Tag des Zorns

Allgemein Katholisches.
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mr94
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Beitrag von mr94 »

Steht die eigentlich im Gotteslob? (Hab keins im Büro.)

Vermutlich nicht. Im Graduale Romanum von 1974 dürfte sie wohl auch nicht enthalten sein.

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mr94
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Beitrag von mr94 »

Kleiner Literaturtipp:

Wie wird das jüngste Gericht?
Schaun wir mal: Nicola Wendebourg malt uns die letzten Dinge aus

Edith
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Beitrag von Edith »

Erich hat geschrieben:
Daher sehe ich dem Gericht (relativ) gelassen entgegen ...
Heilige, ja neee, is klar ;D
Wer sich fürchtet, dessen Liebe ist noch nicht vollendet.
Wo steht das gleich...?

*Erichplatztheutenoch* 8)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

[justify]Vielleicht fehlt einigen von euch immer noch der ungeschönte, schonungslose Blick in die eigenen Abgründe. Jedenfalls drängt sich mir dieser Eindruck auf. (Und kann ich die Größe der Liebe Jesu zu mir nicht erst dann wirklich ermessen, wenn auch ich mich kenne?)[/justify]
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Angelika
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Beitrag von Angelika »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:[justify]Vielleicht fehlt einigen von euch immer noch der ungeschönte, schonungslose Blick in die eigenen Abgründe. [/justify]
Vielleicht ... aber das, was ich jetzt schon erkenne, reicht mir völlig aus, um mich nur auf Jesus Christus zu verlassen und kein Stück mehr auf mich.

Gruß
Angelika

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Paterjuerch
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Beitrag von Paterjuerch »

Ja. An dem Punkt spricht mir endlich jemand aus der Seele, umso mehr als dass Dein Satz im Grunde fast ein Zitat unseres Gründers, des hl. Vinzenz Pallotti gewesen ist.

Er schreibt in einem seiner Briefe:
Der hl. Vinzenz Pallotti hat geschrieben:Haben Sie das größte Misstrauen in sich selbst und das größte Vertrauen auf Gott. Ohne jeden Zweifel werden Sie auf diese Weise den inneren Frieden finden.
Nein, Erich, Angelika ist deswegen noch nicht heilig zu sprechen.
Ad infinitam dei gloriam.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Ich schließe mich Angelika an. "Ich will nicht den Tod der Sünder, sondern dass er umkehrt." Zittern und Zagen in allen Ehren (wird, darf und muss ab und zu sein), darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass wir Gottes Zusage haben, dass er uns auf unserem Weg begleitet und hält ...und dass wir zu ihm gehören.

Einseitigkeit in jeglicher Richtung ist der Seele abträglich. Gott wird uns genauso nach unserem Vertrauen in ihn und zu ihm fragen wie nach unserem Versagen.

In solchen Sachen muss man sich einfach um Balance bemühen und Extreme nach beiden Seiten vermeiden.

Geronimo

Edith
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Beitrag von Edith »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:[justify]
(Und kann ich die Größe der Liebe Jesu zu mir nicht erst dann wirklich ermessen, wenn auch ich mich kenne?)[/justify]
ja eben! :ja:

Also mir drängt sich der Eindruck auf, dass einige der Meinung sind, wer sich in Gott geborgen weiß... kann keine Selbsterkenntnis haben?
:kratz: Dann wäre der hängende Kopf das Symbol der Christen.
:roll:

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: Und kann ich die Größe der Liebe Jesu zu mir nicht erst dann wirklich ermessen, wenn auch ich mich kenne?)[/justify][/color]
Dieser Aussage wird wohl keiner widersprechen, Robert.

Geronimo

Peter
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Beitrag von Peter »

Bedeutet das dann, daß ich einen Text, der immerhin jahrhundertelang (wenn auch auf Latein) gebetet wurde beiseiteschieben kann? Ist das Ringen um Erlösung, die dringende Bitte um ein gnädiges Urteil mit dem Neuen Testament hinfällig geworden?

Ist Paulus so zu verstehen, daß wir automatisch Erlöste sind, wenn wir nur glauben (im Sinne von akzeptieren), daß Jesus Gottes Sohn ist?

Mir scheint die Dichtung des Dies Irae noch einen anderen Akzent hineinzubringen, der, pardon, heute etwas verloren gegangen zu sein scheint. Es ist die Spannung des «Müht euch mit Furcht und Zittern um euer Heil» – ausgerechnet paulinisch, diese Stelle! – einerseits und des «Furcht ist nicht in der Liebe … denn die Furcht rechnet mit Strafe» andererseits.

