Moralische Bewertung der "Pille danach"

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Maurus
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Maurus »

Raphael hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Man darf meines Erachtens nicht außer Acht lassen, dass sich die kirchlichen Lehren hinsichtlich des Verbots der künstlichen(!) Empfängnisverhütung auf den Bereich des ehelichen Lebens beziehen, in dem gemäß kirchlicher Lehre der ausschließliche Platz für genitale Sexualität ist. Entsprechend wird das Verbot auch begründet, daher läuft es ins Leere, wenn es sich um eine Frau handelt, die vergewaltigt wird, also gar nicht in irgendeiner Weise geschlechtlich verkehren will.

Den Ärger über die "Aufweichung" von HV - verbunden mit der Einsicht, dass letztlich die sich strikt an das kirchliche Gebot haltenden Katholiken die Dummen sind - kann ich irgendwo nachvollziehen. Das Dokument ist leider nicht gerade das am besten durchdachteste in der Kirchengeschichte. Es wirft zahllose Fragen auf, die von den Gläubigen kaum selbst beantwortet werden können, also beispielsweise warum der Begriff des Mittels auf mechanische oder biochemische eingegrenzt wurde; warum ein solches Verhalten "ehrbar", aber dennoch verboten sein soll; warum hier plötzlich der Natur ihr Lauf gelassen werden muss (das tun Mediziner doch auch sonst nicht); in wie fern es wirklich sinnvoll ist, das Sittengesetz mit der bleibenden (Rest-)Angst vor einer Schwangerschaft zu verteidigen. Kaum einsichtig ist auch die geschürte Furcht davor, dass staatliche Behörden solche Verfahren zur zwangsweisen Geburtenkontrolle nutzen könnten. Staaten, die das wollen nehmen Zwangsabtreibungen, Zwangsterilisierungen und/oder drakonische Strafen für Übertreter vor, aber sie verteilen keine Kondome, weil sie gar nicht kontrollieren können, ob diese auch verwendet werden. Ein autoritärer Staat aber will alles kontrollieren.
Für meine Begriffe ist ein wirklich sehr berechtigtes - heute noch mehr als damals - Anliegen durch HV eher konterkariert worden. Nichtmal Otto-Normalkatholik lässt sich heute noch was von der Kirche in diesen Angelegenheiten sagen. Das ist auch eine Folge von HV. Das Schaf muss den Hirten auch verstehen können.
Mein lieber Maurus, trotz einiger berechtigter Anliegen ("Das Schaf muss den Hirten auch verstehen können!"), gibst du hier zu schnell der normativen Kraft des Faktischen nach! :dudu:
Der normativen Kraft des Faktischen gehe ich meiner Ansicht nach nicht da (übrigens ist das ein Weg, den die Kirche selbst oft beschritten hat), aber dass meine Thesen nicht von jedem geteilt werden (können), dass ist mir klar.
Raphael hat geschrieben:Das Problem bei HV war die Kakophonie des Hirtenchores (Mariatrost, Königstein) auf der Schablone des "Konzilsgeistes":
Wir wissen zwar nicht, was wir wollen, aber das mit aller Kraft! :nuckel:
In dem Fall aber finde ich, dass du es dir etwas zu leicht machst. Die in ihrer Legitimität fraglichen Erklärungen waren nicht zuletzt die Reaktion auf das bereits bestehende (und von Paul VI. in HV auch vorausgesehene) Unverständnis vieler Gläubiger. Letztendlich sind diese Erklärungen im kollektiven Gedächtnis der Allgemeinheit auch wesentlich schlechter verankert. Das Pillenverbot kennt schließlich fast jeder, aber außerhalb eines engeren Kreises kennt zumindest heute keiner mehr die "Königsteiner Erklärung".

Das Hauptproblem ist meines Erachtens, dass Paul VI. in HV zwar Geburtenkontrolle erlaubt, die Methodik aber auf eine natürliche Verhütung eingrenzt. Dabei ist bei einer Frau, die zB nach drei Kindern 30 Jahre lang mit Hilfe eines Zykluscomputers verhütet auch nicht mehr gegeben, dass sie der Natur ihren Lauf lässt oder bei der geschlechtlichen Vereinigung mit ihrem Ehepartner grundsätzlich offen für Nachwuchs ist. Das ist doch bloß eine Fiktion. Wo soll denn da der moralische Unterschied zu einer Pille oder einem Kondom sein?
Der tatsächlich Unterschied aber - und das ist für die Außenwirkung fatal - ist, dass bei der Methode mit Zykluscomputer natürlich enthaltsame Tage eingeplant werden müssen. Ausgerechnet diese Methode wird empfohlen. Damit setzt sich HV dem Verdacht aus, bloß die menschliche Sexualität kontrollieren zu wollen. Versteh mich nicht falsch, ich glaube nicht, dass das so beabsichtigt war. Nur wie etwas beabsichtigt war und wie es dann ankommt, das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. An diesem Problem krankt die kirchliche Lehrverkündigung seit Jahrzehnten. Paulus wusste noch, dass er den Juden eine Jude und den Heiden ein Heide sein musste. Er wusste also, dass er die Art seiner Lehrverkündigung auf die Rezipienten anpassen musste. Den kirchlichen Lehrern von heute scheint dieses Prinzip nicht bekannt zu sein (Vorsicht: Polemik!). Da werden einfach ein paar Sätze rausgehauen und die Gutwilligen an der Basis sind dann die Dummen, die das denen, die daraufhin erstaunt Anfragen stellen, mühsam erklären müssen.

iustus
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von iustus »

Maurus hat geschrieben: Der tatsächlich Unterschied aber - und das ist für die Außenwirkung fatal - ist, dass bei der Methode mit Zykluscomputer natürlich enthaltsame Tage eingeplant werden müssen. Ausgerechnet diese Methode wird empfohlen. Damit setzt sich HV dem Verdacht aus, bloß die menschliche Sexualität kontrollieren zu wollen.
:hae?: Das mache ich jeden Tag: meine Sexualität kontrollieren. :achselzuck:

Das ist zwar nicht immer einfach, aber es ist absolut notwendig.
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

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Maurus
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Maurus »

iustus hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Der tatsächlich Unterschied aber - und das ist für die Außenwirkung fatal - ist, dass bei der Methode mit Zykluscomputer natürlich enthaltsame Tage eingeplant werden müssen. Ausgerechnet diese Methode wird empfohlen. Damit setzt sich HV dem Verdacht aus, bloß die menschliche Sexualität kontrollieren zu wollen.
:hae?: Das mache ich jeden Tag: meine Sexualität kontrollieren. :achselzuck:

Das ist zwar nicht immer einfach, aber es ist absolut notwendig.
Ja sicher, aber um die Selbstkontrolle geht es ja nicht. Es ist der Vorwurf der Fremdkontrolle. Wie gesagt, ich halt den Vorwurf für nicht zutreffend, aber dass er im Raum steht, ist in vielen Kritiken an HV und anderen Dokumenten offenkundig.

