"Psychologische Erklärung des Glaubens"

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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overkott
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von overkott »

Pilgerer hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:@ Pilgerer
Pilgerer hat geschrieben:Gott will, dass wir nicht auf Befehl, sondern aus Einsicht handeln.
Und wann kommst Du zu der Einsicht, daß der katholische Glaube der einzig wahre ist? :hmm:
Für die nahe Zukunft halte ich das für unwahrscheinlich. Der römisch-katholische Glaube ist für mich ein wahrer christlicher Glaube, aber einer unter mehreren.
Fühl dich nicht gedrängt. Wer sich in seinem Herzen von Gott mit Christus leiten lässt, ist katholischer als jeder Formalist. Auch wenn du formal vielleicht manchmal nicht richtig liegst - der gute Wille zählt.

Raphael

Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:@ Pilgerer
Pilgerer hat geschrieben:Gott will, dass wir nicht auf Befehl, sondern aus Einsicht handeln.
Und wann kommst Du zu der Einsicht, daß der katholische Glaube der einzig wahre ist? :hmm:
Für die nahe Zukunft halte ich das für unwahrscheinlich. Der römisch-katholische Glaube ist für mich ein wahrer christlicher Glaube, aber einer unter mehreren.
Fühl dich nicht gedrängt.
Nun, ovi, wer wird denn bedrängt, wenn er lediglich gefragt wird? :achselzuck:
overkott hat geschrieben:Wer sich in seinem Herzen von Gott mit Christus leiten lässt, ist katholischer als jeder Formalist.
Und Du meinst, daß derjenige, der so explizit den katholischen Glauben relativiert, würde sich in seinem Herzen von Gott mit Christus leiten lassen? :hmm:
overkott hat geschrieben:Auch wenn du formal vielleicht manchmal nicht richtig liegst - der gute Wille zählt.
Hast Du keine Verpflichtung dem guten Willen Deiner Mitmenschen auf die richtigen Gleise zu verhelfen, ovi?

Pilgerer
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Pilgerer »

Raphael hat geschrieben:@ Pilgerer
Pilgerer hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:@ Pilgerer
Pilgerer hat geschrieben:Gott will, dass wir nicht auf Befehl, sondern aus Einsicht handeln.
Und wann kommst Du zu der Einsicht, daß der katholische Glaube der einzig wahre ist? :hmm:
Für die nahe Zukunft halte ich das für unwahrscheinlich. Der römisch-katholische Glaube ist für mich ein wahrer christlicher Glaube, aber einer unter mehreren.
Und mit welcher Passage in der Hl. Schrift soll diese indifferente Ansicht fundiert sein? :achselzuck:
Mit der Größe Gottes und Christi. Die Wirklichkeit beinhaltet mehr Dimensionen als es uns Menschen meistens erscheint. Darum können oberflächlich widersprechende Auffassungen doch miteinander in Verbindung stehen. Die "entweder ... oder ..."-Sichtweise greift zu kurz, denn oft passt eher das "sowohl ... als auch ..."
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Raphael

Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Raphael »

Pilgerer hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:@ Pilgerer
Pilgerer hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:@ Pilgerer
Pilgerer hat geschrieben:Gott will, dass wir nicht auf Befehl, sondern aus Einsicht handeln.
Und wann kommst Du zu der Einsicht, daß der katholische Glaube der einzig wahre ist? :hmm:
Für die nahe Zukunft halte ich das für unwahrscheinlich. Der römisch-katholische Glaube ist für mich ein wahrer christlicher Glaube, aber einer unter mehreren.
Und mit welcher Passage in der Hl. Schrift soll diese indifferente Ansicht fundiert sein? :achselzuck:
Mit der Größe Gottes und Christi.
Nun, das ist zwar eine Antwort, jedoch keine auf die zuvor gestellte Frage! :roll:

Deine bisherigen Einlassungen hier im Forum, lassen nur den Schluß zu, daß Du dem sola-scriptura-Bereich des Christentums entstammst; mithin Protestant bist.
Da bedarf es doch schon vom ganzen Lebensentwurf her einer Schriftstelle, um bestimmte Haltungen zu begründen. Welche ist es bei Dir?
Pilgerer hat geschrieben:Die Wirklichkeit beinhaltet mehr Dimensionen als es uns Menschen meistens erscheint. Darum können oberflächlich widersprechende Auffassungen doch miteinander in Verbindung stehen.
Nebulös sind Deine Worte! :pfeif:

Die Wirklichkeit umfaßt gemeinhin vier Dimensionen: Höhe, Tiefe, Breite und zu guter letzt die Dimension Zeit!

