Was Lutheraner glauben "sollen"

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Ich finde, dass die Stelle vom Weltgericht auch gut zu den Seligpreisungen passt.
Der Glaube ist eine Gnade Gottes, aber die Verbreitung des Evangeliums hängt von unserer Mission ab. Warum soll Gott nicht in den Herzen derjenigen, die wir nicht erreichen und missionieren können, den Glauben an die Liebe erwecken können, der sich dann in Werken der Nächstenliebe ausdrückt? Damit hätten wir in der wieder den Bogen zum Glauben geschlagen und man könnte Werke der Nächstenliebe somit immer als Frucht des Glaubens bezeichnen, der sich allerdings nur dort als christlicher Glaube ausdrücken kann, wo das Evangelium rein verkündet wurde. In den anderen Fällen wäre es dann der Glaube an die Liebe. Damit kann man m.E. die Bibelstelle, die vom Weltgericht spricht mit der Rechtfertigungslehre in Einklang bringen(vorausgesetzt man lässt die Rechtfertigungslehre auch ausserhalb des Christentums gelten).
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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overkott
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Beitrag von overkott »

Mit Arief im Hauptwaschgang wäre die Verkündigung nicht nur sauber, sondern sogar rein. :mrgreen:

Johaennschen
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Beitrag von Johaennschen »

Clemens hat geschrieben:Genau da sehe ich bei den Lutheranern ja als Problem, dass sie die Lehre der Apostel verlassen, indem sie sie einschränken auf das, was in der Bibel steht ("sola scriptura"). Und der außerbiblischen Tradition folgen die Lutheraner ja aus Prinzip nicht - sonst müssten sie beispielsweise das dreigliedrige Weiheamt anerkennen und die Heiligenverehrung übernehmen.
Oha! Ein Gleichgesinnter. Wieviele Pastoren mit Deiner Ansicht wird es wohl geben? Kannst Du das schaetzen?
Es gibt keine Dummheit, an die der moderne Mensch nicht imstande wäre zu glauben, sofern er damit nur dem Glauben an Christus ausweicht.
Nicolás Gómez Dávila

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Clemens
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Beitrag von Clemens »

Sei gegrüßt, Bruder Johaennschen!

Das kommt darauf an, wie eng du die Grenze der Gleichgesinntheit ziehst.
In den hochkirchlichen Bruderschaften (Athanasius, Ansgar, Peter & Paul, Michael [Lausitz, nicht EMB!]) sind es insgesamt höchstens ein paar wenige Dutzend.

Von denen sind aber nur wenige so katholisch wie ich. Die meisten verstehen sich eher als Lutheraner, die außerdem noch mehr oder weniger altkirchliches Erbe wiederentdecken (hpts. die Priesterweihe in apostolischer Sukzession haben, oder die Allerheiligenlitanei beten und das Stundengebet pflegen).

Details auf Wunsch per PN!

Allons
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Beitrag von Allons »

Johaennschen hat geschrieben:Oha! Ein Gleichgesinnter. Wieviele Pastoren mit Deiner Ansicht wird es wohl geben? Kannst Du das schaetzen?
Vermutlich sogar mit links (oder rechts). ;D

Gruß, Allons!

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Clemens hat geschrieben:
@Marcus:

Die Unterschiedlichkeit unserer Auffassungen illustriert ja sehr schön dein Verweis auf Apg.2,42.
Genau da sehe ich bei den Lutheranern ja als Problem, dass sie die Lehre der Apostel verlassen, indem sie sie einschränken auf das, was in der Bibel steht ("sola scriptura"). Und der außerbiblischen Tradition folgen die Lutheraner ja aus Prinzip nicht - sonst müssten sie beispielsweise das dreigliedrige Weiheamt anerkennen und die Heiligenverehrung übernehmen.

Und die BSLK "katholisch auslegen", das versuchen auch viele meiner Freunde - aber ich fürchte, das geht nicht - zumindest nicht, wenn man sie der Intention ihrer Verfasser gemäß interpretiert (und nicht wie einen kanonischen Bibeltext buchstäblich exegesiert).
Lieber Clemens,

