Taufe und Gerechtigkeit
Taufe und Gerechtigkeit
Mal eine Frage. Es heißt ja, dass einem Menschen bei seiner Taufe alle Sünden vergeben werden. Gesetzt den Fall, ein Mensch, der sein Leben lang gesündigt hat, wird unmittelbar vor seinem Tod getauft. Damit ist ihm ja vergeben! ISt er da nicht in einer unvergleichlich vorteilhafteren Lage gegenüber einem Menschen, der nach seiner Taufe noch lange lebte und leider eben Sünden beging? Wie sieht's denn da aus mit der göttlichen Gerechtigkeit? Geht der, welcher sich kurz vor dem Tod taufen ließ, genauso easy in die Ewigkeit ein?
- cathol01
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Naja, die Taufe kann jedenfalls nie schaden, da sie dem Menschen ein unauslöschliches Prägemal (character indelibilis) aufdrückt. Und der Ungetaufte ist sich ja nicht sicher, ob er am Ende des Lebens noch Zeit hat, sich taufen zu lassen.
"Das Wahre ist nicht sicherer als das Wahrscheinliche."
(Diogenes Laërcius)
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Man darf die Taufe jedenfalls nicht auf den Aspekt der Vergebung der Sünden im Hinblick auf das Gerettetwerden nach dem Tod betrachten. Die Taufe ist vieles... Zunächst einmal das Tor zum christlichen Leben und zur Kirche. Und auch hier wiederum gilt (hoffentlich): Man wird nicht nur Mitglied der Kirche, weil man gerettet werden will. Kirche ist einfach geil.
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Re: Taufe und Gerechtigkeit
Ja, so lehrt unser Glaube von Anfang an.Knufti hat geschrieben:Mal eine Frage. Es heißt ja, dass einem Menschen bei seiner Taufe alle Sünden vergeben werden. Gesetzt den Fall, ein Mensch, der sein Leben lang gesündigt hat, wird unmittelbar vor seinem Tod getauft. Damit ist ihm ja vergeben!
Im 4. Jahrhundert gab es deshalb tatsächlich viele, die ihre Taufe bis ans Lebensende aufschoben. Vermutlich war das auch der Grund, warum sich der christenfreundliche Kaiser Konstantin erst am Sterbebett taufen ließ.Knufti hat geschrieben: ISt er da nicht in einer unvergleichlich vorteilhafteren Lage gegenüber einem Menschen, der nach seiner Taufe noch lange lebte und leider eben Sünden beging?
Aber auch für Getaufte, die wieder sündigen, hat Gott ja ein Hilfsangbot: das Sakrament der Buße
Das überlass alles Gott! (Du meinst doch nicht, ein ungetauft sündhaftes Leben wäre schöner und leichter als ein christusverbundenes?) Niemand, der Gott voll vertraut, kommt zu kurz, ob er schon früh oder erst spät die Taufe empfängt. Und wer kennt schon seine Todesstunde?Knufti hat geschrieben: Wie sieht's denn da aus mit der göttlichen Gerechtigkeit? Geht der, welcher sich kurz vor dem Tod taufen ließ, genauso easy in die Ewigkeit ein?
Neid ist in den Fragen des ewigen Heiles jedenfalls nie angebracht.
Eigentlich meine ich genau das so in etwa. Nicht unbedingt "schöner", aber vielleicht einfacher, an keine Gebote gebunden. Du sollst nicht stehlen, nicht ehebrechen und so weiter muss man sich da vielleicht nicht so zu Herzen nehmen? Aber ich will nicht jemanden betrachten, der so da herangeht, sondern einen Menschen, der erst am Ende seines Lebens getauft wird, unabhängig davon, wie sein Leben vorher verlief. Der früh getaufte hat ein Leben voller Fall und Auferstehung hinter sich, vielleicht Entbehrungen, Verzicht, Befolgung der Gebote und kirchlichen Normen usw., der kurz vor dem Tod getaufte aber möglicherweise nicht. Ich weiss, daß es das Sakrament der Vergebung gibt, aber ich fragte ja nicht nach dem Los dessen, der es in Anspruch nimmt... sind der frisch Getaufte und der lebenslang kämpfende, bereuende letztendlich gleich gut auf die Ewigkeit vorbereitet? Das Sündenkonto beider sei angenommen leer. Wäre das nicht doch irgendwo eine Spur ungerecht, wenn es so wäre?roncalli hat geschrieben: Du meinst doch nicht, ein ungetauft sündhaftes Leben wäre schöner und leichter als ein christusverbundenes?
