"Interventionspflicht" für Christen?

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Adeodatus
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"Interventionspflicht" für Christen?

Beitrag von Adeodatus »

Hallo zusammen!

Habe letztens mit Freunden darüber diskutiert, ob man nicht (insbesonders als Christ) eine moralische Pflicht hat, gegen Sünde und moralische Verderbtheit vorzugehen, auch wenn die Autoritäten (Staat, Kirche etc.) nichts dagegen unternehmen.

Ein Beispiel: Es gibt in meiner Heimatstadt einen Straßenstrich, der leider inzwischen (v.a. bei Jugendlichen) eine Art "Kultstatus" besitzt. Jugendliche finden es ganz toll, mal zusammen dort vorbeizufahren und "sich das mal anzugucken". Wenn davon gesprochen wird, dann meist mit einem süffisanten Grinsen.

Ich muss sagen, dass jedes Mal, wenn ich Abends zu Freunden möchte und dort vorbeifahren muss und diese Unmenge an Autos sehe, die sich dort im Schritttempo voranwälzt, sich mir der Magen umdreht. Mein erster Gedanke ist dann: "Das geht schon seit Jahren so, warum tut eigentlich keiner etwas dagegen!?" :sauer:

Ich kenne mich auf juristischer Ebene ja nicht so aus, aber ich kann kaum glauben, dass der Stadt jegliche rechtliche Grundlagen fehlen, um dem ganzen Spuk ein Ende zu machen. Entweder sie kann nicht (was ich für unwahrscheinlich halte) oder sie will nicht (was ich eher glaube) eingreifen.

So, wenn jetzt die "weltliche" Ebene kein Problem damit hat, die "geistliche" Ebene doch bestimmt! Aber auch bei den Gemeinden in der Gegend ist keinerlei Aktivität zu beobachten, diese spielen weiter "Heile Welt". Ich habe jedenfalls noch von keiner Bürgerinitiative oder gemeindeübergreifender Unterschriftenaktion gehört, die sich in dieser Richtung betätigt.

Da jetzt scheinbar niemand es für nötig hält, gegen diese Situation vorzugehen (die ja v.a. wegen ihres verderblichen Einflusses auf Jugendliche, auch noch ein Ärgernis darstellt), haben wir als Christen dann nicht die Pflicht zu handeln?! Es ist schließlich nicht nur falsch, das Böse zu tun, sondern auch das Gute zu unterlassen, oder? Darf man als Katholik also persönlich die Initiative ergreifen, auch wenn Kirche und Staat untätig sind?

Es ist zwar Folgendes zu lesen,

"Denkt daran: Der Herr will, dass ihr euch den menschlichen Ordnungen und Gesetzen fügt. Ordnet euch dem Kaiser unter, der das Land regiert, und auch seinen Statthaltern. Denn sie haben den Auftrag, diejenigen zu bestrafen, die Gesetze übertreten, und die zu belohnen, die Gutes tun." (1. Petrus 2, 13 f.)

doch was soll man tun, wenn der "Rechtsstaat" es nicht für nötig hält, "diejenigen zu bestrafen, die Gesetze übertreten"? Es heißt schließlich auch:

Petrus und die anderen Apostel erwiderten: "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!" (Apg. 5, 29)

Wie seht ihr das? Bin gespannt auf eure Kommentare! :-)

HeGe
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Beitrag von HeGe »

Protest: ja. Ist nur die Frage, auf welche Weise.

Mit Unterschriftenlisten oder Demonstrationen wirst du gar nichts erreichen, allerhöchstens eine örtliche Verlagerung.

Am Besten ist es in einem solchen Fall m.E., einerseits die christlichen Maßstäbe glaubhaft vorzuleben (sollte man sowieso immer tun) und die christlichen Moralvorstellungen zu verbreiten. Man muss sozusagen bei den Kunden anpacken, dann stirbt auch die Dienstleistung.
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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

was willst du den tun?
jetzt mal abgesehen von dem straßenstrich wir leben in unseren breiten nicht mehr in einer christlichen gesellschaft und menschen die nach christlicher moral leben wollen sind eine kleine minderheit als solche müssen wir uns eben in der gottlosen gesellschaft einrichten
aber gerade das fällt christen aus frommen kreisen besonders schwer da man es immer noch von früher gewöhnt ist normen vorzugeben

Petra
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Beitrag von Petra »

@Adeodatus

Wo ist denn für dich das Kernproblem? Dass sie auf der Straße stehen? Sollten sie besser in Häusern „arbeiten“, versteckt, auch vor den Ordnungshütern verborgen?

Prostitution gab es auch während christlicheren Zeiten. Hauptsächlich Armutsprostitution, die in den Privatwohnungen stattfand, nebenan hörten die Kinder der Frauen mit.


Die Ordensschwester Dr. Lea Ackermann kämpft gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel. Link:http://www.lea-ackermann.de/.. am kommenden Freitag ist sie in der NDR-Talkshow, 22 Uhr.

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spectator
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Beitrag von spectator »

Petra hat geschrieben: @Adeodatus

Wo ist denn für dich das Kernproblem? Dass sie auf der Straße stehen? Sollten sie besser in Häusern „arbeiten“, versteckt, auch vor den Ordnungshütern verborgen?
und?
ist das jetzt eine Rechtfertigung für den ganzen Dreck, die sie nach ihren nächtlichen Treffen auf den Strassen hinterlassen, oder für das obszöne Verhalten, denen auch Kindern zusehen müssen, wenn man mit ihnen vorbei geht?
Petra hat geschrieben: Prostitution gab es auch während christlicheren Zeiten. Hauptsächlich Armutsprostitution, die in den Privatwohnungen stattfand, nebenan hörten die Kinder der Frauen mit.
Aha. Also muss es die Prostitution auch jetzt geben.
Petra hat geschrieben: Die Ordensschwester Dr. Lea Ackermann kämpft gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel.
kämpft sie auch gegen freiwillige Prostitution, aus dem einfachen Grund, weil sie unmoralisch ist? - oder kann sie nur dann gegen etwas ankämpfen, wenn ihre Bemühungen mit dem, was auch die Welt (noch) tadelt, übereinstimmen?

