Athanasius2 hat geschrieben:Nun, gib' mir mal Quellen. Denn nach Denziger usw. sind
die Bräuche nach der Union nicht geändert.
Au weh! au weh! Im Falle der Inder z. B. wurde nach der „Union“ –
eigentlich war es zunächst nur ein Wiedertreffen in nie gebrochener
Einheit – insbesondere portugiesischerseits massivst und ebenso rück-
wie einsichtslos latinisiert. Ein wenig davon wurde hernach revidiert.
– Übrigens weiß ich nicht, was Denzinger dazu beträgt.
Athanasius2 hat geschrieben:Ikonen sind keine Argumente.
Ah ja. Und Manuskripte sind keine Argumente. Kathedralen sind
keine Argumente. Grabmäler sind keine Argumente. Alle Funde der
Archäologen sind keine Argumente. Gestern ist kein Argument.
Weißt du was? Schaff die Geschichte ab und leb im Hier und Jetzt.
Athanasius2 hat geschrieben:Hier aber wieder eine Ikone, das das Gegenübergestellte zeigt
(Mundkommunion)
Ich schrieb ja eben, daß sich partiell der Wandel in der Kommunionpra-
xis auch in der Ikonographie niedergeschlagen hat. Es gibt auch ostkirch-
liche Heiligenikonen, die anachronistisch die Kommunion mit der Labis
zeigen, obgleich es diese zur Zeit der dargestellten Heiligen in dieser
Funktion noch längst nicht gab.
Bei deinem Beispiel bin ich nicht ganz sicher, weil nicht zu erkennen ist,
ob der Herr dem Petrus die Hostie tatsächlich bereits in den Mund legt.
Es scheint aber so zu sein. Gleichwohl hält der Apostel seine Hände noch
– wie von Cyrill beschrieben – in der bekannten „Handkommunion“-
Haltung darunter. Weshalb? – Tatsächlich gehört diese Haltung natür-
lich in die Darstellung der „Handkommunion“, doch der Ikonenschrei-
ber kann es ohne weiteres so gedeutet gewollt haben, daß die Hände
hier dem Schutz vor dem Herunterfallen von Partikeln dienen, also in
der Funktion eines Tuches oder einer Patene, sozusagen.
Das andere Bild – Fra Angelico, gegen Mitte des 15. Jht.s – ist wunder-
bar, viel schöner als der bekannte Leonardo, aber natürlich doch ebenso
anachronistisch in der Darstellung und angesichts seiner Entstehungs-
zeit kein Beitrag zu unserer Diskussion.
Athanasius2 hat geschrieben:1. Glaubst Du, die heutige Fingerkommunion wäre damals
erlaubt?
Nein, in der heute bei uns fast immer üblichen Form gewiß nicht. Ich
meine aber, ich hätte auf den Gegensatz auch schon hingewiesen.
Athanasius2 hat geschrieben:2. Glaubst Du die heutige Fingerkommunion ist Wiederher-
stellung altkirchlichen Gebrauchs?
Nein, diese Form ist in der Kirchengeschichte ein Novum. Der alte
„Handkommunion“-Brauch wird in einigen der oben zitierten Tex-
te ja gut beschrieben. Man empfing den Leib des Herrn demütig ge-
beugt in der hohlen Rechten – unter welcher die Linke stützend und
schützend lag – und nahm ihn dann mit den Lippen von der Hand-
fläche auf, ehrfürchtig achtgebend, auch alle Partikel mitaufzuneh-
men.
Athanasius2 hat geschrieben:3. Glaubst Du die heutige Fingerkommunion gehörte abge-
schafft?
Wenn dein Kind in den Brunnen gefallen ist und auch noch unten
mit den Beinen feststeckt, dann läßt du ihm keine Schlinge hinab,
sie ihm um den Hals zu legen und daran zu ziehen, bis du irgendein
Teil deines Kindes heraußen hast, oder auch nicht.
Das Kind wäre in jedem Fall tot.
Ja, die heutige Praxis ist generell nicht angemessen und bietet überdies
so viele Möglichkeiten des Mißbrauchs, daß sie „abgeschafft“ gehörte –
wenn das denn so einfach möglich wäre.
Über dreißig Jahrgänge von Erstkommunikanten sind hierzulande da-
mit großgeworden. Selbst die meisten Priester und Bischöfe kennen
nichts anderes mehr, wenigstens nicht seit ihrer Weihe.
