Eucharistische Nüchternheit

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Marion
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Marion »

Bernado hat geschrieben:Das war ja ein Kennzeichen der Schrumpffrömmigkeit, die schon lange vor dem Säkularisierungsschub zur Herrschaft kam:
Es gab auch schon lange (im Jahr 1800) zuvor Versuche um die Katholiken zum "heller denken" zu bringen :blinker:
Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon / Wessenberg hat geschrieben: Die Frage, wie der »Eigensinn« des Volkes zu brechen sei, ist in dieser Zeit das stehende Thema der Conferenzen, und es ist empörend, wie verächtlich diese Hirten vom katholischen Volke, vom gemeinen »Christenhaufen« reden. Nach ihrer Ansicht ist das Volk fast wie das Thier abhängig von sinnlichen Eindrücken und unfähig für höhere Geistescultur. Was es thut, ist Aberglauben, Heuchelei, Lippendienst, Mechanismus. Man hatte keine Ahnung von dem tiefen religiösen Sinne, der im christlichen Landvolke lebte, die Aufklärung durchschaute und allerwärts in den Klageruf ausbrach: »Wir müssen eben lutherisch werden.« Vom Jahre 1814 an beschäftigten sich das Generalvicariat und die Conferenzen lebhafter mit der Verbreitung der Bibel unter dem gemeinen Volke. In der Frage, ob man dem Volke die ganze heilige Schrift oder einen Auszug in die Hand geben solle, redete Wessenberg, wenn auch etwas verclausulirt, dem unbeschränkten Bibellesen das Wort. Mit einem bischöflichen Hirtenbriefe von Salzburg theilt er neben anderen Meinungen auch die, »daß, wenn einmal das Bibellesen allgemeiner wird, der gemeine Mann auch bald heller denken und aufgeklärter, an Vorurtheilen und Aberglauben nicht mehr so sehr kleben, zum soliden christlichen Unterrichte gelehriger und empfänglicher« werde (Pastoralarchiv 1815, I, 153 ff.).
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Melody
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Melody »

Raimund Josef H. hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben: Das soll er seinem Beichtvater überlassen, der ihm solche Flausen mit deutlichen Worten austreiben sollte. Dazu braucht auch dieser den Jone nicht.
Jetzt kommt mal wieder zur Vernunft. Es wurde lediglich anhand von Jone aufgezeigt, wie das früher moraltheologisch beurteilt wurde. Und wenn der angeblich gesunde Menschenverstand zum gleichen Ergebnis wie ein strenger Moraltheologe kommt, warum muss man sich dann hier noch so aufregen? Egal ob Moraltheologie, Liturgie oder Kirchenausstattung, ich weigere mich schlichtweg zu glauben, daß das früher alles Mist war, was die Kirche lehrte. Dann könnte man doch gleich die ganze Tradition über Bord werfen und sich seinem unfehlbaren eigenen Gewissen und "gesunden Menschenverstand" hingeben. Es hat doch niemand behauptet, man müsse sich in irgendeiner Art und Weise der von Jone gelehrten Moraltheologie verpflichtet fühlen.
Danke.

Meine Güte, da schaut man mal ein paar Stunden nicht ins Forum, und wenn man wiederkommt, sind alle übergeschnappt.

ChrisCross wird sich nie mehr wieder in diesem Forum trauen, eine Frage zu stellen, so wie Ihr das alles hier ins Lächerliche zieht. Ich finde das ziemlich daneben. Wofür ist dieser Strang denn da? Für kurze Fragen.
Ich hatte bei der Frage gestutzt, hab einfach aus Interesse eben mal in den Jone geschaut, den ich übrigens schon längere Zeit nicht mehr in der Hand hatte, und bin zu meiner großen Überraschung fündig geworden.
Ich denke, mit der Antwort aus dem Jone, konnte ChrisCross wahrscheinlich mehr anfangen, als wenn ihm hier nur einer gesagt hätte, dass die Frage Unfug und skrupulös sei.
Und selbst wenn nicht, so stellt sie das ganze doch in einen Gesamtzusammenhang, der das ganze noch etwas erhellt. So sehe ich das zumindest.

Wie Marion schon sagte und Raimund wiederholte, kam der Jone zu keinem anderen Ergebnis als Euer gesunder Menschenverstand. Also sehe ich keinen Grund für diesen Zwergenaufstand hier. :patsch:
Bernado hat geschrieben:Der skrupulöse Unfug, hier Minuten abzuzählen, konnte erst beginnen, als man von der an der Natur orientierten Regel zu einer künstlichen und tatsächlich völlig willkürlichen 3-Stunden-Regel überging, die dann verrückterweise auch noch auf 1 Stunde reduziert wurde, was praktisch nicht viel mehr heißt als: spuck Deinen Kaugummi aus, bevor Du in die Kirche gehst. Daß manche ihn dort dann dennoch weiterlutschen, ist ebenso konsequent, wie daß andere sich fragen, ob sie den letzten Bissen des Frühstücks zwei Minuten zu spät geschluckt hätten.
Und um nochmal auf diesen Absatz zurückzukommen. Dass zwei Minuten zu wenig mir verbieten, an der Hl. Kommunion teilzunehmen, sofern ich mir dessen bewusst bin, ist nicht auf meinem eigenen Mist gewachsen und hat insofern nichts mit skrupulösem Unfug zu tun. Mein gesunder Menschenverstand sagte mir, das könne nicht sein. Aber dann wurde ich eben eines besseren belehrt. Ganz ohne Jone.
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lifestylekatholik
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von lifestylekatholik »

cantus planus hat geschrieben:Vergesst vor lauter Büchern nicht, in Glaubensfragen auch Kopf und Herz zu gebrauchen! :patsch:
Wenn verkopfte Männer eine solche Empfehlung an Weiber mit gesundem Menschenverstand geben, ist das eine hervorragende Satireleistung. Danke, Cantus! :klatsch:
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Vulpius Herbipolensis
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Vulpius Herbipolensis »

Clemens hat geschrieben:Wenn ich recht informiert bin, gelten die meisten dieser Jone-Regeln nicht mehr und ein gläubiger Katholik sollte sich mit derlei Haarspaltereien auch nicht das Gewissen belasten.
Eine Stunde vor der Kommunion, d.h. i.d.R. ca.15 Minuten vor Gottesdienstbeginn wird nicht mehr gegessen (Wasser oder Medizin ausgenommen!).