Adeodatus
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Beitrag von Adeodatus »

Petra hat geschrieben:Wo ist denn für dich das Kernproblem? Dass sie auf der Straße stehen? Sollten sie besser in Häusern „arbeiten“, versteckt, auch vor den Ordnungshütern verborgen?
Nein, im Gegenteil. Mir wäre es am liebsten, wenn die Prostitution ganz verschwindet. Aber es geht jetzt gar nicht darum, was ich denke, es geht darum, dass die Kirche moralische Normen formuliert, aber scheinbar nicht an deren Durchsetzung interessiert ist. Um noch mal auf mein Beispiel einzugehen:
Kathechismus der Katholischen Kirche hat geschrieben:2354 Pornographie besteht darin, tatsächliche oder vorgetäuschte geschlechtliche Akte vorsätzlich aus der Intimität der Partner herauszunehmen, um sie Dritten vorzuzeigen. Sie verletzt die Keuschheit, weil sie den ehelichen Akt, die intime Hingabe eines Gatten an den anderen, entstellt. Sie ver-letzt die Würde aller Beteiligten (Schauspieler, Händler, Publikum) schwer; diese werden nämlich zum Gegenstand eines primitiven Vergnügens und zur Quelle eines unerlaubten Profits. Pornographie versetzt alle Beteiligten in eine Scheinwelt. Sie ist eine schwere Verfehlung. Die Staatsgewalt hat die Herstellung und Verbreitung pornographischer Materialien zu verhindern.

2355 Prostitution verletzt die Würde der Person, die sich prostituiert und sich dadurch zum bloßen Lustobjekt anderer herabwürdigt. Wer sie in Anspruch nimmt, sündigt schwer gegen sich selbst: er bricht mit der Keuschheit, zu der ihn seine Taufe verpflichtet hat, und befleckt seinen Leib, den Tempel des Heiligen Geistes [Vgl. 1 Kor 6,15–20]. Prostitution ist eine Geißel der Gesellschaft. Sie betrifft für gewöhnlich Frauen, aber auch Männer, Kinder oder Jugendliche (in den beiden letzteren Fällen kommt zur Sünde noch ein Ärgernis hinzu). Es ist immer schwer sündhaft, sich der Prostitution hinzugeben; Notlagen, Erpressung und durch die Gesellschaft ausgeübter Druck können die Anrechenbarkeit der Verfehlung mindern (Vgl. dazu auch 1735).
Das sind nur zwei Beispiele für die Auswüchse unserer vermeintlich liberalen Spaßgesellschaft. Die Generation Golf lebt weiter munter vor sich hin, während die Gesellschaft insgesamt zunehmend verroht. Jugendliche holen sich ihre Aufklärung nicht mehr in der Schule oder bei den Eltern, sondern im Sexshop und der Gang ins Bordell gehört bei vielen Männern (mit oder ohne Beziehung) schon fast zum guten Ton. Kritik an dieser Praxis wird dann -ganz im Stil der sexuellen Revolution- damit gerechtfertigt, dass ja jeder Mensch seinen Sexualtrieb ausleben muss, wie er möchte, wenn er das nicht täte, könnte das ja zu psychischen oder körperlichen Konsequenzen führen.
Der scheinbar nicht zu zügelnde Trieb ist der Blankoscheck mit dem die Menschen ihre Sünden bezahlen, nur will das keiner einsehen. Das ist die Situation.

Nun hat ja die Institution, die sich das Heil der Menschen auf ihre Fahnen geschrieben hat, wie oben zu lesen ist, Normen für derlei Dinge festgelegt. Nehmen wir das o.g. Beispiel: Sie verurteilt Pornographie und Prostitution auf das Schärfste, doch es genügt ein Spaziergang durch eine normale deutsche Großstadt um zu erkennen, dass beides scheinbar florierende Geschäftsfelder sind. Die Frage ist nun: Was will die Kirche dagegen unternehmen? Was unternimmt sie dagegen? Scheinbar ist sie ja untätig. Und dann kommen die Gläubigen ins Spiel: Wenn sie erkennen, dass ein moralischer Mißstand vorherrscht und die von ihnen anerkannte Autorität -aus welchen Gründen auch immer- untätig bleibt, müssten sie dann nicht selbst aktiv werden und sei es nur, um erwähnte Autorität zum Handeln zu bewegen?

Warum bewundern wir Menschen, die in der DDR oder im Dritten Reich gegen das Übel vorgegangen sind, akzeptieren aber auf fatalistische Art und Weise ("Tja, unsere Zeit ist unmoralisch. Kann man nichts dran machen.") Zustände die vollkommen verwerflich und unhaltbar sind (und für einen Katholiken sollten o.g. Phänomene verwerflich [Punkt])?

Aber es sind ja nicht nur sexualmoralische Mißstände. Angenommen, ich höre, wie mein Nachbar dauernd seine Frau verprügelt, habe ich dann nicht die moralische Pflicht, bei ihm anzuklopfen und zu sagen "Hör zu Freundchen, entweder du kommst mal zur Besinnung und lässt diese Sch... sein, oder ich hole die Polizei!"? Wenn ich sehe, dass jemand in meiner Wohngegend Drogen vertickt, habe ich dann nicht die Pflicht, ihn anzuzeigen und sei es anonym? Darf man eine Abtreibungsklinik sabotieren, um sie in ihrem "Geschäftsbetrieb" zu behindern?

Versteht ihr, was ich meine? :hmm: ;)

kalinka
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Beitrag von kalinka »

spectator hat geschrieben:
Petra hat geschrieben: Die Ordensschwester Dr. Lea Ackermann kämpft gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel.
kämpft sie auch gegen freiwillige Prostitution, aus dem einfachen Grund, weil sie unmoralisch ist? - oder kann sie nur dann gegen etwas ankämpfen, wenn ihre Bemühungen mit dem, was auch die Welt (noch) tadelt, übereinstimmen?
ich vermute mal, daß dr. ackermann mit ihrem kampf gegen zwangsprostitution mehr gegen prostitution unternimmt als die meisten menschen, auch als die meisten forumsleute hier.

es gibt viel übel auf dieser welt - wieso muß ein mensch, der sich gegen eines dieser übel einsetzt, eine imho angriffig formulierte frage, warum er/sie nicht auch noch gegen dieses und jenes andere übel einsetze, gefallen lassen?

liebe grüße,
kalinka

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spectator
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Beitrag von spectator »

kalinka hat geschrieben:
spectator hat geschrieben:kämpft sie auch gegen freiwillige Prostitution, aus dem einfachen Grund, weil sie unmoralisch ist? - oder kann sie nur dann gegen etwas ankämpfen, wenn ihre Bemühungen mit dem, was auch die Welt (noch) tadelt, übereinstimmen?
es gibt viel übel auf dieser welt - wieso muß ein mensch, der sich gegen eines dieser übel einsetzt, eine imho angriffig formulierte frage, warum er/sie nicht auch noch gegen dieses und jenes andere übel einsetze, gefallen lassen?