Zudem paßt die heutige Praxis wie die Faust aufs Auge zu der Haltung,
in der wir seit den sechziger Jahren – nicht nur durch unsere Eltern,
sondern durch die ganze Gesellschaft – erzogen worden sind: zu „auto-
nomen“, „aufrecht stehenden“, „selbstbewußten“ – und was derglei-
chen Lügen mehr sind – Menschen.
Die allgemeine Abschaffung kannst du nicht dekretieren, ohne größeren
Schaden anzurichten. Entweder kommt es in kleinen Schritten zu einer
inneren Sanierung, umgekehrt proportional zum äußeren Niedergang,
oder zu einem Neuanfang nach dem allgemeinen Zusammenbruch, dem
großen Krach. Aber den großen Krach dürfen wir nicht gezielt herbei-
führen wollen, denn dabei werden zu viele Seelen verloren gehen. Ob-
gleich ich fürchte, daß es dennoch dazu kommt. (Und der „Neuanfang“
könnte sehr klein sein. Das bedeutet für jeden Gläubigen schwere Prüfun-
gen. Vor allem für die Familien.)
Athanasius2 hat geschrieben:4. Bist Du Dir der Gefahren der heutigen Fingerkommunion
bewußt, vor allem auch in den größeren Messen/Veranstal-
tungen die man z.B. in Köln 2005 sehen durfte?
Ja, wie oben gesagt. (In Köln habe ich das nicht gesehen, aber ich war bei
drei früheren Treffen dabei. Schwere Mißbräuche habe ich dabei nicht
beobachtet – wohl aber schwerste Gleichgültigkeit bei der letzten Fron-
leichnamsmesse hier in Berlin –, doch ganz unangemessen sind mir diese
Massenmessen immer schon vorgekommen. In Paris war die ganze Situa-
tion so verheerend, daß eine würdige Messe nicht zustandekommen konn-
te. Aber man konnte wenigstens mit der eigenen Wallfahrtsgruppe beisei-
te treten und die Messe mit dem begleitenden Priester gesondert feiern.)
Athanasius2 hat geschrieben:5. Bist Du Dir dessen bewußt, daß die absolute Mehrheit
der Bischöfe sowie Paul VI. selbst die Handkommunion
eigentlich verwerfen wollten?
Sie wurde ja keineswegs von Vaticanum II eingeführt (und gilt ja bis
heute auch nur in unsern Breiten). Paul VI. hat sie allerdings erlaubt,
wie er auch die Liturgiereform revolutionsartig dekretiert hat (anstatt,
wie es angemessen und wünschenswert gewesen wäre und auch der
Intention der Konzilsväter entsprochen hätte, behutsam die Reformen
der Vorgängerpäpste seit dem hl. Pius X. fortzuführen).
Athanasius2 hat geschrieben:6. Bist Du Dir davon dessen, daß die Partikel bei der Finger-
kommunion verlorengehen? Bagatellisierst Du diesen sakrile-
gischen Verlust sichtbarer Partikel? (Komm' nicht mit dem
Mikroskop-Argument heran um die Frage lächerlich zu ma-
chen.)
Partikel gehen natürlich immer „verloren“. Auch die Gestalt des Weines
verdunstet. Selbst von Festkörper diffundieren Partikel in die Luft. Auch
behältst du Partikel im Mund. Ab wann gehst du davon aus, daß die Par-
tikel nicht mehr da sind? Wenn dir vor der Kirche eine Fliege in den
Mund fliegt: schluckst du die hinunter, oder speist du sie aus? Samt mög-
licher Partikel vom Leib Christi?
Und was geschieht eigentlich bei der Purifikation des Kelchtuchs? Mit
dem dabei benutzten Wasser? Wird das etwa getrunken?
Ich will damit die Frage nicht lächerlich machen, sie ist sehr wohl berech-
tigt. Aber man muß ein wenig die Verhältnismäßigkeit wahren. Was eine
sichtbare Partikel ist oder ein sichtbarer Tropfen, dafür bin ich verantwort-
lich.
Ich darf aber das Kelchtuch säubern und muß es nicht fressen. Entschul-
dige die deutliche Ausdrucksweise. Ich bin auch nicht verantwortlich für
die Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit anderer – und du auch nicht! du
sollst und kannst nicht die Welt retten und nicht die Kirche erneuern! –,
so schmerzlich es auch mitunter anzusehen ist.
