Das Heil als Lebenskunstwerk?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Interior
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Das Heil als Lebenskunstwerk?

Beitrag von Interior »

Viele Christen sind ja der Auffassung, nach diesem Leben kommen sie - salopp ausgedrückt - in den Himmel und da ist für alle Ewigkeit Friede, Freude, Eierkuchen.

Aber stimmt das wirklich? - Weshalb sagte dann Jesus:

“Ein Reicher wird nur schwer in das Himmelreich kommen. Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“ Matth. 19,23-24, oder

“Geht durch das enge Tor! Denn das Tor ist weit, das ins Verderben führt, und der Weg dahin ist breit, und viele gehen auf ihm. Aber das Tor, das zum Leben führt ist eng, und der Weg dahin ist schmal, und nur wenige finden ihn.” Matth. 7,13-14,

“Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr! wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt.” Matth. 7,21,

“Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird. Und wenn dich deine rechte Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab und wirf sie weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle kommt.” Matth. 5,29-30

“Manche sind von Geburt an zur Ehe unfähig, manche sind von den Menschen dazu gemacht, und manche haben sich selbst dazu gemacht - um des Himmelreiches willen. Wer das erfassen kann, der erfasse es.” Matth. 19,12

Johannes der Täufer predigte: “Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe.” Matth. 3,2

Wir beten im Vaterunser: “Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.”

Aus allen diesen Versen dürfte klar und deutlich hervorgehen, dass mit “Himmelreich” keinesfalls ein Leben nach dem Tod gemeint ist. Ebenso geht klar hervor, dass es nicht leicht ist, in dieses hineinzugehen. Dass sogar nur sehr wenige Menschen die Motivation dazu haben. Last but Not least, das Himmelreich muss durch den Menschen selbst verwirklicht werden.

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tantum ergo
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Re: Das Heil als Lebenskunstwerk?

Beitrag von tantum ergo »

Interior hat geschrieben:Aus allen diesen Versen dürfte klar und deutlich hervorgehen, dass mit “Himmelreich” keinesfalls ein Leben nach dem Tod gemeint ist. Ebenso geht klar hervor, dass es nicht leicht ist, in dieses hineinzugehen. Dass sogar nur sehr wenige Menschen die Motivation dazu haben. Last but Not least, das Himmelreich muss durch den Menschen selbst verwirklicht werden.
Vielleicht hat ja noch jemand Probleme mit Deinen Schlüssen, daher mal meine Einschätzung:

"Himmelreich" vs. "Leben nach dem Tod": meinst Du, dass die Begrifflichkeiten nicht stimmen? Das wäre trivial, in etwa so, als wenn man sagen würde, dass "die Welt" nicht das "Leben vor dem Tod" ist - hat aber doch auch niemand behauptet, steht auch in Deiner Ausgangsfrage nicht so drin

"es ist nicht leicht, in dieses einzugehen": wohl wahr, einen Automatismus gibt es nicht, das passende Leben und vor allem die Gnade Gottes gehört schon noch dazu

"nur sehr wenige Menschen die Motivation dazu haben": kann ich den Zitaten nicht entnehmen, und wenn man mal als Gegenteil des Himmels die Hölle annimmt und sie als die ewige Abwesenheit der Liebe Gottes beschreibt, sollte für jeden, der an Gott glaubt, ausreichend Motivation da sein ;)

"Himmelreich durch den Menschen verwirklicht": das steht da nicht nur nirgendwo sondern der Versuch ist der wichtigste Grund, für die Hölle, die sich Menschen auf Erden schaffen. Das Himmelreich werden wir nicht verwirklichen, wir können nur versuchen, es mit der Gnade Gottes zu erreichen (wie das geht steht hier in ganz vielen anderen threads verteilt .... achja, und eh ich's vergesse: Jesus hat da auch einige ganz konkrete Tipps dazu)

Vieleicht habe ich Deine Fragen aber auch nur misdeutet? :hmm:

Gottes Segen,
tantum ergo
„Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!“ (Lk 12,49)

Interior
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Beitrag von Interior »

Lieber tantum ergo,
Ich sehe es so: Jeder Mensch lebt ewig. Dieses Leben kann von unterschiedlichster Qualität sein. Es kann leidvoll sein, freudig, ein Dahinvegetieren, qualvoll usw.
Dabei spielt es keine Rolle, ob der Mensch noch im Körper oder außer ihm ist (Leben nach dem Tod).
Die Sünde war verantwortlich dafür, dass überhaupt das Leid in das Menschenleben kam. Folglich kann das Leid nur aufgehoben werden, wenn die Sünde aufgehoben wird.
Da wir aber weiter sündigen können wir die Qualität des Himmels (Sündlosigkeit) nicht erreichen. Folglich geht niemand, der sündigt nach dem Tod in das Himmelreich ein. Sondern eben nur in die nachtodliche Welt, die er entsprechend seiner tatsächlichen geistig-seelischen Verfassung, wie er sie vom Erdenleben mitbringt erlebt. Wenn wir Extrembeispiele nehmen, so würde ein Mensch, der sexuellen Freuden ausgiebig hingegeben war, viel leiden, da ihm nun die Mittel zur Befriedigung seiner Begierde fehlen. Jemand, der zornig war, wird auch dort seinen Zorn empfinden. Jemand, der an der Wahrheit interessiert war, wird Möglichkeiten haben dieses Interesse freier auszuleben als auf Erden.
Kurz: der Tod ändert nichts an unserem Charakter, unserer geistig-seelischen Konstitution.
Mit dem Tod ist deshalb das Menschheitsproblem auch für den Gläubigen noch nicht gelöst.

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Idiota
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Beitrag von Idiota »

Ein sehrschöner Beitrag aber er klingt buddhistisch.
Man müßte noch einige Sätze über die Erlösung durch Christus drann hängen, dann stimmts.
Gruß von Idiota an Interior
Ich kreise um Gott den uralten Turm und ich kreise ...

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tantum ergo
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Beitrag von tantum ergo »

Also, wenn ich ehrlich bin, klingt das für mich eher nach selbstgestricktem Glauben. Dabei ist doch in unserem Glauben schon alles enthalten.

Natürlich sollten wir Zeit unseres irdischen Lebens an unserer Heiligkeit arbeiten, die vermutlich nur die wenigsten unter uns erreichen können (ausgenommen eben die Heiligen). Nach dem irdischen Tod ist es also notwendig, sich der Sünden bewusst zu werden und sich vom Irdischen zu lösen, was durchaus auch die Lösung von irdischen Sündhaftigkeiten sein kann, jedenfalls von all dem, was unserem Weg zu Gott entgegensteht. Auch in dieser "Zeit" des Purgatoriums kann ich mich weigern, von diesen Dingen abzulassen und sie an Stelle Gottes wählen etc. etc.

Das entspricht glaube ich schon eher katholischer Lehre, wobei ich mir über die Anteile der Eigeninterpretation auch nicht sicher bin ;)

Gottes Segen,
tantum ergo
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Interior
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Beitrag von Interior »

Idiota hat geschrieben:Ein sehrschöner Beitrag aber er klingt buddhistisch.
Man müßte noch einige Sätze über die Erlösung durch Christus drann hängen, dann stimmts.
Gruß von Idiota an Interior
Nun ja, wir Menschen haben ja alle die gleichen Grundvoraussetzungen. Da lässt es sich nicht vermeiden, dass andere Wahrheitssucher (wie ja Buddha einer war) auch gefunden haben, was wir finden können.
Wer den buddhistischen Weg geht, kann sich völlig von den Anhaftungen ans Irdische, also das Sündige, lösen und geht damit in Nirvana (den losgelösten Zustand der Glückseligkeit) ein.
Das ist auch beim Christen der Fall, wenn er sich von aller Sünde löst.
Nur eben ist damit der Mensch noch nicht wiederhergestellt. Deshalb folgt danach die Auferstehung als Verwandlung des physischen Leibes. Dazu reichte Buddhas Kraft noch nicht aus.

Interior
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Beitrag von Interior »

tantum ergo hat geschrieben:
Natürlich sollten wir Zeit unseres irdischen Lebens an unserer Heiligkeit arbeiten, die vermutlich nur die wenigsten unter uns erreichen können (ausgenommen eben die Heiligen). Nach dem irdischen Tod ist es also notwendig, sich der Sünden bewusst zu werden und sich vom Irdischen zu lösen, was durchaus auch die Lösung von irdischen Sündhaftigkeiten sein kann, jedenfalls von all dem, was unserem Weg zu Gott entgegensteht. Auch in dieser "Zeit" des Purgatoriums kann ich mich weigern, von diesen Dingen abzulassen und sie an Stelle Gottes wählen etc. etc.

tantum ergo
Lieber tantum ego,
und weshalb solltest Du Dir hier nicht der Sünden bewusst werden und Dich von ihnen lösen? Ist dazu nicht unser irdisches Leben da?

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