Ich halte es für eine der gefährlichsten Erscheinungen der Zeit, daß wir die Sünde – und damit die Trennung von Gott – unglaublich banalisiert haben. Daher bin ich nicht sehr dafür, an dieser Stelle der Diskussion pastorale Behutsamkeiten gegenüber Angehörigen oder Trauergemeinden ins Spiel zu bringen. Das wäre hier viel zu früh! Darüber kann man immer noch reden, wenn die Grundfragen (Angelikas unaufgelöste Spannung!) geklärt sind.

Ich könnte durchaus selber historisch-soziologisch argumentieren und auf das Hörbild «Unter dem Gras darüber» verweisen, in dem Zeitzeugen der vorletzten Jahrhundertwende in Tondokumenten berichten, wie es ihnen mit der «Höllenpredigt» der Kirche ergangen ist. Daß man sehr vieles falsch machen kann, und vermutlich auch sehr viel Unrecht geschehen ist, stelle ich nicht in Abrede.

Nur haben wir ja die seltsame Auffassung – mit «wir» meine ich die Feld-, Wald-, und Wiesenverkündigung der Kirche –, daß es schon nicht so schlimm sei mit der Sünde; und wenn man den Betreffenden nur in seinen Intentionen verstehen könne, müsse Gott ihm schließlich auch veregben können. Wit tun’s ja auch, mehr oder weniger. (Nur: Wir müssen ja nicht mer mit dem/der Verstorbenen leben. Gott muß es weiterhin.)

Das Osterevangelium lautet aber nicht: Weil letztlich alles verstehbar ist, bist du OK. Es lautet: Christus ist für unsre Sünden gestorben, gemäß der Schrift. Und das ist eine blutige Angelegenheit.

Wir müssen damit rechnen, daß viele ihren Anwalt händeringend suchen! Und ich persönlich kann einfach nicht so dankbar in die Gewißheit einstimmen, daß ich mich nur noch auf Jesus Christus verlasse. Auf mich bezogen – ich kann da nicht von euch reden, Robert oder Angelika – wäre dieser Satz nicht zutreffend. Ich verlasse mich hundertmal mehr am Tag auf mich als auf Jesus Christus. Es reicht nicht aus, im billig verstandenen reformatorischen Sinne zu glauben (Bonhoeffer, Nachfolge -> «Billige Gnade). Ich will im umfassenden, allgemeinen, ganzheitlichen, sprich: katholischen Sinn «glaubentrauen» – auch wenn jener Tag des Zornes die Zeiten in den Schutt legt.

Und für mich Sünder gibt es da den Lobpreis der Erlösung! Und damit ich mich nicht überhebe, den Lobpreis der Barmherzigkeit. Und das ist das «Dies Irae».

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Peter, ich widerspreche ja gar nicht ... :mrgreen:

Es geht mir nur um die richtige Balance.


Geronimo

Peter
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Beitrag von Peter »

War auch gar nicht an deine Adresse gerichtet.

Aber dann doch die Frage: Bedeutet Balance, dass man auf der einen Seite das Gewicht abschraubt? Also: Dies Irae weglassen.

Denn das war ja Erichs Frage.

Edith
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Beitrag von Edith »

Peter hat geschrieben:War auch gar nicht an deine Adresse gerichtet.

Aber dann doch die Frage: Bedeutet Balance, dass man auf der einen Seite das Gewicht abschraubt?
nein. Denn richtig freuen kann ich mich ja erst, wenn ich verstehe,.... worüber ich mich freue!

Also... ich habe wirklich GRUND zur Freude. :roll:

uli
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Beitrag von uli »

Mich irritiert der meines Erachtens etwas leichtfertige Umgang mit den Begriffen „Zorn“ und „Liebe in Bezug auf Gott – in dem Sinne, dass Gott samt seiner biblisch bezeugten Liebe und seinem ebenfalls biblisch bezeugten Zorn „vermenschlicht“ wird, so, also ob seine Liebe wie die menschliche Liebe ist und sein Zorn wie der menschliche Zorn. Dabei steht doch in den Propheten als Aussage Gottes: „Ich bin Gott und kein Mensch!“ Das heißt: Gott ist zwar (und nicht zu vergessen: vor allem!) Liebe – aber zugleich ist er NICHT Liebe, nämlich nicht Liebe gemäß unserem beschränkten menschlichen Horizont. Trotz Ähnlichkeiten zwischen menschlicher und göttlicher Liebe ist die Unähnlichkeit weit, weit größer. Und auch der Zorn Gottes ist zugleicht ein NICHT-Zorn, nicht ein Zorn gemäß beschränktem menschlichen Horizont. Gott ist immer anders!
Mein Eindruck ist, dass manche hier den Zorn Gottes menschlich-allzumenschlich verstehen, aus welchen Gründen immer, und sich fast wünschen, dass Gott (im menschlichen Sinne bzw. gemäß eigenen menschlich-persönlichen Gelüsten) zornig ausrastet und losschlägt – ein menschlich-begrenzt erdachter, düster-verbitterter Rache-Gott, möglichst noch als weißbärtiger Alter mit zornesfunkelnden Augen und feurigem Schwert ...