Ja, wenn ich sehe, daß einer die Hostie in die Hosentasche steckt: Dann
muß ich hinzuspringen. Aber wenn ich bloß vermute, daß er nicht auf
Partikeln achtgibt, dann ist das zunächst mal nicht meine Verantwortung.
Gott wird durch solcherart Mißbrauch nicht gemindert.
Was wir dann schon tun sollen und können, das ist, nach Kräften und Ver-
mögen die allgemeine Lage der katechetischen Unterweisung zu bessern
und uns an den richtigen Stellen für eine Abstellung von Mißbräuchen zu
verwenden. Und zu beten.
Athanasius2 hat geschrieben:7. Was empfiehlst Du?
Wenn ich gar nicht die heutige Kommunionpraxis in unsern Landen,
sondern die „vorkonziliare“ mit jener der griechischen und slawischen
Ostkirchen vergleiche, so muß ich sagen: Diese haben das bessere Teil
erwählt.
Sie sind auch „auf Mundkommunion umgestiegen“, wohl mehr oder
weniger parallel zum Westen. Sie haben den alten Brauch der Verwen-
dung gesäuerten Brots aber ebenso beibehalten wie die Kelchkommu-
nion des Volks.
Beides ist nicht notwendig, aber meines Erachtens sowohl dem Sakra-
ment angemessen als auch seinem Empfänger. Wir sind nun einmal
sinnlich empfindende Menschen, und sowohl das gesäuerte Brot als
auch der Kelch kommt unserer sinnlichen Wahrnehmung entgegen
und unterstützt den schwachen Glauben. Das hülfe auch dem Dogma
mehr als formale Beharrung.
Freilich, man kann das ganz in die Hose gehen lassen: Wie heute manch-
mal erst die Hostie ausgegeben, dann der Kelch angeboten wird, finde
ich sehr unwürdig. Ich kann nicht in Ruhe die Hostie im Mund zu mir
nehmen, denn alle drängen schon zur Seite, wo der Kelch wartet. Nun
wohl, ich trete nach dem Empfang der Hostie aus der Reihe und einen
Schritt zur Seite, um in Ruhe zu kommunizieren. Der nächste ist aber
schon fertig mit Schlucken (hoffentlich) und drängelt an mir vorbei zum
Kelch. Einer will mich womöglich gar ansprechen und fragen, was los sei,
während der dritte unter Ellenbogeneinsatz durchbricht zum Kelch.
In den Ostkirchen haben sie statt dessen die gleichzeitige Kommunion von
Leib und Blut eingeführt, quasi per intinctionem, jedoch werden bei-
de Gestalten dem Kommunikanten vom Priester oder Bischof mit der La-
bis – jenem kleinen Löffelchen – auf einmal direkt in den Mund gelegt.
Man hat damals dort wie hier gesehen, daß die Handkommunion auf die
Dauer und angesichts des Wachstums der Gemeinden nicht länger würdig
durchführbar war. Man hat aber im Osten eine bessere Alternative gefun-
den als wir im Westen.
Dies also wäre sozusagen meine „Vision“ für den lateinischen Westen.
Doch muß ich mir da auch selber ins Stammbuch schreiben, was ich oben
dir schrieb: Man kann so etwas nicht plötzlich dekretieren. Darum tue
ich auch erst mal nichts weiter, als die östliche Praxis ans Herz zu legen.
Kirchlichen Oberen würde ich empfehlen, kleinen Gruppen oder Gemein-
schaften großzügig entsprechende Erlaubnis zu gewähren. Einerlei ob
im alten oder neuen römischen Ritus. Den alten freilich, den muß man
erst mal ordentlich zulassen. Das ist sowieso die Voraussetzung. Damit
muß er dann aber auch entwicklungsfähig werden, nicht auf ewig künst-
lich anno 1962 eingefroren.
Athanasius2 hat geschrieben:8. Anmerkung: ich habe nie geleugnet, daß es die Handkom-
munion einige Zeit in der Kirchengeschichte gegeben hat, aber
wohl, dass sie als Norm gelten sollte und schon damals die ein-
zige Weise war. (Was leicht wiederlegt wird.)
Dazu sag ich jetzt mal nichts mehr, sonst kommen wir aus dem Ping-
pong-Spiel nie mehr raus.