Der Papst und der Urknall

Allgemein Katholisches.
Biggi
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Beitrag von Biggi »

Edith hat geschrieben:
Pelikan hat geschrieben:Passagen der Heiligen Schrift als "durchgängig metaphorisch" vom Tisch zu wischen erachte ich als sehr respektlos. So kann man keine Exegese betreiben.
"durchgängig metaphorisch WAHR" stand da..... 8)
Und außerdem bezog sich die Aussage auf den Schöpfungsbericht am Anfang der Genesis! Den wörtlich verstehen zu wollen (zu sollen) ist schon ziemlich abenteuerlich.

Ja, ja, ich weiß, auch das gibt es. Aber im katholischen Raum sind die Kreationisten ja eigentlich nicht so sonderlich verbreitet....
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)

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Pelikan
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Beitrag von Pelikan »

Wer redet denn vom Kreationismus? Mich ärgert die Hermeneutik des Mißtrauens. Die Kirche wird vom Wort Gottes genährt, wenn sie es in staunender Demut empfängt. Man darf sich ihm nicht hochmütig nähern, mit der Absicht, die ollen Märchen schon zurechtzubiegen, wie es gerade paßt.

IngoB
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Beitrag von IngoB »

Pelikan hat geschrieben:Wer redet denn vom Kreationismus? Mich ärgert die Hermeneutik des Mißtrauens. Die Kirche wird vom Wort Gottes genährt, wenn sie es in staunender Demut empfängt. Man darf sich ihm nicht hochmütig nähern, mit der Absicht, die ollen Märchen schon zurechtzubiegen, wie es gerade paßt.
Seufz. Zwei Menschen stehen vor einem Bild von Picasso. Der eine sagt "Dies ist Leinwand mit aufgetragenem Oel, hier schwarz, hier rot, dort blau. Sonst nichts, jedes mehr waere ein weniger, verzerrt die klare Sicht der Dinge mit fremden Gedankengut." Der andere sagt: "Aber nicht doch, Leinwand und Oel ist Handwerk, Mittel zum Zweck, manchmal gar Engpass fuer den Kuenstler. Worum es bei diesem Bild eigentlich geht ist der dramatische Ausdruck von Emotion in einer voellig neuen aesthetischen Weltsicht." Welcher der beiden Betrachter zollt mehr Respekt? Wer sieht das "wahre" Bild?

Dein Tellerrand liegt im weg von blosser Schrifttreue, meiner im hin zu mehr Schrifttreue - drueberschauen schadet uns beiden nicht. 8)

Ruf
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Beitrag von Ruf »

Biggi Verfaßt am: 22.11.2004, 22:38  hat geschrieben:Dabei hast du allerdings geschickterweise die Erschaffung von Tag (Licht) und Nacht (Finsternis) am ersten Tag unterschlagen. Passt ja auch nicht so recht zusammen, wenn dann erst am 4. Tag die Sonne erschaffen wird.

Die Versuche, die ersten Kapitel der Genesis als mehr oder weniger naturwissenschaftliche Beschreibung des Ablaufs der Schöpfung hinzubiegen, haben in meinen Augen immer etwas Krampfhaftes und Lächerliches an sich. Dem Anliegen des Christentums, das ich ja teile!, wird damit kein Gefallen getan.

Danke für den Hinweis.
Ich habe Tag und Nacht, was natürlich dabei gehört nachträglich noch, eingefügt.

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Ruf
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Beitrag von Ruf »

Es gibt auch eine andere Möglichkeit.

Der erste Schöpfungstag

"Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde" (Gen 1)
Das ist, wie die hl. Hildegard v. Bingen schreibt ,so zu verstehen:
"Im Anfang, das ist im Beginn aller Dinge, die so im Wissen Gottes leben, wie sie entstehen sollen, schuf Gott Himmel und Erde, indem Er sie durch sich selbst hervorgehen ließ.

[center]Er schuf den Grundstoff aller himmlischen und irdischen Geschöpfe:
den Himmel das ist der lichte Stoff (lucida materia)
und die Erde, das ist die verworrene Masse (turbulenta materia) .[/center]

Und diese beiden Grundstoffe sind zugleich geschaffen worden und erschienen in einen einzigen Kreis:
Im Machtkreis Gottes im Himmel und auf Erden.

