Tag des Zorns

Allgemein Katholisches.
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Erich
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Tag des Zorns

Beitrag von Erich »

Ist folgendes Gebet für einige Mitleser noch "betbar"??

Tag der Rache Tag den Sünden,
Wird das Weltall sich entzünden,
Wie Sibyll und David künden.
Welch ein Graus wird sein und Zagen,
Wenn der Richter kommt, mit Fragen
Streng zu prüfen alle Klagen!

Laut wird die Posaune klingen,
Durch der Erde Gräber dringen,
Alle hin zum Throne zwingen.

Schaudernd sehen Tod und Leben
Sich die Kreatur erheben,
Rechenschaft dem Herrn zu geben.

Und ein Buch wird aufgeschlagen,
Treu darin ist eingetragen
Jede Schuld aus Erdentagen.

Sitzt der Richter dann zu richten,
Wird sich das Verborgne lichten;
Nichts kann vor der Strafe flüchten.

Weh! Was werd ich armer sagen?
Welchen Anwalt mir erfragen,
Wenn Gerechte selbst verzagen?

König schrecklicher Gewalten,
Frei ist Deiner Gnade Schalten:
Gnadenquell, laß Gnade walten!

Milder Jesus, wollst erwägen,
Daß Du kamest meinetwegen,
Schleudre mir nicht Fluch entgegen.

Bist mich suchend müd gegangen,
mir zum Heil am Kreuz gehangen,
Mög dies Mühn zum Ziel gelangen.

Richter Du gerechter Rache,
Nachsicht üb in meiner Sache,
Eh´ ich zum Gericht erwache.

Seufzend steh ich schuldbefangen,
Schamrot glühen meine Wangen,
Laß mein Bitten Gnad erlangen.

Hast vergeben einst Marien,
Hast dem Schächer dann verziehen,
Hast auch Hoffnung mir verliehen.

Wenig gilt vor Dir mein Flehen;
Doch aus Gnade laß geschehen,
Daß ich mög der Höll entgehen.

Bei den Schafen gib mir Weide,
Von der Böcke Schar mich scheide,
Stell mich auf die rechte Seite.

Wird die Hölle ohne Schonung
Den Verdammten zur Belohnung,
Ruf mich zu der Sel´gen Wohnung.

Schuldgebeugt zu Dir ich schreie,
Tief zerknirscht in Herzensreue,
Sel´ges Ende mir verleihe.

Tag der Tränen, Tag der Wehen,
Da vom Grabe wird erstehen,
Zum Gericht der Mensch voll Sünden

Laß ihn, Gott, Erbarmen finden,
milder Jesus, Herrscher Du!
Schenck den Toten ew´ge Ruh.

Amen
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

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mr94
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Beitrag von mr94 »

Es hatte wohl Gründe, warum das II. Vaticanum das Dies Irae aus der Totenmesse gestrichen hat. Schade, Mozarts Requiem wäre ohne doch deutlich ärmer.

Edith
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Beitrag von Edith »

Natürlich ist es betbar. So wie auch manche Psalmen mit ähnlichen Inhalten betbar sind.

Ich frage mich nur.... Erich.... wieso Du immer so am Zorn "hängst"...
8) :kratz:

Die Psalmen, Kapitel 116

1 Ich liebe den Herrn; / denn er hat mein lautes Flehen gehört
2 und sein Ohr mir zugeneigt / an dem Tag, als ich zu ihm rief.
3 Mich umfingen die Fesseln des Todes, / mich befielen die Ängste der Unterwelt, / mich trafen Bedrängnis und Kummer.
4 Da rief ich den Namen des Herrn an: / «Ach Herr, rette mein Leben!»
5 Der Herr ist gnädig und gerecht, / unser Gott ist barmherzig.
6 Der Herr behütet die schlichten Herzen; / ich war in Not und er brachte mir Hilfe.
7 Komm wieder zur Ruhe, mein Herz! / Denn der Herr hat dir Gutes getan.
8 Ja, du hast mein Leben dem Tod entrissen, / meine Tränen (getrocknet), / meinen Fuß (bewahrt vor) dem Gleiten.
9 So gehe ich meinen Weg vor dem Herrn / im Land der Lebenden.
10 Voll Vertrauen war ich, auch wenn ich sagte: / Ich bin so tief gebeugt.
11 In meiner Bestürzung sagte ich: / Die Menschen lügen alle.
12 Wie kann ich dem Herrn all das vergelten, / was er mir Gutes getan hat?
13 Ich will den Kelch des Heils erheben / und anrufen den Namen des Herrn.
14 Ich will dem Herrn meine Gelübde erfüllen / offen vor seinem ganzen Volk.
15 Kostbar ist in den Augen des Herrn / das Sterben seiner Frommen.
16 Ach Herr, ich bin doch dein Knecht, / dein Knecht bin ich, der Sohn deiner Magd. / Du hast meine Fesseln gelöst.
17 Ich will dir ein Opfer des Dankes bringen / und anrufen den Namen des Herrn.
18 Ich will dem Herrn meine Gelübde erfüllen / offen vor seinem ganzen Volk,
19 in den Vorhöfen am Haus des Herrn, / in deiner Mitte, Jerusalem. / Halleluja!

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Erich
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Beitrag von Erich »

Ich frage mich nur.... Erich.... wieso Du immer so am Zorn "hängst"...
ich will halt Gott nicht kastrieren und nur Liebesgeflüster über ihn von mir geben ;D
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

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Erich
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Beitrag von Erich »

Es hatte wohl Gründe, warum das II. Vaticanum das Dies Irae aus der Totenmesse gestrichen hat.
interessant! Welche denn??
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

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mr94
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Beitrag von mr94 »

Habe mein Konzilskompendium leider nicht zur Hand. Falls jemand nachschlagen möchte...
Zuletzt geändert von mr94 am Donnerstag 7. Oktober 2004, 13:03, insgesamt 1-mal geändert.

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Wenn Gott liebt, wird er auch zornig sein. Denn jeder Liebende wird zornig, wenn sein Liebstes mutwillig bedroht, missachtet oder zerstört wird.
Die Bibel scheut sich nicht, in dieser menschlichen Weise von Gott zu reden.

Der Jüngste Tag allerdings wurde von den ersten Christen als Tag der vollendeten Erlösung herbeigesehnt.

michel

Beitrag von michel »

***
Zuletzt geändert von michel am Donnerstag 14. Oktober 2004, 00:07, insgesamt 1-mal geändert.

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Die große Liturgiereform fand ja erst nach dem Konzil statt. Das Konzil hat solche Details nicht besprochen, sondern nur die großen Linien gezogen.
Ein Blick in ein altes (vorkonziliares) und in ein neues Messbuch zeigt den Unterschied.

Edith
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Beitrag von Edith »

Erich hat geschrieben:
Ich frage mich nur.... Erich.... wieso Du immer so am Zorn "hängst"...
ich will halt Gott nicht kastrieren und nur Liebesgeflüster über ihn von mir geben ;D
ich finde Erich, wir ergänzen uns da doch ganz wunderbar, nicht?
Übrigens sind Mann und Frau ZUSAMMEN Abbild Gottes :D
qed.

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Paterjuerch
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Tag des Zorns

Beitrag von Paterjuerch »