Raphael

Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Raphael »

Maurus hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Das Problem bei HV war die Kakophonie des Hirtenchores (Mariatrost, Königstein) auf der Schablone des "Konzilsgeistes":
Wir wissen zwar nicht, was wir wollen, aber das mit aller Kraft! :nuckel:
In dem Fall aber finde ich, dass du es dir etwas zu leicht machst.
Nee, nee, nee, wirklich nee! :huhu:
Maurus hat geschrieben:Die in ihrer Legitimität fraglichen Erklärungen waren nicht zuletzt die Reaktion auf das bereits bestehende (und von Paul VI. in HV auch vorausgesehene) Unverständnis vieler Gläubiger.
Nun, Paul VI. ist ja auch richtigerweise nicht der Masse seiner Berater gefolgt, sondern einer kleinen Klasse ebendieser.
Maurus hat geschrieben:............

Das Hauptproblem ist meines Erachtens, dass Paul VI. in HV zwar Geburtenkontrolle erlaubt, die Methodik aber auf eine natürliche Verhütung eingrenzt. Dabei ist bei einer Frau, die zB nach drei Kindern 30 Jahre lang mit Hilfe eines Zykluscomputers verhütet auch nicht mehr gegeben, dass sie der Natur ihren Lauf lässt oder bei der geschlechtlichen Vereinigung mit ihrem Ehepartner grundsätzlich offen für Nachwuchs ist. Das ist doch bloß eine Fiktion. Wo soll denn da der moralische Unterschied zu einer Pille oder einem Kondom sein?
............
Der vorausliegende moralische Grundsatz, der auch in HV zu Tage tritt, ist doch der, daß im Sein auch das Sollen zu Tage tritt.

Eine Pille oder ein Kondom greift auf künstliche Weise in den Prozeß der Empfängnis ein, während sich in der Beobachtung der natürlichen Zyklen einer Frau und einer bewußten Enthaltsamkeit in den fruchtbaren Tagen die Beherrschung des Menschen über die (seine) Natur erweist. Dort folgt der Menschen den allgemeinen Regeln der Keuschheit, während er beim Einsatz von künstlichen Mitteln das Ausleben der geschlechtlichen Lust zur Handlungsmaxime macht.
Maurus hat geschrieben:...... Polemik ......
Polemik ist
erstens standzuhalten und
zweitens als solche zu desavouieren! 8)

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Libertas Ecclesiae
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Libertas Ecclesiae »

Kommentar zum Verwirrspiel Kardinal Meisners um die "Pille danach":

Es gibt keine "verbrecherische" Befruchtung!
„Die letzte Messe ist noch nicht gelesen.“
(Jelena Tschudinowa)

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Maurus
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Maurus »

Raphael hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Das Problem bei HV war die Kakophonie des Hirtenchores (Mariatrost, Königstein) auf der Schablone des "Konzilsgeistes":
Wir wissen zwar nicht, was wir wollen, aber das mit aller Kraft! :nuckel:
In dem Fall aber finde ich, dass du es dir etwas zu leicht machst.
Nee, nee, nee, wirklich nee! :huhu:
Naja, dann führ das mal weiter aus. Mir erschließt sich das aus den genannten Gründen nicht so wirklich.
Raphael hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Die in ihrer Legitimität fraglichen Erklärungen waren nicht zuletzt die Reaktion auf das bereits bestehende (und von Paul VI. in HV auch vorausgesehene) Unverständnis vieler Gläubiger.
Nun, Paul VI. ist ja auch richtigerweise nicht der Masse seiner Berater gefolgt, sondern einer kleinen Klasse ebendieser.
Ich seh da irgendwie keinen Zusammenhang zu meinem Satz. :achselzuck: Im übrigen ist die kritische Beäugung des Mehrheitsprinzips in der Kirche in meinen Augen etwas absurd. Wie sind denn Konzilsentscheidungen getroffen worden, wenn nicht durch Abstimmung? Auf jedem Konzil hat es eine Mehrheitspartei gegeben (sei sie national oder theologisch konstituiert), die dann ihre Vorstellungen entsprechend durchgesetzt hat.
Raphael hat geschrieben:Eine Pille oder ein Kondom greift auf künstliche Weise in den Prozeß der Empfängnis ein, während sich in der Beobachtung der natürlichen Zyklen einer Frau und einer bewußten Enthaltsamkeit in den fruchtbaren Tagen die Beherrschung des Menschen über die (seine) Natur erweist. Dort folgt der Menschen den allgemeinen Regeln der Keuschheit, während er beim Einsatz von künstlichen Mitteln das Ausleben der geschlechtlichen Lust zur Handlungsmaxime macht.
Ja eben: Der Mensch greift auf vielen Gebieten künstlich in die Natur ein. Man muss den Leuten plausibel erklären, warum das hier nicht so sein darf. Das ist m.E. nicht erfolgt. Die "geschlechtliche Lust als Handlungsmaxime" kann man ohne weiteres auch bei natürlichen Verhütungsmitteln feststellen. Wozu benutzt man sonst einen Zykluscomputer?

Raphael

Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Raphael »

Libertas Ecclesiae hat geschrieben:Kommentar zum Verwirrspiel Kardinal Meisners um die "Pille danach":

Es gibt keine "verbrecherische" Befruchtung!
Der Text wurde bereits weiter oben verlinkt, aber er ist zu gut, um nur einmal gelesen zu werden! :huhu:

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Libertas Ecclesiae
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Libertas Ecclesiae »

Raphael hat geschrieben:
Libertas Ecclesiae hat geschrieben:Kommentar zum Verwirrspiel Kardinal Meisners um die "Pille danach":

Es gibt keine "verbrecherische" Befruchtung!
Der Text wurde bereits weiter oben verlinkt, aber er ist zu gut, um nur einmal gelesen zu werden! :huhu:
:tuete:

Dann siehe auch diesen Kommentar von Johannes Buchmann:

Kardinal Meisners Erkenntnisse über Kontrazeption, Interzeption, Kontragestion und Abortion
„Die letzte Messe ist noch nicht gelesen.“
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Maurus
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Maurus »

Raphael hat geschrieben:
Libertas Ecclesiae hat geschrieben:Kommentar zum Verwirrspiel Kardinal Meisners um die "Pille danach":

Es gibt keine "verbrecherische" Befruchtung!
Der Text wurde bereits weiter oben verlinkt, aber er ist zu gut, um nur einmal gelesen zu werden! :huhu:
Zumindest die Kritik an dem zitierten Satz ist allerdings einigermaßen unverständlich. Hat der Autor noch nie etwas von rhetorischen Stilmitteln gehört? "Von hinten traf ihn die heimtückische Klinge" - Es gibt keine heimtückische Klinge, es gibt nur den heimtückischen Menschen, der sie führt. "London will Volksabstimmung über Euro" - Die Stadt London kann nichts wollen, nur die Mitglieder der Regierung. Etc pp.