Soll das jetzt heißen, daß Du in der Breite protestantisch und in der Tiefe orthodox und in der Höhe katholisch bist? :achselzuck:

Wie geht das bei den teilweise diametral entgegengesetzten Glaubensaussagen dieser drei "Gruppen" zusammen?
Pilgerer hat geschrieben:Die "entweder ... oder ..."-Sichtweise greift zu kurz, denn oft passt eher das "sowohl ... als auch ..."
Letztens stand in einem Papier der HIEK, daß bspw. im Luthertum die Lehre vom freien Willen abgelehnt wird. Die Katholiken lehren nun aber den freien Willen des Menschen.

Nun kann der Mensch logischerweise aber nicht zugleich einen freien und einen unfreien Willen haben!
Wie funktioniert das in solchen Punkten mit Deinem "sowohl-als auch"? :hmm:

Pilgerer
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Pilgerer »

Raphael hat geschrieben:Nun, das ist zwar eine Antwort, jedoch keine auf die zuvor gestellte Frage! :roll:

Deine bisherigen Einlassungen hier im Forum, lassen nur den Schluß zu, daß Du dem sola-scriptura-Bereich des Christentums entstammst; mithin Protestant bist.
Da bedarf es doch schon vom ganzen Lebensentwurf her einer Schriftstelle, um bestimmte Haltungen zu begründen. Welche ist es bei Dir?
Die Wahrheit ist aus der Sicht der Menschen nach dem Zeugnis der Schrift Jesus Christus. Er ist als Person die Wahrheit. Das sagt Er selbst in jener Stelle im Johannes-Evangelium, aber das wird z.B. auch dadurch deutlich, dass alles in der Welt vom Logos geschaffen ist und alles nur wegen Seinem Befehl existiert. Paulus schreibt:
"Gott ... will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.
5 Denn es ist "ein" Gott und "ein" Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus (1. Tim 2,4-5)

An sich ist der dreieinige Gott "die Wahrheit", aber wir Sünder können sie nur erkennen durch Jesus, der unsere sündige Gestalt auf Sich nahm und damit den Ewigen Gott in unserer Mitte offenbarte. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt der Versöhnung zwischen Gott und Mensch.
Was bedeutet es nun, dass Jesus die Wahrheit ist? Er enthält eine unendliche Fülle an Wahrheits-"Elementen", aus denen sich wahre Aussagen ableiten lassen. Doch sind alle Wahrheitsaussagen für sich genommen unvollständig, solange die Bindung an Gott (Jesus) fehlt. Erst die Bindung an Gott macht ein wahres Wort wirklich wahr. Wer nun unter der Voraussetzung der Gottesbindung heraus zu theologischen Einsichten kommt, sei es durch die Lesung der Heiligen Schrift, durch apostolische und kirchliche Überlieferungen, durch eigene Spekulationen oder mystische Erfahrungen, kommt aufgrund der Gottesbindung immer zu wahren Einsichten und Aussagen.
Darum können Aussagen, die nach allgemeiner Logik einander widersprechen, zugleich wahr sein.
(das findet dort seine Grenzen, wo der Glaube an Jesus und die Trinität defizitär ist oder wo die Christus-/Gottesbindung fehlt)
Nebulös sind Deine Worte! :pfeif:

Die Wirklichkeit umfaßt gemeinhin vier Dimensionen: Höhe, Tiefe, Breite und zu guter letzt die Dimension Zeit!

Soll das jetzt heißen, daß Du in der Breite protestantisch und in der Tiefe orthodox und in der Höhe katholisch bist? :achselzuck:

Wie geht das bei den teilweise diametral entgegengesetzten Glaubensaussagen dieser drei "Gruppen" zusammen?
Gott definiert, was die Wirklichkeit ist, und auch der Leib Christi enthält mehr Dimensionen, als wir uns das allgemeinhin vorstellen.
Raphael hat geschrieben:Letztens stand in einem Papier der HIEK, daß bspw. im Luthertum die Lehre vom freien Willen abgelehnt wird. Die Katholiken lehren nun aber den freien Willen des Menschen.