Ob das „Dies irae“ („Tag des Zornes Gottes“) in der Beerdigungsmesse gesungen werden sollte, lässt sich meines Erachtens nicht pauschal und für jeden Fall mit „Ja“ beantworten. Deshalb finde ich es ok, dass seit der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils das Beten oder Singen dieser Sequenz in der Totenmesse nicht mehr vorgeschrieben ist, sondern im Ermessen des Priesters steht. Ich halte es beispielsweise für pastoralpsychologisch unverantwortlich, die Eltern einer mit 19 Jahren plötzlich verstorbenen jungen Frau bei der Totenmesse auch noch mit Weltgericht und möglicher ewiger Verdammnis zu belasten. Das „Dies irae“ innerhalb der Beerdigungsmesse ist ja, bis auf die Schlussverse, kein Gebet für die Toten (wie es in der Totenmesse an sich sein sollte bzw. ansonsten üblich ist), sondern eine Mahnung an die Lebenden bzw. soll ein „künstliches“ Gebet des Verstorbenen selbst sein, in das man sich eventuell „einklinken“ kann („Weh, was wird ich Armer sagen ...“), und die Angehörigen würde ich, wie im genannten Fall, in ihrer abgrundtiefen Trauer und Belastung bei der Beerdigungsmesse nicht auch noch mit derartigen Gedanken und Bildern an ihr eigenes Ende und Gericht belasten bzw. damit, dass sie – in den „Ich-„Aussagen“ – ihre Tochter im kommenden Weltuntergang hilflos verzagen sehen (das beißt sich doch fest, auch wenn es später im Lied heißt:: „Hast auch Hoffnung mir verliehen“); wobei ja eben noch hinzukommt, dass das „Dies irae“ ganz von meist düsteren Bildern wie Feuer etc. lebt, und beim Normal-Katholen diese Bilder meist auch noch wörtlich verstanden werden, was die Situation noch verschlimmert. Es gibt ja übrigens unter den Beerdigungsgebeten noch Ähnliches wie das „Dies irae“, nämlich das „Libera me“, wo es heißt: „Rette mich vor dem ewigen Zorn an jenem schrecklichen Tag, wo Himmel und Erde vergehen.“

Man vergesse auch nicht die Zeit, in der dieses „Dies irae“ entstanden ist, nämlich zu einer mittelalterlichen Zeit, als Angst und Schrecken vor Gott, seinem Zorn, seinem Gericht so sehr im Vordergrund standen, dass darüber fast vergessen wurde: Gott ist Liebe. Soll heißen: Wenn dieses Lied heute noch benutzt wird, dann bloß nicht in einem solch düster-bibelverkehrenden Kontext, sondern gezielt in einer Zeit, die ins genaue Gegenteil abgerutscht ist und fast nur noch den brav-lieben Gott kennt, als durchaus sinnvolle Erinnerung an die „andere“ Seite Gottes und die persönliche Verantwortung.

Zum Beispiel am Allerseelentag selbst kann das „Dies irae“ meines Erachtens durchaus seinen Platz haben, hauptsächlich eben als Mahnung an die Lebenden, den Ernst der Sünde und des Todes und der eigenen Verantwortlichkeit nicht zu vernachlässigen. In meiner „weltoffenen“ Kölner Jesuitengemeinde St. Peter wird das Requiem an diesem Tag übrigens noch in Schwarz gefeiert plus die lateinischen Gesänge incl. Dies irae ...

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Peter hat geschrieben:War auch gar nicht an deine Adresse gerichtet.

Aber dann doch die Frage: Bedeutet Balance, dass man auf der einen Seite das Gewicht abschraubt? Also: Dies Irae weglassen.

Denn das war ja Erichs Frage.
Ich weiß ... - ich muss mich halt in alles reinhängen ;)

Balance bedeutet, dass man nicht die Tagesform entscheidet lässt, denn je nach Befinden und Erleben kann man ja durchaus zu der einen oder anderen Seite mal tendieren ...
Ich könnte nicht mit dem Dies Irae allein leben, aber auch nicht mit dem Gedanken, ich könne mir alles leisten und Jesus würde mir automatisch aus Liebe verzeihen ... Ich kann nur mit beiden Gewichten die Balance halten.

