Ein paar lose Gedanken zu so genannten Privatoffenbarungen, Punkt 1) gekürzt aus
http://www.sektenberatung.ch/texte/94.pdf
1.) „Gabriele Wittek in Würzburg hat als Prophetin des Herrn in der Jetztzeit das "Heimholungswerk Jesu Christi" begründet. Er will seine Schar der Gläubigen endgültig zu sich holen, sobald nur die Bergpredigt in ihrer gesamten Bedeutung gelebt und verwirklicht wird. Deshalb hat er der Gabriele Wittek die wahre Bergpredigt nochmals offenbart.
Erika Bertschinger-Eicke, alias "Uriella" vermittelt als "Sprachrohr" Gottes ihre in Volltrance erhaltenen Botschaften und begründet in ihrem Orden "Fiat Lux" (Es werde Licht) die wahre zukünftige Gemeinschaft der Erlösten. In der Gemeinschaft des Lichts werden alle dunkeln Seiten und Elemente ausschliesslich draussen in der Welt wahrgenommen, während man sich im Orden durch weisse Kleidung und Rohkosternährung auf das Feinstoffliche der zukünftigen Existenz vorbereitet.
Paul Kuhn, ehemaliger reformierter Gärtner aus Dozwil, versteht sich selber als der wiedergeborene Völkerapostel Paulus, dessen Aufgabe es ist, als Apostel der Endzeit zu wirken und die direkten Botschaften aus dem Himmel zu vermitteln. Zwar werden die Botschaften medial, mittels automatischem Schreiben seinem Medium Ueli Aeberhard, alias "Matthäus" übermittelt, aber Begründer und Verwalter der Botschaftstradition ist Paul Kuhn. Er arbeitete schon zu Beginn mit einem Medium, der katholisch geprägten Maria Gallati aus der Zentralschweiz. Aus der Begegnung mit dieser Frau lassen sich auch die spezifisch katholisch anmutenden Elemente seiner "Michaelsvereinigung" erklären. Neben einer ausgesprochenen Marienverehrung bietet die Gemeinschaft den wahren, vom Himmel direkt angeordneten Gottesdienst an, der in Dozwil täglich gefeiert wird.
Die Botschaften bezüglich der Endzeit sind in aller Unterschiedlichkeit auch immer wieder dieselben. Es wird nicht mehr lange dauern, bis Gottes Geduld endgültig am Ende ist, bis die Katastrophen definitiv über die Erde hereinbrechen. ...
Die genannten Bewegungen entstammen der evangelisch-reformierten Tradition, mit zum Teil (insbesondere bei Paul Kuhn) erheblichem katholischen Einfluss.
Ebenso gibt es analoge Entwicklungen vor dem katholischen Hintergrund. Hier sind es meist klar an die verschiedenen Marien-Erscheinungstraditionen gebundene Gruppen und Bewegungen. La Salette und Fatima sind dabei vielleicht die bekanntesten Traditionen. Das "Werk der Barmherzigen Liebe" hat sich beispielsweise zum Ziel gesetzt, die Menschen aufzurütteln. Es muss den Menschen bewusst gemacht werden: "Deine Tage sind gezählt". Die Welt ist so böse und gottlos geworden, dass sogar die Muttergottes nur noch weinen kann ob all der Bosheit und des Ungehorsams der Menschen. Wann wird es wohl sein, dass der Mensch endlich wieder gehorsam der göttlichen Offenbarung folgt und zurückfindet zur wahren kirchlichen Tradition? In diesen Randgruppen, teilweise innerhalb, teilweise auch ausserhalb der katholischen Kirche geht es immer auch um die Botschaft, dass die Menschen die wahre katholische Lehre und Kirche verlassen oder verloren haben. Dies weckt den Zorn Gottes und sein Zorngericht über die verderbte Menschheit. Glücklicherweise aber ist da zumindest noch die Muttergottes, welche im Himmel einsteht für die Gläubigen. Sie wird mit ihrer Fürsprache deshalb mit entscheiden über den Ausgang des Endgerichts und die Folgen. Obwohl diese Bewegungen gerade heute regen Zuspruch finden, dürfen wir nicht vergessen, dass die Tradition dieser katholischen "Privatoffenbarungen" auch schon ins vorletzte Jahrhundert zurückreicht. Das angebliche Erscheinen der Gottesmutter in La Salette fand 1846 statt. Die kath. Kirche hat sich die Anerkennung solcher Erscheinungen immer gut überlegt. So ist zu beobachten, dass überall neben den akzeptierten Inhalten solcher Erscheinungsbotschaften auch weitere Botschaften und Elemente erscheinen, welche die kirchliche Approbation nie erhalten haben. Dies gilt sowohl für La Salette, als auch für Fatima ((vgl. dazu das Zitat von Andreas Laun, das ich unten angehängt habe)). Viele Marienpilgerorte wurden von dieser Tradition und den endzeitlichen Marienbotschaften beeinflusst. Bekannt sind bei uns etwa Garabandal, Marienfried und Medjugorie. Katholisch-traditionalistische Gruppierungen wie etwa die "Marianische Priesterbewegung", die Katholische Pfadfinderschaft Europas (KPE) und die Ordensgemeinschaft "Servi Jesu et Mariae" (SJM) leben aus dieser Art von Religiosität. Auch hier gilt es die Zeichen der Endzeit in Welt und Gesellschaft wahrzunehmen und die wahre kirchliche Gemeinschaft wieder herzustellen, damit bei dem Ende der Zeit die Gehorsamen von Gott gerettet werden und teilhaben dürfen an den himmlischen Freuden.