Klar ist das eine Spur ungerecht, wenn Du so willst.
Aber trotzdem ist das so typisch für Gott. Der Arbeiter, der früh morgens kommt, erhält genausoviel wie der, der sich am Abend entscheidet, auf dem Acker des Herrn zu arbeiten.
Allerdings ist es eine Gnade, auf dem Acker arbeiten zu dürfen. Und doch irgendwie eine Notwendigkeit....
Die Sichtweise des NT, was die Gebote angeht, ist auch eine ganz andere. Danach ist es einfach schön, Christus nachzufolgen, so schön, daß man dafür automatisch alles verläßt. Im NT sind Gebote nicht ein Krampf, sondern jedes liebevolle Tun, jedes Opfer ist Gnade, weil es einen näher an Christus heranbringt. Christus hat seinen Jüngern die Füße gewaschen. Ich finde das eine wahnsinnig beeindruckende Szene. Gott selbst ist demütig und darum will ich auch so sein. Dienst ist daher für mich Gnade.
Ich will auch ein solches Leben, ich fände es langweilig, einfach nur dem zu folgen, was mir gerade in den Sinn kommt, ich will mehr ich selbst sein, und das bin ich, wenn ich Christus folge.
Es ist eine interessante Erfahrung, daß der Weg nach innen ins nichts führt, während die Nachfolge Christi wirklich zu mir paßt wie der Schlüssel ins Schlüsselloch.
Aber trotzdem ist das so typisch für Gott. Der Arbeiter, der früh morgens kommt, erhält genausoviel wie der, der sich am Abend entscheidet, auf dem Acker des Herrn zu arbeiten.
Allerdings ist es eine Gnade, auf dem Acker arbeiten zu dürfen. Und doch irgendwie eine Notwendigkeit....
Die Sichtweise des NT, was die Gebote angeht, ist auch eine ganz andere. Danach ist es einfach schön, Christus nachzufolgen, so schön, daß man dafür automatisch alles verläßt. Im NT sind Gebote nicht ein Krampf, sondern jedes liebevolle Tun, jedes Opfer ist Gnade, weil es einen näher an Christus heranbringt. Christus hat seinen Jüngern die Füße gewaschen. Ich finde das eine wahnsinnig beeindruckende Szene. Gott selbst ist demütig und darum will ich auch so sein. Dienst ist daher für mich Gnade.
Ich will auch ein solches Leben, ich fände es langweilig, einfach nur dem zu folgen, was mir gerade in den Sinn kommt, ich will mehr ich selbst sein, und das bin ich, wenn ich Christus folge.
Es ist eine interessante Erfahrung, daß der Weg nach innen ins nichts führt, während die Nachfolge Christi wirklich zu mir paßt wie der Schlüssel ins Schlüsselloch.
Zuletzt geändert von Steffen am Mittwoch 8. September 2004, 20:10, insgesamt 1-mal geändert.
"Der früh getaufte hat ein Leben voller Fall und Auferstehung hinter sich, vielleicht Entbehrungen, Verzicht, Befolgung der Gebote und kirchlichen Normen usw., der kurz vor dem Tod getaufte aber möglicherweise nicht"
Ich weiß auch gar nicht, ob der Sinn des Lebens in einem lustigen Eierkuchen Dasein besteht. Ich glaube mehr, daß es darum geht, eine Geschichte mit allem auf und ab zu erzählen, etwas Spannendes zu komponieren. Ich glaube, ein einfach genußreiches Leben wäre mir zu langweilig.
