Aktive Sterbehilfe bei Demenz

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Geronimo

Aktive Sterbehilfe bei Demenz

Beitrag von Geronimo »

Auch ' ne Art, mit den Problemen des Alters umzugehen ... :(

"Aktive Sterbehilfe im Fall von Demenz erlaubt

Vertreter der königlichen Ärztegesellschaft warnt: Anzahl der Ansuchen wird mit dem Alterungsprozess der Bevölkerung zunehmen.

Rom (www.kath.net / ACI) In den Niederlanden gelten Demenz oder Alzheimer unter besonderen Umständen als legitimer Grund, um Euthanasie oder Beihilfe zum Selbstmord anzuwenden. Dies beschloss kürzlich die Staatsanwaltschaft in Utrecht
. "

Artikel unter: http://www.kath.net/detail.php?id=7838

Geronimo

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Clown
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Beitrag von Clown »

Das ist doch nun wirklich krank.

Wie soll man mündig sein sich töten zu lassen wenn der Grund warum man sich töten lassen will der Grund ist dass man unmündig ist.

:kratz:
Wer sich nicht bewegt, spürt seine Ketten nicht.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Clown hat geschrieben:Das ist doch nun wirklich krank.

Wie soll man mündig sein sich töten zu lassen wenn der Grund warum man sich töten lassen will der Grund ist dass man unmündig ist.

:kratz:
Da hast Du wohl Recht.
Gruß Jürgen

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anselm
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Beitrag von anselm »

Die Hilfe zu einem "glücklichen Tod" im Falle eines nicht mehr sinnvollen oder erträglichen Lebens scheint mir ein Akt großer Menschenfreundlichkeit zu sein.

Cicero
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Beitrag von Cicero »

anselm hat geschrieben:Die Hilfe zu einem "glücklichen Tod" im Falle eines nicht mehr sinnvollen oder erträglichen Lebens scheint mir ein Akt großer Menschenfreundlichkeit zu sein.
Stimmt.
Und genau aus diesem Grunde ist es allein Gott vorbehalten, in seiner unergründlichen Weisheit jedem von uns seine Todesstunde zuzuweisen.

Alles andere führt zu willkürlicher Selektion
von lebenswertem und lebensunwertem Leben.
Das hatten wir schon mal.
Das haben wir z.T. auch schon wieder.
Richtig wird es davon nicht.

anselm
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Beitrag von anselm »

Cicero hat geschrieben:...Alles andere führt zu willkürlicher Selektion
von lebenswertem und lebensunwertem Leben....
Wieso willkürlich? Es kommt auf die Festlegung klarer Regeln an.
Dein impliziter Hinweis auf die Euthanasie bei den Nazis ist aber kein gutes inhaltliches Argument. Es geht ja gerade nicht um Mord sondern die Festlegung von Regeln, bei denen natürlich das Interesse der Betroffenen den Ausschlag gibt.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

anselm hat geschrieben:Es geht ja gerade nicht um Mord sondern die Festlegung von Regeln, bei denen natürlich das Interesse der Betroffenen den Ausschlag gibt.
Dann frage einen Demenzkranken, welches sein Interesse ist.

Letztlich geht es darum, Leuten, die sich selbst nicht mehr helfen oder äußern können, die Pistole an den Kopf zu setzen.
Gruß Jürgen

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Cicero
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Beitrag von Cicero »

Juergen hat geschrieben:
anselm hat geschrieben:Es geht ja gerade nicht um Mord sondern die Festlegung von Regeln, bei denen natürlich das Interesse der Betroffenen den Ausschlag gibt.
Dann frage einen Demenzkranken, welches sein Interesse ist.
sic!

Cicero
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Beitrag von Cicero »

anselm hat geschrieben:Es kommt auf die Festlegung klarer Regeln an.
Wer regelt?
Der Staat?
Die Kankenkasse?
Die Renteversicherung?
Die Zahl der zur Verfügung stehenden Pflegeplätze?
Die (auf das Erbe scharfen) Angehörigen?