liebe grüße,
kalinka
Ich glaube, Du hast meine obige Frage falsch verstanden.

kalinka
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Beitrag von kalinka »

spectator hat geschrieben:
kalinka hat geschrieben:
spectator hat geschrieben:kämpft sie auch gegen freiwillige Prostitution, aus dem einfachen Grund, weil sie unmoralisch ist? - oder kann sie nur dann gegen etwas ankämpfen, wenn ihre Bemühungen mit dem, was auch die Welt (noch) tadelt, übereinstimmen?
es gibt viel übel auf dieser welt - wieso muß ein mensch, der sich gegen eines dieser übel einsetzt, eine imho angriffig formulierte frage, warum er/sie nicht auch noch gegen dieses und jenes andere übel einsetze, gefallen lassen?

liebe grüße,
kalinka
Ich glaube, Du hast meine obige Frage falsch verstanden.
:) dann erklär mir doch bitte, wie du sie gemeint hast. danke! :)

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Werner001
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Beitrag von Werner001 »

Adeodatus hat geschrieben:Warum bewundern wir Menschen, die in der DDR oder im Dritten Reich gegen das Übel vorgegangen sind, akzeptieren aber auf fatalistische Art und Weise ("Tja, unsere Zeit ist unmoralisch. Kann man nichts dran machen.") Zustände die vollkommen verwerflich und unhaltbar sind (und für einen Katholiken sollten o.g. Phänomene verwerflich [Punkt])?
Ganz einfach: Du hast die Antwort in der letzten Klammer selbst dazugeschrieben.
Die Verhältnisse in der DDR oder im Dritten Reich waren nach allgemeiner menschlicher Ansicht Unrecht, nur eine Minderheit (die Parteifunktionäre) hat sie als "in Ordnung" angesehen.

Das was du als unmoralisch ansiehst, wird nur von einer Minderheit als "unmoralisch" angesehen, ist nach allgemeiner menschlicher Ansicht aber "in Ordnung" (solange kein Zwang oder Gewalt im Spiel ist)

Wenn du deine moralischen Ansichten der Mehrheit aufnötigen willst, kommen morgen ein paar Islamisten und nötige die ihren der Gesellschaft auf, und sie werden sich dabei auf dich und dein Vorbild berufen.

Werner

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

weil das dritte reich bzw die DDR jeden in seiner freiheit beschnitten haben wir als kaholiken können argumentieren dürfen aber niemand unsere vorstellung aufzwingen

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Das Problem ist es wird gegen Symptome vorgegangen, niemals gegen Ursachen.

Ne Prostituierte ist in den wenigsten Fällen "freiwillig" Prostituierte, sondern meist haben irgendwelche Lebensumstände und Auswegslosigkeit dazu beigetragen.

Ich war selbst mal davon betroffen und kann auch sagen das 99,999% meiner "Ex-Kollegen" das nicht aufgrund des "Mittelteils" getan haben.

Sich jetzt gegen Prostituierte zu stemmen ist völlige Verkehrung, wäre genauso als würde ich das Opfer und nicht den Täter bestrafen. Oder würde ich bei "Zwangshandlungen" nicht den der Zwingt sondern den Gezwungenen bestrafen.

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas

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spectator
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Beitrag von spectator »

kalinka hat geschrieben:
spectator hat geschrieben:Ich glaube, Du hast meine obige Frage falsch verstanden.
:) dann erklär mir doch bitte, wie du sie gemeint hast. danke! :)
nun gut.

Dr. Lea Ackermann kämpft gegen die Zwangsprostitution (es ist Lobenswert) – die Frage ist, ob sie auch gegen die Prostitution, als unmoralische Lebensweise die dem Streben des Menschen nach Heiligkeit widerspricht, kämpft?
Wenn nicht, dann gehört sie zu denen, die nur dann gegen etwas kämpfen, wenn sie in ihrem Kampf nicht gegen die weltliche Auffassung von Moral und Sünde verstoßen - z.B.: der Kampf gegen AIDS mit Kondomen. Auch Vertreter der Kirche glauben dadurch Leben gerettet zu haben und rühmen sich ihres Engagement in diesem Kampf, aber leider kämpfen sie mit Mitteln der Welt, für die das Heil und die Erlösung des Menschen irrelevant ist.

Adeodatus
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Beitrag von Adeodatus »

Werner001 hat geschrieben:Das was du als unmoralisch ansiehst, wird nur von einer Minderheit als "unmoralisch" angesehen, ist nach allgemeiner menschlicher Ansicht aber "in Ordnung" (solange kein Zwang oder Gewalt im Spiel ist)

Lass mich darauf ausführlich antworten:
Matthäus 25, 14-30 hat geschrieben:Das Gleichnis vom anvertrauten Geld