Nun kann der Mensch logischerweise aber nicht zugleich einen freien und einen unfreien Willen haben!
Wie funktioniert das in solchen Punkten mit Deinem "sowohl-als auch"? :hmm:
In dem Moment, wo sie an Jesus festhalten, sind beide Lehren gleichzeitig wahr - durch den HERRN, der die Wahrheit ist.
"wer isst, der isst im Blick auf den Herrn, denn er dankt Gott; und wer nicht isst, der isst im Blick auf den Herrn nicht und dankt Gott auch.
7 Denn unser keiner lebt sich selber, und keiner stirbt sich selber.
8 Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum: wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn." (Römer 14,6-8)
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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ChrisCross
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von ChrisCross »

Pilgerer hat geschrieben:Darum können Aussagen, die nach allgemeiner Logik einander widersprechen, zugleich wahr sein.
Lieber Pilgerer, du schreibst zuvor etwas vor Einsicht und nennst diese Einsicht das Sehen der Dinge im Lichte Gottes. Nun kommst du aber darauf, dass diese Einsicht mehrere mögliche Eindrücke (du bezeichnest sie als wahr) veranlasse, die einander zwar widersprechen, aber im Sinne des Glaubens dennoch gültig wären.

Nun bitte ich dich, einmal nachzudenken, ob es denn nun so ist, dass wir an die Realität, die uns nach dieser Vorstellung nicht erschließbar und richtig erkennbar ist, die Begriffe und Ideen herantragen, und somit tatsächlich eine Einsicht mehere Ergebnisse haben kann, wie du es schreibst, oder ob nicht vielmehr die Realität an uns die Begriffe und Ideen heranrägt, die wir an ihr wahrnehmen: Und wenn es so ist, kann es dann nicht nur eine Wahrheit geben, da es ja auch nur eine Realität gibt, der die Begriffe und Erkenntnisse entnommen werden? Denn wahr ist, worin Erkenntnis und Sein übereinstimmen. Was du also vorlegst, ist gar keine echte Wahrheit, sondern eine Abschottung von der Realität, ja auch von Gott selbst als höchster Wirklichkeit, der man dann die eigenen Vorstellungen aufdrückt, statt zu schauen und gläubig zu erkennen und anzunehmen. Jede gesunde Vernunft, ja besonders auch jeder Glaube, der ja von Gott kommt, werden damit unmöglich gemacht, kann ich doch nicht eines annehmen, indem ich mich der Gnade Gottes, ja seinem Willen im Glaubensakt unterwerfen soll, und zugleich keine echte Entscheidung für Gott treffe, indem ich weder die Offenbarung annehme, da ich mir die andere Möglichkeit, die ich an die Realität herantrage, offenhalte und so alles gleichgültig lassen werde, noch so mit allem Ernst verwerfe, wovon Gott uns erlösen will, nämlich der Lüge und all ihren Folgen.

Ich weiß natürlich auch, dass du im Folgesatz und auch schon zuvor einschränkst, wofür du den Satz vom Widerspruch aushebeln willst, aber letztendlich sitzt du hier einem Grundirrtum der neuzeitlichen Philosophie auf, die seit Kant die Begriffe an die Dinge herantragen will, sich deren Wesen aber so verschliest: Wie kann ein Christ ein solches Denken annehmen, trennt es ihn doch völlig von Gottes Schöpfung und ihrem Schöpfer, indem es alles zu Produkten des eigenen Oberstübchens macht, und so jede Bewunderung der Schöpfung, jede Offenbarung und jeden Glauben, ja selbst die selige Schau Gottes ausschließt? Soll das wirklich der Weg sein, den wir gehen müssen? Ewig abgeschottet vom Wesen der Dinge, vom Wesen Gottes, dieser absoluten und ganz und gar einfachen Wahrheit in höchster Vollkommenheit, in der unsere eigene Erlösung zu finden ist?
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1

Raphael

Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Raphael »

Pilgerer hat geschrieben:In dem Moment, wo sie an Jesus festhalten, sind beide Lehren gleichzeitig wahr - durch den HERRN, der die Wahrheit ist.
"wer isst, der isst im Blick auf den Herrn, denn er dankt Gott; und wer nicht isst, der isst im Blick auf den Herrn nicht und dankt Gott auch.
7 Denn unser keiner lebt sich selber, und keiner stirbt sich selber.
8 Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum: wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn." (Römer 14,6-8)
Nun, der Hl. Paulus schreibt an die Korinther:
Denn Gottes Sohn Jesus Christus, ........ ist nicht als Ja und Nein zugleich gekommen; in ihm ist das Ja verwirklicht.
(2 Kor 1, 19)

Mir erscheint dieses Verschieben der logischen Widersprüche in die Person Jesus Christus nur eine scheinbar elegante Lösung zu sein, denn sie widerspricht der Lehre des Völkerapostels. Daß Protestanten aus diesem "Denkmodell" eine ganze "dialektische Theologie" gemacht haben, bestärkt mich noch in der Einschätzung, daß es sich dabei um häretische Umtriebe handelt.