Geronimo
Zuletzt geändert von Geronimo am Samstag 9. Oktober 2004, 19:11, insgesamt 1-mal geändert.

Peter
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Beitrag von Peter »

Mich begleitet dieses Thema, während ich am Rechner sitze und bunte Bildchen male …

Zwei Dinge noch einmal.

Zunächst danke, Uli, für deinen Beitrag. Ich habe dazu aber noch zwei Bemerkungen, die ich vorhin in Gedanken formulierte und die sich, nach einem nochmaligen Lesen deiner Argumentation nicht ganz auf deine Worte anwenden lassen. Aber dennoch:

Die liebe Pastoralpsychologie. Ich muß nicht sagen, daß ich eine gewisse Nähe zu diesme Thema habe, habe ich ja meine persönliche Pastoralreferentin immer bei mir. Dennoch hege ich eine gewisse Distanz zu den Gewißheiten einer psychologisch klugen Seelsorge. (Ich kann mir das leisten; muß ja nur hin und wieder kleine Tierchen zeichnen oder darf Werbebotschaften verpacken.)

Ich frage mich – und euch, ob ihr nicht auch den Eindruck habt, daß unter der Maßgabe dessen, was man «den Leuten zumuten kann», existenzielle Wahrheiten des Glaubens unter den Tisch gefegt werden (wo sie dann, nebenbei bemerkt, von den freikirchlichen Hündlein verputzt werden).

Wenn die Frage nach der Opportunität eines Gebetes, einer pastoralen Handlung nach dem Richtmaß der Zumutbarkeit gestallt wird, wird meistens die Frage außen vor gelassen, ob dieses Handeln denn wahr sei.

Für die Eltern der Neunzehnjährigen mag der Gedanke an Hölle oder Fegefeuer zusätzlich belastend sein. Aber benötigt die Neunzehnjährige, wenn sie noch nicht sofort in die Anschauung Gottes gegangen ist, nicht doch das Gebet der Eltern? — Das ist jetzt eine Frage, die sich nicht direkt auf das Dies Irae bezieht; es ist ja dargestellt worden, daß die Sequenz das Gebet der Seele vor dem richtenden Gott ist. — Andererseits läßt sich das Dies Irae sicherlich auch für die dahingeschiedenen Seelen beten.

Was ist also Wahrheit? Und: Wie wichtig ist Wahrheit? Ist Einfühslamkeit der Wahrheit vorzuziehen? Mir scheint es fast so zu sein, wenn ich kirchliches Verkündigungsgeschehen analysiere, oder wie folgt, einmal darüber polemisiere:

Mission ja; aber bitte den Leuten nichts aufdrängen. Lieber etwas gegen die Globalisierung unternehmen. Erstkommunion ja; und sinnvoll ist es, die Eltern der Erstkommunikanten als Katecheten zu gewinnen: Dann kommen sie nämlich auch mal wieder in die Kirche. Den Kindern kann man dann vom «Heiligen Brot» erzählen! Firmung light: Die Jugendlichen sollen erklären, was ihnen heilig ist und überreichen dem Bischof einen Brief, in dem sie erklären, was sie in der Kirche ändern würden. Beerdigung: Seit Ostern kommen wir alle, alle in den Himmel.

Am Ende seines Lebens steht der kirchlich Sozialisierte da und hat von Reinwaschung von den Sünden, Eucharistie und Salbung durch den Geist nie was gehört. Aber er hat sich eingesetzt und ist bei Attac gewesen.


Und zum zweiten:

Dann ist da der Verweis auf die mittelalterliche Entstehung des zur Debatte stehenden Textes.

Sicher. Diese Dichtung hat einen anderen Zungenschlag als unsere biblischen Texte; sie geht von einem anderen Menschenbild und einem anderen Selbstbild aus, als es der Mensch der klassischen Antike im Mittelmeerraum von sich hatte. Aber auch hier darf doch die Möglichkeit, Texte historisch zu analysieren, nicht davon ablenken, daß sich auch für diesen Text die Wahrheitsfrage stellt. Lewis hat in seinem «Unterteufel» darauf verwiesen, daß es eine hervorragende List für alle kleinen und großen Dämonen ist, die Leute ausgiebig mit der Frage nach historischer Genese eines Textes zu beschäftigen.

Dann stellen sie nicht mehr die Frage, ob er wahr sei. — Man kann sicher das eine tun und das andere nicht lassen.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Der Tag des Zornes, jener Tag,
Wird die Welt zu Asche brennen:
Des zeugt David mit Sibylla.

Welch ein Beben wird da sein,
Wenn der Richter steigt herab,
Alles Ding gestreng zu sichten.