14 »Es ist wie bei einem Mann, der verreisen wollte. Er rief vorher seine Diener zusammen und vertraute ihnen sein Vermögen an.
15 Dem einen gab er fünf Zentner Silbergeld, dem anderen zwei Zentner und dem dritten einen, je nach ihren Fähigkeiten. Dann reiste er ab.
16 Der erste, der die fünf Zentner bekommen hatte, steckte sofort das ganze Geld in Geschäfte und konnte die Summe verdoppeln.
17 Ebenso machte es der zweite: Zu seinen zwei Zentnern gewann er noch zwei hinzu.
18 Der aber, der nur einen Zentner bekommen hatte, vergrub das Geld seines Herrn in der Erde.
19 Nach langer Zeit kam der Herr zurück und wollte mit seinen Dienern abrechnen.
20 Der erste, der die fünf Zentner erhalten hatte, trat vor und sagte: Du hast mir fünf Zentner anvertraut, Herr, und ich habe noch weitere fünf dazuverdient; hier sind sie!
21 Sehr gut, sagte sein Herr, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du hast dich in kleinen Dingen als zuverlässig erwiesen, darum werde ich dir auch Größeres anvertrauen. Komm zum Freudenfest deines Herrn!
22 Dann kam der mit den zwei Zentnern und sagte: Du hast mir zwei Zentner gegeben, Herr, und ich habe noch einmal zwei Zentner dazuverdient.
23 Sehr gut, sagte der Herr, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du hast dich in kleinen Dingen als zuverlässig erwiesen, darum werde ich dir auch Größeres anvertrauen. Komm zum Freudenfest deines Herrn!
24 Zuletzt kam der mit dem einen Zentner und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein harter Mann bist. Du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nichts ausgeteilt hast.
25 Deshalb hatte ich Angst und habe dein Geld vergraben. Hier hast du zurück, was dir gehört.
26 Da sagte der Herr zu ihm: Du unzuverlässiger und fauler Diener! Du wusstest also, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nichts ausgeteilt habe?
27 Dann hättest du mein Geld wenigstens auf die Bank bringen sollen, und ich hätte es mit Zinsen zurückbekommen!
28 Nehmt ihm sein Teil weg und gebt es dem, der die zehn Zentner hat!
29 Denn wer viel hat, soll noch mehr bekommen, bis er mehr als genug hat. Wer aber wenig hat, dem wird auch noch das Letzte weggenommen werden.
30 Und diesen Taugenichts werft hinaus in die Dunkelheit draußen! Dort gibt es nur noch Jammern und Zähneknirschen.«
Also ich sehe v.a dieses Gleichnis als eine Aufforderung, sich nicht in sein Haus zu verkriechen und zu sagen "Ich habe meinen Glauben, was der Rest macht ist mir egal.". Christus fordert uns auf, unter die Menschen zu gehen und seine Lehre zu verbreiten. Wir sollen nicht den Glauben und die damit verbundene Gnade für uns behalten, sondern dafür sorgen, dass sich dieser Glaube verbreitet. Deshalb kommt der Katechismus ja auch auf folgende Punkte zu sprechen.
Katechismus der Katholischen Kirche hat geschrieben:1894 Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip dürfen weder Staat noch größere Gesellschaften die Initiative und Verantwortung der Personen und der kleineren Gemeinwesen verdrängen.

1895 Die Gesellschaft muß das Tun des Guten begünstigen, nicht behindern. Sie muß sich von einer richtigen Ordnung der Werte leiten lassen.

1896 Wo die Sünde das Gesellschaftsklima verdirbt, ist zur Bekehrung der Herzen aufzurufen und an die Gnade Gottes zu appellieren. Die Liebe drängt zu gerechten Reformen. Es gibt keine Lösung der sozialen Frage außerhalb des Evangeliums.

[...]

1916 Die Mitarbeit aller an der Förderung des Gemeinwohls verlangt, wie jede ethische Verpflichtung, eine stets erneuerte Bekehrung der Mitglieder der Gesellschaft. Listige Betrügereien, durch die sich manche den Bestimmungen des Gesetzes und den sozialen Pflichten entziehen, sind entschieden zu verurteilen. Sie lassen sich mit den Forderungen der Gerechtigkeit nicht vereinbaren. Institutionen, die die menschlichen Lebensverhältnisse verbessern, sind zu fördern.

1917 Wer Autorität auszuüben hat, muß die Werte sichern, die bei den Mitgliedern der Gruppe Vertrauen schaffen und sie anspornen, sich in den Dienst ihrer Mitmenschen zu stellen. Die Mitwirkung beginnt mit der Erziehung und Bildung. „Mit Recht dürfen wir annehmen, daß das künftige Schicksal der Menschheit in den Händen jener ruht, die imstande sind, den kommenden Generationen einen Sinn des Lebens und Grund zur Hoffnung zu vermitteln“.
D.h. es wird kein "persönliches Christentum" gefordert, bei dem jeder nur für sich dasteht, sondern ein aktives, missionarisches Christentum, das dazu dienen soll, das Heil unter den Menschen zu verbreiten.
Natürlich müssen wir den Balken aus unserem eigenen Auge ziehen, doch damit ist es nicht getan. Wir müssen dann auch den Splitter aus dem Auge unseres Bruders ziehen!

Und das ist es, wovon ich die ganze Zeit spreche. Ich meine jetzt nicht Prostitution, Gewalt o.ä. im Speziellen, ich rede von der Verantwortung, die wir als Christen gegenüber den anderen Menschen haben. Nur weil die Mehrheit von einer Sache überzeugt ist, heißt das nicht, dass diese Sache auch gut ist, oder?

Ihr sagt, dass wir nicht das Recht haben, anderen Menschen christliche Werte "aufzuzwängen". Also: Wir glauben an den einzig richtigen Weg, wie die Menschen in Harmonie miteinander und mit Gott leben können, wollen das auch anderen verkünden, dürfen das aber nicht, weil wir eine Minderheit sind und die Mehrheit unsere Werte ablehnt.

Jetzt kommt noch einmal mein Vergleich mit dem Dritten Reich ins Spiel: Die meisten Menschen (und darüber gibt es keinen [Punkt]) waren in den dreißiger Jahren von der Richtigkeit des Systems überzeugt, sonst hätten sie es ja nicht gewählt. Und selbst in Zeiten des Krieges, hielten die meisten noch am "Führer" und "der Partei" fest. Der kleinste Teil war bereits zu Anfang gegen die Nazis.
Da sie in der Minderheit waren, hätten sie dann auch schweigen sollen?! Ich rede nicht von den Zeiten in denen Juden deportiert wurden oder bereits Bomben auf Berlin fielen, ich meine die erste Hälfte der Dreißiger, als das System seine Vernichtungsmaschine noch nicht richtig angefahren hatte. Die Zeiten standen auf Sturm, er war zwar noch nicht ausgebrochen, doch jeder, der auch nur etwas politischen und/oder moralischen Spürsinn hatte, konnte erkennen, dass bald etwas ziemlich Schlimmes passieren würde.

Die kritischen Stimmen waren weit in der Unterzahl, trotzdem haben sie die Wahrheit verkündet, nur hat man das erst später erkannt.
Was ist, wenn wir in einer ähnlichen Situation leben? Was ist, wenn Abtreibung, Sterbehilfe, Genforschung, Schwinden von Solidarität usw. nur Vorboten einer noch viel tiefer greifenden moralisch-ethischen Veränderung sind? Vielleicht tritt diese erst in 50 oder 100 Jahren zu Tage, doch sie fußt auf dem Fundament, das in unseren Tagen gelegt wurde und das nur deshalb so fest werden konnte, weil alle "es für richtig hielten" und niemand etwas dagegen unternommen hat. Was ist, wenn wir all diese Dinge sehen und sie für akzeptabel halten, doch nicht erkennen, dass es nicht so "harmlos" bleiben wird?

Verzeiht, wenn ich schon wieder eine Analogie zum 3. Reich herstelle, aber es ist nun einmal das Paradebeispiel für moralische Verirrung: Mir ist lieber, ich opponiere gegen die etablierte Meinung, weil es meiner Überzeugung entspricht und nehme dafür Anfeindungen und Schmähungen in Kauf, als nachher die Trümmer aufräumen und mir sagen zu müssen "Hättest du doch bloß!"...

Das meine ich, wenn ich von "Interventionspflicht" spreche.


P.S.: Um meine Meinung zusammenfassend darzustellen, verweise ich auf meine Signatur. ;-)

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Werner001
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Beitrag von Werner001 »

Es bestreitet ja niemand, daß du für das eintreten darfst, was du für die Wahrheit hältst.

Du musst lediglich einsehen, daß andere Menschen möglicherweise etwas anderes für die Wahrheit halten.

Daher kann sich die Intervention immer nur darauf beschränken, daß man versucht, andere von seiner Wahrheit zu überzeugen, aber nie darauf, anderen seine Wahrheit aufzunötigen.

Eine Rechtfertigung der aktiven tätlichen Intervention kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn dadurch Leben, Gesundheit oder andere allgemein anerkannte Werte einer anderen Person verteidigt oder gerettet werden.

Seelenheil oder ähnliches kann nicht unter diese Werte fallen, weil es nichts allgemein Anerkanntes ist.

Somit stelllt sich immer die Frage, was man durch seine Intervention verteidigen möchte: Bei den Nazis war das sonnenklar, aber bei der Prostitution ist das keineswegs so klar.

Daher: Überzeugen ja, Intervenieren im Sinne von tätlich einschreiten nein!

Werner

Petra
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Beitrag von Petra »

Werner001 hat geschrieben:
Das was du als unmoralisch ansiehst, wird nur von einer Minderheit als "unmoralisch" angesehen, ist nach allgemeiner menschlicher Ansicht aber "in Ordnung" (solange kein Zwang oder Gewalt im Spiel ist)
Da sollte man mal ein bisserle unterscheiden:
M.E. sieht jemand ein bestimmtes Verhalten als „nicht-unmoralisch“ an, wenn er kein Problem damit hat, dass es von einem geschätzten Familienangehörigen ausübt wird, oder wenn er im Freundeskreis offen darüber sprechen kann, falls seine Eltern etwas in der Richtung getan haben.

Bei Prostitution sehe ich üüüüberhaupt keine solche mehrheitliche gesellschaftliche Akzeptanz.

Dass den Leuten egal ist, was andere treiben, liegt an der Gleichgültigkeit. Und die ist etwas ganz anderes als Zustimmung.

Wenn du deine moralischen Ansichten der Mehrheit aufnötigen willst, kommen morgen ein paar Islamisten und nötige die ihren der Gesellschaft auf, und sie werden sich dabei auf dich und dein Vorbild berufen.
Könnte es sein, dass du deine Minderheitenmeinung als Mehrheitsmeinung verkaufen willst?

Prostitution hat heutzutage überwiegend immer noch mit Zwang und Gewalt zu tun.

Oder meint etwa jemand, es ist der Traum eines jungen Mädchens aus Osteuropa oder Asien in einem Bordell zu arbeiten? Wenn sie nichts gegen die Situation tun, dann aus Angst oder massiver Geldnot. Nicht Geld für sich, sondern für ihre Angehörigen. Daneben gibt es noch die Süchtigen.

Das kann man nicht gerade "freiwillig" nennen.


@Adeodatus

Mir ist noch ein französischer Priester eingefallen, den ich vor Jahren mal kennen lernen durfte. Er war damals schon hochbetagt und hatte sich immer dafür eingesetzt, dass Prostituierte einen Berufswechsel vornehmen. Aber nicht öffentlich, sondern er ist anfangs auf die Damen zu, hat ihnen Hilfe angeboten, und wer das wollte, der wurde von seinen Helfern im Umland versteckt. Er erzählte auch, wie oft er dafür gewaltätigen Ärger bekommen hatte.
(Habe ihn in Paris bei einem Vortrag erlebt, der Priester Guy Gilbert war damals auch dabei. Seinen Namen leider vergessen.)

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Werner001
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Beitrag von Werner001 »

Petra hat geschrieben:
Werner001 hat geschrieben:
Das was du als unmoralisch ansiehst, wird nur von einer Minderheit als "unmoralisch" angesehen, ist nach allgemeiner menschlicher Ansicht aber "in Ordnung" (solange kein Zwang oder Gewalt im Spiel ist)
Da sollte man mal ein bisserle unterscheiden:
M.E. sieht jemand ein bestimmtes Verhalten als „nicht-unmoralisch“ an, wenn er kein Problem damit hat, dass es von einem geschätzten Familienangehörigen ausübt wird, oder wenn er im Freundeskreis offen darüber sprechen kann, falls seine Eltern etwas in der Richtung getan haben.

Bei Prostitution sehe ich üüüüberhaupt keine solche mehrheitliche gesellschaftliche Akzeptanz.

Dass den Leuten egal ist, was andere treiben, liegt an der Gleichgültigkeit. Und die ist etwas ganz anderes als Zustimmung.

Wenn du deine moralischen Ansichten der Mehrheit aufnötigen willst, kommen morgen ein paar Islamisten und nötige die ihren der Gesellschaft auf, und sie werden sich dabei auf dich und dein Vorbild berufen.
Könnte es sein, dass du deine Minderheitenmeinung als Mehrheitsmeinung verkaufen willst?

Prostitution hat heutzutage überwiegend immer noch mit Zwang und Gewalt zu tun.

Oder meint etwa jemand, es ist der Traum eines jungen Mädchens aus Osteuropa oder Asien in einem Bordell zu arbeiten? Wenn sie nichts gegen die Situation tun, dann aus Angst oder massiver Geldnot. Nicht Geld für sich, sondern für ihre Angehörigen. Daneben gibt es noch die Süchtigen.

Das kann man nicht gerade "freiwillig" nennen.