Nach welchen Kriterien erfolgt die Regelung?

[Provokation]
Objektiv gesehen konnte den sog. Euthanasiegesetzen doch niemand widersprechen...
Menschlich gesehen waren sie doch vernünftig...
Ökonomisch ist es doch sinnvoll wen einer über 70 ist....
und überhaupt die demographische Entwicklung...
Irgendwann kann das doch alles keiner mehr bezahlen...
[/Provokation]

klingelts?

Nachdem der Beginn des Lebens zum Abschuß nach gutdünken freigegeben wurde. Ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis das andere Ende auch noch dran kommt.
Ich mache mir darüber keine Illusionen.
Aber verschweigen mag ich es auch nicht.

anselm
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Beitrag von anselm »

Juergen hat geschrieben:...
Dann frage einen Demenzkranken, welches sein Interesse ist.
Letztlich geht es darum, Leuten, die sich selbst nicht mehr helfen oder äußern können, die Pistole an den Kopf zu setzen.
Das muss natürlich festgelegt werden, bevor ein Fall wie Demenz eintritt. Eine Art Patientenverfügung. Wenn eine solche Verfügung nicht vorliegt, sollte der Arzt weiterhin versuchen, das Leben des Patienten zu verlängern.

anselm
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Beitrag von anselm »

Cicero hat geschrieben:...
Nach welchen Kriterien erfolgt die Regelung?
.....
Nachdem der Beginn des Lebens zum Abschuß nach gutdünken freigegeben wurde. Ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis das andere Ende auch noch dran kommt.
Ich mache mir darüber keine Illusionen.
Die Regeln sollten in einem Konsens ermittelt werden, bei dem gewährleistet ist, dass die Entscheidung des potenziellen Patienten den Ausschlag gibt. Also "Tötung auf Verlangen". Deine Schreckensgemälde verstehe ich nicht.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Bloß dass vor allem in den Fällen von Demenz sehr fraglich ist, wer die Tötung verlangt - der, der sowieso schon geistig abgetreten ist (also gar nicht mehr mündig), sondern die Angehörigen, die im Sinne des zu Tötenden vorgeben zu sprechen.

Geronimo

Bernd Heinrich Stein

Beitrag von Bernd Heinrich Stein »

anselm hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:...
Dann frage einen Demenzkranken, welches sein Interesse ist.
Letztlich geht es darum, Leuten, die sich selbst nicht mehr helfen oder äußern können, die Pistole an den Kopf zu setzen.
Das muss natürlich festgelegt werden, bevor ein Fall wie Demenz eintritt. Eine Art Patientenverfügung. Wenn eine solche Verfügung nicht vorliegt, sollte der Arzt weiterhin versuchen, das Leben des Patienten zu verlängern.
Eine solche Verfügungsmöglichkeit gibt es bereits bezogen auf den Verzicht von lebenserhaltenden Maßnahmen.
Dies zu erweitern auf das Verlangen nach aktiver Sterbehilfe halte ich für extrem fragwürdig. In welcher psychischen Situation eine solche Verfügung verfasst wird, kann nämlich nicht wirklich überprüft werden. Es könnte z.B. auch eine latente Suizidalität vorliegen und die Verfügung soll dann dazu dienen, dass man mit Sicherheit und ggf. mit fremder Hilfe aus dem Leben treten kann.

Grundsätzlich:
Ich habe den Eindruck, dass Menschen nach vollständiger kontrolle und Verfügbarkeit von allem, was Leben ausmacht/ausmachen könnte streben. Auch das Lebensende wird dann unter dem Gesichtpunkt der "Erträglichkeit" betrachtet. Und wenn es nicht mehr in bestimmte Parameter passt, dann kann es halt beendet werden?