Ich weiß auch gar nicht, ob der Sinn des Lebens in einem lustigen Eierkuchen Dasein besteht. Ich glaube mehr, daß es darum geht, eine Geschichte mit allem auf und ab zu erzählen, etwas Spannendes zu komponieren. Ich glaube, ein einfach genußreiches Leben wäre mir zu langweilig.
@ Knufti
Gott ist gerecht, und er wird denjenigen entsprechend belohnen, der viel getan hat, viel gesühnt hat (nicht nur für sich, sondern auch für andere), der viel gelitten hat. Genau so, wie derjenige seinen gerechten Lohn erhält, der Zeit seines Lebens seine Vorstellung eines Paradieses auf Erden verwirklicht hat und erst vor seinem Tod sich zu Gott bekennt. Beide sind gerettet, aber ganz sicher in einer unterschiedlichen Qualität der Seligkeit.
Der Vergleich mit den Arbeitern im Weinberg hinkt hier etwas. Damit ist eine andere Aussage in einem anderen Zusammnehang zu sehen.
Gruß, ad_hoc
Natürlich wäre es ungerecht und vor Gott ebenfalls. Daß er Berechnung belohnt, ist zumindest nicht in die katholische Lehre eingegangen.Das Sündenkonto beider sei angenommen leer. Wäre das nicht doch irgendwo eine Spur ungerecht, wenn es so wäre?
Gott ist gerecht, und er wird denjenigen entsprechend belohnen, der viel getan hat, viel gesühnt hat (nicht nur für sich, sondern auch für andere), der viel gelitten hat. Genau so, wie derjenige seinen gerechten Lohn erhält, der Zeit seines Lebens seine Vorstellung eines Paradieses auf Erden verwirklicht hat und erst vor seinem Tod sich zu Gott bekennt. Beide sind gerettet, aber ganz sicher in einer unterschiedlichen Qualität der Seligkeit.
Der Vergleich mit den Arbeitern im Weinberg hinkt hier etwas. Damit ist eine andere Aussage in einem anderen Zusammnehang zu sehen.
Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)
Re: Taufe und Gerechtigkeit
nur weil sich jemand kurz vor dem tod noch taufen lässt heisst das noch lange nicht das wir den im ewigenleben bei gott wieder sehen. die frage ist viel mehr wieso tut er das? nur um ewig zu leben oder weill er wirklich bei gott sein will. glaubt er wirklich an das was er da tut oder nicht. wenn er nicht glaubt wirds auch nicht funktionieren. taufe ist keine magie oder ein zaubertrick und auch kein freifahrschein in den himmel.Knufti hat geschrieben:Mal eine Frage. Es heißt ja, dass einem Menschen bei seiner Taufe alle Sünden vergeben werden. Gesetzt den Fall, ein Mensch, der sein Leben lang gesündigt hat, wird unmittelbar vor seinem Tod getauft. Damit ist ihm ja vergeben! ISt er da nicht in einer unvergleichlich vorteilhafteren Lage gegenüber einem Menschen, der nach seiner Taufe noch lange lebte und leider eben Sünden beging? Wie sieht's denn da aus mit der göttlichen Gerechtigkeit? Geht der, welcher sich kurz vor dem Tod taufen ließ, genauso easy in die Ewigkeit ein?
zudem sehe ich das nicht als vorteil sich erst gegen ende des lebens für christus zu entscheiden. weil du weist nie wann dein lebensende ist. es kann schon morgen sein wenn dich der grosse böse betonlastwagen überfährt.
entscheiden musst du dich eigentlich jetzt ob du zu gott willst oder nicht.
genau deshalb lässt man sich ja taufen. um zu bezeugen das man sich selber entschieden hat für gott. seinen lebensweg mit gott zu gehen.
das gleichnis mit den arbeitern beim weinbauer sagt aus das: egal wann du zu gott gekommen bist und was du vollbracht hast. schlussendlich bekommst du am schluss genau dasselbe wie alle anderen auch die sich für gott entschieden haben. ein ewiges leben mit gott zusammen.