...Die Darstellung der neueren Endzeit-Bewegungen wäre nicht vollständig, wenn wir all die evangelikal-fundamentalistischen Gruppen nicht erwähnen würden, welche teilweise auch stark von der Endzeit her leben. ...
Ich denke also, dass unsere Welt oftmals nicht an zu wenig Glauben krankt, sondern dass sich in all diesen Endzeitgedanken deutlich macht, dass der Mensch auch daran kranken kann, zu viel zu glauben, sich zu stark auf den Glauben an etwas Objektives, Aussenstehendes zu fixieren. Ein gesunder Glaube wird immer wieder nach einer Balance von Eigenständigkeit und Gemeinschaftsfähigkeit im Leben des Einzelnen trachten. In den endzeitlichen Visionen geht diese Balance immer wieder verloren und macht den Glauben zu einer krankhaften, die Existenzangst verdrängenden Bewältigungsstrategie.“
2.) Kritische Anmerkung des (konservativ eingestellten!) Weihbischofs Andreas Laun zu Fatima (Marienerscheinung): „In manchen Kreisen sagt man: Die meisten Menschen, die in der Hölle sind, kommen wegen ihrer Sünden gegen die Keuschheit dorthin.
Für diese Sicht beruft man sich unter anderem auf Jacinta, eines der Seherkinder von Fatima, und damit, auch wenn das nicht immer deutlich gesagt wird, auf die Autorität der Muttergottes. ... Auf der anderen Seite muss man bedenken: Die Auffassung, dass sexuelle Sünden besonders schwere Sünden sind, war damals Gemeingut und beide Kinder, Lucia und Jacinta, werden das oft und oft gehört haben. Vor allem Jacinta, selbst noch weit weg von der Pubertät, kann gar nicht anders als derartige Aussagen der Priester glauben. Aus dem gleichen Grund konnte sich auch Lucia vorstellen, dass die Muttergottes das gesagt haben könnte. Das heißt: Wenn Jacinta etwas in der genannten Weise gesagt haben sollte, dann hat sie als Kind ihrer Zeit – Kind im doppelten Sinn des Wortes – gesprochen. .. Es gibt aber noch einen anderen triftigen Grund, an der zitierten Aussage zu zweifeln, und das ist die Lehre der Kirche, die ja immer oberstes Kriterium für die Echtheit von “Privatoffenbarungen” ist. Schon vor über 50 Jahren hat nämlich der große Theologe A. Adam folgendes geschrieben: Die Ängstlichkeit vieler Menschen werde durch die Behauptung gesteigert, „die fast in allen Predigtzyklen wiederkehrt und die sich allerdings auf die sehr beachtliche Autorität eines heiligen Alphons stützen kann, nämlich die Behauptung, durch die Unkeuschheit ginge die Mehrheit der Menschen ewig verloren. ... Es wäre von größtem Interesse, ...aus welcher Quelle der heilige Alphons von Ligouri diese Lehre geschöpft hat. Jedenfalls ist weder in der heiligen Schrift noch in der Väterlehre irgendein Anhaltspunkt dafür vorhanden.“ Klar ist vielmehr: Die damals so gängige Behauptung des heiligen Alphons – ausgestattet mit der Autorität eines Kirchenlehrers und des Patrons der Moraltheologie! – entspricht der unkatholischen, aus häretischen Quellen stammenden Überbetonung des Sechsten Gebotes der damaligen Zeit – auf Kosten des einen wirklichen “Grunddogmas der christlichen Moral” und dieses ist der “Primat der Liebe über alle anderen Tugenden“."
3.) Apropos Medjugorie: Es ist schon drollig, dass eine im Prinzip „konservative“ (angebliche) Privatoffenbarung wie die von Medjugorie wiederum von extrem (!) konservativ-katholischen Kreisen als „Teufelswerk“ verdammt wird, weil in dieser (angeblichen) Privatoffenbarung und Marienerscheinung die Reformen des 2. Vatikanischen Konzils nicht abgelehnt werden, sondern die nachkonziliare Kirche grundsätzlich bejaht wird, hinzu kommen "charismatische Umtriebe" – was für die Strengkonservativen ein „Beweis“ gegen die Echtheit dieser Erscheinung ist. Von daher ist auch die Kritik etwa Ottavianis oder der oben erwähnten extrem konservativen KPE speziell an Medjogurie zu verstehen.
Jeder sucht sich also die ihm passenden Privatoffenbarungen aus, die – meiner Meinung nach, als aus vielen Gründen gare nicht an Privatoffenbarungen Glaubender – wiederum den auf die jeweiligen Seher/-innen passenden (allesamt konservativen und von einem simplen Droh- und Strafglauben geprägten) übertriebenen Frömmigkeitsphantasien entsprungen sind. Aber, so die offizielle katholische Lehre, Privatoffenbarungen spielen in der Theologie eh nur eine nebensächliche Rolle und müssen durchaus nicht geglaubt werden ...
Uli
www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm