage zum Thema der episkopalen Aufsicht durch Frauen in der Alten Kirche. Interessanterweise gibt es mehrere Inschriften, die auf "weibliche Bischöfinnen" verweisen ("honorabilis femina episcopa"), eine davon aus dem 6. Jahrhundert. Allerdings läßt sich nicht mit Gewißheit sagen, was der Terminus "episcopa" genau bedeutet, da wir über diese Frauen sonst nichts wissen. Es kann sich um Mütter, Schwestern oder andere Frauen handeln, die in enger Beziehung zu einem Bischof standen. Die Inschriften lassen nicht notwendigerweise den Schluß zu, daß diese Frauen bischöfliche Aufsicht in der Kirche wahrgenommen haben.
Frauen als Apostelinnen
Über Junia aus Rö 16,7 hatten wir ja oben schon kurz gesprochen. Charlotte Methuen verweist auf mehrere Stellen bei den gr. Vätern, die sich ausdrücklich auf Junia als Frau im apostolischen Dienst beziehen (Joh Chrys Hom Ep Paul ad Rom 31; Orig Ep ad Rom Comm 10,23 u 29; Hier Lib Int Heb Nom 72,15) Nach Methuen ist die patristische Evidenz deutlich: Junia wurde sowohl von Paulus wie von den Kirchenvätern der Rang einer Apostelin und eine aktive Teilhabe am ap. Dienst zuerkannt. Dies gilt im übrigen auch für Thekla und Maria Magdalena, die in der Tradition der frühen Kirche ebenfalls als "Apostelinnen" angesehen wurden. Die byzantinische Liturgie verehre beide als "den Aposteln gleich". Besonders für Thekla gelte, daß sie in der östlichen Christenheit in den ersten Jahrhunderten mehr verehrt wurde als die Gottesmutter Maria. (Dazu würde mich sehr die Einschätzung unserer orthodoxen Freunde interessieren!)
Frauen als "presbyterae"
Schwieriger wird es beim terminus "presbytera", der in den Quellen häufig begegnet, zum Teil schon im NT angklingt (Tit 2,3). Hier steht man vor der Schwierigkeit, daß der Terminus der presbytera synonym für Witwe (gr. chära, lat. vidua) gebraucht wurde. Während man in der Forschung dazu neigt, den presbyteros als Ältesten oder Priester zu übersetzen, wird der Begriff der "presbytera" meist mit "Witwe" oder "ältere Frau" wiedergegeben, was nicht immer zutreffen muß. Eine Quellen legen nahe, daß in einigen Gemeinden der Terminus presbytera parallel zum presbyter gebraucht wurde und eine ähnliche Funktionsbezeichnung ist wie die des männlichen Gemeindevorstehers. Auch wenn der Dienst der presbytera sich in erster Linie auf weibliche Gemeindeglieder oder Katechumenen bezog, wurde er doch als klerikaler Dienst angesehen und in den gleichen Begrifflichkeiten gefaßt und beschrieben wie der Dienst der presbyteroi. Origenes z B nimmt in seine Liste der Kleriker auch die presbyterae auf, wobei er allerdings darauf hinweist, daß die pesbyteroi "ordiniert" werden, während die presbyterae "berufen" werden. (Orig Orat 28,4; In Ioh comm 32,12).
Besonders bemerkenswert scheint der Fall einer weiblichen Presbyterin zu sein, die im Briefwechsel zwischen Bischof Firmilian von Caesarea und Cyprian von Karthago erwähnt wird. Diese Frau hat nicht nur getauft, sondern auch Eucharistiefeiern geleitet, geriet aber in Schwierigkeiten, als man sie als "Besessene" erkannte. Interessant an der Diskussion zwischen Cyprian und Firmilian über diesen Fall ist nun, daß offenbar nicht ihr Geschlecht das Problem war, sondern daß Firmilian von Cyprian erfahren will, ob die von einer "Besessenen" gespendeten Sakramente als gültig anzusehen sind. (Cyprian Ep 75, 10-11)
Ab dem dritten Jahrhundert wird der Einfluß von Frauen in kirchlichen Ämtern mehr und mehr zurückgedrängt. Die Didascalia Apostolorum stellt fest, daß Frauen nicht lehren sollten, weil die Heiden dies nicht akzeptieren und sich darüber belustigen. Noch das Konzil von Tours scheint allerdings weibliche Kleriker im Blick gehabt zu haben, als Regelungen für das Leben der Kleriker getroffen wurden. Während den verheirateten Klerikern vorgeschrieben wurde, bei ihren Ehepartnern zu bleiben, allerdins getrennt von ihnen zu schlafen, wurden die unverheirateten Kleriker angewiesen, getrennt zu schlafen, und nicht "presbyter mit presbytera, diaconus mit diaconissa oder subdiaconus mit subdiaconissa". Hier scheint die Struktur der Arguementation nahezulegen, daß die unverheirateten Kleriker in gemischtgeschlechtlichen, zölibatären Paaren zusammengearbeitet haben. Da sich die Canones von Tours ausdrücklich auf die unverheirateten Kleriker beziehen, können nicht die Ehefrauen der jeweiligen Amtsträger gemeint sein.
Die von Methuen dargelegte Quellenlage scheint mir doch für eine stärkere Teilhabe von Frauen an den Ämtern der frühen Kirche zu sprechen, als das gemeinhin angenommen wird. Dies scheint vor allem der Fall gewesen zu sein, weil man es für lange Zeit für angemessen hielt, Frauen durch Frauen geistlich betreuen zu lassen (etwa während der Vorbereitung auf die Taufe). Allerdings wird auch in den hier dargelegten Quellen nicht deutlich, inwieweit Frauen am
sakramentalen Amt in der Kirche Anteil hatten. Bis auf den einen Fall im Briefwechsel zwischen Firmilian und Cyprian scheint es darauf keine direkten Hinweise zu geben.
Gruß
SD