Genau dasselbe? Ja und nein. Selbst der eine Denar mag für einen kräftigen, an Erfolg gewöhnten Arbeiter etwas qualitativ anderes sein als für einen Armen, der den Job im Weinberg zu letzter Stunde ergattert hat – beziehungsweise: sich ergattern ließ.
Zunächst glaube ich ja, daß Gott ist. Und das bedeutet: Alles was wir Gerechtigkeit und Liebe, Barmherzigkeit und Güte, Lohn, aber auch Strafe nennen, ist nur ein Abglanz von seinem Wesen. Selbst die Strafe: Gott als Verlorener, wie es Hans Urs von Balthasar ausdrückte.
Wenn ich anhand deines Beispiels deinen Gedanken nachverfolge, dann kommt mir in den Sinn, daß du möglicherweise selber eher jung als alt bist – und möglicherweise mit der Dekadenz eines Menschen argumentierst, für den christliches Gedanken- und Glaubensgut eher selbstverständlich ist. (Bitte nicht persönlich nehmen – dies ist nur die Assoziation, die ich hatte.)
Denn das konstruierte Fallbeispiel ist extrem unwahrscheinlich, wie dir einige Mitschreiber erzählen könnten, bei denen die «Glaubenseinsicht» erst relativ spät erfolgt ist.
Ich glaube nicht, daß ein lebenslanges «Ohne Gott» dem Menschen auch nur irgendeine Plackerei erspart – und wenn ich sehe, angefangen bei der Mülltrennung über den Zwang zum Schönsein bis hin zu den rigiden Vorschriften für das Abstellen von Fahrzeugen im öffentlichen Raum, welche Beschränkungen ich auch ungetauft über mich ergehen lassen müßte. (Wer sich je mit einem Schweizer Polizisten angelegt, sich nach sechs Wochen der Biotonne erbarmt oder sich als Sechzehnjährige wie eine alte Jungfer fühlte, weiß, wovon ich rede.)
Dagegen ist das Gebot des Herrn lauter, seine Vorschriften kostbarer als Feingold (nach Psalm 119 – mein Lieblingspsalm): sie befreien dich aus dem Gesetz dieser Welt. Einem Gesetz, sklavenhalterischer und mörderischer als jede Diktatur.
Wer sich früh taufen läßt, ist also doppelt belohnt. Augustinus (4. Jhdt) sieht das in seinen Confessiones ähnlich. Eigentlich sind die «Bekenntnisse» der Literaturtip zu deiner Frage.
Wie zu Roncalli spricht die Frage, beziehungsweise, die Konstruktion deiner Frage nicht unmittelbar zu mir.Knufti hat geschrieben:Der früh getaufte hat ein Leben voller Fall und Auferstehung hinter sich, vielleicht Entbehrungen, Verzicht, Befolgung der Gebote und kirchlichen Normen usw., der kurz vor dem Tod getaufte aber möglicherweise nicht.
Zunächst glaube ich ja, daß Gott ist. Und das bedeutet: Alles was wir Gerechtigkeit und Liebe, Barmherzigkeit und Güte, Lohn, aber auch Strafe nennen, ist nur ein Abglanz von seinem Wesen. Selbst die Strafe: Gott als Verlorener, wie es Hans Urs von Balthasar ausdrückte.
Wenn ich anhand deines Beispiels deinen Gedanken nachverfolge, dann kommt mir in den Sinn, daß du möglicherweise selber eher jung als alt bist – und möglicherweise mit der Dekadenz eines Menschen argumentierst, für den christliches Gedanken- und Glaubensgut eher selbstverständlich ist. (Bitte nicht persönlich nehmen – dies ist nur die Assoziation, die ich hatte.)
Denn das konstruierte Fallbeispiel ist extrem unwahrscheinlich, wie dir einige Mitschreiber erzählen könnten, bei denen die «Glaubenseinsicht» erst relativ spät erfolgt ist.