ich bin hier nicht an einer Zitatenschlammschlacht interessiert. Dass Du eine andere Meinung hast, kann ich akzeptieren. Lutheraner lehnen streng genommen nur das dreigliedrige Weiheamt dann kategorisch ab, wenn dies als göttliche Anordnung oder als göttliches Gebot verkauft wird. Und genau das ist wohl kaum mit der Schrift als „Urtradition“ zu vereinbaren, wo Bezeichnungen wie „Bischof“ und „Presbyter“ austauschbar verwendet werden. Selbst Clemens verwendet diese Begriffe synonym und in der Didache findet sich auch nichts dazu. Man kann zwar in dem Dienst des Titus und des Timotheus schon die Funktion eines Regionalbischofs erkennen, aber auch hier lässt sich kein Unterschied in der Weihe gegenüber anderen Bischöfen/Ältesten, sondern nur in der Funktion feststellen. Die Dreigliederung des Amtes ist zwar eine löbliche traditionelle Ordnung, aber nicht nach göttlichem Recht, sondern basiert auf kirchliches Recht. Daher ordne ich es auch nicht in die Kategorie „Lehrfrage“, sondern „Verfassungsfrage“ ein. Im Kanon von Hippolyt wird sogar im Grunde das selbe Weihegebet für Priester und Bischöfe verwendet. Außerdem gab es auch lange Diskussionen darüber, ob der Unterschied zwischen einem Priester und Bischof nun in der Weihe bestünde oder nicht doch die Priesterweihe an sich alle Charismen verleihe und man bis zur Bischofsweihe lediglich nach kirchlichem Recht gebunden sei. Man muss nicht glauben, dass das heutige Weiheverständnis, wonach die Bischofsweihe die höchste Stufe des Weihesakramentes darstelle, schon immer und überall vertreten worden sei.

Die Praktizierung der Heiligenverehrung ist kein göttliches und auch kein kirchliches Gebot und war es auch nie. Auch ein röm. Katholik ist nicht verpflichtet, St. Maria und die anderen Heiligen und Seeligen um Fürsprache anzurufen. Wenn man sowieso daran glaubt, dass die Heiligen sich um den Thron Gottes versammeln und für die Kirche samt Glieder aus reiner Nächstenlieber beten, dann braucht man sie nicht extra nochmals um Fürbitte anzurufen. Oder meinst Du, sie beten nur für uns, wenn wir sie darum bitten? Wenn man seine Bitten ohnehin schon Richtung Himmel adressiert, kann man sich auch gleich direkt an den Herrn wenden, zumal Er Unser Fürsprecher und Mittler ist. Mal abgesehen davon, dass es keinen Befehl oder eine Empfehlung gibt, die Heiligen im Himmel um Fürsprache zu bitten, sehe ich darin sogar eine gewisse Gefahr. Denn es ist nämlich durchaus möglich und auch schon vorgekommen, dass bei mehrmaligem Erfolg der Beten emotional zu glauben geneigt ist, dass an Heilige adressierte Bitten um Fürbitten effektiver als Gebete zum Herrn selbst seien und man lieber 10 Ave-Marien als ein Christusgebet spricht oder das Vaterunser betet. Das führt dann auch dazu, dass nicht mehr Jesus Christus allein im Mittelpunkt steht. Nur, dass wir uns nicht missverstehen: Ich will keinem Katholiken oder Orthodoxen, der Heilige um Fürsprache bittet, pauschal unterstellen, dass für ihn Jesus Christus nicht mehr im Mittelpunkt stünde. Dennoch sehe ich in dieser Praxis Gefahren. Und gerade zu Zeiten Luthers herrschte doch eine z. T. übertriebene und mit Besorgnis zu Kenntnis nehmende ausgeuferte Volksfrömmigkeit vor.

Schau Dir mal an, wie sola scriptura in der FC definiert ist. Es wird lediglich eine Gleichsetzung zwischen Bibel und Tradition ausgeschlossen, weil sich jeder Lehrer und Lehre mit der Hl. Schrift vereinbaren lassen muss bzw. Glaubenslehren auf schriftlichem Befund gründen müssen. Als die Kirchenväter die Bibel zusammenstellten erfolgte das nach strengen Kriterien. So mussten die biblischen Schriften entweder von den Aposteln selbst stammen oder ihre Autorität dahinter stehen. Allein schon deshalb sind sie im Konfliktfall der außerbiblischen Tradition vorzuziehen. Außerdem wurde die Hl. Schrift zumindest früher in der gesamten Christenheit als göttlich inspiriertes Wort anerkannt. Die außerbiblische Tradition wurde hingegen nie so bezeichnet. Dass auch der außerbiblische Teil der kirchlichen Überlieferung von großem Nutzen sein kann, bestreitet das Luthertum doch gar nicht. Wenn man schon glaubt, dass der hl. Geist einem bei der richtigen Auslegung der Schrift hilft, so empfiehlt sich sogar auf die Tradition zu schauen, da der Geist Gottes schließlich in der gesamten Kirche wirkt und diese in ihrer vollendeten Gesamtheit auch folglich unfehlbar ist.

Die BSLK sind kathoklischer als ihr Ruf. Auch Martin Luther war in Wirklichkeit viel katholischer als man zunächst zu glauben vermag. Darüber wurden schon etliche wissentschaftliche Arbeiten verfasst.
Gerade, wenn es um Luther geht, sollte man berücksichtigen, was er wann und wo genau und aus welchem Grund unter Berücksichtigung der jeweiligen Situationen geäußert hat, da einiges doch pointiert war.