Die Tuba streuet Wunderschall
Ob den Gräbern allerwärts
Und zwinget all’ vor seinen Thron.

Der Tod erstarrt und die Natur,
Als da aufsteht das Geschöpf,
Vor den Richter hinzutreten.

Und das Buch wird vorgelegt,
In welchem alles steht geschrieben,
Wes die Welt gerichtet werde.

Sitzt der Richter dann zu richten,
Wird offenbar, was sich verbarg:
Keines bleibet ungerächt.

Ich Elender, was sag ich da?
Welchen Fürsprech ruf ich an,
Wo kaum die Heil’gen sicher sind?

O König, dessen Hoheit zittern macht,
Der du die Deinen gratis rettest,
Errette mich, Quell des Erbarmens!

O gedenke, Jesu mild,
Bin der Grund doch deines Wegs:
Vernicht’ mich nicht an jenem Tag!

Suchtest mich und saßest matt,
Erlöstest mich, das Kreuz erleidend:
Solche Not sei nicht vergebens.

Gerechter Richter der Vergeltung,
Gewähr mir als Geschenk Vergebung
Vor dem Tag der Rechenschaft!

Aufseufze ich als Angeklagter,
Vor Schuld errötet mein Gesicht:
Verschon des Fleh’nden, Gott!

Der du Marien losgesprochen
Und den Schächer hast erhört:
Auch mir hast Hoffnung du geschenkt.

Meine Bitten sind nicht würdig,
Doch du, der Gute, wirk es gütig,
Daß ich nicht im ew’gen Feuer brenne.

Bei deinen Schafen gib mir Platz,
Und von den Böcken wohl geschieden
Stell mich auf die rechte Seite.

Sind gebannt erst die Verfluchten,
Den Höllenflammen Zugesagten,
Dann ruf mich mit den Benedeiten.

Ich bete flehend und gebeugt,
Zerknirscht das Herz, der Asche gleich:
Trag doch Sorge für mein Ende!

O jener Tag, von Tränen reich,
Wo aus der Asche aufersteht
Der Mensch als Sünder zum Gericht!

Schone also sein, o Gott,
Herr Jesu reich an Gnade:
Schenk ihnen deine Ruhe. Amen.
Dies irae, dies illa
solvet saeclum in favilla:
teste David cum Sibylla.

Quantus tremor est futurus,
quando judex est venturus,
cuncta stricte discussurus!

Tuba mirum spargens sonum
per sepulcra regionum,
coget omnes ante thronum.

Mors stupebit et natura,
cum resurget creatura,
judicanti responsura.

Liber scriptus proferetur,
in quo totum continetur,
unde mundus judicetur.

Judex ergo cum sedebit,
quidquid latet apparebit:
nil inultum remanebit.

Quid sum miser tunc dicturus?
Quem patronum rogaturus,
cum vix justus sit securus?

Rex tremendae majestatis,
qui salvandos salvas gratis,
salva me fons pietatis.

Recordare, Jesu pie,
quod sum causa tuae viae:
ne me perdas illa die.

Quaerens me, sedisti lassus:
redemisti Crucem passus:
tantus labor non sit cassus.

Juste judex ultionis,
donum fac remissionis
ante diem rationis.

Ingemisco, tamquam reus:
culpa rubet vultus meus:
supplicanti parce, Deus.

Qui Mariam absolvisti,
et latronem exaudisti,
mihi quoque spem dedisti.

Preces meae non sunt dignae:
sed tu bonus fac benigne,
ne perenni cremer igne.

Inter oves locum praesta,
et ab haedis me sequestra,
statuens in parte dextra.

Confutatis maledictis,
flammis acribus addictis:
voca me cum benedictis.

Oro supplex et acclinis,
cor contritum quasi cinis:
gere curam mei finis.

Lacrimosa dies illa,
qua resurget ex favilla
judicandus homo reus.

Huic ergo parce, Deus:
pie Jesu Domine,
dona eis requiem. Amen
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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Reinhard Gonaus
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Beitrag von Reinhard Gonaus »

Peter hat geschrieben:
(...) Was ist also Wahrheit? (...)
Fragt Pilatus unsern Herrn Jesus, und was antwortet ihm der?

Ist auch polemisch, ich weiß.
Trotzdem: Nach dem biblischen Zeugnis kann man aus der Wahrheit (gar: die Wahrheit) sein, in der Wahrheit leben, die Wahrheit tun, für die Wahrheit Zeugnis ablegen. Vom Wahrheit-Sagen find ich eigentlich wenig. Vielleicht müssen wir mit der Wahrheit ein bissel dynamischer umgehen.