@Adeodatus

Mir ist noch ein französischer Priester eingefallen, den ich vor Jahren mal kennen lernen durfte. Er war damals schon hochbetagt und hatte sich immer dafür eingesetzt, dass Prostituierte einen Berufswechsel vornehmen. Aber nicht öffentlich, sondern er ist anfangs auf die Damen zu, hat ihnen Hilfe angeboten, und wer das wollte, der wurde von seinen Helfern im Umland versteckt. Er erzählte auch, wie oft er dafür gewaltätigen Ärger bekommen hatte.
(Habe ihn in Paris bei einem Vortrag erlebt, der Priester Guy Gilbert war damals auch dabei. Seinen Namen leider vergessen.)
Ich will hier nicht "meine Minderheitenmeinung" als Mehrheitsmeinung verkaufen, ich plädiere lediglich dazu, nicht die eigenen Wertvorstellungen als notwendigermassen allgemeingültig zu betrachten.

In Deutschland gibt es schätzungsweise 400.000 Prostituierte, wenn man mal davon ausgeht, daß jede im Schnitt mindestens 3 Freier täglich braucht, um davon leben zu können kannst du dir selbst ganz einfach ausrechnen, wie akzeptiert das ist (dass man da die Nase rümpft hat nichts mit akzeptieren zu tun, es wird insofern akzeptiert, als es keine Mehrheit für ein Verbot gibt, daß man vielmehr das Angebot bereitwillig nutzt!)

Bei allen Moralfragen sollte alleiniger Maßstab der weltlichen Gesetzgebung sein, ob jemand dabei Schaden hat (und zwar in dieser Welt, nicht in irgendeinem Jenseits).

Wenn man also gegen Prostitution dahingehend argumentiert, daß dabei Frauen Gewalt geschieht, bin ich sofort dabei, wenn aber dabei mit Sünden oder der Bibel argumentiert wird, wehre ich mich dagegen.

Der flapsige Spruch "Des einen Heilige Kuh ist des anderen Bulette" sagt worum es geht: Solange nicht alle Menschen die gleichen Moralvorstellungen haben, wird eine Argumentation auf dieser Ebene immer zwangsläufig zu Unfrieden führen, und nur weil ich etwas als Sünde empfinde, habe ich nicht das Recht, es jemandem, der das anders sieht, verbieten zu wollen.

Werner

Petra
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Beitrag von Petra »

Vielleicht hast du die Beiträge von Adeodatus und mir etwas durcheinander gebracht?

Kein Wort hat bei mir über Sünde und Bibel gestanden.

Sondern es ging um die "Akzeptanz" der Gesellschaft. Und da habe ich allein die Dienstleistungsanbieter-Seite betrachtet.

Du vertrittst, man soll nicht gegen Prostitution einschreiten, wenn es von seiten der Anbieter keine Zwangssituation ist. Das sehe ich auch so.

Aber! Die allermeisten der Beschäftigten sind in einer Zwangssituation. Z.T. Opfer von Kriminellen.

Dann hast du geschrieben, man könne keine Bibel-Moral anwenden. Allein die Gesetzgebung sei maßgebend.

Wie ist denn die Freigabe von Prostitution da rein gekommen? Doch wohl durch die Initiative des Gesetzgebers. Es besteht keine Bürger-Verpflichtung, alles was im Gesetz steht, in Kategorien wie moralisch/unmoralisch für sich selbst zu übernehmen. Meine Moralvostellungen wurden nicht in Bonn oder Berlin geschrieben. Und der Staat verlangt das auch gar nicht.

Prostitution ist straffrei. D.h. aber nicht, dass jetzt alle sie ganz tolle finden müssen.

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Werner001
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Beitrag von Werner001 »

Also ich glaube, wir reden hier aneinander vorbei.
Es ist nicht meine Meinung das wir Prostitution akzeptieren müssen, "eil der Staat das so festgelegt hat", ich wüsste nicht, wo ich das geschrieben haben sollte.

Was ich geschrieben habe, war, daß bei Fragen der Moral der Alleinige Maßstab der Gesetzbung sein darf, ob etwas jemandem in dieser Welt (nicht in einer jenseitigen) schadet.

Übertragen auf die Prostitution heisst das, man darf das keiner Frau verbieten, die sich auf diese Weise den Lebensunterhalt verdienen möchte (ich bestreite, daß alle 400.000 Prostituierten in Deutschland von irgendwelchen Kriminellen dazu gezwungen werden)

Man mag davon halten was man will, aber es gibt offensichtlich sowohl Männer als Kunden als auch Frauen und Männer als "Dienstleistungsanbieter" die das völlig freiwillig tun, und alles was ich sage, ist, laßt sie es doch tun!

Wenn wir anfangen, Dinge verbieten zu wollen, aus dem einzigen Grund, weil sie jemand für unmoralisch hält, kommen wir über kurz oder lang in Teufels Küche.

Wir sollten immer dran denken, daß es auch Leute gibt, die Hosen bei Frauen oder rasierte Männer für unmoralisch halten, und die sind ganz genau so überzeugt, die "einzig wahre Lehre" zu glauben wie unsereiner das auch ist.

Werner

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Heiliger apostelgleicher Kaiser Konstatin, lege Fürbitte bei Gott für uns!
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

Petra
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Beitrag von Petra »

Gut, dann sind wir ja einer Meinung. :)

Und wenn jemand sich daran stört, dass es vor den Augen von Kindern einen Straßenstrich gibt, dann hat er das Recht dies zu äußern und im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten etwas dagegen zu unternehmen.

Genauso wie andere das Recht haben die Augen davor zu verschließen, dass es in diesem Dienstleistungsbereich mehr Unfreiwilligkeit gibt als in anderen. Und es ist auch straffrei, sich einzureden, dass die meisten dieser 400.000 Frauen mit Begeisterung täglich ihre 3 Kunden kontaktieren. (An Sonn- und Feiertagen ein paar mehr.)

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Werner001
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Beitrag von Werner001 »

Petra hat geschrieben:Gut, dann sind wir ja einer Meinung. :)

Und wenn jemand sich daran stört, dass es vor den Augen von Kindern einen Straßenstrich gibt, dann hat er das Recht dies zu äußern und im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten etwas dagegen zu unternehmen.
Wie ich schon geschrieben habe: Überzeugen ja, tätliche Intervention nein. Wobei eine erste Maßnahme sein könnte, mit seinen Kindern woanders spazieren zu gehen als ausgerechnet dort.
Genauso wie andere das Recht haben die Augen davor zu verschließen, dass es in diesem Dienstleistungsbereich mehr Unfreiwilligkeit gibt als in anderen. Und es ist auch straffrei, sich einzureden, dass die meisten dieser 400.000 Frauen mit Begeisterung täglich ihre 3 Kunden kontaktieren. (An Sonn- und Feiertagen ein paar mehr.)
Ich hab nie von Begeisterung geschrieben. Ich habe von Freiwilligkeit geschrieben. Auch jemand, dessen Job darin besteht, die Exkremente anderer Leute wegzuputzen dürfte das nicht immer mit großer Begeisterung machen, trotzdem tut er es in ähnlichem Maße "freiwillig" wie viele Prostituierte.