Der Rest der oben aufgeführten Regeln und Regelchen ist dankenswerterweise und mit Beistand des Heiligen Geistes abgeschafft!
Oder irre ich da?
Clemens, ich bitte dich, verwische nicht den Unterschied zwischen den Kirchengeboten und deren Auslegung in diesem Fall durch Jone.
Was oben von Melody zitiert wurde, sind keine kirchlichen Gebote - somit auch keine Gebote, die man hätte abschaffen können - sondern,
wie schon mehrmals geschrieben worden war, deren Auslegung für Beichtväter.
Was bei den Reformen des Kirchenrechts abgeschafft - besser: freigestellt - wurde, ist hier das schlichte Gebote, nur zu kommunizieren,
wenn man an diesem Tage noch nichts gegessen oder getrunken hat. Diese Regel aber war/ist in der Kirche, in der ganzen Kirche uralt.
Damit möchte ich den Heiligen Geist nicht in Verbindung bringen. Den hat man wohl überhört.
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lifestylekatholik
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von lifestylekatholik »

Bernado hat geschrieben:Wenn einer, was natürlich in sich weder gut noch empfehlenswert ist, am Donnerstagabend zwei Flaschen was auch immer zuviel getrunken hat und sich beim Katerfrühstück am Freitag das liegengebliebene Kotelett einschiebt - und erst dann gewahr wird, daß Freitag ist, dann wäre das eine Sache. (Wäre deshalb, weil dieses Kirchengebot ja eh aufgehoben, relativiert, ins Belieben gestellt usw. ist). Wenn er aber, genau wissend, daß Freitag ist, aus purer Naschsucht ein Stück Pastete isst, am Ende gar mit der Briefwaage sicherstellt, daß es nur 19 g sind - dann ist das etwas ganz anderes.
Bernado, in der Beurteilung dieser beiden Fälle sind wir uns einig. Das ist aber kein Gegenbeispiel gegen den Jone. Dass gerade du diesem Missverständnis aufsitzt, überrascht mich wirklich und ist mir nicht recht verständlich.

Wahrscheinlich könnte ich mir den Mund fusselig reden, und du würdest trotzdem nichts hören, aber einmal will ich es noch zu verdeutlichen versuchen: Der Jone beschreibt objektiv, ohne Anwendung auf den konkreten Einzelfall. Das ergibt sich notwendigerweise aus dem Zweck des Büchleins. Inwiefern eine objektive Sündhaftigkeit tatsächlich auch eine subjektive Sünde begründet (und die ist es, die am Ende zählt), hängt doch von tausend Faktoren ab, eben vom individuellen Fall, von den individuellen Umständen, von der Person, vom Charakter, von seiner Position, von seinem Gesundheitszustand etc. pp. Das ist doch klar. Die Anwendung auf den individuellen Fall leistet der Priester. Das hat dir doch hier wirklich jeder schon gesagt. Trotzdem blendest du das vollständig aus und baust dir einen Popanz auf.

Deine geschichtlichen Ausführungen kann ich ebensowenig teilen. Schon die rauhen Germanen haben im frühen Mittelalter detaillierte Anfragen zu Ge- und Verboten nach Rom geschickt, über die die Römer sich nie Gedanken gemacht hatten, jetzt aber eine Antwort finden mussten. Ich habe den starken Verdacht, dass das Gerede vom »Pharisäertum des 19. Jhds.« genau so eine urban legend ist wie das Gerede vom »finsteren Mittelalter«.

(Für mich EOD.)
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Grammi
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Grammi »

Also ein wenig bin ich jetzt doch überrascht über das Ausmaß der Diskussion über eine solche Nebensächlichkeit wie einzelne Aussagen aus einem Buch, dass für die meisten hier (da es für Beichtväter gedacht und nur weniger hier selbige sind) so überflüssig ist wie ein Kropf.

Ich persönlich meine einen Katholiken daran erkennen zu können, dass er nicht wegen jedem Scharrn einen furchtbaren Aufstand macht. Wir spielen doch hier unten auf dieser Erde quasi mit gezinkten Karten: Wenn alles noch so schlecht läuft, am Ende aller Zeiten wartet die Erlösung und das ewige Heil. Was geht mich dann sowas wie ein Leitfaden für Beichtväter an? Der ist mir doch völlig wurscht.

Auch mit der eucharistischen Nüchternheit sollte man es meiner Ansicht nach nicht übertreiben. Wenn ich mir vorstellen, ich würde am Sonntag in die Messe um 9 Uhr gehen, und hätte seit Mitternacht (also eigentlich seit 7 Uhr Abends am Tag davor) nichts gegessen, ich würde schlicht und ergreifend umfallen. Wenn ich in der Früh vor der Messe aufstehen, dann esse ich natürlich was. Nicht viel, und auch nicht aufwendig, aber zwei Scheiben Brot brauch ich. Und das ist nach meinem dafürhalten auch keine Sünde, sondern eine physiologisch bedingt Notwendigkeit.