Ich versuch's mal:
Die "pastorale Milde", die du kritisierst, ist zunächst mal Reaktion auf die Erkenntnis, dass man's in der Vergangenheit mit der Strenge und dem Zorn und dem Strafen ein bissel gar sehr übertrieben hat. Jetzt übertreiben wir stark in der anderen Richtung. Die Wahrheit läge wohl in der Mitte. Aber da die Kirche neben anderem auch ein Kind dieser unserer Zeit ist, tut sie sich mit der Balance ein bissel schwer. (Tun wir uns mit der Balance ein bissel schwer, wie man an den Fetzen sehen kann, die zwischen den sich selbst für konservativ oder progressiv Haltenden hin und her fliegen.) Über diesem Streit vergessen wir, den organisatorischen Reformbedarf von der Forderung nach Buße und Umkehr zu unterscheiden.

Dies Irae bei einer Begräbnisfeier find ich wirklich unangebracht. Für den Verstorbenen ist's gelaufen, für die Angehörigen ist's kein Trost. Bei einer Allerseelenmesse oder bei der Feier am Kriegerdenkmal, da passt's. Oder bei einer Bußfeier in der Fastenzeit, vielleicht aus Anlass des zuletzt durchgeführten Attentats oder Rachefeldzugs?

Es auch mal wieder öffentlich zum Thema zu machen, bei was allem zu fürchten ist, dass Gott es ernst meint (Sag ich jetzt mal so, ein bisschen flapsig), ist wohl nicht verkehrt. Und auf den Vorhalt, dies sei eine Droh- statt einer Frohbotschaft, könnte man ja erst mal schauen, wer uns das vorhält, und gegebenenfalls ohne weiteren Kommentar sagen: Jo.
Reinhard
--
Wir werden nie herausfinden, warum einer, der schnarcht,
sich selbst nicht schnarchen hören kann. (Mark Twain)

uli
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Beitrag von uli »

Nebenbei - ich weiß diese Sequenz "Dies irae" von den Kernaussagen und den plastischen, farbigen Bildern her durchaus zu schätzen (viele "neue geistliche Lieder" sind demgegenüber mehr als blässlich und aussagelos), und ich finde Mozarts "Dies-irae"-Vertonung in seinem "Requiem" grandios (auch wenn ich derartige klassische Konzeert-Musik im Gottesdienst nicht mag), und ich hab mich selbst schon mal vor Jahren an eine Eindeutschung dieser Sequenz für einen bestimmten Anlass gewagt, geht los mit:
"Tag des Grauens, Zorngerichte,
Welt verglüht und wird zunichte,
heil´ger Seher Traumgesichte." ...

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

Peter
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Beitrag von Peter »

Lieber Reinhard,

nur ganz kurz als Einwurf; ich kritisiere nicht die pastorale Milde. Ich spreche mich nur dagegen aus, sie zu früh ins Gespräch zu werfen, und zumal vor der Beantwortung der Frage nach der Wahrheit.

Wenn ich eines wirklich kritisiere, dann das Ausspielen des Opportunen gegen eine (Glaubens-)Wahrheit, die sich zumindest annäherungsweise auch in Worten ausdrücken läßt. (Den biblischen Wahrheitsbegriff voielleicht auch einmal in Rechnung gestellt. Du weist darauf hin.)

Die Frage war ja auch nicht zuerst, was ich predige, oder was allgemein in den Meßbüchern stehen sollte – denn dieses Thema ist mit der Liturgiereform zunächst ad acta gelegt. Erichs Frage war, ob ich – und da ergänze ich schon: ein Christ – den Text beten kann.

Es ist ganz gut, daß Robert eine textgetreuere Übertragung des lateinischen Textes zitiert hat.

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Angelika
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Beitrag von Angelika »

Edith hat geschrieben:Also mir drängt sich der Eindruck auf, dass einige der Meinung sind, wer sich in Gott geborgen weiß... kann keine Selbsterkenntnis haben?
Meiner Erfahrung nach ist genau das Gegenteil der Fall !
Erst seit ich weiß, dass ich in Gott geborgen bin, erkenne ich so manches bei mir.
(In den letzten vier Jahren ist 'ne Menge Müll hochgekommen.)

Und nur weil ich weiß, dass mich das nicht von Gott trennt, kann ich mich dem stellen und brauche es nicht zu verdrängen. Das ist natürlich keine einmalige oder kurze Sache, sondern eine Entwicklung.

Ist natürlich meine persönliche Erfahrung, muss nicht allgemein gültig sein.

Gruß
Angelika
Zuletzt geändert von Angelika am Samstag 9. Oktober 2004, 21:48, insgesamt 1-mal geändert.