Ich glaube nicht, daß ein lebenslanges «Ohne Gott» dem Menschen auch nur irgendeine Plackerei erspart – und wenn ich sehe, angefangen bei der Mülltrennung über den Zwang zum Schönsein bis hin zu den rigiden Vorschriften für das Abstellen von Fahrzeugen im öffentlichen Raum, welche Beschränkungen ich auch ungetauft über mich ergehen lassen müßte. (Wer sich je mit einem Schweizer Polizisten angelegt, sich nach sechs Wochen der Biotonne erbarmt oder sich als Sechzehnjährige wie eine alte Jungfer fühlte, weiß, wovon ich rede.)
Dagegen ist das Gebot des Herrn lauter, seine Vorschriften kostbarer als Feingold (nach Psalm 119 – mein Lieblingspsalm): sie befreien dich aus dem Gesetz dieser Welt. Einem Gesetz, sklavenhalterischer und mörderischer als jede Diktatur.
Wer sich früh taufen läßt, ist also doppelt belohnt. Augustinus (4. Jhdt) sieht das in seinen Confessiones ähnlich. Eigentlich sind die «Bekenntnisse» der Literaturtip zu deiner Frage.
Nu ja... Wär vielleicht nötig, zu definieren, was du hier unter "geil" verstehst.cathol01 hat geschrieben: Kirche ist einfach geil.
Wahrig Deutsches Wörterbuch hat geschrieben:geil <Adj.> kräftig, fett (Boden); üppig wuchernd (Pflanze); brünstig, lüstern, wollüstig, geschlechtlich erregt; <Jugendspr.> prima, hervorragend, wunderbar; ein geiler Typ; geile Musik; auf etwas geil sein etwas haben, machen wollen [<ahd. geil „von wilder Kraft, übermütig, mutwillig, üppig, überaus freudig“ <got.geiljan „erfreuen“; zu idg. *ghoilo-s „aufschäumend“]
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)
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Liebe Frau Lehrerin Biggi. Du brauchst mir nicht auf lehrerhafte besserwisserische Weise - Lehrer bin ich nämlich selber! - beizubringen, dass "geil" eigentlich eine andere Bedeutung hat als diejenige, in der die Jugendlichen sie heute verwenden. Aber um dich noch etwas mehr durcheinander zu bringen: Ich meinte tatsächlich, dass die Kirche im ersteren, traditionellen Sinn geil ist. Wie kommst du darauf, etwas anderes zu vermuten.Biggi hat geschrieben:Nu ja... Wär vielleicht nötig, zu definieren, was du hier unter "geil" verstehst.cathol01 hat geschrieben: Kirche ist einfach geil.
Wahrig Deutsches Wörterbuch hat geschrieben:geil <Adj.> kräftig, fett (Boden); üppig wuchernd (Pflanze); brünstig, lüstern, wollüstig, geschlechtlich erregt; <Jugendspr.> prima, hervorragend, wunderbar; ein geiler Typ; geile Musik; auf etwas geil sein etwas haben, machen wollen [<ahd. geil „von wilder Kraft, übermütig, mutwillig, üppig, überaus freudig“ <got.geiljan „erfreuen“; zu idg. *ghoilo-s „aufschäumend“]
Kirche ist geil - das sieht dann ungefähr so aus:
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Ihr vergeßt bei dieser Frage das Leben in Christo. Erlösung ist kein formaljuristischer Akt, bei dem irgendein Sündenkonto auf Null steht und man dadurch grünes Licht zum Einzug ins Paradies erhält, sondern es ist das Teilhaben am Göttlichen, die Verklärung der Natur. Ein kurz vor seinem Tode getaufter ist möglicherweise nicht so gut auf das göttliche Licht vorbereitet, wie ein Mensch, der sich ein Leben lang um die Gnade Gottes bemühte.
- Nietenolaf
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@Cathol01: Du bist ja wirklich einfach nur notgeil. Ein Tip: den Kopf gegen die Wand schlagen verbraucht 150 Kalorien pro Stunde (Quelle). Wenn man das lang genug macht, sterben vielleicht diese obsessiven Phantasien, die sich dann in solche typischen Beiträge ergießen.
In einem Interview vor einigen Wochen hat der Bischof von Trier Reinhard Marx mal sinngemäß eine Bemerkung gemacht, die zu diesem Thema passt: Nämlich dass Christentum zunächst einmal Leben in Fülle bedeutet.