Aus jener Herrlichkeit, die die Ewigkeit ist, erglänzte die erwähnte lichte Materie wie ein verdichtetes Licht, und dieses Licht leuchtet über die verworrene Masse. Es durchleuchtete aber nicht mit einmal den Himmel und die Erde, wie dies ja auch ein Mensch nicht tut, der bestimmte Gestaltung bereitet, da er jede einzelne mit Zirkel erst zeichnet, um sie nachher mit Farben auszumalen"*




*H. v. Bingen, Welt u. Mensch, Salzburg
Zuletzt geändert von Ruf am Donnerstag 25. November 2004, 22:49, insgesamt 1-mal geändert.

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Manche Wahrheiten, vor allem, wenn sie unsere Empirie übersteigen, können nur in Bildern und Gleichnissen ausgedrückt werden. Dazu gehört auch die Wahrheit, dass diese unsere Welt in Gott ihren Ursprung hat.
(Übrigens ist auch das Wort "Ursprung" bereits eine Metapher.)

Die Poesie in Genesis 1 und (anders geartet) in Gensis 2+3 ist doch wunderbar geeignet, uns unfehlbar Wesentliches über Gott, die Welt und den Menschen zu sagen. Da muss man nicht viel herumbiegen (außer man will die Texte krampfhaft als Protokolle der Urgeschichte lesen). Warum sollte Gott, der unzählige Dichter inspiriert, sich in der Bibel nicht der Poesie bedienen?

Die Dichter waren mir schon immer lieber als die Naturwissenschaftler, wenn es um die wahrhaft großen Fragen geht: Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir?

Als ich in den 60-er Jahren als Gymnasiast erstmals mit der neueren Exegese vertraut gemacht wurde, fand ich sofort ungemein große Freude an der Bibel (und sie hält bis heute unvermindert an.) Vorher hielt ich die Bibel für ein unglaubwürdiges Geschichtebuch.

Biggi
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Beitrag von Biggi »

roncalli hat geschrieben: Die Dichter waren mir schon immer lieber als die Naturwissenschaftler, wenn es um die wahrhaft großen Fragen geht: Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir?
Der Naturwissenschaftler (als Naturwissenschaftler!) kann dazu eh nichts sagen. Soll er auch nicht. Da er aber vermutlich zunächst einmal Mensch ist, hat er natürlich das Recht und die Pflicht, sich auch mit diesen "großen Fragen" auseinanderzusetzen und sich dazu zu äußern. Und wenn er außerdem eine dichterische Ader hat: umso besser.

Aber ich wiederhole mich...
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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Ja, Biggi, da hast du vollkommen recht. Danke! Ich habe mich nicht exakt ausgedrückt.

Ruf
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Beitrag von Ruf »


Es passt schon zusammen, auch "wenn dann erst am 4. Tag die Sonne erschaffen wird."

Der erste Schöpfungstag
"Die Erde aber war wüst und leer, und Finsternis lagen über dem Antlitz des Abrundes."
Die hl. Hildegard schreibt:
"Die Erde war leer, da sie noch keine Gestalt hatte.
[center]Unsichtbar und ohne Licht war sie,
weil sie noch nicht vom Glanz des Lichtes,
von der Helligkeit von Sonne Mond und Sterne
erleuchtet wurde;[/center]
unbebaut war sie, da sie noch von keinem Kulturwerk durchfurcht ward,
und leer, das heißt nicht zusammengefügt, weil sie noch nicht erfüllt war:
[center]Noch besaß sie ja nicht
das Grünen und Keimen
und das Blühen der Kräuter und Bäume[/center]

Vom Himmel wird nicht gesagt er sei wüst und leer,denn er sollte keine Früchte hervorbringen.
[center]Und Finsternis -
die noch nicht durch den Strahl eines Lichts aufgerissen waren,
da noch keine Gestalt leuchtete -[/center]
bedeckte das Antlitz des Abgrundes, jene ungegliederte Wirnis der Erde........"*


Es ist also klar, Sonne Mond und Sterne gab es am ersten Schöpfungstag überhaupt noch nicht.

*H. v. Bingen, Welt u. Mensch, Salzburg

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