Meine Frau ist Geronto-Sozialtherapeutin. Ich habe in dem "Heim" in dem sie arbeitet (Diakonie) demente BewohnerInnen erlebt. Die Gefühlswelt dieser Menschen ist höchst unterschiedlich; nicht einfach nur depressiv oder desorientiert. Schwierig ist sie eher aufgrund des Gesamtkonzeptes in dem Haus.
Eine Einrichtung in der Nachbarschaft (katholisch (kein Zufall)) hat ähnliche Bewohnerstrukturen und Menschen mit ähnlichen "Störungen".
Die Betreuung und die Kontakte sind dort leibevoller und zuwendender. Die -z.T. durchaus "läßtigen"- Symptome wurden dort mit einer anderen Aufnahmebereitschaft aufgenommen. Ich konnte durchaus den Eindruck gewinnen, dass die BewohnerInnen sich dort insgesamt besser fühlten.

Was ich mit dem Beispiel sagen will?
Man sollte zuerst mal über optmierte Betreuung nachdeneken und diese auch umsetzen, bevor man Gott in der Lebensspanne eines Menschen herumpfuscht.

Bernd Heinrich

Bernd Heinrich Stein

Beitrag von Bernd Heinrich Stein »

anselm hat geschrieben:
Cicero hat geschrieben:...
Nach welchen Kriterien erfolgt die Regelung?
.....
Nachdem der Beginn des Lebens zum Abschuß nach gutdünken freigegeben wurde. Ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis das andere Ende auch noch dran kommt.
Ich mache mir darüber keine Illusionen.
Die Regeln sollten in einem Konsens ermittelt werden, bei dem gewährleistet ist, dass die Entscheidung des potenziellen Patienten den Ausschlag gibt. Also "Tötung auf Verlangen". Deine Schreckensgemälde verstehe ich nicht.
Du weißt das Gesundheitsökonomen darüber reden, die vollständige medizinisch mögliche Versorgung (für Patienten der Pflichtkassen) ab einem bestimmten Alter einzuschränken? Eine solche Überlegung in der Öffentlichkeit (Fernsehen, WDR3, "Hart aber fair", Autor weiß ich nicht mehr) zu nennen, hätte vor einigen Jahren einen Aufschrei der Empörung nach sich gezogen. Der Aufschrei ist zum jetztigen Zeitpunkt ein wenig leise; schließlich geht es ja auch um die "Finanzierbarkeit" (immer ein schlagendes Argument).
Denke diesen -jetzt anscheinend möglichen- Ansatz weiter und schau nach wohin Du dann kommst.

Bernd Heinrich

anselm
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Beitrag von anselm »

Bernd Heinrich Stein hat geschrieben: Du weißt das Gesundheitsökonomen darüber reden, die vollständige medizinisch mögliche Versorgung (für Patienten der Pflichtkassen) ab einem bestimmten Alter einzuschränken? Eine solche Überlegung in der Öffentlichkeit (Fernsehen, WDR3, "Hart aber fair", Autor weiß ich nicht mehr) zu nennen, hätte vor einigen Jahren einen Aufschrei der Empörung nach sich gezogen. Der Aufschrei ist zum jetztigen Zeitpunkt ein wenig leise; schließlich geht es ja auch um die "Finanzierbarkeit" (immer ein schlagendes Argument).
Denke diesen -jetzt anscheinend möglichen- Ansatz weiter und schau nach wohin Du dann kommst.
Bernd Heinrich
Den Hinweis auf Finanzierbarkeit halte für völlig in Ordnung. Es kann niemals für jeden alles medizinisch sinnvolle getan werden. Es geht daher prinzipiell immer um eine Entscheidung, auch wenn dies dann, wenn die Kassen voll sind, nicht immer unmittelbar wahrgenommen wird. Und dann ist es jedenfalls besser, wenn man vernünftige Auswahlkriterien hat und nicht etwa aus der Situation heraus relativ unüberlegt vorgeht.

anselm
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Beitrag von anselm »