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Angelika
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Beitrag von Angelika »

Peter hat geschrieben:Und ich persönlich kann einfach nicht so dankbar in die Gewißheit einstimmen, daß ich mich nur noch auf Jesus Christus verlasse. Auf mich bezogen – ich kann da nicht von euch reden, Robert oder Angelika – wäre dieser Satz nicht zutreffend. Ich verlasse mich hundertmal mehr am Tag auf mich als auf Jesus Christus.
Ich doch auch, Peter. :roll:

Meine Aussage war nicht so gemeint, dass ich mich immer und nur auf Jesus Christus verlasse.
In der Frage der Erlösung und des Heils, da gibt's nur einen, der mich retten kann, und auf den verlasse ich mich.

Natürlich will ich mich auch im alltäglichen Leben immer mehr auf ihn verlassen, aber das ist ein langer Weg und da habe ich alles andere als Gewissheit.

Gruß
Angelika

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otto
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Beitrag von otto »

Lesung aus dem zweiten Brief an Timotheus - 2 Tim 2, 8-13
Denk daran, daß Jesus Christus, der Nachkomme Davids, von den Toten auferstanden ist; so lautet mein Evangelium, für das ich zu leiden habe und sogar wie ein Verbrecher gefesselt bin; aber das Wort Gottes ist nicht gefesselt. Das alles erdulde ich um der Auserwählten willen, damit auch sie das Heil in Christus Jesus und die ewige Herrlichkeit erlangen. Das Wort ist glaubwürdig: Wenn wir mit Christus gestorben sind, werden wir auch mit ihm leben; wenn wir standhaft bleiben, werden wir auch mit ihm herrschen; wenn wir ihn verleugnen, wird auch er uns verleugnen. Wenn wir untreu sind, bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen.


[center]OHNE WORTE[/center]
"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Matthäus 16,24

Petra
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Beitrag von Petra »

Auch in der Messe gewesen, Otto? ;)

(Also heute früh dachte ich noch, diese Stelle hätte ich gerne etwas interpretiert. Da ist mir nicht so alles klar.)

Ralf

Beitrag von Ralf »

Erich hat geschrieben:
Stärkeres und den Sinn der Totenmesse besser Ausdrückendes als die Sequenz Dies iræ kenne ich nicht.
Du sprichst mir aus der Seele, lieber Robert. Aber mit dieser Meinuing sind wir wohl recht allein im Kreuzgang.

Lieben Gruß
Erich
[schild=1 fontcolor=000000 shadowcolor=C0C0C0 shieldshadow=1]Meld! Ich auch![/schild]

(Anscheinend traut man aber häufig den Trauernden die Wahrheit nicht zu...)

Persönliches: ich habe selbst meiner Familie nach dem Tod meiner Oma gesagt, daß ich mir natürlich des Seelenheils nicht sicher bin - wie auch. Alles andere wäre mehr als bloß Augenwischerei.

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otto
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Beitrag von otto »

Petra hat geschrieben:Auch in der Messe gewesen, Otto? ;)

(Also heute früh dachte ich noch, diese Stelle hätte ich gerne etwas interpretiert. Da ist mir nicht so alles klar.)


Petra ich denke das jeder Christ in seinen Glaubensüberzeugungen die ihm - ihr aus der Schrift gelehrt wurden standhaft bleiben muss.

Ich befürchte in einer Zeit in der der Weltgeist herrscht ist das für jeden Christen eine der größten Herausforderungen.
"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Matthäus 16,24

Ralf

Beitrag von Ralf »

Und noch kurz zwei Anmerkungen zu vorherigen Postings:

@Peter:

Ich behaupte einmal, viele vergeben auch den Toten nicht - ich selbst konnte das lange nicht, einem bereits Verstorbenen vergeben.

@uli:

Das von Dir gezeichnete Bild des "Mittelalters" (ein immerhin fast 1000 Jahre umfassender Zeitraum, je nach Rechung) sollte doch mittlerweile überholt sein. Erst ab dem Auftreten der Pestepidemie und der Strafgerichtsinterpretation derselben gibt es die Furcht-Schiene. Thomas von Celano so etwas zu unterstellen (frühes 13. Jh.), er gibt ja auch einiges in den Franziskus-Biographien von sich selbst preis, ist doch etwas sehr gewagt - und nicht wenige Jahrzehnte zu früh.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Peter hat geschrieben:»… daß Robert eine textgetreuere Übertragung des lateinischen Textes zitiert hat …«
Nicht eigentlich zitiert.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

uli
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Beitrag von uli »