Dass ein biologischer Ablauf an sich keine moralische Qualität haben kann, dass dürfte auch Kardinal Meisner ziemlich gut wissen.

Raphael

Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Raphael »

Libertas Ecclesiae hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Libertas Ecclesiae hat geschrieben:Kommentar zum Verwirrspiel Kardinal Meisners um die "Pille danach":

Es gibt keine "verbrecherische" Befruchtung!
Der Text wurde bereits weiter oben verlinkt, aber er ist zu gut, um nur einmal gelesen zu werden! :huhu:
:tuete:

Dann siehe auch diesen Kommentar von Johannes Buchmann:

Kardinal Meisners Erkenntnisse über Kontrazeption, Interzeption, Kontragestion und Abortion
Eigentlich ist doch klar, was Kardinal Meisner meinte:
Er geht von dem Fall aus, daß eine Frau ungewollt die Spermien eines anderen Mannes in sich trägt.
Bis diese Spermien sich mit der Eizelle der vergewaltigten Frau vereinigen können, vergeht natürlicherweise eine gewisse Zeitspanne. Außerdem haben diese Spermien eine bestimmte inhärente Lebensdauer; d.h. nach einer gewissen Zeit werden diese von sich aus unfähig, eine Weitergabe des Lebens zu bewirken. Die Vereinigung von Spermium und Eizelle findet örtlich irgendwo zwischen Eierstock und Gebärmutter statt.
In dem Gespräch mit den Gynäkologen hat der Kardinal IMHO nun erfahren, daß es Mittel gibt, die "nur" den Eisprung verhindern. Wenn also dem Spermium des Vergewaltigers keine Eizelle entgegenwandert, kann es logischerweise auch nicht zur Befruchtung kommen, die unstreitigerweise der Frau aufgezwungen worden wäre.
Kardinal Meisner meint nun, daß es in diesem Spezialfall moralisch erlaubt wäre, aktive chemische Kontrazeption zu betreiben, indem man - eigentlich verbotene - pharmazeutische Mittel einsetzt, die den Eisprung verhindern und damit eine Befruchtung unmöglich machen. Hier könnte man also der Frau die Angst (= seelische Belastung) nehmen, wenn man ihr ein eisprungverhinderndes Mittel verabreicht.

Die Frau wäre lediglich noch dem Risiko ausgesetzt, daß schon zum Zeitpunkt der Vergewaltigung der Eisprung bereits erfolgt wäre und die Eizelle auf dem Weg zur Gebärmutter unterwegs ist. Die Zeitspanne, die eine unterwegs befindliche Eizelle befruchtungsfähig ist, beträgt ca. 12 - 24 Stunden.

Offen bleiben die Fragen:
1. Sind die Mittel, die den Eisprung verhindern, tatsächlich nur eisprungverhindernd oder wirken sie auch nidationshemmend?
2. Was geschieht mit der Eizelle, wenn ein eisprungverhinderndes Mittel verabreicht wird, die Ovulation aber bereits stattgefunden hat? Wirkt das Mittel dann nidationshemmend oder gar abtötend auf eine bereits befruchtete Eizelle?

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ChrisCross
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von ChrisCross »

Mit welcher Begründung kommt man denn nun eigentlich dazu, dass unnatürliche Mittel zur Verhütung in diesem Spezialfall eingesetzt werden dürfen? Mir erschliest sich nicht ganz der wesentliche Unterschied zwischen gewöhnlichem Akt und der Vergewaltigung, bis auf die Tatsache, dass letztere ungewollt geschieht. Reicht das schon aus, oder bleibt nicht eher Zeugungsakt Zeugungsakt, ob es nun gewollt ist oder nicht?

Falls sich hier jemand auf die Füße getreten fühlen sollte, möge er das bitte so lesen, wie es gemeint ist: Nämlich nicht als Respektlosigkeit oder Pharisäertum oder als eine Verachtung des Opfers der Vergewaltigung, sondern als ernste, rein auf die Metaphysik bezogene Frage, die keinesfalls vergisst, wie schlimm es den Opfern geht.
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
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Maurus
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Maurus »

ChrisCross hat geschrieben:Mit welcher Begründung kommt man denn nun eigentlich dazu, dass unnatürliche Mittel zur Verhütung in diesem Spezialfall eingesetzt werden dürfen? Mir erschliest sich nicht ganz der wesentliche Unterschied zwischen gewöhnlichem Akt und der Vergewaltigung, bis auf die Tatsache, dass letztere ungewollt geschieht. Reicht das schon aus, oder bleibt nicht eher Zeugungsakt Zeugungsakt, ob es nun gewollt ist oder nicht?
Die kirchliche Lehre zur Empfängnisverhütung baut auf Sexualität als einem ehelichen Akt auf. Das ist bei der Vergewaltigung nicht der Fall. Ein gegenseitiges "Sich-schenken" mit notweniger Offenheit für das Entstehen neuen Lebens liegt gerade nicht vor.

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Libertas Ecclesiae
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Libertas Ecclesiae »

Maurus hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:Mit welcher Begründung kommt man denn nun eigentlich dazu, dass unnatürliche Mittel zur Verhütung in diesem Spezialfall eingesetzt werden dürfen? Mir erschliest sich nicht ganz der wesentliche Unterschied zwischen gewöhnlichem Akt und der Vergewaltigung, bis auf die Tatsache, dass letztere ungewollt geschieht. Reicht das schon aus, oder bleibt nicht eher Zeugungsakt Zeugungsakt, ob es nun gewollt ist oder nicht?
Die kirchliche Lehre zur Empfängnisverhütung baut auf Sexualität als einem ehelichen Akt auf. Das ist bei der Vergewaltigung nicht der Fall. Ein gegenseitiges "Sich-schenken" mit notweniger Offenheit für das Entstehen neuen Lebens liegt gerade nicht vor.
Es gibt aber doch auch genügend Fälle, wo der geschlechtliche Akt zwar "im gegenseitigen Einvernehmen", aber dennoch ohne jegliches Verantwortungsbewusstsein vollzogen wird. Mit einem ähnlichen Argumentationsmuster (wie dem von Kardinal Meisner) könnte man dann auch in diesen Fällen den Einsatz einer (vorgeblich rein ovulationshemmenden) "Pille danach" rechtfertigen.
Raphael hat geschrieben:Offen bleiben die Fragen:
1. Sind die Mittel, die den Eisprung verhindern, tatsächlich nur eisprungverhindernd oder wirken sie auch nidationshemmend?
2. Was geschieht mit der Eizelle, wenn ein eisprungverhinderndes Mittel verabreicht wird, die Ovulation aber bereits stattgefunden hat? Wirkt das Mittel dann nidationshemmend oder gar abtötend auf eine bereits befruchtete Eizelle?
Genau darum geht es im Kern der Diskussion. Ist es denn wirklich so schwer, diese Fragen eindeutig zu beantworten?

Siehe da: http://www.kath.net/detail.php?id=3994

Daraus:
Diese Erklärung [Meisners] stößt allerdings laut Vorabmeldung des "Spiegels" bei Medizinern auf Verwunderung. Auf dem deutschen Markt sind derzeit laut dem Zeitungsbericht nur zwei Produkte erhältlich ("elleOne" und "PiDaNa"). Beide verhindern aber nicht nur einen Eisprung der Frau, sondern können auch bereits befruchtete Eizellen vernichten. Damit dürfte logischerweise auch weiterhin in katholischen Krankenhäusern keine "Pille danach" in Deutschland zur Anwendung kommen.
„Die letzte Messe ist noch nicht gelesen.“
(Jelena Tschudinowa)

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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von iustus »

Raphael hat geschrieben: Eigentlich ist doch klar, was Kardinal Meisner meinte:
Er geht von dem Fall aus, daß eine Frau ungewollt die Spermien eines anderen Mannes in sich trägt.
Bis diese Spermien sich mit der Eizelle der vergewaltigten Frau vereinigen können, vergeht natürlicherweise eine gewisse Zeitspanne. Außerdem haben diese Spermien eine bestimmte inhärente Lebensdauer; d.h. nach einer gewissen Zeit werden diese von sich aus unfähig, eine Weitergabe des Lebens zu bewirken. Die Vereinigung von Spermium und Eizelle findet örtlich irgendwo zwischen Eierstock und Gebärmutter statt.
In dem Gespräch mit den Gynäkologen hat der Kardinal IMHO nun erfahren, daß es Mittel gibt, die "nur" den Eisprung verhindern. Wenn also dem Spermium des Vergewaltigers keine Eizelle entgegenwandert, kann es logischerweise auch nicht zur Befruchtung kommen, die unstreitigerweise der Frau aufgezwungen worden wäre.
Kardinal Meisner meint nun, daß es in diesem Spezialfall moralisch erlaubt wäre, aktive chemische Kontrazeption zu betreiben, indem man - eigentlich verbotene - pharmazeutische Mittel einsetzt, die den Eisprung verhindern und damit eine Befruchtung unmöglich machen. Hier könnte man also der Frau die Angst (= seelische Belastung) nehmen, wenn man ihr ein eisprungverhinderndes Mittel verabreicht.

Die Frau wäre lediglich noch dem Risiko ausgesetzt, daß schon zum Zeitpunkt der Vergewaltigung der Eisprung bereits erfolgt wäre und die Eizelle auf dem Weg zur Gebärmutter unterwegs ist. Die Zeitspanne, die eine unterwegs befindliche Eizelle befruchtungsfähig ist, beträgt ca. 12 - 24 Stunden.

Offen bleiben die Fragen:
1. Sind die Mittel, die den Eisprung verhindern, tatsächlich nur eisprungverhindernd oder wirken sie auch nidationshemmend?
2. Was geschieht mit der Eizelle, wenn ein eisprungverhinderndes Mittel verabreicht wird, die Ovulation aber bereits stattgefunden hat? Wirkt das Mittel dann nidationshemmend oder gar abtötend auf eine bereits befruchtete Eizelle?
:daumen-rauf:
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von civilisation »

SPD und Grüne wollen über den Bundesrat durchsetzen, dass Frauen die „Pille danach“ ohne Rezept bekommen können. Die rot-grün regierten Bundesländer hätten Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen damit beauftragt, bis April eine entsprechende Initiative auszuarbeiten, berichtete die Zeitung „Sonntag Aktuell“. Sollte sich dann eine Mehrheit für den Vorstoß abzeichnen, „könnten wir den Gesetzentwurf relativ rasch in den Bundesrat einbringen“, sagte ein Sprecher von Baden-Württembergs Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD).
Im vergangenen Jahr war ein ähnliches Vorhaben noch gescheitert. Nach dem Sieg von Rot-Grün in Niedersachsen seien die Chancen nun aber besser geworden, sagte der Sprecher.
Der Berliner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki forderte deshalb nun eine breite Debatte in der katholischen Kirche. „Wenn es neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Wirkungsweisen der „Pille danach“ gibt, dann ist es notwendig und wichtig, dass sich die Kirche bundesweit damit auseinandersetzt“, sagte der Kardinal laut einer Mitteilung vom Samstagabend. „Unsere Krankenhäuser und Ärzte brauchen Orientierung, wie sie in Zukunft Frauen in dieser Situation unterstützen können.“
http://www.focus.de/politik/deutschland ... 11711.html

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Hubertus
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Hubertus »

civilisation hat geschrieben:
SPD und Grüne wollen über den Bundesrat durchsetzen, dass Frauen die „Pille danach“ ohne Rezept bekommen können. Die rot-grün regierten Bundesländer hätten Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen damit beauftragt, bis April eine entsprechende Initiative auszuarbeiten, berichtete die Zeitung „Sonntag Aktuell“. Sollte sich dann eine Mehrheit für den Vorstoß abzeichnen, „könnten wir den Gesetzentwurf relativ rasch in den Bundesrat einbringen“, sagte ein Sprecher von Baden-Württembergs Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD).
Im vergangenen Jahr war ein ähnliches Vorhaben noch gescheitert. Nach dem Sieg von Rot-Grün in Niedersachsen seien die Chancen nun aber besser geworden, sagte der Sprecher.
Der Berliner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki forderte deshalb nun eine breite Debatte in der katholischen Kirche. „Wenn es neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Wirkungsweisen der „Pille danach“ gibt, dann ist es notwendig und wichtig, dass sich die Kirche bundesweit damit auseinandersetzt“, sagte der Kardinal laut einer Mitteilung vom Samstagabend. „Unsere Krankenhäuser und Ärzte brauchen Orientierung, wie sie in Zukunft Frauen in dieser Situation unterstützen können.“
http://www.focus.de/politik/deutschland ... 11711.html
Das wird ja von der WHO so empfohlen:
Wikipedia, Art. ''Pille danach'' hat geschrieben:Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt aufgrund der relativ guten Verträglichkeit von Levonorgestrel und weil eine ärztliche Untersuchung vor der Einnahme nicht nötig ist, die Pille danach rezeptfrei zugänglich zu machen, weil so ungewollte oder unerwünschte Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche vermieden werden können.
:|
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Raphael

Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Raphael »

ChrisCross hat geschrieben:Mit welcher Begründung kommt man denn nun eigentlich dazu, dass unnatürliche Mittel zur Verhütung in diesem Spezialfall eingesetzt werden dürfen? Mir erschliest sich nicht ganz der wesentliche Unterschied zwischen gewöhnlichem Akt und der Vergewaltigung, bis auf die Tatsache, dass letztere ungewollt geschieht. Reicht das schon aus, oder bleibt nicht eher Zeugungsakt Zeugungsakt, ob es nun gewollt ist oder nicht?

Falls sich hier jemand auf die Füße getreten fühlen sollte, möge er das bitte so lesen, wie es gemeint ist: Nämlich nicht als Respektlosigkeit oder Pharisäertum oder als eine Verachtung des Opfers der Vergewaltigung, sondern als ernste, rein auf die Metaphysik bezogene Frage, die keinesfalls vergisst, wie schlimm es den Opfern geht.
Der Geschlechtsakt zwischen zwei Personen findet nicht nur auf der körperlichen Ebene statt, sondern auch auf einer seelischen. Dies ist immer der Fall, weil Menschen im diesseitigen Leben eine leiblich-seelische Einheit bilden. Das Opfer wird mithin nicht nur in körperlicher, sondern - was viel tragischer ist - auch noch in seelischer Hinsicht gezwungen.

Die Seele ist der Ort, an dem sich der menschlichen Willen entfalten kann.
Bei einer Vergewaltigung kann man beim Opfer nun gerade nicht von einer Entfaltung des menschlichen Wiilens sprechen. Daher wird die eigentlich liebende Vereinigung (....und sie werden ein Fleisch.; Genesis 2, 24) zu einer hassenden, einer wirklich häßlichen Vereinigung.

Die Qualität der geschlechtlichen Vereinigung ist demzufolge eine andere und daher kann sie auch andere moralische Bewertungen hervorrufen als eine, die im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt.

P.S. Zur Metaphysik der Frau sind übrigens die Arbeiten der Hl. Edith Stein sehr erhellend! :huhu:

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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Maurus »

Libertas Ecclesiae hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:Mit welcher Begründung kommt man denn nun eigentlich dazu, dass unnatürliche Mittel zur Verhütung in diesem Spezialfall eingesetzt werden dürfen? Mir erschliest sich nicht ganz der wesentliche Unterschied zwischen gewöhnlichem Akt und der Vergewaltigung, bis auf die Tatsache, dass letztere ungewollt geschieht. Reicht das schon aus, oder bleibt nicht eher Zeugungsakt Zeugungsakt, ob es nun gewollt ist oder nicht?
Die kirchliche Lehre zur Empfängnisverhütung baut auf Sexualität als einem ehelichen Akt auf. Das ist bei der Vergewaltigung nicht der Fall. Ein gegenseitiges "Sich-schenken" mit notweniger Offenheit für das Entstehen neuen Lebens liegt gerade nicht vor.
Es gibt aber doch auch genügend Fälle, wo der geschlechtliche Akt zwar "im gegenseitigen Einvernehmen", aber dennoch ohne jegliches Verantwortungsbewusstsein vollzogen wird. Mit einem ähnlichen Argumentationsmuster (wie dem von Kardinal Meisner) könnte man dann auch in diesen Fällen den Einsatz einer (vorgeblich rein ovulationshemmenden) "Pille danach" rechtfertigen.
Der Unterschied zum Vergewaltigungsszenario ist da aber, dass dieser Geschlechtsverkehr freiwillig erfolgt, aber freiwillig so nicht (sondern nur mit entsprechender Disposition und in der Ehe) stattfinden sollte. Daher kann man sich mE in diesem Fall nicht auf diese Ausnahme berufen.

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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von ChrisCross »

Dass die Vereinigung schlecht ist, ist mir wohl auch klar. Nur, ob das den Akt der Zeugung antastet oder nicht, ist meine Frage. Da es sich aber um einen geschlechtlichen Akt handelt, zu dem die Frage nach Willen etc erst hinzukommt, denke ich, dass man da nicht etwas völlig anderes drauß machen kann.

Besonders diese Passage aus Humanae Vitae scheint mir jeglicher Geburtenregelung durch künstliche Mittel zu widersprechen:
Papst Paul VI. hat geschrieben:Unerlaubte Wege der Geburtenregelung

14. Gemäß diesen fundamentalen Grundsätzen menschlicher und christlicher Eheauffassung müssen Wir noch einmal öffentlich erklären: Der direkte Abbruch einer begonnenen Zeugung, vor allem die direkte Abtreibung - auch wenn zu Heilzwecken vorgenommen -, sind kein rechtmäßiger Weg, die Zahl der Kinder zu beschränken, und daher absolut zu verwerfen.

Gleicherweise muß, wie das kirchliche Lehramt des öfteren dargetan hat, die direkte, dauernde oder zeitlich begrenzte Sterilisierung des Mannes oder der Frau verurteilt werden.

Ebenso ist jede Handlung verwerflich, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzugs des ehelichen Aktes oder im Anschluß an ihn beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel.

Man darf, um diese absichtlich unfruchtbar gemachten ehelichen Akte zu rechtfertigen, nicht als Argument geltend machen, man müsse das Übel wählen, das als das weniger schwere erscheine; auch nicht, daß solche Akte eine gewisse Einheit darstellen mit früheren oder nachfolgenden fruchtbaren Akten und deshalb an ihrer einen und gleichen Gutheit teilhaben. Wenn es auch zuweilen erlaubt ist, das kleinere sittliche Übel zu dulden, um ein größeres zu verhindern oder um etwas sittlich Höherwertiges zu fördern17, so ist es dennoch niemals erlaubt - auch aus noch so ernsten Gründen nicht -, Böses zu tun um eines guten Zweckes willen18: das heißt etwas zu wollen, was seiner Natur nach die sittliche Ordnung verletzt und deshalb als des Menschen unwürdig gelten muß; das gilt auch, wenn dies mit der Absicht geschieht, das Wohl des einzelnen, der Familie oder der menschlichen Gesellschaft zu schützen oder zu fördern. Völlig irrig ist deshalb die Meinung, ein absichtlich unfruchtbar gemachter und damit in sich unsittlicher ehelicher Akt könne durch die fruchtbaren ehelichen Akte des gesamtehelichen Lebens seine Rechtfertigung erhalten.
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Pelikan »

ChrisCross hat geschrieben:Besonders diese Passage aus Humanae Vitae scheint mir jeglicher Geburtenregelung durch künstliche Mittel zu widersprechen:
Aber auch dort ist doch allein von ehelichen Akten die Rede. Ist der Akt nicht nur nicht ehelich, sondern noch dazu mit Gewalt erzwungen, ist seine Integrität bereits doppelt angetastet; ich sehe nicht, was es an ihm noch zu beschützen gäbe. Es gibt ja genug Theologen, die dies bereits für die einvernehmliche Unzucht so sehen. Brachte nicht zuletzt sogar der Papst Kondome für Prostituierte ins Spiel?