Bernd Heinrich Stein hat geschrieben:... Und wenn es nicht mehr in bestimmte Parameter passt, dann kann es halt beendet werden?..
Ja. Und zwar durch die Betroffenen selbst bzw. auf deren ausdrücklichen Wunsch. Warum sollte gerade in einem so weit reichenden Fall, bei dem es um ein sinnvolles und erträgliches Leben geht, die Entscheidungskompentenz der einzelnen Menschen nicht mehr zählen? Warum sollte gerade dann die Entscheidungsfreiheit aufgehoben sein mit der Aussicht auf z.B. eine Lebensverlängerung in geistiger Abwesenheit/Verwirrtheit oder starken Schmerzen? Ist eine solche Einschränkung nicht schon als eine Art von Freiheitsberaubung und eine Verurteilung zum Leiden anzusehen?

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

anselm hat geschrieben:
Bernd Heinrich Stein hat geschrieben:... Und wenn es nicht mehr in bestimmte Parameter passt, dann kann es halt beendet werden?..
Ja. Und zwar durch die Betroffenen selbst bzw. auf deren ausdrücklichen Wunsch. Warum sollte gerade in einem so weit reichenden Fall, bei dem es um ein sinnvolles und erträgliches Leben geht, die Entscheidungskompentenz der einzelnen Menschen nicht mehr zählen? Warum sollte gerade dann die Entscheidungsfreiheit aufgehoben sein mit der Aussicht auf z.B. eine Lebensverlängerung in geistiger Abwesenheit/Verwirrtheit oder starken Schmerzen? Ist eine solche Einschränkung nicht schon als eine Art von Freiheitsberaubung und eine Verurteilung zum Leiden anzusehen?
Anselm, dir ist doch klar, dass diese Entscheidungen (wenn wir hier mal von Leuten reden, die die überhaupt noch treffen können) auf Kosten anderer gehen. Will sagen - ich werde zum Mörder gemacht, nur weil das jemand anders aufgrund seiner Entscheidung so will und auch einfordert, wenn er sich auf gesetzliche Regelungen beruft. Nur - mit welchem Recht verlangt der andere das von mir, Angehörigen oder Ärzten?
Die Diskussion über aktive Sterbehilfe verbrämt sich immer mit dem Etikett Mitleid bzw. nicht Leiden lassen. Dabei geht völlig unter, dass es gescheiter wäre, sich mit der Weiterentwicklung der Schmerztherapie zu beschäftigen und Gesetzesänderungen einzufordern, welche die Ärzte in die Lage versetzt, eine umfassende Schmerzbehandlung durchzuführen (Opiate etc.)
Meine Frage: konkreter Fall: darf ich meinen Kindern die Last aufbürden (oder meiner Ehefrau) mich ins Jenseits zu befördern, die moralische Entscheidung, das Leben danach mit dieser Entscheidung oder ist das einfach auch nur eine Art von grundlegendem unreflektierten Egoismus? Christlicherweise gesehen, empfinde ich das als Aufforderung zum Mord.

Um noch auf die dementiell Erkrankten zurückzukommen - natürlich spart das eine Menge Geld, wenn man die alle so locker zu entsorgen. Und den Angehörigen eine Menge Streß, diese Menschen evtl. über Jahre begleiten zu müssen. Es entspricht ja auch nicht dem Bild des Menschen heutzutage, dass er Stofftierkuschelnd irgendwo durch die Gänge wandert und vor sich hinmurmelt.
Wer entscheidet diese Entsorgung? Die Kranken wohl selber nicht mehr. Und wer sagt uns, dass diese Menschen unsäglich leiden? Sie leben in einer anderen Realität - und? Leiden tun die Außenwelt an solchen Phänomen und darum will sie sie weghaben.