Viele Grüße

Marcus

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Johaenschen hat geschrieben:
Clemens hat geschrieben:Genau da sehe ich bei den Lutheranern ja als Problem, dass sie die Lehre der Apostel verlassen, indem sie sie einschränken auf das, was in der Bibel steht ("sola scriptura"). Und der außerbiblischen Tradition folgen die Lutheraner ja aus Prinzip nicht - sonst müssten sie beispielsweise das dreigliedrige Weiheamt anerkennen und die Heiligenverehrung übernehmen.
Oha! Ein Gleichgesinnter. Wieviele Pastoren mit Deiner Ansicht wird es wohl geben? Kannst Du das schaetzen?
Sei mir jetzt bitte nicht böse, wenn ich Dich so direkt frage: Aber was hindert Dich denn daran z. B. zur RKK oder zur Orthodoxie zu konvertieren? Oder bezogst Du Dich jetzt mehr auf die Landeskirchen?
Zuletzt geändert von Marcus am Freitag 21. November 2008, 23:35, insgesamt 1-mal geändert.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Clemens hat geschrieben:Und die BSLK "katholisch auslegen", das versuchen auch viele meiner Freunde - aber ich fürchte, das geht nicht - zumindest nicht, wenn man sie der Intention ihrer Verfasser gemäß interpretiert (und nicht wie einen kanonischen Bibeltext buchstäblich exegesiert).
In diesem Zwiespalt finde ich mich selbst. Was meine persönliche Auffassung anbelangt, so stimme ich mit der SELK theologisch weitgehend überein (und das viel mehr als mit meiner Landeskirche). Was die Auslegung der BSLK betrifft, so bin ich immer stärker der Auffassung, dass die Auslegung der VELKD richtig ist - richtig im Verständnis der Verfasser: Ich kann nicht die Herleitung des Amtes vom Priestertum aller Getauften mit Verweis auf die CA oder andere Bekenntnisschriften ablehnen, wenn bekannt ist, dass die Autoren der Bekenntnisschriften genau diese Haltung vertreten haben. Das kann man leicht bei Luther und Melanchthon nachlesen. Ich kann nicht mit Verweis auf die Bekenntnisschriften behaupten (wie es Teile der SELK tun), dass Frauen die Sakramente nicht gültig verwalten können, wenn ich bei Luther nachlesen kann, dass er Frauen zum Predigtamt "im Notfall" zulassen würde. Ich kann kaum das unglückliche VELKD-Dokument "ordnungsgemäß berufen" dahingegend kritisieren, dass dort primär "Martin Luthers Schriften" und weniger die BSLK als Belege herangezogen werden, man für diese Thematik aber allein die BSLK, die größtenteils Luther zum Autor hatten oder wie die CA und die FC den Anspruch hatten Luther korrekt zu interpretieren, in einer möglichst hochkirchlichen oder konservativen Auslegung heranziehen um "Luther mit Luther zu widerlegen".

Ich kann einen Text meiner Auffassung nach nur dann richtig auslegen, wenn ich ihn im Sinne des Autors auslege und dazu ist es wichtig andere Schriften, die dieser zu gleicher Zeit verfasst hat, als Referenz heranzuziehen.
Die Einführung der FO, die Herleitung des Amtes aus dem Priestertum aller Getauften, die Unterzeichnung der Leuenberger Konkordie - das kann man alles mit Texten von Luther als gut und richtig begründen. Widerlegen kann man es m.E. nur mit der Bibel (und der kirchlichen Tradition, wenn man sich darauf einlassen möchte).
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Beitrag von Lutheraner »

Clemens hat geschrieben:Das kommt darauf an, wie eng du die Grenze der Gleichgesinntheit ziehst.
In den hochkirchlichen Bruderschaften (Athanasius, Ansgar, Peter & Paul, Michael [Lausitz, nicht EMB!]) sind es insgesamt höchstens ein paar wenige Dutzend.
und was ist mit EMB und Berneuchener Dienst? Das sind in dem Bereich doch die größten Gemeinschaften?
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Clemens
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Beitrag von Clemens »

Ui, viele Fragen, ich versuch´s mal wenigstens mit einem Teil:

EMB und Berneuchener:
die betrachte ich nicht als Gleichgesinnte im Sinne der Frage von Johaennschen. Meines Erachtens sind sie liturgische Ästhetizisten, die lehrmäßig fest auf dem Boden des Landeskirchentums stehen, nur dass sie eben das Stundengebet mit tiefer Hingabe lieben und praktizieren (und sich "ewig" daran aufhalten können, ob man eine bestimmte Note so oder so zu singen hat).
Dergleichen wiederum interessiert mich überhaupt nicht!

Und wg. Sola scriptura:
das ist doch das Problem, dass die Lutheraner jede Lehre, bzw. Praxis, die nicht aus der Schrift abgeleitet werden kann (dass die Schrift ihr nicht widerspricht, oder sie im Gegenteil gar implizit erkennen lässt, beeindruckt BSLK-Fans ja nicht :/ ), als Adiaphoron vernachlässigen, oder gar ablehnen.