Mag sein, dass meine Meinung zu diesem Thema und meine ganze Geisteshaltung im Allgemeinen viel mit meiner Abstammung zu tun hat, und dass der bayerische Katholizismus in seiner Schlichtheit, Frömmigkeit und Zuversichtlichkeit sehr stark bei mir durchscheint, aber eine große Bitte habe ich an alle hier: Regt euch nicht immer so auf.

Gruß
Grammi

Mary
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Mary »

Grammi hat geschrieben: Auch mit der eucharistischen Nüchternheit sollte man es meiner Ansicht nach nicht übertreiben. Wenn ich mir vorstellen, ich würde am Sonntag in die Messe um 9 Uhr gehen, und hätte seit Mitternacht (also eigentlich seit 7 Uhr Abends am Tag davor) nichts gegessen, ich würde schlicht und ergreifend umfallen.
Hallo Grammi,

das haben allerdings Generationen von Gläubigen vor Dir geschafft. Und die hatten dazu teilweise noch stundenlange Fusswege zur Kirche! Die Gläubigen anderer Kirchen fasten am Morgen vor der Kommunion - und die ist bei Liturgiebeginn um zehn.... so gegen halb zwölf. Was zu essen gibts dann erst gut nach Mittag. :unbeteiligttu: Und so manch einer, der zuerst geglaubt hat, das nie durchhalten zu können, schafft es, wenn ers mal probiert, ohne Probleme).
(das wollte ich einfach einwerfen, ohne die Diskussion wieder ankurbeln zu wollen)

Etwas wollt ich aber doch noch fragen: Bist Du sicher, dass Deine "gezinkten Karten" schon ein "Eintrittbillett" sind?
Lg Mary
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Bernado
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Bernado »

Mary hat geschrieben:Etwas wollt ich aber doch noch fragen: Bist Du sicher, dass Deine "gezinkten Karten" schon ein "Eintrittbillett" sind?
Wo du schon mal hier bist, fällt mir auch eine Frage ein: Käme es einem Orthodoxen in den Sinn, das Gewicht einer Sünde in Gramm umzurechnen?
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Melody
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Melody »

Jetzt beiß Dich nicht schon wieder an diesen Gramm fest. Der Jone besteht noch aus einigen Kapiteln mehr. Wenn dieses Buch für Dich ein rotes Tuch ist, dann überlese es einfach. :achselzuck:
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Vir Probatus
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Vir Probatus »

Früher hat man Kommunionkindern gleich nach dem Aufstehen ein roh geschlagenes Ei gereicht, damit sie in der Erstkommunionsmesse nicht umfielen. Wie passt das zu Jone ?
Heute wird natürlich gefrühstückt: Wie soll das auch anders gehen, bei einem Messbeginn um 10:00 Uhr?
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Vulpius Herbipolensis
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Vulpius Herbipolensis »

Vir Probatus hat geschrieben:Früher hat man Kommunionkindern gleich nach dem Aufstehen ein roh geschlagenes Ei gereicht, damit sie in der Erstkommunionsmesse nicht umfielen. Wie passt das zu Jone ?
Wann und wo war denn "früher"?

Vielleicht ein lateinischer Anfall von "Oikonomia"? :tuete:

Vir Probatus hat geschrieben:Heute wird natürlich gefrühstückt: Wie soll das auch anders gehen, bei einem Messbeginn um 10:00 Uhr?
Mit etwas gutem Willen.
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Linus
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Linus »

Ich könnte zwar mit einem "Nach der Kirche Brunch als erste Mahlzeit des Tages" leben, allerdings weiß ich, daß ich selbst nach Gebrauch eines Hektoliters Mundwasser Mundgeruch habe, wenn ich nichts in der Früh esse. Und als Ausführendes Werkzeug von Hiob 4,9 in der Messe will ich nicht dienen. :D
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Melody
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Melody »

Vulpius Herbipolensis hat geschrieben:
Vir Probatus hat geschrieben:Früher hat man Kommunionkindern gleich nach dem Aufstehen ein roh geschlagenes Ei gereicht, damit sie in der Erstkommunionsmesse nicht umfielen. Wie passt das zu Jone ?
Wann und wo war denn "früher"?
Ich nehme mal an, er bezieht sich auf die Zeiten vor dem 19. März 1957, wo die eucharistische Nüchternheit noch ab Mitternacht galt, schon da gab es nämlich ein paar festgelegte Ausnahmefälle, unter denen man bis zu einer Stunde vorher noch etwas "trinken" (und da ist eben auch ein rohes Ei erwähnt, igitt...) konnte oder auch auf die Zeit nach dem 19. März 1957, wo Papst Pius XII. die Frist mit dem Motu proprio Sacram communionem auf drei Stunden für feste Speisen und alkoholische Getränke, auf eine Stunde für nichtalkoholische Getränke heruntergesetzt hatte.
Das galt dann ja ganz allgemein und nicht mehr nur für Ausnahmefälle, und insofern ist halt interessant, was man alles "trinken" kann.
Vulpius Herbipolensis hat geschrieben:
Vir Probatus hat geschrieben:Heute wird natürlich gefrühstückt: Wie soll das auch anders gehen, bei einem Messbeginn um 10:00 Uhr?
Mit etwas gutem Willen.
Wie das anders gehen soll?
Also ich bin sonntags immer nüchtern (von etwas zu trinken abgesehen) und esse nicht vor 11:30 Uhr etwas, im Regelfall sogar erst viel, viel später, gegen 14 Uhr oder so. Wo ist da für einen Erwachsenen das Problem?! :achselzuck:
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Bernado
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Bernado »

Linus hat geschrieben:Ich könnte zwar mit einem "Nach der Kirche Brunch als erste Mahlzeit des Tages" leben, allerdings weiß ich, daß ich selbst nach Gebrauch eines Hektoliters Mundwasser Mundgeruch habe, wenn ich nichts in der Früh esse. Und als Ausführendes Werkzeug von Hiob 4,9 in der Messe will ich nicht dienen. :D
In der Gewährung von Dispensen in begründeten Fällen war die Kirche immer großzügig - auch ohne wohlbegründete Regeln (das ernsthafte Nüchternheitsgebot war per se eine höchst wirkungsvolle Predigt zur Realpräsenz) bis zur Absurdität auszuhöhlen.