Bei all diesen Diskussionen wirds mir einfach speiübel und sonst gar nichts.
Die ganze Energie, die in diese Diskussion über aktive Sterbehilfe reingehängt wird, sollte dafür verwendet werden, sich für den Ausbau an Hospizen stark zu machen. Da gibts echt viel zu tun - vor allem in der Bewußtsseinbildung der Bevölkerung.
Aber es ist doch eigentlich ganz klar, was läuft - unwert und deshalb verfügbar für die Todesmaschinerie ist das Leben vor der Geburt und das Leben mit Krankheit und Altern. Einfach entsorgen - und tschüss.

Nachdem ich mich jetzt hier in Fahrt gebracht habe, noch ein Gedanke zum Schluss: bei meiner Arbeit im Altenheim verstören mich nicht die Dementen oder schwerst Pflegebedürftigen. Was mich verstört und woran ich mich nie gewöhnen werde, ist der ganz normale körperliche Verfall des Menschen, der für uns alle ansteht, kurz über lang. Und mit Verfall meine ich wirklich - Verfall und Auflösung. Und dazu braucht man nicht krank zu werden, sondern nur alt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dieser Verfall auch für unerträglich erklärt wird und die Frage sich gesellschaftlich erhebt, ob man sich denn dieses zumuten könnte -. das langsame Verwelken und das ganz normale Siechen, was das Leben ausklingen lässt.

Geronimo
Zuletzt geändert von Geronimo am Donnerstag 1. Juli 2004, 09:08, insgesamt 1-mal geändert.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

anselm hat geschrieben:Den Hinweis auf Finanzierbarkeit halte für völlig in Ordnung. Es kann niemals für jeden alles medizinisch sinnvolle getan werden. ...
Ergo:
- Keine Herzschrittmacher für über 60jährige
- keine künstl. Hüftgelenke für über 65jährige
- ...
- ...
und wo soll das enden?
etwa bei:
- gar keine ärztl. Behandlung bei über 90 jährigen???

und wer geistig nicht mehr ganz klar im Kopf ist, der merkt auch nicht, wenn man ihn krepieren läßt....
Gruß Jürgen

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anselm
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Beitrag von anselm »

Hallo Jürgen, hallo Geronimo,

vielen Dank für die Antworten. Allerdings habe ich nicht den Eindruck, dass sich euere Antworten wirklich auf meine vorausgegangenen Postings beziehen, da ich solche Dinge, wie ihr sie mir unterstellt, nicht geschrieben oder gemeint habe.

Noch eine allgemeine Bemerkung zum Thema:

es kann auch das Ausweichen vor Entscheidungen sein, wenn man solche Patientenverfügungen zum "Töten auf Verlangen", wie ich sie oben angesprochen habe, ablehnt.

@Jürgen: wenn es stimmt, dass die finanziellen Mittel knapp sind, dann ist es doch besser , klare Entscheidungsregeln zu haben. Die Alternative könnte nämlich sein, dass jeder Arzt zu relativ unfundierten Entscheidungen gezwungen wird (durch die begrenzten Mittel) und mangels ausreichender Reflexion des Problems schlechte Entscheidungen trifft.

@Geronimo: die Entscheidung müsste von den potenziell Betroffenen natürlich rechtzeitig vorher getroffen werden. Wenn "Töten auf Verlangen" rechtlich erlaubt wäre könnte man es auch nicht als Mord bezeichnen. Auf jeden Fall fehlen die niederen Motive.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Anselm, für einen Christen ist es Mord. Was rechtlich erlaubt ist, hat für mich keine Relevanz in diesen Dingen, ebenso wenig wie rechtliche Aussagen über die Erlaubnis zum Schwangerschaftsabbruch. Jesus hat mich nicht aufgefordert, die Gesetze dieser Welt - die immer Veränderungen unterliegen werden, je nachdem, was gerade gesellschaftlich erwünscht ist - wie ein Schaf zu akzeptieren.