Beispiel Priesterweihe:
Dass in der Schrift zu ahnen ist, dass Titus eine besondere Rolle auf Kreta spielt, ist doch klar. Dass ihm dieses Amt und die entsprechende Vollmacht per Handauflegung und Gebet der anderen Bischöfe übertragen wurde, bezeugen die Kirchenväter.
Dass - mangels Notwendigkeit - die Amtsübertragung von Paulus nicht brieflich thematisiert wurde, ist mir da ziemlich egal.
Ich bekenne auch die Inspiration der Schrift, aber doch nicht in dem Sinne, dass "quod non in biblia, non in fide"!
Deswegen ist doch die Priesterweihe nicht weniger notwendig oder geboten, als wenn Paulus einen Grund gehabt hätte, von ihr zu schreiben!

Zu Hippolyt:
Der Kirchenlehrer Hippolyt von Rom (+235) beschreibt in der „Traditio Apostolica“ den Ablauf einer Priesterweihe (und indirekt auch die Bischofsweihe):
„Wenn ein Priester geweiht wird, soll der Bischof die Hand auf sein Haupt legen. Und während die Priester ihn gleichfalls berühren, soll der Bischof gemäß der Form, wie wir es für den Bischof vorgeschrieben haben, betend sprechen: Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, blicke auf diesen deinen Knecht und gewähre ihm den Geist der Gnade und des priesterlichen Rates..."

In den späteren Canones Hippolyti heißt es (Can.4): „Wenn ein Priester ordiniert wird, so geschehe bei ihm, ganz wie beim Bischof geschehen ist; mit Ausnahme des Wortes „Bischof“. Der Bischof ist dem Priester in jeder Beziehung gleich, abgesehen vom Thron und der Ordination, weil jenem keine Macht zu ordinieren gegeben ist.“

Wie groß der Unterschied im Weiheformular ist, ist doch nicht die Frage! Dass es einen Unterschied zwischen Bischof und Priester gibt, wird doch hier hinreichend deutlich.

Und danke, Lutheraner, für die Schützenhilfe bzgl. BSLK-Auslegung!

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Glaubensgrundlage ist nicht Martin Luther und dessen zu seinen Lebzeiten geäußerten Lehren, die sich z. T. widersprechen. Wann wurde das festgelegt? Außerdem trifft es nicht zu, dass die meisten BSLK von Luther stammen. Von Luther selbst stammen die Schmalkaldischen Artikel, sein Großer und Kleiner Katechismus. Nach der FC stellen die BSLK die verbindliche Auslegung der Schrift dar, weil sie ihr entsprechen und nicht, weil sie luthergemäß sind. Auch werden die Schriften der Kirchenväter als Zeugenschriften anerkannt und mir ihr Lehren gerechtfertigt. Sie sind folglich nicht auf Luther fixiert. In den BSLK steht nirgends, dass das Predigtamt von der Priesterschaft der Getauften abzuleiten ist. Vielmehr steht in Melanchthons Traktat: „Weil nun Paulus klar zeugt, er habe bei Petro nicht wollen ansuchen, daß er ihm zu predigen erlaubte, auch dazumal, da er am letzten sei zu ihm [ge]kommen, [so] haben wir eine gewisse Lehre, daß das Predigtamt vom gemeinen Beruf der Apostel herkommt“

Das schließt eine Ableitung des Predigtamtes von der Priesterschaft der Getauften völlig aus.
Auch mit älteren Schriften Luthers ließe sich die Ableitung des Predigtamtes vom Apostolat rechtfertigen: „denn dazu hat er (Christus) den Heiligen Geist gesandt, und selbst berufen und (das öffentl.Predigtamt) gegeben den Aposteln und derselben Nach-kommen, (nämlich) Pfarrer, Prediger, Lehrer, wie St.Paulus Eph.4,11–13 sagt, die es treiben sollen, daß es allenthalben und immerdar schallen soll in der Welt, daß es auch auf Kindeskinder und Nachkommen reiche; sonst (be)dürfte man des Predigt-stuhls ... nicht; denn es könnte ein jeglicher für sich in der Schrift lesen." (W2 XII, 20.)

Die BSLK nehmen für sich in Anspruch, die Bibel richtig wiederzugeben und nicht Luther richtig wiederzugeben. Wenn also zur Ausübung des Predigtamtes eine ordentliche Berufung erforderlich ist und Frauen nach der Schrift davon ausgeschlossen sind, dann widerspricht es der göttlichen Ordnung, wenn Frauen öffentlich das Predigtamt im konkreten Sinne (Pastorenamt) ausüben. Und wo man der göttlichen Ordnung zuwiderhandelt, kann nicht mehr mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass darauf noch der göttliche Segen ruht.

Diese Fixierung auf Luther „Was Luther sagt, das gilt“ widerspricht nicht nur den BSLK und der Hl. Schrift, sondern würde gar das Luthertum zu einer personell-orientierten Sekte verkommen lassen, die außerhalb der Kirche Christi stünde. Die Kirche hat sich christozentrisch auszurichten.