Klar haben wir Getauften es im Leben (äußerlich gesehen) nicht leichter als Nichtchristen, aber ich denke doch, mit Christus zusammen ist das Joch nicht drückend und die Bürde leicht...
Vielleicht kann man das an zwei Grenzsituationen festmachen: der Schuld und dem Tod.
Wenn ich schuldig geworden bin, kann ich es nicht rückgängig machen, bestenfalls noch Genugtuung leisten, aber das geht nicht immer, und die Tat schafft es nicht aus der Welt. So schleppe ich immer mehr Schuld mit mir durchs Leben.
Der Christ dagegen kann sagen: Christus allein kann mir anbieten, in der Beichte ein neues Blatt im Lebensbuch aufzuschlagen, mir die Last von den Schultern nehmen - um eine so kleine "Gegenleistung", nur ein Quentchen echter Reue! Und mehr noch, mit seiner Hilfe werde ich nach und nach seltener schuldig werden an Gott und den Menschen und kann ein besserer Mensch werden als ich es vorher war...
Noch deutlicher wird es angesichts des Todes geliebter Menschen. Der Christ sagt genauso wie der Nichtgetaufte "Es war viel zu früh", aber er kann auch sagen: "Es ist nur ein Abschied auf Zeit - und dann wartet die Ewigkeit auf uns!"
Also warum sollte ich mir etwas so Gutes entgehen lassen, wenn die Türen weit offen stehen?
Klar haben wir Getauften es im Leben (äußerlich gesehen) nicht leichter als Nichtchristen, aber ich denke doch, mit Christus zusammen ist das Joch nicht drückend und die Bürde leicht...
Vielleicht kann man das an zwei Grenzsituationen festmachen: der Schuld und dem Tod.
Wenn ich schuldig geworden bin, kann ich es nicht rückgängig machen, bestenfalls noch Genugtuung leisten, aber das geht nicht immer, und die Tat schafft es nicht aus der Welt. So schleppe ich immer mehr Schuld mit mir durchs Leben.
Der Christ dagegen kann sagen: Christus allein kann mir anbieten, in der Beichte ein neues Blatt im Lebensbuch aufzuschlagen, mir die Last von den Schultern nehmen - um eine so kleine "Gegenleistung", nur ein Quentchen echter Reue! Und mehr noch, mit seiner Hilfe werde ich nach und nach seltener schuldig werden an Gott und den Menschen und kann ein besserer Mensch werden als ich es vorher war...
Noch deutlicher wird es angesichts des Todes geliebter Menschen. Der Christ sagt genauso wie der Nichtgetaufte "Es war viel zu früh", aber er kann auch sagen: "Es ist nur ein Abschied auf Zeit - und dann wartet die Ewigkeit auf uns!"
Also warum sollte ich mir etwas so Gutes entgehen lassen, wenn die Türen weit offen stehen?
"Scio cui credidi"
Na ja die Kirche wurde ja auch als keusche Hure bezeichnet.
Wer sich für diesen Aspekt und auch überhaupt für das Verhältnis zwischen Liebe zur Kirche und Kirchenkritik interessiert:
http://www.kath.net/detail.php?id=3799
Wer sich für diesen Aspekt und auch überhaupt für das Verhältnis zwischen Liebe zur Kirche und Kirchenkritik interessiert:
http://www.kath.net/detail.php?id=3799
- Robert Ketelhohn
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Der Begriff der casta meretrix stammt von Ambrosius, aus dem Lucas-Kommentar. Ambrosius gebraucht dies Bild für die Kirche da, wo er Rahab als Typus des Mysteriums der Kirche beschreibt. Es bezieht sich auf den allen offenstehenden Schoß der Kirche, der gleichwohl keuschen und makellosen. Keineswegs also meint er, die Kirche sei »Heilige und Sünderin zugleich«, wie einige das heute gern propagieren.