Wir reden hier von einem nicht vor unserem Schöpfer zu rechtfertigender Eingriff in den Ablauf des Lebens. Und ein unnötiger dazu, denn das allermeiste Leid wird durch mangelnde Sterbebegleitung erzeugt.
In dem Fall der dementiell Erkrankten ist es einfach die Angst des noch "Gesunden" - will sagen funktionsfähigen und gesellschaftlich akzeptierten" - einmal nicht mehr dem Idealbild von sich selbst zu entsprechen. Dass dementiell veränderte Menschen per se unglücklich und keine Lebensfreude haben, ist ein Gerücht. Hinter diesen Gerüchten steckt etwas anderes, was das gesamte Menschenbild der heutigen Zeit betrifft.

Da ich eben nun Christ bin, ist mein Standpunkt, was die aktive Sterbehilfe betrifft, eindeutig. Es mag Christen geben, die das anders sehen - ich gehöre nicht dazu und ich muss sagen - ich will auch nicht dazugehören. Von ich so anfange, kann ich als Mensch einpacken Es schüttelt mich ganz einfach bei dem Gedanken eine eine solche Gesellschaft, wo alles genormt ist und die Grenzen für diese Normierung allein vom Leistungsvermögen abhängen. Es ist doch eine gerade Linie von der pränatalen Diagnostik, die sich als Segen verbrämt und als Fluch für die betroffenden Eltern herausstellt, bis zu dem Umgang mit Behinderten, Kranken und Alten.
Solche Gesetze werden die Gesellschaft und das ganze Menschenbild auf Dauer zum negativsten verändern.

Geronimo
Zuletzt geändert von Geronimo am Donnerstag 1. Juli 2004, 10:13, insgesamt 1-mal geändert.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

anselm hat geschrieben:@Jürgen: wenn es stimmt, dass die finanziellen Mittel knapp sind, dann ist es doch besser , klare Entscheidungsregeln zu haben. Die Alternative könnte nämlich sein, dass jeder Arzt zu relativ unfundierten Entscheidungen gezwungen wird (durch die begrenzten Mittel) und mangels ausreichender Reflexion des Problems schlechte Entscheidungen trifft.
Achja,
die Beispiele von mir waren übrigens nicht ganz aus der Luft gegriffen

Keine Hüftgelenke für Alte?
Ein Blick in das England des Post-Thatcherismus genügt. Ab einem gewissen Alter werden keine Herzschrittmacher mehr eingepflanzt, „da es sich nicht mehr auszahlt", künstliche Gelenke werden gerne auch secondhand weiter verwendet, um Kosten zu sparen...

Sozialstaat: wohin und wozu?
Gruß Jürgen

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beatrice
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Beitrag von beatrice »

Es läßt grüßen die Hochglanzwirsindallejungfitunddynamischgesellschaft! Passend dazu natürlich ein Wust gesetzlicher Regelungen, die bestimmen, daß alles was irgendwie nach Verfall aussieht oder unsere an idyllische Hochglanzmagazine gewöhnten Augen beleidigen könnte, kein Recht mehr auf Unterstützung jedweder Art hat. Klar, meine Geldbörse ist mir näher als das Hüftgelenk meiner Oma. Und statt sich über ein neues System der Krankenversorgung Gedanken zu machen, läßt man lieber die "Alten" über die Klinge springen. Die fressen uns ja eh die Haare vom Kopf. :sauer:

Tschuldingung, aber das Thema bringt mich etwas auf die Palme :(

Beatrice

Ralf

Beitrag von Ralf »

Ach ja, Arztsein wird auch nicht leichter....

Keine Sorge, ich werde nie jemanden töten. Von dieser Nazimedizin halte ich größtmöglichen Abstand.

Cicero
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Beitrag von Cicero »

anselm hat geschrieben: Die Regeln sollten in einem Konsens ermittelt werden, bei dem gewährleistet ist, dass die Entscheidung des potenziellen Patienten den Ausschlag gibt. Also "Tötung auf Verlangen". Deine Schreckensgemälde verstehe ich nicht.
.. und wie hoch wird bei möglicher "Tötung auf Verlangen" der Druck auf einen unheilbaren Patienten sein, die Tötung zu verlangen?