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Hippolytus von Rom hat geschrieben:2. Canon. Über die Bischöfe.


Der Bischof soll vom ganzen Volke gewählt werden; er soll ohne irgend eine heftige Leidenschaft sein, wie über ihn geschrieben ist.[22] In der Woche aber[23], wo er geweiht wird, soll das Volk sagen: „Wir wählen ihn."[24] Herrscht alsdann mit dem Eingeständniß[25] in der ganzen Heerde Stillschweigen, so sollen Alle für ihn beten, indem sie sagen: „O Gott, stärke ihn, den du uns bereitet hast." Alsdann soll Einer aus den Bischöfen und Priestern gewählt wer_den, welcher ihm die Hand auf das Haupt legt und betet, indem er sagt:
Demnach konnten auch Priester eine Ordination ins Bischofsamt nach entsprechender Beauftragung vornehmen. Folglich ist die Festlegung, wer ordinieren darf. eine reine Verfassungsfrage. Würde erst die Bischofsweihe jemanden befähigen, eine gültige Konsekration vorzunehmen, hätte sich Hippolytus anders ausgedrückt.

Darüber hinaus habe ich es nicht bestritten, dass Timotheus und Titus ordnungsgemäß mit Handauflegung ordiniert wurden. Auch nicht, dass ihnen dadurch Amtscharismen mitgeteilt wurden. Mir ging es darum, dass nicht nachweisbar ist, dass sie eine andere höhere Weihe als die anderen Presbyter als Gemeindevorsteher erhalten haben, die zur Ausübung ihrer regionalbischöflichen Funktion notwendig gewesen wäre.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Hallo Marcus,
Marcus hat geschrieben:In den BSLK steht nirgends, dass das Predigtamt von der Priesterschaft der Getauften abzuleiten ist. Vielmehr steht in Melanchthons Traktat: „Weil nun Paulus klar zeugt, er habe bei Petro nicht wollen ansuchen, daß er ihm zu predigen erlaubte, auch dazumal, da er am letzten sei zu ihm [ge]kommen, [so] haben wir eine gewisse Lehre, daß das Predigtamt vom gemeinen Beruf der Apostel herkommt“

Das schließt eine Ableitung des Predigtamtes von der Priesterschaft der Getauften völlig aus.
(Hervorhebung von mir)

Das schließt aber auch jeglichen Sukzessionsgedanken als Folge von Handauflegungen, die bis zu den 12 Aposteln zurückreichen aus (auch eine presbyteriale Sukzession) und jegliche Notwendigkeit einer kirchlichen Berufung der Pfarrer. Denn zu Paulus Zeiten haben die 12 Apostel die menschliche Leitung der Kirche repräsentiert und hätten - nach einem hochkirchlichen Amtsverständnis - neue Apostel(nachfolger) in ihr Amt einsegnen müssen. In dem von Dir zitierten Text Melanchthons steht nun aber, dass das im Fall des Apostels Paulus überhaupt nicht notwendig war.
Die Bezeichnung "gemeiner Beruf der Apostel" klingt auch in keinster Weise nach der Übertragung einer Amtsgnade.

Davon abgesehen wird das ordinierte Amt in den evang.-luth. Landeskirchen auch immer als apostolisches Amt verstanden, denn die Ordination wird in der Tradition der Apostel als Segnung mit Handauflegung praktiziert und als Sendung (Apostel=die Gesandten) betrachtet. Es wird nur die Vorstellung abgelehnt, dass durch die Ordination eine besondere Amtsgnade übertragen würde (nur das besagt ja die Behauptung, dass das Predigeramt vom "Priestertum aller Getauften" herzuleiten ist). Insofern stimmt zumindest das Ordinationsverständnis der Landeskirchen mit Deinem Melanchthon-Zitat voll überein.
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Clemens
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Beitrag von Clemens »

Lieber Marcus,

mit deinem Hippolyt-Zitat hast du mich ein wenig ins Schleudern gebracht. Aber wie ist dann
Can.4 zu verstehen?
Wird aber ein Priester ordinirt, so hat dabei Alles in gleicher Weise wie bei einem Bischof zu geschehen, nur daß er sich nicht auf den Thron setzt. Auch soll dasselbe Gebet wie bei einem Bischof gesprochen werden mit Ausnahme des Namens Bischof. Der Bischof soll in allen Dingen dem Presbyter gleich sein, mit Ausnahme des Sitzes und der Ordination, weil ihm die Gewalt zu ordiniren nicht verliehen wird.

Falls man nicht unterstellt, dass sie unterschiedliche Lehren wiedergeben, scheint mir bei Can.2 doch eher ein Missverständnis vorzuliegen. Handelt es sich bei der priesterlichen Handauflegung vielleicht um einen Nebenbrauch, der die Alleinwirksamkeit der bischöflichen Ordination nicht bestreiten will?


Interessant auch Can.6:
Wenn Jemand für würdig befunden wird, des Glaubens wegen vor Gericht zu stehen und um Christi willen bestraft zu werden, dann aber aus Nachsicht frei gelassen wird, so verdient ein Solcher den Grad des Priesterthums vor Gott, nicht gemäß der Ordination, welche vom Bischof geschieht: sein Bekenntniß ist auch seine Ordination. Wird er aber zum Bischof erwählt, so muß er geweiht werden. Wird Jemand nach abgelegten Bekenntniß ohne Folter und unverletzt entlassen, so ist er des Priesterthums würdig, muß aber vom Bischöfe ordinirt werden. Wenn solch (ein Bekenner), da er Jemandens Sklave war, um Christi willen Marter erduldet hat, so ist er ebenfalls bei der Heerde als Priester anzusehen; denn hat er auch die formelle Weihe des Priesterthums nicht empfangen, so hat er dcch den Geist des Priesterthums bekommen. Der Bischof möge daher bei der Ordination desselben das Gebet nicht hersagen, welches sich auf die Erlangung des hl. Geistes bezieht.


Eine Ausnahme von der Notwendigkeit der Priesterweihe, aber nicht der Bischofsweihe!

Wenn du den Hippolyt insgesamt liest, glaube ich, lässt er kaum Spielraum für die Deutung, die der Wortlaut von Can.2 nahezulegen scheint.

Johaennschen
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Beitrag von Johaennschen »

Marcus hat geschrieben:Sei mir jetzt bitte nicht böse, wenn ich Dich so direkt frage: Aber was hindert Dich denn daran z. B. zur RKK oder zur Orthodoxie zu konvertieren?
Ich bin ja Protestant, weil ich die römischen Sonderlehren ablehne, das fällt also schonmal raus. Mit der Orthodoxie ist das so eine Sache, mein zuständiger Patriarch ist ja eigentlich der Papst. :mrgreen:
Außerdem habe ich eine stark ausgeprägte ökumenische Ader und bin kein Heilsegoist. Ich hoffe auf eine Reformation der Reformation und Rückkehr zur altkirchlichen Wahrheit. Daran arbeiten auch Clemens und andere, wenn ich ihn da recht versteh. Alleine kann man diesen Schritt zur Not immer noch gehen, aber seine protestantischen Brüder einfach im Stich zu lassen, finde ich nicht richtig.
Es gibt keine Dummheit, an die der moderne Mensch nicht imstande wäre zu glauben, sofern er damit nur dem Glauben an Christus ausweicht.
Nicolás Gómez Dávila

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Clemens
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Beitrag von Clemens »

:freude: Das freut mich sehr, in dir einen Mitstreiter zu erkennen!! :freude:

Und auch für mich gilt ja nach wie vor: ich bleibe (vorerst) in der Landeskirche, um dort für die Rückkehr zur Wahrheit zu werben.

Wenn ich vom Schiff verjagt werde, oder das Schiff sinkt, hoffe ich gnädig Aufnahme zu finden in Rom (oder Konstantinopel?) - aber noch will ich gerne meine Kollegen darauf hinweisen, dass nicht alles wahr ist, was evangelisch aussieht.

Ich bin nicht Jeremia. Aber mich tröstet seine Rolle: die eigenen Leute zur Kapitulation aufzufordern.
Ganz entfernt* sehe ich da schon Parallelen.


*Keine Angst! Ich bin nicht hochmütig! Ganz im Gegenteil - mein größter Stolz ist meine Demut! ;)

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Hallo Lutheraner!

Das Zitat stammt aus einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Primat des Papstes, das die RKK auf Petrus zurückführt. Daher ist es hier so zu verstehen, dass zur Amtsausübung eines Bischofsamtes und Pfarramtes nicht vom Willen des römischen Bischofs abhängen kann. „Darum wollen wir zum ersten aus dem heiligen Evangelio anzeigen, daß der Papst gar keiner Oberkeit [Obrigkeit, Obergewalt] über andere Bischöfe und Seelsorger aus göttlichem Recht sich möge anmaßen.“ Die ordnungsgemäße Berufung und Ordination wird übrigens nicht in Frage gestellt. Lies Dir die Traktat mal durch.
„...Hier lehrt Hieronymus, daß solcher Unterschied der Bischöfe und Pfarrherren allein aus menschlicher Ordnung gekommen sei, wie man denn auch im Werk steht. Denn das Amt und Befehl ist gar einerlei, und hat hernach allein die ordinatio den Unterschied zwischen Bischöfen und Pfarrherren gemacht. Denn so hat man’s danach geordnet, daß ein Bischof auch in andern Kirchen Leute zum Predigtamt ordnete. Weil aber nach göttlichem Recht kein Unterschied ist zwischen Bischöfen und Pastoren oder Pfarrherren, [so] ist’s ohne Zweifel, wenn ein Pfarrherr in seiner Kirche etliche tüchtige Personen zu den Kirchenämtern ordnet, daß solche ordinatio nach göttlichen Rechten kräftig und recht ist. Darum, weil doch die verordneten Bischöfe das Evangelium verfolgen und tüchtige Personen zu Ordinieren sich weigern, hat eine jegliche Kirche in diesem Fall gut Fug und Recht, ihr selbst Kirchendiener zu ordinieren. Denn wo die Kirche ist, da ist je der Befehl, das Evangelium zu predigen. „Darum müssen die Kirchen die Gewalt behalten, daß sie Kirchendiener fordern, wählen und ordinieren. Und solche Gewalt ist ein Geschenk, welches der Kirche eigentlich von Gott gegeben und von keiner menschlichen Gewalt der Kirche kann genommen werden...“
Da die BSLK als gültige und schriftgemäße Auslegung der Bibel gelten, wäre es übrigens falsch, sie gegen die Bibel auszulegen, die ja klar sagt, dass mit der Ordination auch eine Amtsgnade vermittelt wird. Es entspricht der Tradition und der Praxis in der Schrift, Bischöfe/Presbyter und Diakone durch Handauflegung ins Amt einzusetzen. Diese wurde entweder durch die Apostel oder durch Ordinierte vorgenommen. Zur Not, also dann, wenn keine Ordinierten vorhanden sind, kann ausnahmsweise auch eine Ordination durch Nicht-Ordinierte erfolgen. Ich würde in seinem Fall aber sicherheitshalber für eine Konditionalordination plädieren, sobald die Möglichkeit zur Vornahme einer ordentlichen Ordination durch einen Ordinierten (möglichst einem lt. Geistlichen) bestünde.
Anm: Den letzten Satz und "ausnahmsweise" im Satz davor später hinzugefügt.


Gruß Marcus


P.S. Die Leuenberger Konkordie widerspricht auch klar dem Konkordienbuch und zur FO meinte Luther m. W. gerade einmal, dass es für ihn vorstellbar wäre, dass in einem Damenstift eine Frau das Predigtamt ausübe. Übrigens scheiterten eine Einigung mit Zwingli bereits daran, dass dieser die Realpräsenz ablehnte. Es ist auch nicht im Sinne Luthers ihn in den Mittelpunkt des Glaubens zu stellen. Er kämpfte schließlich darum, dass Jesus Christus wieder im Mittelpunkt steht. Daran sollte wir uns halten. Das wäre wirklich im Sinne Luthers.
Zuletzt geändert von Marcus am Sonntag 23. November 2008, 20:47, insgesamt 3-mal geändert.

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Beitrag von Marcus »

Hallo Clemens!

Das hängt davon ab, ob man darin kirchliches oder göttliches Recht sieht. Nach meiner Ansicht wurde es so geregelt, dass dem Bischof als ltd. Geistlichen das Ordinationsrecht gebührt und sich kein anderer dieses Recht anmaßen darf, gleichzeitig aber die Möglichkeit geschaffen wurde, dass im Falle der Vakanz nach der Wahl eines neuen Bischofs die Ordination auch von einem Priester vorgenommen werden darf. Zu Zeiten Hippolyts wurde die Kirche verfolgt, da war es scheinbar nicht immer garantiert, dass auch ein Bischof zur Stelle war, der den Gewählten ins Bischofsamt konsekrieren konnte.

Wie schon gesagt, ich sehe darin eine Verfassungsfrage und daher keinen Widerspruch.

Gruß Marcus

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Mal ein paar für die meisten Protestanten ungewöhnlich klingende Passagen aus Luthers Gr. Katechismus (von 1529) über die Kirche:
...Das Mittel, mit dem der Heilige Geist wirkt, ist die Kirche, die Mutter der Christen

So lerne nun diesen Artikel aufs deutlichste verstehen. Wenn man fragt: "Was meinst du mit den Worten: 'Ich glaube an den Heiligen Geist'?" so könntest du antworten: "Ich glaube, daß mich der Heilige Geist heilig macht, wie sein Name es sagt." Womit tut er aber das? Oder was ist seine Weise und sein Mittel dabei? Antwort: "Durch die christliche Kirche, die Vergebung der Sünden, die Auferstehung des Fleisches, und das ewige Leben." Denn als erstes hat er eine besondere Gemeinde in der Welt, die die Mutter ist, die einen jeden Christen zeugt und trägt durch das Wort Gottes. Das offenbart und treibt der Heilige Geist, er erleuchtet und entzündet die Herzen, daß sie es fassen, annehmen, dran hängen und dabei bleiben.

(...)