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ChrisCross
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von ChrisCross »

Meines Wissens brachte der papst Kondome für homosexuelle Prostituierte als Möglichkeit vor, weil dort eben keine Möglichkeit zur Fortpflanzung besteht. Ansonsten wird aber in Humanae Vitae natürlich von helichen Akten gesprochen, was aber doch nur insofern gemeint, ist, als das hier etwas geschieht, das seinen eigentlichen Platz in einer Ehe hat und von daher gedacht und benannt werden muss. Es werden doch auch außerhalb der Ehen die Verhütungsmittel verboten. Wäre Humanae Vitae allein auf die Ehe beschränkt, würde sich ja kein Mensch wegen Afrika und ähnlichen Fällen aufregen können.
Trotzdem schreibst du ja selbst, der Akt sei angetastet. Wenn er aber angetastet ist, bleibt doch sein eigentliches Wesen und damit auch sein Ziel, nämlich die Zeugung und die eheliche Liebe. Also sehe ich nicht ein, warum man nun dieses Ziel verhindern sollte.
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Maurus
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Maurus »

ChrisCross hat geschrieben:Ansonsten wird aber in Humanae Vitae natürlich von helichen Akten gesprochen, was aber doch nur insofern gemeint, ist, als das hier etwas geschieht, das seinen eigentlichen Platz in einer Ehe hat und von daher gedacht und benannt werden muss.
Anfangs spricht der Papst aber von einer Regelung „gemäß der ehelichen Auffassung“.

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ChrisCross
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von ChrisCross »

Maurus hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:Ansonsten wird aber in Humanae Vitae natürlich von helichen Akten gesprochen, was aber doch nur insofern gemeint, ist, als das hier etwas geschieht, das seinen eigentlichen Platz in einer Ehe hat und von daher gedacht und benannt werden muss.
Anfangs spricht der Papst aber von einer Regelung „gemäß der ehelichen Auffassung“.
Meinst du also, Humanae Vitae würde sich nur auf die Ehe beziehen und nicht, wie ich es deutete, und es offenbar die Kirche seither tut, von jenem Ideal der Ehe auch auf alle anderen Akte schließen lassen? Warum ich das so sehe, habe ich ja im letzten Beitrag geschrieben.
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Maurus
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Maurus »

ChrisCross hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:Ansonsten wird aber in Humanae Vitae natürlich von helichen Akten gesprochen, was aber doch nur insofern gemeint, ist, als das hier etwas geschieht, das seinen eigentlichen Platz in einer Ehe hat und von daher gedacht und benannt werden muss.
Anfangs spricht der Papst aber von einer Regelung „gemäß der ehelichen Auffassung“.
Meinst du also, Humanae Vitae würde sich nur auf die Ehe beziehen und nicht, wie ich es deutete, und es offenbar die Kirche seither tut, von jenem Ideal der Ehe auch auf alle anderen Akte schließen lassen? Warum ich das so sehe, habe ich ja im letzten Beitrag geschrieben.
Schwierige Frage, finde ich. Regelt das Lehramt gewöhnlich Fälle, die an sich schon unerlaubt sind?

iustus
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von iustus »

Maurus hat geschrieben: Schwierige Frage, finde ich. Regelt das Lehramt gewöhnlich Fälle, die an sich schon unerlaubt sind?
Der Papst äußert sich manchmal zu solchen Fällen:
Gleichzeitig berücksichtigt der Papst eine unnormale Situation, in welcher die Ausübung der Sexualität ein echtes Risiko für das Leben des anderen darstelle. In einem solchen Fall rechtfertigt der Papst die ungeordnete Ausübung der Sexualität moralisch nicht, sondern meint, dass der Kondomgebrauch mit dem Ziel einer Reduzierung der Ansteckungsgefahr "ein erster Schritt von Verantwortung" sei, "ein erster Schritt auf der Straße in Richtung einer menschlicheren Sexualität" im Vergleich zum Nichtgebrauch, was den anderen der Lebensgefahr aussetze.
http://www.kath.net/detail.php?id=294
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

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ChrisCross
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von ChrisCross »

Maurus hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:Ansonsten wird aber in Humanae Vitae natürlich von helichen Akten gesprochen, was aber doch nur insofern gemeint, ist, als das hier etwas geschieht, das seinen eigentlichen Platz in einer Ehe hat und von daher gedacht und benannt werden muss.
Anfangs spricht der Papst aber von einer Regelung „gemäß der ehelichen Auffassung“.
Meinst du also, Humanae Vitae würde sich nur auf die Ehe beziehen und nicht, wie ich es deutete, und es offenbar die Kirche seither tut, von jenem Ideal der Ehe auch auf alle anderen Akte schließen lassen? Warum ich das so sehe, habe ich ja im letzten Beitrag geschrieben.
Schwierige Frage, finde ich. Regelt das Lehramt gewöhnlich Fälle, die an sich schon unerlaubt sind?
Ich wüsste nicht, warum das Lehramt das nicht nicht tun sollte, zumal hier nur ein Teil des Geschehens offensichtlich unerlaubt ist: Nämlich der Akt, weil er nicht in der Ehe geschieht. Dennoch bleibt er ein Akt mit all seinen Zielen.
Aus der Erfahrung heraus wissen wir aber, dass das Lehramt ganz offensichtlich auch solche Fälle behandelt (z.B. Die Kondome für Prostituierte, bei deren Unzucht ohnehin keine Möglichkeit zur Zeugung besteht, das generelle Bestreben Verhütungsmittel aus allen potenziell fruchtbaren Verbindungen herauszuhalten, ob sie nun ehelich sind, oder nicht etc.)
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Maurus
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Maurus »