Edith hat geschrieben:Natürlich ist es betbar. So wie auch manche Psalmen mit ähnlichen Inhalten betbar sind.
Hm.
Psalm 58,2-9 hat geschrieben:Sprecht ihr wirklich Recht, ihr Mächtigen? / Richtet ihr die Menschen gerecht?
Nein, ihr schaltet im Land nach Willkür, / euer Herz ist voll Bosheit; / eure Hände
bahnen dem Unrecht den Weg.
Vom Mutterschoß an sind die Frevler treulos, / von Geburt an irren sie vom Weg ab und lügen.
Ihr Gift ist wie das Gift der Schlange, / wie das Gift der tauben Natter, die ihr Ohr verschließt,
die nicht auf die Stimme des Beschwörers hört, / der sich auf Zaubersprüche versteht.
O Gott, zerbrich ihnen die Zähne im Mund! / Zerschlage, Herr, das Gebiss der Löwen!
Sie sollen vergehen wie verrinnendes Wasser, / wie Gras, das verwelkt auf dem Weg,
wie die Schnecke, die sich auflöst in Schleim; / wie eine Fehlgeburt sollen sie die Sonne nicht schauen.
Psalm 109, 1-21 hat geschrieben:Gott, den ich lobe, schweig doch nicht! / Denn ein Mund voll Frevel, ein Lügenmaul hat sich gegen mich aufgetan. Sie reden zu mir mit falscher Zunge, / umgeben mich mit Worten voll Hass / und bekämpfen mich ohne Grund.
Sie befeinden mich, während ich für sie bete, / sie vergelten mir Gutes mit Bösem, / mit Hass meine Liebe.
Sein Frevel stehe gegen ihn auf als Zeuge, / ein Ankläger trete an seine Seite.
Aus dem Gericht gehe er verurteilt hervor, / selbst sein Gebet werde zur Sünde.
Nur gering sei die Zahl seiner Tage, / sein Amt soll ein andrer erhalten.
Seine Kinder sollen zu Waisen werden / und seine Frau zur Witwe.
Unstet sollen seine Kinder umherziehen und betteln, / aus den Trümmern ihres Hauses vertrieben.
Sein Gläubiger reiße all seinen Besitz an sich, / Fremde sollen plündern, was er erworben hat.
Niemand sei da, der ihm die Gunst bewahrt, / keiner, der sich der Waisen erbarmt.
Seine Nachkommen soll man vernichten, / im nächsten Geschlecht schon erlösche sein Name.
Der Herr denke an die Schuld seiner Väter, / ungetilgt bleibe die Sünde seiner Mutter.
Ihre Schuld stehe dem Herrn allzeit vor Augen, / ihr Andenken lösche er aus auf Erden.
Denn dieser Mensch dachte nie daran, Gnade zu üben; / er verfolgte den Gebeugten und Armen / und wollte den Verzagten töten.
Er liebte den Fluch - der komme über ihn; / er verschmähte den Segen - der bleibe ihm fern.
Er zog den Fluch an wie ein Gewand; / der dringe wie Wasser in seinen Leib, / wie Öl in seine Glieder.
Er werde für ihn wie das Kleid, in das er sich hüllt, / wie der Gürtel, der ihn allzeit umschließt.
So lohne der Herr es denen, die mich verklagen, / und denen, die Böses gegen mich reden.
Nun, diese Psalmen sind aus dem Stundengebet gestrichen worden (vgl. Allgemeine Einführung in das Stundenbuch, Nr. 131). Wer sie nicht beten kann, soll nicht dazu gezwungen werden.
mr94 hat geschrieben:Es hatte wohl Gründe, warum das II. Vaticanum das Dies Irae aus der Totenmesse gestrichen hat.
Der Text, um den es geht, steht im Widerspruch zu SC 81, denn was sich nicht mit der Feier der Beerdigung verträgt, passt wohl ebenso wenig zum Requiem oder zum Gedenken der Verstorbenen an Allerseelen.
Rupert Berger (Neues Past.-Lit. Handlexikon, S. 107) hat geschrieben:Die Angst vor dem schrecklichen Zorn und Gericht Gottes darf nicht die Leuchtkraft des uns geschenkten Auferstehungsglaubens verdunkeln.
Dennoch sind für mich diese Texte nichts vor dem ich Angst hätte, nur beten kann ich so nicht. Sie wären eher eine Art Gewissenserforschung, in dem Sinn, dass ich mich frage, wie weit ich eigentlich bereit bin, anderen zu vergeben (im Fall der Psalmen) oder wie sehr ich eigentlich glaube, schon erlöst zu sein (im Fall des dies irae). Das dies irae ist für mich ein Aufruf zur Bekehrung, ein Betrachtungstext, aber nichts, was ich irgendwie in der Messliturgie oder in der Stundenliturgie verwenden würde, es sei denn eben zur persönlichen Betrachtung. Als ein solcher Betrachtungstext ist das dies irae auch nach wie vor im lateinischen (und auch im italienischen) Stundenbuch enthalten.
Ad infinitam dei gloriam.

Edith
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Re: Tag des Zorns

Beitrag von Edith »

Paterjuerch hat geschrieben:
Dennoch sind für mich diese Texte nichts vor dem ich Angst hätte, nur beten kann ich so nicht.
nun, Psalmen Beten... ist eh ein eigenes Thema.... die muss man zusammenschauen... ganzheitlich... dann gehts. 8)

michel

Beitrag von michel »

***
Zuletzt geändert von michel am Donnerstag 14. Oktober 2004, 00:11, insgesamt 1-mal geändert.

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Paterjuerch
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dies irae

Beitrag von Paterjuerch »

michel hat geschrieben:Bei der hl. Messe am Todes- oder Begrägnistag wissen wir in der Regel ja gar nicht ob die Seele des Verstorbenen direkt in den Himmel gekommen ist oder erst ins Fegefeuer kommt.

Das wissen wir bei der Eucharistiefeier ebenso wenig, wie bei der Beerdigung, denn im Regelfall finden ja beide am gleichen Tag statt und auf die Beerdigung hat sich SC 81 ja bezogen. Willst Du etwa sagen, dass man den Angehörigen im Requiem noch mal deutlich vor Augen führen solle, dass sie sich des Heiles ihres verstorbenen Angehörigen mal nicht so sicher sein sollen, dass wir dann aber zur Beerdigung nach SC 81 (also nach der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils, wie wir wissen) das österliche Geheimnis im Tode eines Christenmenschen aufleuchten lassen sollten? Meinst Du das allen Ernstes mit "nicht in einen Topf werfen" ?

Ohne mich aber zu wiederholen: Ich habe nichts gegen den Text des dies irae, man muss ihn nur richtig verstehen.
Aber stelle Dir doch mal die allerchristlichste Trauergemeinde vor, die es gibt. Denen kann man dann doch nur wünschen, falls es gesungen wird, dass es auf lateinisch gesungen wird, damit sie es nicht verstehen.

Ist es betbar? Ja, es ist, aber es ist außerhalb des Stundengebetes ist es meiner Ansicht nach nicht mehr liturgisch verwendbar.
Ad infinitam dei gloriam.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

[justify]Ich kann das nicht recht nachvollziehen. Stärkeres und den Sinn der Totenmesse besser Ausdrückendes als die Sequenz Dies iræ kenne ich nicht. Man sollte es weder am Allerseelentag noch sonst in den Totenmessen weglassen. (Ich selber habe übrigens schon vor langem festgelegt, daß in meiner Totenmesse das Dies iræ zu singen sei.)[/justify]
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Erich
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Beitrag von Erich »

Stärkeres und den Sinn der Totenmesse besser Ausdrückendes als die Sequenz Dies iræ kenne ich nicht.
Du sprichst mir aus der Seele, lieber Robert. Aber mit dieser Meinuing sind wir wohl recht allein im Kreuzgang. Das mit der Vorsorge für die eigene Totenmesse find ich jut und werde es wohl nachahmen.

Lieben Gruß
Erich
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

[justify]Ich kann auch nicht im Ansatz erkennen, weshalb das Dies iræ mit der Konstitution Sacrosanctum Concilium in irgendeinem Gegensatz stehend sollte.[/justify]
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Paterjuerch
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dies irae

Beitrag von Paterjuerch »

Dass man seines Heiles sich nicht allzu gewiss sein sollte und das dies irae daher als Aufruf zur Bekehrung verständlich ist - ein weiteres mal sei es betont.
Wer aber eine solche Liebe zum dies irae äußert, so kommt es mir langsam vor, ist sich der Rache Gottes über sich selbst offenbar bereits ziemlich sicher. Dantes 'Göttliche Komödie' als Alternative zur Heiligen Schrift?
dies irae hat geschrieben:Weh! Was werd ich armer sagen?
Welchen Anwalt mir erfragen,
Wenn Gerechte selbst verzagen?
Der erste Johannesbrief (2,1) hat geschrieben: Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt. Wenn aber einer sündigt, haben wir einen Beistand beim Vater: Jesus Christus, den Gerechten.
Es scheint ganz so, als hätte Thomas von Celano (wenn das dies irae von ihm sein sollte) diesen Vers nicht gelesen. Andere Schriftverse, die vom Gericht sprechen, kannte er dagegen besser, etwa Vers 28 des gleichen Kapitels aus 1 Joh.
dies irae hat geschrieben:Richter Du gerechter Rache,
Nachsicht üb in meiner Sache,
Eh´ ich zum Gericht erwache.

Tag der Tränen, Tag der Wehen,
Da vom Grabe wird erstehen,
Zum Gericht der Mensch voll Sünden.
Ja, wie find ich denn das. Wenn er zum Gericht erwacht, ist doch eh nichts mehr zu holen. Wozu eigentlich der Aufwand so vieler Worte in diesem Hymnus, wenn es doch nichts zu hoffen gibt. Selbst die letzte Zeile bildet noch kein Gegengewicht, weil ja immer noch davon ausgegangen wird, dass der Mensch zum Gericht aufersteht.
Das Johannesevangelium (5,28f.) hat geschrieben:Die Stunde kommt, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und herauskommen werden: Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, zum Gericht.
Aber das ist es eben, "eh ich zum Gericht erwache". Das ist für ihn schon so gut wie sicher ...
Ad infinitam dei gloriam.

Peter
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Beitrag von Peter »

Erich hat geschrieben:
Stärkeres und den Sinn der Totenmesse besser Ausdrückendes als die Sequenz Dies iræ kenne ich nicht.
Du sprichst mir aus der Seele, lieber Robert. Aber mit dieser Meinuing sind wir wohl recht allein im Kreuzgang. Das mit der Vorsorge für die eigene Totenmesse find ich jut und werde es wohl nachahmen.

Lieben Gruß
Erich
Na, ich stell’ mich mal zu euch beiden.

Ich habe gestern den gesamten Artikel aus dem Pastoralliturgischen Handbuch abgeschrieben und möchte ihn kurz dokumentieren, auch wenn ich an zwei Stellen erhebliche Anfragen an diesen Text habe.

«Dies Irae

Lied vom Weltgericht, von einem unbekannten Dichter des 13. Jhs (Thomas von Celano?) aus Tropen zum «Libera me» geformt, mit späteren Ergänzungen. Es wurde ins Meßbuch von 1570 als Sequenz für alle Totenmessen aufgenommen. Großartige Dichtung (...), für die Feier der Totenmesse wegen des subjektiven und wenig österlichen Charakters wenig geeignet. Nachdem schon Pius XII im Generaldekret vom 23.03.1955 diese Sequenz nur noch für die Hauptmesse von Allerseelen und das Requiem am Todes- und Begräbnistag für verpflichtend erklärt hatte, fand sie im Meßbuch von 1970 keine Aufnahme mehr: Die Angst vor dem schrecklichen Zorn und Gericht Gottes darf nicht die Leuchtkraft des uns geschenkten Auferstehungsglaubens verdunkeln.»

(Adam, Berger; Pastoralliturgisches Handlexikon; Herder)

Peter
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Beitrag von Peter »

Nur soviel für jetzt:
ür die Feier der Totenmesse wegen des subjektiven und wenig österlichen Charakters wenig geeignet
Und das hat man seltsamerweise 400 Jahre lang nicht geerkt … Peinlich aber auch.
Die Angst vor dem schrecklichen Zorn und Gericht Gottes darf nicht die Leuchtkraft des uns geschenkten Auferstehungsglaubens verdunkeln.
Ich will ja nicht Korinten kácken, aber was ist uns denn nun geschenkt? Die Auferstehung oder (nur) der Glaube daran – als netter Trost. Der theologische Gehalt wird ästhetisiert; das Dies Irae ist eine großartige Dichtung – aber bitte die Leute nicht mit dem zornigen Gott belasten …

(Und wie, wenn sich «die Leute» nicht mit pastoralen Surrogaten trösten lassen? Wie, wenn die Frage nach Tod und Weltgericht, nach dem «Ankommen» in der Herrlichkeit Gottes wirklich die Menschen bewegt? Wie, wenn die Exequien nicht nur der Tröstung der Verbliebenen dienten, sondern der dringenden Gebetsbegleitung des oder der Verstorbenen?)
Zuletzt geändert von Peter am Freitag 8. Oktober 2004, 10:50, insgesamt 1-mal geändert.

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Erich
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Beitrag von Erich »

Wer aber eine solche Liebe zum dies irae äußert, so kommt es mir langsam vor, ist sich der Rache Gottes über sich selbst offenbar bereits ziemlich sicher.
ich glaube er wird kommen um die Lebenden und Toten zu richten. Siehst Du diesem Gericht furchtlos und mit freudiger Erwarung entgegen??
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Peter hat geschrieben: Und das hat man seltsamerweise 400 Jahre lang nicht gemerkt … Peinlich aber auch.
Wie denn, Peter? Noch in meiner Kindheit wurde das Dies irae nur lateinisch gesungen. Das Volk verstand es nicht, die Theologen konnet es für sich interpretieren.
Peter hat geschrieben:
Die Angst vor dem schrecklichen Zorn und Gericht Gottes darf nicht die Leuchtkraft des uns geschenkten Auferstehungsglaubens verdunkeln.
Ich will ja nicht Korinten kácken, aber was ist uns denn nun geschenkt? Die Auferstehung oder (nur) der Glaube daran – als netter Trost.
Wohl beides: Sowohl der Glaube, durch den Christus in unseren Herzen wohnt (Eph 3,17), ist ein Geschenk als auch die Auferstehung selbst (anfanghaft seit der Taufe).

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Angelika
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Beitrag von Angelika »

Erich hat geschrieben:
Wer aber eine solche Liebe zum dies irae äußert, so kommt es mir langsam vor, ist sich der Rache Gottes über sich selbst offenbar bereits ziemlich sicher.
ich glaube er wird kommen um die Lebenden und Toten zu richten. Siehst Du diesem Gericht furchtlos und mit freudiger Erwarung entgegen??
"Amen, amen, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat das ewige Leben; er kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod ins Leben hinübergegangen." (Joh. 5,24)

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Erich
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Beitrag von Erich »

und dem glaubt, der mich gesandt hat
Liebste Angelika,

wie groß ist Dein Glauben - in Senfkörnern gemessen??? :kiss:
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Edith
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Beitrag von Edith »

Erich hat geschrieben: ich glaube er wird kommen um die Lebenden und Toten zu richten. Siehst Du diesem Gericht furchtlos und mit freudiger Erwarung entgegen??
ja.

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Angelika
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Beitrag von Angelika »

Erich hat geschrieben:
und dem glaubt, der mich gesandt hat
Liebste Angelika,

wie groß ist Dein Glauben - in Senfkörnern gemessen??? :kiss:
Ein winziges Bruchstück eines Senfkorns ... kaum wahrnehmbar.

Aber bei Joh. 5 steht ja nichts von einer Größe des Glaubens.
Zum Glück ... :roll:

Ich vertraue Jesus Christus, dass er mir die rettende Hand nicht versagen wird, wenn es ernst wird. Daher sehe ich dem Gericht (relativ) gelassen entgegen ...

Liebe Grüße
Angelika

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Erich
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Beitrag von Erich »

Daher sehe ich dem Gericht (relativ) gelassen entgegen ...
Heilige, ja neee, is klar ;D
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

Peter
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Beitrag von Peter »

Ich möchte ganz gerne einen Satz dazu anmerken, bevor wir uns in der zehntausendsten Barmherzigkeits-Unbarmherzigkeits-Diskussion verhakeln. Seid barmherzig mit mir, wenn es vielleicht nicht ganz klar rüberkommt, was ich meine; es ist eine Zeit- und vielleicht auch eine Intellektsfrage.

Ich habe ja schon einmal erwähnt, daß ich durch die Charismatische Erneuerung zum Glauben gefunden habe – und da war manches durchaus freikirchlich-einfach geprägt. Zunächst habe ich genau das aufgesogen, was Angelika so deutlich ausgeführt hat:

Wer glaubt, kommt nicht in das Gericht.

Basta. Für manche echte Evangelikale erweist sich die Echtheit der «Wiedergeburt» daran, daß sie «Glaubenszuversicht» haben. So wäre beispielsweise Erichs Zagen und Zittern vor dem Gericht ein sicheres Zeichen dafür, daß er sich Jesus noch nicht ganz anvertraut hat; daß Erich einfach noch kein wiedergeborener Christ ist.

Das «Dies Irae» als Frage der Seele nach Verdammnis und Heil dürfte für sehr viele Fromme dieser Glaubensrichtung gar nicht mehr gesungen werden. Die Frage nach dem Anwalt ist beantwortet – und damit fertig!

Nun habe ich, seit ich mich dann entschieden der Kirche zuwandte, und auch die Tradition der Kirche kennenlernte, auch mit anderen Haltungen konfrontiert gesehen. Die Frage nach einer möglichen Verdammnis hatte sich mit, ehe ich zum Glauben fand, nicht gestellt. Sicher, ich hatte mal in Dantes «Inferno» hineingelesen, ich hatte einmal Mozarts Requiem mitgesungen und mich gefreut, daß man beim Dies Irae so richtig die Sau rauslassen konnte. Aber Höllenpredigten und die Angst vor dem »dem, der Seele und Leib in das Verderben stürzen kann» gab es für mich nicht.

Plötlich fand ich die bange Frage der Kinder von Fatima an die Erscheinung Marias wieder – und Maria tröstete sie nicht mit «Es ist alles gut. Ihr seid heilig», sondern mit der ernsten Mahnung, viel zu beten! Es war eben nicht alles so easy! Und es war manchmal auch ganz gut, sich vor Augen zu halten, daß mein Status (ohne Christus) der Status eines Verlorenen ist. Manchmal schien mir die Haltung der Kirche sehr viel näher an dem berühmten «Müht euch mit Furcht und Zittern um euer Heil» als an der glatten, mathematisch exakten Scheidung vom «Wiedergeborenen Christen».

Die Realität über mein Leben holte mich jedenfalls erst deutlich nach der «Bekehrung» ein.

Ich denke manchmal – deshalb nehme ich auch so entschieden Erichs Position ein, daß wir die Sünde, den Preis der Erlösung und die Gefahr in der wir schweben, wenn wir denken, Gnade sei «billig« (Bonhoeffer) völlig unterschätzen. Daher nervt es mich, wenn der ästhetische Wert eines Textes hochgelobt und der pastorale Wert geleugnet wird. Die entscheidende Frage ist doch:

Ist der Text wahr?

«Wenig gilt vor Dir mein Flehen;
Doch aus Gnade laß geschehen,
Daß ich mög der Höll entgehen.»

P.S.: Argumentationen der Art von «Du tritts für den Text ein; du scheinst es ja nötig zu haben» – vielleicht schenken wir uns die.

Wise Guy
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Beitrag von Wise Guy »

Ach, Erich und Robert, die selber auch ganz schön austeilen, werden das schon aushalten ... :)

Die Seelsorger sollen in den Gottesdiensten am Tag der Bestattung Ostern aufleuchten lassen, die Hoffnung auf die Auferstehung,
als ein Werk der Barmherzigkeit (Trauernde trösten) so zusagen.
Höllenpredigten und lieder helfen weder dem Verstorbenen noch den Angehörigen in dieser Situation
Es ist nicht so wichtig etwas über Gott zu wissen, sondern ihn zu kennen. (Rahner)

Peter
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Beitrag von Peter »

Wise Guy hat geschrieben: Erich und Robert, die selber auch ganz schön austeilen, werden das schon aushalten ...
Hehehehehe.

Die Seelsorger sollen in den Gottesdiensten am Tag der Bestattung Ostern aufleuchten lassen, die Hoffnung auf die Auferstehung,

Ja, ich weiß. Aber … ein befreundeter Pfarrer sagte neulich, daß nirgendwo so gnadenlos gelogen würde wie auf Beerdigungen.

Für wen ist den dieses «Ostern»?

Ich habe manchmal den Eindruck, es wird mit dieser Chriffre um sich geworfen wie mit Quarkbällchen. Ich würde mich gerne einmal – und nur für die Debatte von diesen unseligen pastoralen Notwendigkeiten entfernen.

Man merkt, ich habe noch niemanden beerdigen müssen. Aber dennoch:

Ist der Text wahr? – Dann wäre doch zumindest einmal die Frage zu stellen, warum diese Wahrheit im Gebet keinen Platz mehr finden darf – und ob es dann noch «Beten im Geist und in der Wahrheit ist».

Ist der Text unwahr? – Das heißt: Drückt er eine Wirklichkeit aus, die für einen Christen so nicht mehr gelten darf! Und gehört nicht nur verbannt, sondern verboten!

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Angelika
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Beitrag von Angelika »

Hallo Peter,
Peter hat geschrieben:Für manche echte Evangelikale erweist sich die Echtheit der «Wiedergeburt» daran, daß sie «Glaubenszuversicht» haben. So wäre beispielsweise Erichs Zagen und Zittern vor dem Gericht ein sicheres Zeichen dafür, daß er sich Jesus noch nicht ganz anvertraut hat; daß Erich einfach noch kein wiedergeborener Christ ist.
Solche Ansichten kenne ich von jesus.de zur Genüge ! :roll:
Sie sind aber falsch und (wie so mancher Evangelikale gerne sagt ;) ) unbiblisch.

Ebenso falsch ist es aber, zu meinen, man müsse Angst haben vor dem Gericht, ohne Furcht vor dem Gericht nehme man Gott nicht ernst.

In Gottes Wort steht beides:
Dass wir uns um unser Heil mit Furcht und Zittern mühen sollen und dass, wer glaubt, nicht ins Gericht kommt.

Wie beides zusammengeht ... das verstehe ich nicht richtig.

Hilfreich und treffend finde ich einige Aussagen aus der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" hierzu:
"Wir bekennen gemeinsam, daß die Gläubigen sich auf die Barmherzigkeit und die Verheißungen Gottes verlassen können. Auch angesichts ihrer eigenen Schwachheit und mannigfacher Bedrohung ihres Glaubens können sie kraft des Todes und der Auferstehung Christi auf die wirksame Zusage der Gnade Gottes in Wort und Sakrament bauen und so dieser Gnade gewiß sein."
(...)
Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil sagen Katholiken: Glauben heißt, sich selbst ganz Gott anvertrauen, der uns aus der Finsternis der Sünde und des Todes befreit und zum ewigen Leben erweckt. Man kann nicht in diesem Sinn an Gott glauben und zugleich dessen Verheißungswort für nicht verläßlich halten. Keiner darf an Gottes Barmherzigkeit und an Christi Verdienst zweifeln. Aber jeder kann in Sorge um sein Heil sein, wenn er auf seine eigenen Schwächen und Mängel schaut. In allem Wissen um sein eigenes Versagen darf der Glaubende dessen gewiß sein, daß Gott sein Heil will."

Und es war manchmal auch ganz gut, sich vor Augen zu halten, daß mein Status (ohne Christus) der Status eines Verlorenen ist.
... ohne Christus ...
Genau das ist es. Bild

Gruß
Angelika

Peter
Beiträge: 1249
Registriert: Samstag 4. Oktober 2003, 22:26

Beitrag von Peter »

Angelika hat geschrieben:Wie beides zusammengeht ... das verstehe ich nicht richtig.
Yep! Das isses. (Entschuldige, wenn ich einfach nur dieses Zitat aus deinem Beitrag herausnehme.)

Übrigens habe ich mir heute vormittag (erstmalig) die Sequenz vorgeknöpft. Ich bin wirklich überwältigt von der geistlichen Tiefe dieses Textes.

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