Dazu noch war für Menschen "früherer Zeiten" (ich gehe da mal bis vor die Mitte des 20. Jh.) die eucharistische Nüchternheit oft ein viel spürbareres Opfer als für heutige, denn der allgemeine Ernährungszustand war in weiten Bevölkerungskreisen so schlecht, daß 12 Stunden ohne Nahrungsaufnahme manchen einen Schwächeanfall erleiden lassen konnten. Von einem längeren Aufenthalt in einem Entwicklungsland in den 70er Jahren weiß ich, daß der beliebteste Gruß (wie "hallo, wie gehts?") wörtlich übersetzt lautete "hast du schon gegessen?"; und daß Leute einfach so umkippten, weil sie heute noch nichts gegessen hatten, war überhaupt keine Seltenheit.

In unseren Breiten und Zeiten das Nüchternheitsgebot faktisch abzuschaffen kann ich nur im Sinne eines "Was nichts kostet, ist auch nichts wert" interpretieren.
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Vir Probatus
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Vir Probatus »

Melody hat geschrieben:
Vulpius Herbipolensis hat geschrieben:
Vir Probatus hat geschrieben:Früher hat man Kommunionkindern gleich nach dem Aufstehen ein roh geschlagenes Ei gereicht, damit sie in der Erstkommunionsmesse nicht umfielen. Wie passt das zu Jone ?
Wann und wo war denn "früher"?
Ich nehme mal an, er bezieht sich auf die Zeiten vor dem 19. März 1957, wo die eucharistische Nüchternheit noch ab Mitternacht galt, schon da gab es nämlich ein paar festgelegte Ausnahmefälle, unter denen man bis zu einer Stunde vorher noch etwas "trinken" (und da ist eben auch ein rohes Ei erwähnt, igitt...) konnte oder auch auf die Zeit nach dem 19. März 1957, wo Papst Pius XII. die Frist mit dem Motu proprio Sacram communionem auf drei Stunden für feste Speisen und alkoholische Getränke, auf eine Stunde für nichtalkoholische Getränke heruntergesetzt hatte.
Das galt dann ja ganz allgemein und nicht mehr nur für Ausnahmefälle, und insofern ist halt interessant, was man alles "trinken" kann.
Vulpius Herbipolensis hat geschrieben:
Vir Probatus hat geschrieben:Heute wird natürlich gefrühstückt: Wie soll das auch anders gehen, bei einem Messbeginn um 10:00 Uhr?
Mit etwas gutem Willen.
Wie das anders gehen soll?
Also ich bin sonntags immer nüchtern (von etwas zu trinken abgesehen) und esse nicht vor 11:30 Uhr etwas, im Regelfall sogar erst viel, viel später, gegen 14 Uhr oder so. Wo ist da für einen Erwachsenen das Problem?! :achselzuck:
Ich bezog mich auf Kinder: Kommunionkinder um genau zu sein.
Selbstverständlich kann ein Erwachsener das durchhalten.
Andererseits ist es eine Erfahrung auch mit meinen Kindern, daß ein zwangsgeführtes Vollstopfen zu festgelegten Zeiten was früher Usus war, kompletter Unsinn ist.
Wird ein Kind vom Säuglingsalter an daran gewöhnt, daß es etwas zu essen bekommt, wenn es hungrig ist und nicht wenn die Stunde geschlagen hat, dann hat das Kind auch schnell begriffen, daß man aufhören kann, wenn man satt ist. (Und nicht wenn der Teller leer ist, wie man uns das noch so erzählt hat). Wobei ich nun durchaus nicht das Essen während Schulstunden etc. erlauben will.

Und an die Diskussionen im Kommunionunterricht, man dürfe sich nicht die Zähne putzen, man dürfe nicht gurgeln, ... es könnte ja ein Tropfen ...
erinnere ich mich auch.
Entschuldigung: Für mich ist das Schwachsinn, mit dem sich die Kirche nur lächerlich macht.
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Melody »

Vir Probatus hat geschrieben:Und an die Diskussionen im Kommunionunterricht, man dürfe sich nicht die Zähne putzen, man dürfe nicht gurgeln, ... es könnte ja ein Tropfen ... erinnere ich mich auch.
Entschuldigung: Für mich ist das Schwachsinn, mit dem sich die Kirche nur lächerlich macht.
Ich gehe davon aus, dass das auch zu Jones Zeiten so nicht richtig war, denn er sagt ja ausdrücklich, es müsse sich um einen wirklichen Akt des Essens und Trinkens handeln, und das ist beim Zähneputzen wohl kaum der Fall.

Dass einzelne Seelsorger die bestehenden Regeln damals vielleicht etwas übereifrig interpretiert haben, kann man ja nicht der ganzen Kirche anlasten. :achselzuck:

Das Nüchternheitsgebot heute quasi komplett aufzuheben, halte ich allerdings für eine Fehlentwicklung, diesbezüglich stimme ich Bernado voll und ganz zu.
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cantus planus
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von cantus planus »

Vielleicht sollte man einfach auch noch einmal in Erinnerung rufen, dass solche Bücher Auslegungen mit einem nur sehr untergeordneten Verbindlichkeitsgrad sind. Während die Gläubigen frührer Tage nur halb so blöd waren wie heutige Theologen, und um die Begriffe Fasten und Nüchternheit (nüchtern im medizinischen Sinne wird bei ca. 6 Stunden angesetzt [ausgenommen Alkohol und Drogen]) noch wussten, hat man es bei den Auslegungen mitunter deutlich übertrieben. Dass ein beim - notwendigen - Zähneputzen versehentlich verschlucktes Stückchen Zahnpaste keine beabsichtigte Nahrungsaufnahme ist, muss jedem klar sein, der über logischen Menschenverstand verfügt. Schon wegen der übel-künstlichen Geschmacks und geringen Nährwerts. :breitgrins:

In den Auslegungen hat man es da mitunter in der typisch römischen-katholischen Sucht nach Präzision übertrieben. Wo die einen ihr Gewissen schulten, versuchten andere als Hilfe dazu jeden nur denkbaren Fall in Richtlinien zu verpacken, mit den üblichen Kuriositäten, zu denen ein solches Vorgehen zwangsläufig immer führt.

Davon zu unterscheiden sind noch einmal die von Katecheten und Pfarrern vor dem Konzil verbreiteten subjektiven Ansichten und Auslegungen. Hier scheint teilweise - und das muss man einfach zugeben - wirklich unglaublicher Schrott verbreitet worden zu sein (Das erinnert frappierend an die Zeit nach dem Konzil, nur unter anderen Vorzeichen). Da hätten Bücher wie der Jone tatsächlich auch den Exzess begrenzen können.
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Mary
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Mary »

Bernado hat geschrieben:
Mary hat geschrieben:Etwas wollt ich aber doch noch fragen: Bist Du sicher, dass Deine "gezinkten Karten" schon ein "Eintrittbillett" sind?
Wo du schon mal hier bist, fällt mir auch eine Frage ein: Käme es einem Orthodoxen in den Sinn, das Gewicht einer Sünde in Gramm umzurechnen?
:D ich nehme an, die Frage ist rhetorisch?

Wir haben normalerweise unsere Briefwaage am Esstisch nicht dabei. Aber das kann auch daran liegen, dass bei uns Sünde Sünde ist, punkt.
Wenn überhaupt, würden wir höchstens abschätzen wollen, wie schwer eine Sünde uns auf der Seele lastet ;D

(ich antworte, weil ich gefragt bin, nicht weil ich die Frage weiter, ähem, vertiefen möchte)

Euch allen, die ihr noch Würste essen dürft, einen guten Appetit... ich geniesse derweil mein Gemüsegratin
Mary
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Grammi
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Grammi »

Mary hat geschrieben:
Grammi hat geschrieben:
Hallo Grammi,

das haben allerdings Generationen von Gläubigen vor Dir geschafft. Und die hatten dazu teilweise noch stundenlange Fusswege zur Kirche! Die Gläubigen anderer Kirchen fasten am Morgen vor der Kommunion - und die ist bei Liturgiebeginn um zehn.... so gegen halb zwölf. Was zu essen gibts dann erst gut nach Mittag. :unbeteiligttu: Und so manch einer, der zuerst geglaubt hat, das nie durchhalten zu können, schafft es, wenn ers mal probiert, ohne Probleme).
(das wollte ich einfach einwerfen, ohne die Diskussion wieder ankurbeln zu wollen)

Etwas wollt ich aber doch noch fragen: Bist Du sicher, dass Deine "gezinkten Karten" schon ein "Eintrittbillett" sind?
Lg Mary
Also eine Eintrittskarte sind die gezinkten Karten sicher nicht, das liegt auch ganz und gar nicht in meiner Hand. Die Aussage war aber auch weniger auf mich selber, sonder viel mehr auf Viele bezogen.

Und ich glaube dir gerne, dass das vor mir auch andere geschafft haben, stell ich gar nicht in Abrede. Ich wage mal zu behaupten, dass das sogar die meisten Menschen schaffen, so sie denn wollen. Aber die meisten Menschen nehmen nicht bei 3500 kcal am Tag ab. Ich bin da, bedingt durch viel körperliche Aktivität, wohl etwas anders. Und wenn mir nach dem Aufstehen der Magen kracht, dass es jede Konteplation stört, dann muss da ja wohl irgendeine Abhilfe her.

Und zur ganzen Diskussion fällt mir nur eines noch ein, was so ähnlich schon Cantus gesagt hat: Ein bischen mehr gesunder Menschenverstand, ein bischen weniger Regelwut und, als meine persönliche Ergänzung, ein bischen mehr Vertrauen in die Gnade und Güte unseres Herren.

Gruß
Grammi

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Sempre
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Sempre »

Grammi hat geschrieben:Und zur ganzen Diskussion fällt mir nur eines noch ein, was so ähnlich schon Cantus gesagt hat: Ein bischen mehr gesunder Menschenverstand, ein bischen weniger Regelwut und, als meine persönliche Ergänzung, ein bischen mehr Vertrauen in die Gnade und Güte unseres Herren.
Hier liegt ein Missverständnis vor, was Sinn und Zweck "des Jone" angeht. Mit Regelwut hat das ganz und gar nichts zu tun.

Jeder Arzt oder Ernährungsberater arbeitet mit Richtwerten usf., wenn er einen Patienten berät. Logisch, dass allerlei sonstige Parameter und Umstände ins Spiel kommen und berücksichtigt werden. Beim Jone verhält es sich analog. Weder Arzt noch Priester werden einen verhungernden auf Diät setzen.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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ChrisCross
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von ChrisCross »

Sempre hat geschrieben:
Grammi hat geschrieben:Und zur ganzen Diskussion fällt mir nur eines noch ein, was so ähnlich schon Cantus gesagt hat: Ein bischen mehr gesunder Menschenverstand, ein bischen weniger Regelwut und, als meine persönliche Ergänzung, ein bischen mehr Vertrauen in die Gnade und Güte unseres Herren.
Hier liegt ein Missverständnis vor, was Sinn und Zweck "des Jone" angeht. Mit Regelwut hat das ganz und gar nichts zu tun.

Jeder Arzt oder Ernährungsberater arbeitet mit Richtwerten usf., wenn er einen Patienten berät. Logisch, dass allerlei sonstige Parameter und Umstände ins Spiel kommen und berücksichtigt werden. Beim Jone verhält es sich analog. Weder Arzt noch Priester werden einen verhungernden auf Diät setzen.
:daumen-rauf: :klatsch:
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1

Grammi
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Grammi »

Nun, dann ändere ich meine letzte Aussage ein wenig ab. Bitte streicht die "Regelwut" und ersetzt sie durch "Lesung von Leitfäden für Beichtväter durch Personen, welche keine Beichtväter sind, was unter Umständen zu erheblichen Verwirrung und Diskussionen unter nicht geringer Beteiligung furchtbar verfressener Personen, ohne Berücksichtigung des eigentlichen Themas, führen kann". Damit möchte ich dann diesen Teil von meiner Seite aus abschließen (nicht dass ich noch einen blauen Brief wegen permanentem OT bekomm).

Gleichzeitig hab ich aber noch eine paar Fragen zum Thema eucharistische Nüchternheit: Woher kommt sie, wie hat sie sich entwickelt, stammt sie (wie viele andere Entwicklungen auch) eher aus dem klösterlichen Bereich?

Gruß
Grammi

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Bernado
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Bernado »

Grammi hat geschrieben:Nun, dann ändere ich meine letzte Aussage ein wenig ab. Bitte streicht die "Regelwut" und ersetzt sie durch "Lesung von Leitfäden für Beichtväter durch Personen, welche keine Beichtväter sind, (...)
Dem schließe ich mich eher nicht an: Seit den höchst gelehrten Diskussionen einiger ansonsten durchaus ehrenwerter Leute über die berühmte Frage nach den Engeln und der Nadelspitze ist der Drang, über Dinge zu reden, über die man nicht reden muß, und in gesetzesfähigen Text zu fassen, was nur dem Gesetz Gottes unterliegt, einer der verhängnisvolleren Entwicklungen in der römischen Kirche. Ihre Folgen sind weitaus gravierender als ein paar OTs in einem Webforum...
Grammi hat geschrieben:Gleichzeitig hab ich aber noch eine paar Fragen zum Thema eucharistische Nüchternheit: Woher kommt sie, wie hat sie sich entwickelt, stammt sie (wie viele andere Entwicklungen auch) eher aus dem klösterlichen Bereich?
Wie es heißt (d. h. ich kann jetzt keinen Beleg aus der Literatur) geht sie auf die frühesten Zeiten zurück. Schon Paulus kritisiert im Korintherbrief die (im Rahmen der antiken Kultur naheliegende) Vermischung der Aspekte von Herrenmahl und Gastmahl, von Eucharistie und Gelage. Um das zu unterbinden oder zumindest deutlicher zu unterscheiden, hat man wohl schon sehr früh darauf geachtet, das "Brechen des Brotes" und die profane Nahrungsaufnahme durch Nüchternheitsgebote voneinander abzusetzen: Der Genuß von Speisen war erst nach Ende der Eucharistiefeier in einer anschließenden Agape erlaubt.

Womit aber nicht auszuschließen ist, daß die monastischen Praktiken (soweit sie denn tatsächlich praktiziert wurden) das Nüchternheitsgebot später gestützt und weiterentwickelt haben. Nach dem Aufkommen der expliziten Verehrung der eucharistischen Gestalten hat man dann ja ganz allgemein sehr darauf geachtet, "den Leib des Herrn zu unterscheiden".
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Pelikan
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Pelikan »

Bernado hat geschrieben:Seit den höchst gelehrten Diskussionen einiger ansonsten durchaus ehrenwerter Leute über die berühmte Frage nach den Engeln und der Nadelspitze[...]
Es gibt keine solchen Leute, wie du sicher weißt. Die "Aufklärer" haben diese Unterstellung erfunden, um ihrem Vorwurf, ihre Vorfahren hätten zu viel Zeit für unproduktive und unprofitable Zwecke wie die Kontemplation von Mysterien verschwendet, Nachdruck zu verleihen.

Ich muß mich schon wundern, welche Motivation dahintersteht, wenn du diese alte Polemik hier in dieses Argument einbaust. Wenn dich jemand fragt, ob Engel allgegenwärtig sind, und -- wenn nicht -- wie sich körperlose Wesen hinsichtlich ihrer Gegenwart im Raum unterscheiden, was antwortest du? Ich habe die Befürchtung, daß es dir näher läge, den Fragesteller zu psychoanalysieren als seine Bedürfnisse ernst genug zu nehmen, um eine Antwort zu versuchen; aber vielleicht täusche ich mich auch.

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Bernado
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Bernado »

Pelikan hat geschrieben:Ich muß mich schon wundern, welche Motivation dahintersteht, wenn du diese alte Polemik hier in dieses Argument einbaust. Wenn dich jemand fragt, ob Engel allgegenwärtig sind, und -- wenn nicht -- wie sich körperlose Wesen hinsichtlich ihrer Gegenwart im Raum unterscheiden, was antwortest du? Ich habe die Befürchtung, daß es dir näher läge, den Fragesteller zu psychoanalysieren als seine Bedürfnisse ernst genug zu nehmen, um eine Antwort zu versuchen; aber vielleicht täusche ich mich auch.
Meine Motivationist ganz klar: Ich halte diese Sucht, Dinge wissen zu wollen, die uns nicht offenbart sind, für die Quelle einiger gefährlicher Fehlentwicklungen, die uns heute zu schaffen machen.