Er hat im übrigen überhaupt keine Tradition in der Geschichte der Theologie, was vereinzeltes Vorkommen natürlich nicht ausschließt. Eine gelegentliche Verwendung im Zusammenhang moralisierender Litteratur etwa des vierzehnten oder fünfzehnten Jahrhunderts wäre durchaus interessant, aber die Belege, die Scheffczyk in dem von dir angeführten Artikel bringt, sind doch eher dünn. Allerdings würde mich der Wortlaut der genannten Stelle von Dionysius dem Kartäuser im originalen Kontext interessieren.
Unabhängig davon ist die propagandistische Verwendung des Begriffs, etwa bei Hans Küng, nicht nur dem urspünglichen Sinn gerade entgegengesetzt, sondern auch dem Bild – dem einzigen, das der Gläubige haben kann – von der Kirche als sponsa sine macula et ruga.
Er hat im übrigen überhaupt keine Tradition in der Geschichte der Theologie, was vereinzeltes Vorkommen natürlich nicht ausschließt. Eine gelegentliche Verwendung im Zusammenhang moralisierender Litteratur etwa des vierzehnten oder fünfzehnten Jahrhunderts wäre durchaus interessant, aber die Belege, die Scheffczyk in dem von dir angeführten Artikel bringt, sind doch eher dünn. Allerdings würde mich der Wortlaut der genannten Stelle von Dionysius dem Kartäuser im originalen Kontext interessieren.
Unabhängig davon ist die propagandistische Verwendung des Begriffs, etwa bei Hans Küng, nicht nur dem urspünglichen Sinn gerade entgegengesetzt, sondern auch dem Bild – dem einzigen, das der Gläubige haben kann – von der Kirche als sponsa sine macula et ruga.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.
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- Robert Ketelhohn
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Balthasar kommt oft auf die "sündige Kirche" (so!) zu sprechen. Da ich nicht im Büro bin, kann ich dir jetzt nur schnell mit einem Griff in meinen Büchreschrank helfen:Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ach, Roncalli, was schreibt denn Balthasar?
In Maria sieht Balthasar den "heilen Kern" der Kirche, "sine macula et ruga".„Woher nur diese Anfälligkeit der Braut Kirche, ihre Neugier und Lüsternheit, auf jeden Hergelaufenen zu hören, den Kopf nach ihm zu drehen, statt sich vom Apostel zum ewigen Liebhaber führen zu lassen? Diese Furcht durchzittert alle Apostelbriefe [Balthasar bezieht sich hier auf 2 Kor 11,2-4] , immer ist Abfall und Rückfall möglich, kein Sakrament, kein Wort- und Geistempfang sichert endgültig das Heil (Hebr 6,4f). [ ...] Kirche kann sich nirgendwo anders als im Kreuz ihres Herrn (und nicht in sich selber) gerettet und gewährleistet sehen. Und wenn sie sich als Frucht des Kreuzes weiß [...] , dann nie anders als gleichzeitig in Buße und Umkehr auf dieses Kreuz zuschreitend. So versteht Kirche sich selber vor Gott in ihrer Liturgie, die ihre sichere lex credendi ist: [...] 'Unablässiges Erbarmen, Herr, soll Deine Kirche reinigen und schützen, und da sie ohne Dich nicht heil verbleiben kann, soll stets Deine Huld sie regieren.' (Or. Dom. 15p. Pent., vgl. Or. Dom. 1. in Quadrag.). Hier und überall betet Kirche für sich, nicht etwa bloß für ihre Kinder, mit denen sie sich in einem mütterlichen Als-Ob identifizierte; alle diese Betenden zusammen sind die Kirche Christi, die um die reinigende, heilgende, behütende Gnade bitten.”
(In der Fülle des Glaubens. Hans Urs von Balthsar-Lesebuch. Hrsg. Von M. Kehl u. Werner Löser, 2. Aufl., Basel Freiburg Wien 1980, S. 256ff)
(Zitate kann ich dir momentan nicht beistellen, meine Frau ruft...)
Zuletzt geändert von roncalli am Samstag 11. September 2004, 19:53, insgesamt 1-mal geändert.