Werner

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Man sollte bei all dem, was oben gesagt wurde, den alten kirchlichen Grundsatz nicht vergessen, daß Übel zu dulden sind – nicht bloß geduldet werden dürfen –, wenn der Kampf gegen sie noch größere Übel heraufzubeschwören drohte.

Das heißt mit andern Worten, wenn ein gesellschaftlicher Konsens – will sagen, Zustimmung oder wenigstens Akzeptanz einer Mehrheit – darüber nicht herstellbar ist, dann kann selbst ein autoritärer Herrscher ein Übel nicht verbieten oder unterbinden.

Er darf es nicht fördern, wenn er es erkannt hat, keine Frage. Er kann es auch durch politische Mittel, seinen persönlichen oder amtlichen Einfluß einzudämmen suchen. Aber verbieten und das Verbot urgieren wird er nicht können, ohne seinerseits zu Mitteln zu greifen, die selbst von Übel wären.

So ist es bei der Prostitution. Sie ließe sich allenfalls mit einschneidenden polizeistaatlichen Methoden bekämpfen, und nicht einmal dies gelingt, wie einschlägige Versuche zeigen.

In „gut katholischen“ Zeiten des Abendlands versuchte man darum die Prostitution nicht etwa auszurotten, sondern öffentlich zu reglementieren. Wurde sie in präurbanen Zeiten überwiegend von „fahrenden Frauen“ ausgeübt, entstanden mit zunehmender Verstädterung nicht bloß in größeren Städten, sondern auch in vielen kleineren Landstädten „öffentliche Häuser“, in denen die Huren ihrem Gewerbe nach den Regeln der Obrigkeit nachgingen. (Also eher keine Armutsprostitution im Privathaus, wie Petra oben schrieb.)

Was aber willst du heute erreichen? – Jeder Versuch, die Prostitution „auszurotten“, würde fürchterlich enden. Es bleiben zwei Möglichkeiten. Die persönliche Verkündigung und das Bemühen um staatliche Regulierung und insofern Eindämmung.

Zunächst zur zweiten Möglichkeit. Tatsächlich fährt der Zug heute in die entgegengesetzte Richtung. Die offizielle Legalisierung führt zu untragbaren Konsequenzen. So ist dadurch, daß die Übereinkunft über Hurendienste gegen Bezahlung nicht mehr als sittenwidrig gilt, die Situation entstanden, daß nicht bloß die Hure, die Vorkasse zu nehmen versäumt hat, auf Zahlung klagen kann, sondern theoretisch auch umgekehrt der „Freier“ auf Beischlaf.

Ebenso können – und werden bereits! – Huren oder Bordelle als „Ich-AGs“ oder mit sonstigen arbeitsamtlichen Mittel gefördert werden. Gegen derlei Auswüchse pervertierter Politik ist auf der politischen Ebene zu kämpfen – wiewohl ich geringe Chancen für einen Erfolg sehe.

Ein weiterer Ansatzpunkt ist der Kampf gegen das kriminelle Menschenhändlerunwesen. Gegen den Drogenmißbrauch – und das heißt: vor allem gegen den Drogenhandel –, denn die Drogenabhängigen geraten fast notwendig in die Prostitution.

Auf lokaler Ebene muß es natürlich auch darum gehen, die Prostitution wenigstens aus dem Blickfeld der Kinder fernzuhalten. Wenn Kinder morgens auf dem Spielplatz die benutzten Präservative vom benachbarten Straßenstrich finden, ist auch dies offensichtlich untragbar, und man kann und soll von den lokalen Autoritäten verlangen, daß Sperrbezirke eingerichtet und die Prostitution in abgelegenere Gegenden oder in geschlossene Häuser verlegt wird.

Andererseits kannst du, wie oben angedeutet, auch als Christ hingehen und predigen. Weniger Moral – damit kommst du nicht weit –, sondern die Liebe des gekreuzigten Christus. Da findest du vielleicht in manchem Bordell offenere Ohren als in vielen Pfarrgemeinderäten. Dennoch erwarte nicht gleich tausend Bekehrungen. Dazu ist die Verstrickung in der Regel zu fest. (Petra hat oben ein Beispiel genannt. Von der Heilsarmee weiß ich, daß sie ähnliches tut und in Rotlichtbezirken unterwegs ist.)

Du solltest dabei aber eins stets bedenken. Wer ins Feuer geht, der verbrennt nicht selten darin. Jedenfalls dann, wenn sein Glaube kleiner ist als jener der drei Jünglinge im Feuerofen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Petra
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Beitrag von Petra »

Hallo Adeodatus,

du kannst und sollst im Rahmen deiner Möglichkeiten und des (dt.) Gesetzes für deine Überzeugungen eintreten. Sei es privat im Alltagsleben oder im Rahmen einer Organisation.

Nur: rechne nicht mit Erfolg. Weder persönlichen noch den in der Sache. Die Welt ist nicht „heil“. Sobald das eine Übel eingedämmt ist, tritt ein neues auf. Z.B. Schmerzen können durch moderne Medizin reduziert werden, dafür wird die Akzeptanz der Selbsttötung größer.

Und Achtung: Erfolg zu haben – Erfolg, von dem man annimmt, man habe ihn reichlich verdient - das kann negativ für das geistliche Leben sein.

Daneben besteht die Gefahr, dass du beim „Übelbekämpfen“ gegen andere Menschen roh wirst, weil sie sich nicht überzeugen lassen, weil sie unfair gegen dich arbeiten oder weil Angehörige dir nicht (weiter) beistehen wollen.
Dieses „Rohwerden“ kann deiner Selbstwahrnehmung entgehen. Du bist überzeugt, das Rechte zu tun, und Menschen auf deren Meinung du viel Wert legst, unterstützen dich.- Und wie schnell sieht man sich selbst in der Minderheit der letzten „Gerechten“.

Also, vor der Aktion: erst nachdenken, evtl. mit geistlichen Begleitern sprechen, Gott um seine Meinung bitten, suchen, wer schon etwas unternimmt, und danach erst loslegen.