iustus hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Schwierige Frage, finde ich. Regelt das Lehramt gewöhnlich Fälle, die an sich schon unerlaubt sind?
Der Papst äußert sich manchmal zu solchen Fällen:
Gleichzeitig berücksichtigt der Papst eine unnormale Situation, in welcher die Ausübung der Sexualität ein echtes Risiko für das Leben des anderen darstelle. In einem solchen Fall rechtfertigt der Papst die ungeordnete Ausübung der Sexualität moralisch nicht, sondern meint, dass der Kondomgebrauch mit dem Ziel einer Reduzierung der Ansteckungsgefahr "ein erster Schritt von Verantwortung" sei, "ein erster Schritt auf der Straße in Richtung einer menschlicheren Sexualität" im Vergleich zum Nichtgebrauch, was den anderen der Lebensgefahr aussetze.
http://www.kath.net/detail.php?id=294
Das stimmt, das ist so ein Zugeständnis an das kleinere Übel.
ChrisCross hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:Ansonsten wird aber in Humanae Vitae natürlich von helichen Akten gesprochen, was aber doch nur insofern gemeint, ist, als das hier etwas geschieht, das seinen eigentlichen Platz in einer Ehe hat und von daher gedacht und benannt werden muss.
Anfangs spricht der Papst aber von einer Regelung „gemäß der ehelichen Auffassung“.
Meinst du also, Humanae Vitae würde sich nur auf die Ehe beziehen und nicht, wie ich es deutete, und es offenbar die Kirche seither tut, von jenem Ideal der Ehe auch auf alle anderen Akte schließen lassen? Warum ich das so sehe, habe ich ja im letzten Beitrag geschrieben.
Schwierige Frage, finde ich. Regelt das Lehramt gewöhnlich Fälle, die an sich schon unerlaubt sind?
Ich wüsste nicht, warum das Lehramt das nicht nicht tun sollte, zumal hier nur ein Teil des Geschehens offensichtlich unerlaubt ist: Nämlich der Akt, weil er nicht in der Ehe geschieht. Dennoch bleibt er ein Akt mit all seinen Zielen.
So könnte man es möglicherweise begründen. Allerdings sollte man da nicht vorschnell sein. Denn falls man so wertet, stellt man dann nicht den ehelichen Akt mit dem außerehelichen praktisch gleich? Es bedeutet ja, dass der Akt zwar an sich unerlaubt ist, aber in sich ist er genauso konstituiert wie der eheliche Akt. Muss man dann nicht auch sagen, dass eine solche »ungeordnete Beziehung« auf die gleichen Werte hingeordnet ist, wie die Ehe? Leider habe ich hinsichtlich der Ehetheologie reichlich Wissenslücken*. Aber das kommt mir etwas gewagt vor.

*) Ein Blick in den Ott verrät mir allerdings, dass da dogmatisch einiges offen ist.

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ChrisCross
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von ChrisCross »

Maurus hat geschrieben:So könnte man es möglicherweise begründen. Allerdings sollte man da nicht vorschnell sein.
Vorschnell will ich ja auch wirklich nicht sein. Es scheint mir nur, als werde hier ein Damm zum Bruch freigegeben, was menschlich verständlich sein mag, vor Gott aber nicht. Vielleicht ist das aber auch kein Damm, und ich irre irgendwo.
Denn falls man so wertet, stellt man dann nicht den ehelichen Akt mit dem außerehelichen praktisch gleich? Es bedeutet ja, dass der Akt zwar an sich unerlaubt ist, aber in sich ist er genauso konstituiert wie der eheliche Akt.
Ja und Nein. Zunächst einmal handelt es sich ja bei allem hier besprochenen und eine körperliche Verbindung. Hinzu kommen dann Umstände, die zur Beurteilung herangezogen müssen. Aus sich sind die Dinge ja ohnehin nicht gut, wenn du das mit "gleichstellen" meinst, sondern das Gute kommt ihnen von außen zu. Eine Art der Handlung also, die aber wegen der Akzidenzien verschiedentlich beurteilt wird.
Muss man dann nicht auch sagen, dass eine solche »ungeordnete Beziehung« auf die gleichen Werte hingeordnet ist, wie die Ehe? Leider habe ich hinsichtlich der Ehetheologie reichlich Wissenslücken*. Aber das kommt mir etwas gewagt vor.
Eine jeder solcher Akte ist zunächst auf die Fortpflanzung, dann auf die gegenseitige Liebe hingeordnet. Insofern sind Ehe und Konkubinat also schon auf das selbe Ziel in moralischer, nicht persönlicher Hinsicht ausgerichtet. Nur hat ein jeder dieser Akte seinen eigentlichen Platz in der Ehe und nicht außerhalb, was aber keinesfalls an Wesen und Bestimmung des Aktes selbst rüttelt.
*) Ein Blick in den Ott verrät mir allerdings, dass da dogmatisch einiges offen ist.
Höchste Zeit also, ein wneig Licht ins Dunkel zu bringen :)
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von taddeo »

ChrisCross hat geschrieben:Dennoch bleibt er ein Akt mit all seinen Zielen.
Selbst wenn man als "Ziel" des Aktes hauptsächlich die Zeugung sieht, dürfte das bei einer Vergewaltigung kaum zutreffen. Dem Vergewaltiger geht es um seinen ganz persönlichen Lustgewinn und sonst um gar nichts. Irgendwelche anderen Ziele verfolgt sein "Akt" garantiert nicht. Man könnte hier tatsächlich die Frage aufwerfen, ob der kirchliche Sprachgebrauch vom "ehelichen Akt" auch nur solche Akte meint, die den wahren Zielen des Geschlechtsverkehrs entsprechen, oder ob das eine vornehme, aber äußerst unscharfe Umschreibung für den Verkehr an sich sein soll, egal, wie und warum der geschieht.

Benedikt

Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Benedikt »

Investigation reveals morning-after pill may not prevent implantation
A 2007 study showed that Plan B did not prevent eggs from attaching to cells in the uterus. The eggs were collected from a fertility clinic that would have discarded the specimens otherwise. Other studies in 2007, 2009 and 2010 in Australia and Chile showed that the morning-after pill was only effective in women who had not ovulated. The rate of women of pregnancy for women who had ovulated already and used Plan B was the same rate as people who hadn't used the pill at all.

[...]

However, a pro-life doctor with the American Association of Pro-life Obstetricians and Gynecologists, told the New York Times of a study done by the European Medicines Agency (the European FDA) that showed that the lining of the uterus was altered in animals that took Plan B. Pro-choice opponents dismissed the study, saying that the dosage was much higher that what is given to humans.
Mit anderen Worten: Der Wirkstoff verändert die Gebärmutterschleimhaut dahingehen, dass die Einnistung erschwert wird. Bei den derzeit auf dem Markt befindlichen Präparat ist die Dosis so gering, dass eine Embryonentötung durch die Pille danach nicht nachgewiesen werden konnte (mittels statistischem "Beweis", der Hochform der medizinischen "Wissenschaft"). Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass die Pille nicht wirkt, wenn der Eisprung bereits vor dem Sex stattgefunden hat (oder kurz danach stattfindet).

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Maurus
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Maurus »

ChrisCross hat geschrieben: Eine jeder solcher Akte ist zunächst auf die Fortpflanzung, dann auf die gegenseitige Liebe hingeordnet. Insofern sind Ehe und Konkubinat also schon auf das selbe Ziel in moralischer, nicht persönlicher Hinsicht ausgerichtet. Nur hat ein jeder dieser Akte seinen eigentlichen Platz in der Ehe und nicht außerhalb, was aber keinesfalls an Wesen und Bestimmung des Aktes selbst rüttelt.
Bei dieser Sichtweise stellt sich aber die Frage danach, was eine Ehe ist und was sie ausmacht. Wenn der Akt gleich finalisiert ist und die Partner auch sonst einander zugetan, schließen sie dann nicht konkludent eine Naturehe? Falls nicht, was macht denn das Wesen des Ehevertrags aus? Eines Geistlichen bedarf es ja nur bei der sakramentalen Ehe.

Thomas_de_Austria
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Re: Nachrichten zum Thema Lebensschutz

Beitrag von Thomas_de_Austria »

ChrisCross hat geschrieben:[…] sondern als ernste, rein auf die Metaphysik bezogene Frage […]
Die Rechtheit („rectitudo“, nach St. Anselm von Canterbury) ist von Gott dem menschlichen Willen vorgegeben, sie ist das, was Gott von uns will. Der Wille eines jeden Geschöpfes ist durch seine Seinsverfassung (seine von Gott geschaffene Natur, die von Gott ins Sein gesetzt und erhalten wird) auf bestimmte, von Gott jeweils gewollte, vorgegebene Objekte hingeordnet, aber nicht determiniert; das Gesollte einer mit Vernunft begabten Natur besteht in der Übereinstimmung des konkreten Willensobjekts mit diesem Objekt. Letzteres ist das vorgegebene, objektiv gegebene Ziel, zu dem noch, bei dessen fähigen Entitäten (d. h. in diesem Fall wohl v. a. höheren Lebewesen), weitere subjektive Ziele hinzutreten können. Recht tut die Entität, die das tut, was sie von Gott her auch tun soll, die also gemäß ihrer göttlichen Bestimmung tätig ist.
Jeder natürliche Vorgang hat ein gewisses werthaftes, da von Gott explizit gewolltes, vorgegebenes Ziel. Sofern sie nicht daran gehindert werden, erreichen natürliche Vorgänge auch ihr Ziel, so, wie z. B. auch Werg brennt, wenn man mit dem Feuer nahe genug an es kommt und keine hindernden Faktoren (Nässe bspw.) dem entgegenstehen. Der Mensch selbst ist hier insofern eine Ausnahme, als dass er auch anders kann, wenn er will:
Anselm von Canterbury, [i]De veritate[/i], V hat geschrieben:„Ex necessitate namque ignis facit rectitudinem et veritatem, cum calefacit; et non ex necessitate facit homo rectitudinem et veritatem, cum bene facit.“
[Denn aus Notwendigkeit tut das Feuer die Rechtheit und Wahrheit, wenn es wärmt; und nicht aus Notwendigkeit tut der Mensch die Rechtheit und Wahrheit, wenn er gut handelt.]

Manche "Aktionen" sind „naturhaft“ rechtens, andere nicht. Für bewusst und frei getätigte menschliche Handlungen besteht keine Notwendigkeit, Gott determiniert unsere Handlungen nicht, wie er bspw. biolog. Akte determiniert. Die menschlichen Handlungen müssen nicht notwendigerweise rechtens (also gemäß der von Gott auferlegten Verpflichtung, des Gesollten – „debitum“) sein, biolog. Vorgänge müssen das schon, sofern nicht hindernde Faktoren/Störungen irgendwelcher Art hinzutreten, was in der Welt auf jeden Fall seit dem Sündenfall immer wieder einmal, auch in der Natur, gegeben ist. Das erschwert unter Umständen auch die Bestimmung, was das natürlicherweise Rechte ist und was nicht (deswegen werden, wie man auch hier im Forum sieht, diverse Perversionen immer wieder dadurch zu rechtfertigen versucht, dass man auf ihr Vorkommen in der Natur – allerdings im rein naturwiss., wertneutralen Sinne verstanden – verweist).
Allgemein sollte man hierfür zwischen mehrere, aufeinander aufbauenden "Ebenen" unterscheiden. Mir persönlich scheint irgendwie klar zu sein, dass Geschlechtsverkehr ein Zeugungsakt und natürlicher- und vorgegebenerweise als solcher bei allen Lebewesen nach ihrer Art auf die Erzeugung von Nachkommen hingeordnet ist. Das scheint durchaus kein Irrtum zu sein. Beim Menschen ist dieser Akt aber in einen größeren Gesamtrahmen eingebunden, der Mensch ist ja auch nicht nur ein vernunftloses Wesen, sondern es tritt noch etwas Höheres hinzu, das Vernunftvermögen und was sich daraus ergibt. Die Ehe spielt sich ja nicht im determinierten biolog. Bereich ab, sondern erfordert eine freie Entscheidung des Menschen. Wo niemand eine Ehe eingehen will, gibt es auch keine, diese kann nicht durch den Geschlechtsverkehr und sein eigentümliches Ziel hergestellt werden, sie entsteht nicht einfach aus einer Naturnotwendigkeit heraus, so, wie der Stein, ohne ein Eingreifen Gottes, wenn man ihn in die Höhe wirft, wieder zu Boden fällt.
Nun scheinen mir aber alle natürlichen, als von Gott geschaffene und auf ein ihnen eigentümliches Ziel hingeordnete Akte eine normative Dimension zu inkludieren. Die Kunst ist m. E., festzustellen, was diese für einzelne natürliche Akte besagt, da eben nicht alles, was in der Natur vorkommt, dieser entspricht, weswegen z. B. Ärzte, wenn sie Krankheiten so und so heilen, verkehrte und verdrehte Verläufe korrigieren, aber nicht gegen irgendeine göttliche Zweckbestimmung dieser Vorgänge verstoßen.
Zuletzt geändert von Thomas_de_Austria am Montag 4. Februar 2013, 19:41, insgesamt 1-mal geändert.

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