- Robert Ketelhohn
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Danke dir, Roncalli. Augustins Begriff der civitas permixta trifft allerdings, so scheint mir, wesentlich exakter den Sachverhalt, den Balthasar hier (möglicherweise … hoffentlich …) auszudrücken versucht. Ich sehe in Balthasars kurzem Zitat folgende Defizite:
1. Er geht nicht von der Kirche als Realität in der Sphäre Gottes aus – also vom Himmlischen Jerusalem, der Gemeinschaft aller Engel und Heiligen – und unterscheidet darum von dieser auch nicht den Status der „sichtbaren“ Kirche, also derer, die in dieser Welt auf Pilgerschaft sind.
2. Er verkennt darum auch – jedenfalls soweit aus dem Zitat erkennbar –, daß unabhängig von der Sündhaftigkeit ihrer pilgernden Glieder im Sakrament, in der Liturgie die ewige, himmlische Kirche ganz gegenwärtig ist. Wo die Eucharistie gefeiert wird, da ist das Himmlische Jerusalem, da bricht der Himmel ins Irdische ein. Da ist die Kirche ganz und gar reine Braut, ohne Fleck und Runzel.
3. So ist auch nicht nur Maria die „Kirche ohne Fleck und Runzel“ – wiewohl sie als die Ersterlöste zeichenhaft und stellvertretend für die Kirche als reine Braut stehen kann –, sondern alle, die ihr Kleid im Blute des Lammes gewaschen haben.
1. Er geht nicht von der Kirche als Realität in der Sphäre Gottes aus – also vom Himmlischen Jerusalem, der Gemeinschaft aller Engel und Heiligen – und unterscheidet darum von dieser auch nicht den Status der „sichtbaren“ Kirche, also derer, die in dieser Welt auf Pilgerschaft sind.
2. Er verkennt darum auch – jedenfalls soweit aus dem Zitat erkennbar –, daß unabhängig von der Sündhaftigkeit ihrer pilgernden Glieder im Sakrament, in der Liturgie die ewige, himmlische Kirche ganz gegenwärtig ist. Wo die Eucharistie gefeiert wird, da ist das Himmlische Jerusalem, da bricht der Himmel ins Irdische ein. Da ist die Kirche ganz und gar reine Braut, ohne Fleck und Runzel.
3. So ist auch nicht nur Maria die „Kirche ohne Fleck und Runzel“ – wiewohl sie als die Ersterlöste zeichenhaft und stellvertretend für die Kirche als reine Braut stehen kann –, sondern alle, die ihr Kleid im Blute des Lammes gewaschen haben.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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Robert, ich kann leider H.U. v. Balthasar's Theologie nicht in ein paar Zeilen darlegen. Vielleicht liest du doch einmal ein paar Schriften von ihm (z.B Sponsa Verbi).
Natürlich kennt Balthasar das Himmliche Jerusalem und die Communio Sanctorum (ist ihm sogar sehr wichtig, auch in dem Artikel, von dem ich dir hier nur einen Auszug bieten konnte). Auch sieht er die Sponsa Verbi nicht nur in Maria verwirklicht, aber Maria ist als einziges Glied am Leib Christi wirklich von Anfang an "ohne Runzel und Makel", die Immaculata, der "heile Kern" usw.
Ich kann hier leider nicht ganze Kapitel abschreiben. Müsste man aber, um die Ecclesia als casta meretrix im Sinne Balthasars verständlich zu machen...
Also besorg dir Sponsa Verbi und - tolle lege!
Natürlich kennt Balthasar das Himmliche Jerusalem und die Communio Sanctorum (ist ihm sogar sehr wichtig, auch in dem Artikel, von dem ich dir hier nur einen Auszug bieten konnte). Auch sieht er die Sponsa Verbi nicht nur in Maria verwirklicht, aber Maria ist als einziges Glied am Leib Christi wirklich von Anfang an "ohne Runzel und Makel", die Immaculata, der "heile Kern" usw.
Ich kann hier leider nicht ganze Kapitel abschreiben. Müsste man aber, um die Ecclesia als casta meretrix im Sinne Balthasars verständlich zu machen...
Also besorg dir Sponsa Verbi und - tolle lege!