Und immer die beiden Hauptgebote im Auge. Da, wo auf Dauer die Gottes- und Nächstenliebe schwer fällt, da kann es der falsche Weg sein.

Adeodatus
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Beitrag von Adeodatus »

Kleine, aktuelle Anmerkung: http://www.kath.net/detail.php?id=11569
--------------------------

Also ich hab das bisher immer so betrachtet:
Psalm 22, 28-32 hat geschrieben:28 Alle Völker sollen zur Einsicht kommen; von allen Enden der Erde sollen sie zum Herrn umkehren und sich vor ihm niederwerfen.
29 Denn der Herr ist König, er herrscht über alle Völker.
30 Vor ihm müssen die Mächtigen sich beugen, alle Sterblichen sollen ihn ehren, alle, die hinunter müssen ins Grab.
31 Auch die kommende Generation soll ihm dienen, sie soll hören, was er getan hat.
32 Und sie soll ihren Nachkommen weitererzählen, wie der Herr eingegriffen hat, wie treu er ist.
Und schließlich ist es ja auch eines der sieben geistigen Werke der Barmherzigkeit: "Den Sünder zurechtweisen."

Petra hat geschrieben:Und wie schnell sieht man sich selbst in der Minderheit der letzten „Gerechten“.

Ich denke nicht, dass ich ein Heiliger bin, der wie der hl. Georg gegen den Drachen kämpft, wenn Du das meinst. ;) Doch ich merke ja selber, dass viele Dinge, die die Mehrheit befürwortet und gutheißt, bei mir Ablehnung hervorrufen. Und wenn ich dann bei der Lektüre der Heiligen Schrift, des Katechismus oder der Kirchenväter sehe, dass meine Meinung mit der Aussage dieser Schriften zum größten Teil übereinstimmt, dann fühle ich schon so etwas wie Bestätigung, die mir dann auch genügend Kraft und Beharrlichkeit in der Auseinandersetzung mit anderen Meinungen gibt.

Ich muss jedoch gestehen, dass ich mich in der letzten Zeit bei solchen Diskussionen immer mal wieder der Sünde der Verzweiflung schuldig gemacht habe. Denn dann erscheinen mir die Anderen wie Lemminge, die blind auf den Abgrund zurennen. Ich weiß, dass das vermessen klingen mag, doch ich empfinde dann so etwas wie Trauer darüber, dass sie trotz aller Angebote die Gott ihnen macht, ihn nicht erkennen können oder wollen. :ikb_wallbash:
Werner001 hat geschrieben:Was ich geschrieben habe, war, daß bei Fragen der Moral der Alleinige Maßstab der Gesetzbung sein darf, ob etwas jemandem in dieser Welt (nicht in einer jenseitigen) schadet.
Auch auf die Gefahr hin, von Hölzken auf Stöksken zu kommen: Leben wir dann nicht in einem Staat der eben diesen Maßstab verletzt, Stichwort: Abtreibung? Dabei wird Menschen geschadet und zwar auf die wohl extremste Weise, wie man jemandem schaden kann: Sie werden getötet.
Dann müsste man Deiner Meinung nach doch mit aller Schärfe dagegen vorgehen, oder? Hier wird nämlich nicht nur gegen das natürliche Sittengesetz und die Lehre der Kirche, sondern auch gegen den hippokratischen Eid verstoßen und dies ist doch wohl ein allgemein anerkanntes, "weltliches" Mittel der Legitimation, oder? Trotzdem werden im Jahr zwischen 100.000 und 150.000 Kinder abgetrieben (also mehr als 300 pro [Punkt]) und zwar mit Zustimmung des Staates!

P.S.: Ich verweise hierzu auf die Angaben des Statistischen Bundesamtes: http://www.destatis.de/themen/d/thm_ges ... tsabbrüche

Petra
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Beitrag von Petra »

Adeodatus hat geschrieben: Und schließlich ist es ja auch eines der sieben geistigen Werke der Barmherzigkeit: "Den Sünder zurechtweisen."
Hätte ich jedes Mal einen Cent bekommen, wenn ich im vergangenen Jahr "Sünder zurechtgewiesen" habe und es nicht aus Liebe und in Liebe geschah, dann könnte ich mir jetzt ein Paar neue Schuhe leisten. (Oder ein paar) 8)

Adeodatus
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Beitrag von Adeodatus »

Tja, vielleicht sollten alle Forumsteilnehmer für jedes dieser guten Werke einen Cent in eine Spardose werfen und am Ende zusammenschmeißen. Davon könnten wir sicher ein Festessen im "Bistro Kreuzgang" finanzieren! ;D

Petra
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Beitrag von Petra »

Kann es sein, dass du das Wort "nicht" überlesen hast? ;)

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Janet1983
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Beitrag von Janet1983 »

scheinbar.

Adeodatus
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Beitrag von Adeodatus »

Janet1983 hat geschrieben:scheinbar.
Kann mich nur anschließen: Scheinbar! ;)

Doch dann muss ich sagen, dass ich das nicht ganz verstehe... Warum sollte man einen Sünder zurechtweisen, wenn nicht aus Liebe? :hmm:

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Janet1983
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Beitrag von Janet1983 »

Adeodatus hat geschrieben:
Janet1983 hat geschrieben:scheinbar.
Kann mich nur anschließen: Scheinbar! ;)

Doch dann muss ich sagen, dass ich das nicht ganz verstehe... Warum sollte man einen Sünder zurechtweisen, wenn nicht aus Liebe? :hmm:
Persönliche Eitelkeit? Spass daran andere runterzumachen oder öffentlich bloßzustellen? Es gibt Menschen, bei denen ist das so... die können sich selber aufwerten indem sie anderen ihre Fehler sagen.



PS: Geht nicht gegen dich, Petra... ich hab nur leider schon einiges gesehen...

Petra
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Beitrag von Petra »

Janet1983 hat geschrieben: PS: Geht nicht gegen dich, Petra... ich hab nur leider schon einiges gesehen...
Nett von dir. Nehm ich dir auch nicht übel....überhaupt nicht.....isshalt so.....jeder hat seine Lieblingsuntugenden.....vielleicht komm ich mal dahin, nur noch die Sünderin Petra zurechtzuweisen. Issjanunichtso dass ich damit unterbeschäftigt wäre. ;)


@Adeodatus

Wie ich oben schon schrieb, prüfe deine Motive. Engagement aus Liebe und in Liebe für Gott und den Nächsten ist ne gute Sache. Hat aber auch Gefahren.

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