Es liegt mir fern, den Fagesteller zu psychoanalysieren - eher schon den Antwortenden. Ersterem würde ich sagen, daß wir es nicht wissen und es unser Begriffsvermögen als körperbehaftete Wesen übersteigt; vielleicht würde ich ihn noch zu einem Besuch auf dem Möbius-Band einladen.

Dem Antwortenden würde ich sagen, daß sowohl Aristoteles als auch Aquino zu ihren Zeiten Großes geleistet haben und uns auch heute noch viel zu sagen haben - aber nicht alles. Statt ihn in die Psychiatrie zu schicken, würde ich ihm vielleicht eine Woche der Demut in einem ostkirchlichen Kloster empfehlen, zur Not auch in einem nicht mit Rom in Gemeinschaft stehenden.

Nein, das ist keine grundsätzliche Ablehnung der Neuscholastik - aber eine Mahnung zur Vorsicht beim Umgang mit ihrem Instrumentarium. Es scheint große Anziehungskraft auf kleine Geister auszuüben, und die sind ihm dann meist nicht gewachsen.

Aber das ist hier nun endgültig OT.
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Niels
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Niels »

Kasuistik a la Jone birgt ein Risiko, nämlich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr zu erkennen. Die Folgen sind dann kontraproduktiv (oder gar verheerend).
Was ist der tiefere Sinn der eucharistischen Nüchternheit? Sie ist Ausdruck des Glaubens an die wirkliche Gegenwart Jesu Christi im allerheiligsten Sakrament. Genauso wie das Wasser nach dem Kommunionlavabo dem Sacrarium zugeführt wird und nicht dem Abfluss, soll sich der Leib des Herrn nicht mit gewöhnlicher Speise vermischen. Deshalb hat die Kirche Regelungen erlassen, welche die eucharistische Nüchternheit betreffen.

Was ist nun, wenn jemand zur Kommunion schreitet, aber nach einem Blick auf die Uhr weiß, dass ihm noch eine Minute fehlt, um die vorgeschriebene Zeit einzuhalten, obwohl er der latzte Kommunikant ist... vielleicht war die Predigt kürzer als sonst... verunehrt er den Leib des Herrn, wenn er nicht kehrtmacht und dennoch kommuniziert? Das erinnert mich an:
http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?p=32249#p32249
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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lifestylekatholik
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von lifestylekatholik »

Niels hat geschrieben:Kasuistik à la Jone birgt ein Risiko, nämlich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr zu erkennen. Die Folgen sind dann kontraproduktiv (oder gar verheerend).
Konkret: Welcher derer, die sich hier im Zusammenhang mit der Frage nach Speiseresten zwischen den Zähnen positiv auf den Jone bezogen haben, hat durch den Jone den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr erkannt? Für wen hatte das welche verheerenden Folgen?

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Firma Bernado & Co. hier mit Begeisterung ein totes Pferd reitet. Bei Bernado selber verstehe ich das ja bis zu einem gewissen Grade. Er meint, überall Tradizombies auf ihn eindringen zu sehen, und schlägt deshalb wild um sich. Bei Taddeo mag es ähnlich sein. Aber bei dir und Cantus?

Ich versteh’s nicht. :achselzuck:
Niels hat geschrieben:Was ist nun, wenn jemand zur Kommunion schreitet, aber nach einem Blick auf die Uhr weiß, dass ihm noch eine Minute fehlt, um die vorgeschriebene Zeit einzuhalten, obwohl er der letzte Kommunikant ist... vielleicht war die Predigt kürzer als sonst... verunehrt er den Leib des Herrn, wenn er nicht kehrtmacht und dennoch kommuniziert?
Die Kirche hat eine Stunde vorgegeben. (Du darfst natürlich gern auch länger fasten, z. B. drei Stunden oder ab Mitternacht.) Am besten also bittet er den Priester nur um den Segen, wenn er nun schon mal vorne steht. Wenn er auf die Uhr kuckt und sich wirklich Gedanken um die fehlende Minute macht, ist er in dem Moment wahrscheinlich eh eher weniger gut auf den Empfang des Leibes des Herrn vorbereitet.

Where’s the problem? :achselzuck:
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Bernado
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Bernado »

lifestylekatholik hat geschrieben: Bei Bernado selber verstehe ich das ja bis zu einem gewissen Grade. Er meint, überall Tradizombies auf ihn eindringen zu sehen, und schlägt deshalb wild um sich. Bei Taddeo mag es ähnlich sein. Aber bei dir und Cantus?

Ich versteh’s nicht. :achselzuck:
Tradizombie gefällt mir. Das werde ich gelegentlich übernehmen, wenn das Copyright dem nicht entgegensteht.

Allerdings sehe ich diese Sorte nicht unbedingt auf mich persönlich eindringen. Ich sehe nur, wie sie an vielen Orten ihr Unwesen treiben.
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Melody
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Melody »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Niels hat geschrieben:Was ist nun, wenn jemand zur Kommunion schreitet, aber nach einem Blick auf die Uhr weiß, dass ihm noch eine Minute fehlt, um die vorgeschriebene Zeit einzuhalten, obwohl er der letzte Kommunikant ist... vielleicht war die Predigt kürzer als sonst... verunehrt er den Leib des Herrn, wenn er nicht kehrtmacht und dennoch kommuniziert?
Die Kirche hat eine Stunde vorgegeben. (Du darfst natürlich gern auch länger fasten, z. B. drei Stunden oder ab Mitternacht.) Am besten also bittet er den Priester nur um den Segen, wenn er nun schon mal vorne steht. Wenn er auf die Uhr kuckt und sich wirklich Gedanken um die fehlende Minute macht, ist er in dem Moment wahrscheinlich eh eher weniger gut auf den Empfang des Leibes des Herrn vorbereitet.

Where’s the problem? :achselzuck:
Ich hatte Niels kurz vorher etwas erzählt, was er, so wie ich ihn verstanden habe, für Unsinn hielt, Stylie, daher brachte er wahrscheinlich diesen Absatz...

Mir war es nämlich voriges Jahr einmal passiert, dass ich von der Kommunion (in einer Werktagsmesse) zurückkam und mir - aus welchen Gründen auch immer - bewusst wurde, dass ca. 2 - 3 Minuten gefehlt haben müssen.
Nun war es in dem Moment ja keine Absicht, aber bei nächster Gelegenheit sprach ich das ganze also aus Interesse in der Beichte an, so wie ich grds. alles frage, was ich nicht weiß.

Und da wurde mir sehr wohl gesagt, dass ich, wenn ich mir dessen bewusst bin, dass die Stunde nicht ganz voll ist, nicht zur Kommunion gehen dürfe. Auch nicht bei zwei Minuten.

Ich gebe zu, sowas auch eher "albern" zu finden, aber gut, wem soll ich glauben, dem Beichtvater, dem ich vertraue (und dessen Antworten in der Beichte im übrigen für mich von Gott kommen...) oder meinem "irrenden" Gewissen bzw. irgendwelchen Forenlaien?! :achselzuck:
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Vir Probatus »

Melody hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben:
Niels hat geschrieben:Was ist nun, wenn jemand zur Kommunion schreitet, aber nach einem Blick auf die Uhr weiß, dass ihm noch eine Minute fehlt, um die vorgeschriebene Zeit einzuhalten, obwohl er der letzte Kommunikant ist... vielleicht war die Predigt kürzer als sonst... verunehrt er den Leib des Herrn, wenn er nicht kehrtmacht und dennoch kommuniziert?
Die Kirche hat eine Stunde vorgegeben. (Du darfst natürlich gern auch länger fasten, z. B. drei Stunden oder ab Mitternacht.) Am besten also bittet er den Priester nur um den Segen, wenn er nun schon mal vorne steht. Wenn er auf die Uhr kuckt und sich wirklich Gedanken um die fehlende Minute macht, ist er in dem Moment wahrscheinlich eh eher weniger gut auf den Empfang des Leibes des Herrn vorbereitet.

Where’s the problem? :achselzuck:
Ich hatte Niels kurz vorher etwas erzählt, was er, so wie ich ihn verstanden habe, für Unsinn hielt, Stylie, daher brachte er wahrscheinlich diesen Absatz...

Mir war es nämlich voriges Jahr einmal passiert, dass ich von der Kommunion (in einer Werktagsmesse) zurückkam und mir - aus welchen Gründen auch immer - bewusst wurde, dass ca. 2 - 3 Minuten gefehlt haben müssen.
Nun war es in dem Moment ja keine Absicht, aber bei nächster Gelegenheit sprach ich das ganze also aus Interesse in der Beichte an, so wie ich grds. alles frage, was ich nicht weiß.

Und da wurde mir sehr wohl gesagt, dass ich, wenn ich mir dessen bewusst bin, dass die Stunde nicht ganz voll ist, nicht zur Kommunion gehen dürfe. Auch nicht bei zwei Minuten.

Ich gebe zu, sowas auch eher "albern" zu finden, aber gut, wem soll ich glauben, dem Beichtvater, dem ich vertraue (und dessen Antworten in der Beichte im übrigen für mich von Gott kommen...) oder meinem "irrenden" Gewissen bzw. irgendwelchen Forenlaien?! :achselzuck:
Findest Du eigentlich nicht, daß "Beichtväter" die derartig Ihre Stellung ausnutzen, Missbrauch mit Deinen (Angst-)Gefühlen treiben? Stehen die bei Dir ausser jeder Kritik ? Der Horror den ich vor solchen Leuten habe, wird dadurch immer schlimmer.
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

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Bernado
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Bernado »

Vir Probatus hat geschrieben:Findest Du eigentlich nicht, daß "Beichtväter" die derartig Ihre Stellung ausnutzen, Missbrauch mit Deinen (Angst-)Gefühlen treiben?
Das ist so eine völlig unberechtigte Unterstellung. Nichts von dem will der Beichtvater, haben auch frühere Beichtväter nicht gewollt. Aber aus Schwäche, und, wie ich vermuten möchte, auch einem gewissen Maß an Unbildung, greift er zu vermeindlich starken, in Wirklichkeit aber wenig tauglichen Krücken.

Ich glaube nicht, daß ein derartiger Beichtvater eine große Hilfe sein kann bei der Besprechung von Problemen, die komplizierter sind als das Ablesen einer Uhr.
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Protasius
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Re: Eucharistische Nüchternheit

Beitrag von Protasius »

Faszinierend, wie ihr aus einer einzelnen Aussage ein psychologisches Profil des Beichtvaters aufstellt. Wenn dein Seelenführer dir das sagt, dann würde ich an deiner Stelle ihm auch erstmal vertrauen.

Was mir dazu gerade einfällt: Was ist, wenn man die Zeit nach der letzten Mahlzeit und vor der Kommunion an verschiedenen Uhren abliest, du um einige Minuten differieren?
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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