@Ralf:
Tod, Gericht, Himmel, Hölle – diese „letzten Dinge“ gewannen meines Wissens schon in der christlichen Lehre des hohen Mittelalters großen Einfluss, und ein im 11. und 12. Jahrhundert besonders wichtiges Thema war, wie es dem einzelnen Menschen nach seinem Tod ergeht, vor Weltende und Weltgericht. Ab dem 12. Jahrhundert erscheint das Weltgericht als Monumentalwerk an Kirchengebäuden und wird von da an zunehmend üblich. Eines der ersten findet sich am Portal von St.-Lazare in Autun (Burgund), und zwar am Westportal der Kirche, das auf den anschließenden Friedhof führt. Aus dieser Dominanz der Todesgemahnung heraus lässt sich auch die Betonung der Drohbotschaft im Blickfang der Eintretenden erklären. Von daher also durchaus Angst und Schrecken! Die ältesten Strophen von „Dies irae“ stammen aus dem 12. Jahrhundert; die Franziskaner pflegten diese Sequenz besonders innig. Thomas von Celano (ca. 1190-1260) hat die Sequenz vermutlich um einige Strophen ergänzt, so dass er in der Tradition als Verfasser dieses (doch älteren) Liedes gilt.
Die beschriebene Situation (angstvoller Blick auf die „letzten Dinge“) verstärkte sich mit dem ausgehenden Mittelalter, einer Epoche, in der der Gedanke an das Jenseits und den Tod bzw. einen „guten“ Tod allgegenwärtig war: Kriege, Hungersnöte und nicht enden wollende Jahre der Pest. Der ständig gegenwärtige Tod und die Angst, dass dieser einen unvorbereitet ereilte, also die Furcht vor plötzlichem, unbußfertigem Sterben und qualvoller Reinigung im Fegefeuer, packte die Menschen besonders stark.

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

Peter
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Registriert: Samstag 4. Oktober 2003, 22:26

Beitrag von Peter »

Lieber Uli,

ich weiß ja nicht, wie ich es noch ausdrücken kann; und viellecht bin ich auch nicht besonders dazu geeignet:

Mir scheint es nur zu sein, daß die historische oder soziologische Erklärbarkeit eines Phänomens in seiner Relevanz für die Frage nach dem Wahrheitsgehalt keine absolute Relevanz besitzt.

Auf Deutsch: Wir meinen, dadurch, daß wir etwas historisch – oder mit der Hilfe irgendeiner anderen Wissenschaft, der Hirnstromforschung zum Beispiel – erklären oder vielleicht nur beschreiben können, hätten wir die Wahrheitsfrage geklärt.

Ich möchte gerne noch einmal den Finger auf diesen Begriff legen und umgekehrt fragen: Welche Relevanz hat die von dir beschriebene Situation, die ja fast jeder von uns in ähnlicher Form mit dem Geschichtsunterricht aufgesogen hat?

Ich könnte mir vorstellen, daß eine Antwort auf diese Frage wäre: Die Leute verstehen die Sequenz eben einfach nicht mehr. Sie gehört einem vergessenen Lebensgefühl an. Oder: Wir erachten die Sorge um Höllenqualen heute angesichts sehr greifbarer, «realer» Probleme nicht mehr für dringlich. Sie ist nur eine Ablenkung oder der Versuch der Bewältigung von Ungewißheiten in einer von Krisen geschüttelten Zeit.

Wie ich es aber drehe und wende: Ich komme, um aus deiner Schilderung einen Schluß zu ziehen, immer auf irgendein zusätzliches Kriterium – zum Beispiel andere dogmatische Vorgaben, andere Gottesvorstellungen oder schlichte Verdrängung einer Glaubensvorstellung. Auf jeden Fall aber eine handfeste, mit der jeweiligen Glaubens- oder Wahrheitsvorstellung verbundene Vorgabe.

Daher wäre die Frage, die mich in diesem Zusammenhang interessiert, nur in zweiter Linie die Frage nach der Entstehungsgeschichte einer religiösen Idee, sondern, wie Erich es im «Hand aufs Herz» formulierte: Ist das noch betbar? Für dich, für mich? Hat die Glaubensvorstellung hinter dem Dies Irae noch den Charakter der Wahrheit?

(Ich fürchte, jetzt habe ich mich sehr redundant und nicht sehr verständlich ausgedrückt …)

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Peter, ich muss mich schon wieder einmischen ... :D

Deine Frage, ist das doch noch betbar? - meinst du das jetzt wirklich im rein pastoralen öffentlichen Raum oder meinst du auch den privaten Bereich? Ich meine, privat kann man ja beten oder singen, was man will ...

Geronimo

Peter
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Beitrag von Peter »

Hi Geronimo;

für den liturgischen Bereich ist die Frage ja entschieden. Ich meine also für «meinen» persönlichen Bereich.

Hmmm. Danke – die Rückfrage hilft das doch einigermaßen zu sortieren.

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