Die Kirche ist der Ort der Vergebung, die durch Wort und Sakrament vermittelt wird

Sodann glauben wir weiter, daß wir in der Christenheit Vergebung der Sünden haben. Das geschieht durch die heiligen Sakramente und durch die Absolution (Lossprechung von Schuld), auch durch allerlei Trostsprüche im ganzen Evangelium. Hierher gehört darum alles, was von den Sakramenten zu predigen ist, und überhaupt das ganze Evangelium und alle Ämter der Christenheit. Auch hier ist es nötig, daß dies ohne Unterlaß fortgehe; denn obwohl Gottes Gnade durch Christus erworben und die Heiligkeit durch den Heiligen Geist gemacht ist durch Gottes Wort innerhalb der Vereinigung der christlichen Kirche, so sind wir doch niemals ohne Sünde unsers Fleisches wegen, das wir immer noch am Hals tragen. Darum ist alles in der Christenheit dazu bestimmt, daß man da täglich durch Wort und Zeichen lauter Vergebung der Sünden hole, um unser Gewissen zu trösten und aufzurichten, solange wir hier leben...

Fragesteller
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Re: Was Lutheraner glauben "sollen"

Beitrag von Fragesteller »

Wo findet sich denn die verbindliche Fassung der lutherischen Bekenntnisschriften, auf die angehende Geistliche (wo das denn noch geschieht) verpflichtet werden? Ich meine, auf eine wissenschaftlich-kritische Edition wie die allerorten zitierten BSLK (mit hundert Lesarten überall?) kann man sich ja schlecht verpflichten, oder?

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Clemens
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Re: Was Lutheraner glauben "sollen"

Beitrag von Clemens »

Warum nicht?
Ich habe mich damals als an die BSLK (inhaltlich, nicht buchstabengetreu) zu glauben verpflichtet gefühlt und das auch gewollt.
Die entsprechende Ordinationsformel verlangt aber - wenn ich mich recht entsinne - nur, den Glaubenslehren zu folgen, "wie sie in der Heiligen Schrift und in den Bekenntnissen der Reformation festgehalten sind".

Dieter
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Re: Was Lutheraner glauben "sollen"

Beitrag von Dieter »

Es gibt auch die Meinung, Bekenntnisse seien überflüssig, ja, sogar gefährlich, weil sie im Bewusstsein der Christen oft den Worten der Bibel gleich gesetzt werden. Laut reformatorischem Verständnis gilt jedoch ALLEIN die Schrift!

Konsequenterweise gibt es in der reformierten Kirche der Schweiz seit über 100 Jahren keine verbindlichen Bekenntnisschriften mehr.

Fragesteller
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Re: Was Lutheraner glauben "sollen"

Beitrag von Fragesteller »

Ich frage nicht nach "Meinungen", sondern nach dem faktisch gegebenen Sachverhalt, dass angehende Geistliche bestimmter lutherischer Landes- und Freikirchen auf die Bekenntnisschriften verpflichtet werden, und danach, ob man sich dabei auf eine bestimmte verbindliche Textfassung bezieht. In Württemberg ist dies anscheinend nicht der Fall, dort werden nach Clemens (danke!) nicht einmal die Titel der relevanten Texte genannt. Wie sieht es andernorts aus, wo etwa das Konkordienbuch noch in Geltung ist?

TillSchilling

Re: Was Lutheraner glauben "sollen"

Beitrag von TillSchilling »

Die im Konkordienbuch von 158 gesammelten Bekenntnisschriften sind in Deutschland als verbindliche Bekenntnisgrundlage, auf die auch die Pfarrer bei ihrer Ordination eine entsprechende Verpflichtung abzulegen haben, in einigen evangelisch-lutherischen Landeskirchen wie der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Evangelisch-Lutherischen Kirche in Baden, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg oder den lutherischen Gemeinden der Evangelischen Kirchen in Mitteldeutschland, in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK / Altlutheraner) und der Evangelisch-Lutherischen Freikirche (ELFK) anerkannt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Konkordienbuch

Fragesteller
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Re: Was Lutheraner glauben "sollen"

Beitrag von Fragesteller »

Ja, das ist klar. Aber gibt es da eine bestimmte Textfassung? Die mehrbändige BSLK-Ausgabe, aus der immer zitiert wird, ist ja eine kritische Ausgabe mit evtl. mehreren Lesarten. Verpflichten sich angehende Geistliche der betreffenden Kirchen allgemein auf die "im Konkordienbuch von 1580 gesammelten Bekenntnisschriften" (oder: "auf die CA invariata"), oder legt man ihnen einen kirchenamtlichen Druck der entsprechenden Texe vor, dessen Wortlaut verbindlich ist?

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Clemens
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Re: Was Lutheraner glauben "sollen"

Beitrag von Clemens »

Ohne es ganz genau zu wissen, würde ich doch meinen: ersteres. Letzteres halte ich für unwahrscheinlich.

Dschungelboy

Re: Was Lutheraner glauben "sollen"

Beitrag von Dschungelboy »

Da man es mit der Bindung an Schrift und Bekenntnis ja ohnehin nicht mehr genau nimmt, scheinen solche Gedanken obsolet... :ikb_nopity:

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