Appelle an die Vernunft,
das hat doch alles keinen Sinn mehr,
was wollen Sie sich denn so quälen,
die Schmerzen werden eher schlimmer,
denken sie doch an ihre angehörigen,
...

Da wird dann ganz schnell Druck ausgeübt, dem sich gerade ein durch Krankheit ohnehin geschwächter Mensch und seine Angehörigen, soweit sie den Druck nicht sogar selbst ausüben, kaum werden widersetzen können.

Es ist - und dabei bleibe ich - Tötung lebensunwerten Lebens mit anderen, wesentlich subtileren Mitteln, denn diesmal stimmen die Opfer ja "freiwillig" zu.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Ralf hat geschrieben:Ach ja, Arztsein wird auch nicht leichter....

Keine Sorge, ich werde nie jemanden töten. Von dieser Nazimedizin halte ich größtmöglichen Abstand.
Ich will da noch mal auf die Patientenverfügung hinweisen, mit der man die gewünschten medizinische Eingriffe und Versorgungen regeln kann für den Fall, dass man nicht mehr imstande ist, sich zu äußern. Gerade für die Ärzte ist es ungeheuer wichtig, dass solche Verfügungen vorliegen und sie damit nicht unfreiwillig in die Spirale von sinnloser Intensivmedizin gezwungen werden.
Jeder von uns sollte solche Verfügungen machen, um klare Handlungsan- weisungen zu geben, z.B. was unnötige Wiederbelebungsversuche, Sondenernährung und generell Apparatemedizin betrifft.
Auch jüngere Menschen sollten diese Verfügungen treffen, siehe Autounfälle. Da liegt dann mancher im Koma als lebender Leichnam und die Angehörigen und Ärzte sind hilflos.
Das hat mit aktiver Sterbehilfe nichts zu tun, sondern sind lediglich Verfügungen darüber, ob das Leben sinnlos durch Medizin verlängert wird und dadurch noch mehr Leiden verursacht wird.

Geronimo

Ralf

Beitrag von Ralf »

Wer übrigens den Begriff "Nazimedizin" für Euthanasie und Co. für mal wieder viel zu anrüchig hält, kann sich hier die Nürnberger Prozesse ansehen.

Es gibt da einige Aussagen des Beschuldigten Dr. Karl Brandt, Leibarzt Hitlers und zu den Hauptverantwortlichen des Euthanasie- und Exoperimentierprogrammes zählend, die mich schaudern lassen. Und zwar gerade weil es sich bei dem Mann nicht um eine offensichtliche Bestie handelt, sondern weil er aus "rationalen Gründen" handelte. Man sieht, wie weit die Ratio allein führen kann...
The underlying motive was the desire to help individuals who could not help themselves and were thus prolonging their lives in torment. ... To quote Hippocrates today is to proclaim that invalids and persons in great pain should never be given poison. But any modern doctor who makes so rhetorical a declaration without qualification is either a liar or a hypocrite. ... I never intended anything more than or believed I was doing anything but abbreviating the tortured existence of such unhappy creatures.
No matter how I was faced with the problem, I have never regarded human experiments as a matter of course, not even when no danger was entailed. But I affirm the necessity for them on grounds of reason.
Somewhere we all must make a stand. I am fully conscious that when I said "Yes" to euthanasia I did so with the deepest conviction, just as it is my conviction today, that it was right. Death can mean deliverance. Death is life — just as much as birth. It was never meant to be murder. I bear a burden, but it is not the burden of crime. I bear this burden of mine, though with a heavy heart, as my responsibility. I stand before it, and before my conscience, as a man and as a doctor.

anselm
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Beitrag von anselm »

Ralf hat geschrieben:Ach ja, Arztsein wird auch nicht leichter....
Keine Sorge, ich werde nie jemanden töten. Von dieser Nazimedizin halte ich größtmöglichen Abstand.
Ähem, Ralf, vor dir habe ich aber auch schon deutlich anspruchsvollere Beiträge gelesen. :|

Dass es Nazis gab, die ihre Verbrechen mit "Menschenliebe" versucht haben, im Nachhinein reinzuwaschen, bedeutet nicht, alle Themen zu verdammen, zu denen sich Nazis positiv geäußert haben. Dazu ist das Thema zu wichtig (für die Betroffenen).

anselm
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Beitrag von anselm »

beatrice hat geschrieben:Es läßt grüßen die Hochglanzwirsindallejungfitunddynamischgesellschaft! Passend dazu natürlich ein Wust gesetzlicher Regelungen, die bestimmen, daß alles was irgendwie nach Verfall aussieht oder unsere an idyllische Hochglanzmagazine gewöhnten Augen beleidigen könnte, kein Recht mehr auf Unterstützung jedweder Art hat. Klar, meine Geldbörse ist mir näher als das Hüftgelenk meiner Oma. Und statt sich über ein neues System der Krankenversorgung Gedanken zu machen, läßt man lieber die "Alten" über die Klinge springen. Die fressen uns ja eh die Haare vom Kopf. :sauer:
Tschuldingung, aber das Thema bringt mich etwas auf die Palme :( Beatrice
Es geht letztlich um die Festlegung von Entscheidungsregeln in speziellen Fällen, bei denen zwischen mehreren Übeln das kleinere gewählt werden soll.

Zwei Beispiele:
(1) Bei einem extrem schwerbehinderten Neugeborenen stellt sich z.B. die Frage: Geräte abstellen mit der Folge eines Sterbeprozesses, der sich vielleicht über Wochen oder Monate hinziehen kann oder der aktiven Tötung.
(2) Abtreibung von schwer missgebildeten Föten. Wenn das Kind geboren wird hätte dies für das Kind und die Eltern schwerwiegende negative Konsequenzen, bei Abteibung könnte die Familie in Zukunft vielleicht ein oder mehrere gesunde Kinder zur Welt bringen.

In jedem Fall wird Entscheidung getroffen, die weit reichende Konsequenzen hat.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Lt. Überschrift geht es hier ja eigentlich um Demenzkranke.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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beatrice
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Beitrag von beatrice »

@Anselm, ich hatte mein Posting eigentlich auf alte kranke (körperlich oder geistig) Menschen bezogen.

Das Abstellen lebenverlängender Maschinen bei Menschen (egal welchen Alters), die ohne diese Maschinen nicht mehr lebensfähig sind halte ich für vetretbar.
Was aktive Tötung (auch in dem von Dir vorgebrachten Beispiel angeht) bin ich noch äußerst skeptisch (wo ziehst Du die Grenze? Wer entscheidet? In welche Richtung wird sich durch solche Entscheidungen unsere Gesellschaft entwickeln?).
Vor allem aber wenn es um demenzkranke Menschen geht halte ich aktive Sterbehilfe lediglich für eine schnelle Lösung, um unbequeme Patienten loszuwerden und damit indiskutabel. Mein Großvater hatte Alzheimer und konnte, ein Segen, bis zu seinem friedlichen Tod von meiner Großmutter zu Hause gepflegt werden. Er war für uns Angehörige eine Belastung, aber nicht für sich selber. Er hat in "seiner" Welt friedlich gelebt.

Beatrice

Edith
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Beitrag von Edith »

Juergen hat geschrieben:Lt. Überschrift geht es hier ja eigentlich um Demenzkranke.
ganz offenbar haben das einige VERGESSEN.
:D

Ralf

Beitrag von Ralf »

Juergen hat geschrieben:Lt. Überschrift geht es hier ja eigentlich um Demenzkranke.
Welche ja auch während des Naziregimes als bedauernswertes Leben entsorgt wurden.

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