Pilgerer
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Pilgerer »

ChrisCross hat geschrieben:Lieber Pilgerer, du schreibst zuvor etwas vor Einsicht und nennst diese Einsicht das Sehen der Dinge im Lichte Gottes. Nun kommst du aber darauf, dass diese Einsicht mehrere mögliche Eindrücke (du bezeichnest sie als wahr) veranlasse, die einander zwar widersprechen, aber im Sinne des Glaubens dennoch gültig wären.
Für die Christen, die in der Gottesbindung stehen, gilt: "ihr wisst, dass er erschienen ist, damit er die Sünden wegnehme, und in ihm ist keine Sünde. 6 Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht; wer sündigt, der hat ihn nicht gesehen und nicht erkannt. ... 9 Wer aus Gott geboren ist, der tut keine Sünde; denn Gottes Kinder bleiben in ihm und können nicht sündigen; denn sie sind von Gott geboren." (1. Johannes 3)

Die Bindung an Gott führt hiernach nicht nur zur Rechtfertigung, sondern auch zu mehr Gerechtigkeit und folglich auch zu mehr Wahrheit. Es ist darum nicht möglich, dass jemand der sich richtig an Jesus (und dadurch an Gott) hält, gleichzeitig unwahre Dinge glaubt. Der Glaube an den dreieinigen Gott (oder besser: die Beziehung zu Ihm) schützt vor echten Irrtümern und echter Sünde.
Wo sichtbar wird, dass der christliche Glaube Menschen verändert hat, können wir davon ausgehen, dass ihre Glaubensinhalte wahr sind. Denn wenn Gott sie schon heiligt, dann wird Er vor ihren theologischen Erkenntnissen nicht Halt machen.

Bei den Widersprüchen zwischen den trinitarischen christlichen Konfessionen gehe ich davon aus, dass jeder auf seine Weise recht hat. Unter einem bestimmten Blickwinkel lässt sich z.B. der freie Wille bejahen, aber unter einem anderen Blickwinkel auch verneinen. Wenn schon das Wesen Christi nicht durch eigenes Nachdenken, sondern durch die Hingabe des Verstandes an Gottes Weisheit verstanden wird, dann gilt das ähnlich auch für die anderen Dinge des Glaubens. Das vollendete theologische Denken ist nicht mehr isoliertes individualistisches Denken des Einzelnen oder der Gemeinden, sondern es ist eins mit dem Denken Gottes. Erst die Anbindung der menschlichen Vernunft an die göttliche macht erstere eins mit dem "Leib Gottes" und verwirklicht den Leib Christi.

Weil dies in der Kirchengeschichte praktisch selten zur Vollendung kommt, sind die einzelnen konfessionellen Bekenntnisse zwar wahr, aber für sich nicht die ganze Wahrheit. Vor der Aufsplitterung der Einen Kirche in verschiedene Kirchen, Konfessionen etc. war die römisch-katholisch-orthodoxe Kirche im Besitz der ganzen absoluten Wahrheit, denn sie war noch deckungsgleich mit der einen heiligen apostolischen Kirche. Mit der Trennung voneinander geschah auch eine Trennung von der Fülle, die im ganzen Leib Christi besteht. D.h. die Kirchenspaltungen haben allen geschadet und ihnen die Fähigkeit genommen, die volle absolute Wahrheit des christlichen Glaubens zu haben. In den Punkten, in denen sich die Kirchen und Konfessionen einig sind, gibt es eine absolute sachliche Wahrheit. In den anderen Punkten, in denen Uneinigkeit besteht, gibt es vorläufig nur relative Wahrheiten.

Unter dem Strich lässt sich das ganze Christentum und die Kirche in einem Namen zusammen fassen: Jesus Christus. Er ist die Kirche, Er ist die Theologie, das Gesetz, die Tradition, die absolute Wahrheit, das Heil. Darum kommt es darauf an, Ihn zu haben, um auch die absolute Wahrheit zu haben. Ohne Ihn und den Heiligen Geist sind die absoluten sachlichen Wahrheiten wirkungslos. Trotzdem führt das "Christus haben" allmählich zur Erkenntnis von sachlichen Wahrheiten, die zu absoluten sachlichen Wahrheiten hinführen. Wir müssen also unterscheiden zwischen jenen Christen-Gemeinden, die in der Kraft Christi stehen und jenen, die trocken gefallen sind.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Reinhard
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Reinhard »

Pilgerer hat geschrieben:Wo sichtbar wird, dass der christliche Glaube Menschen verändert hat, können wir davon ausgehen, dass ihre Glaubensinhalte wahr sind.
Da ziehst Du aber einen sehr heiklen Schluss !

Es ist wahr, dass Gott regelmäßig "auf krummen Linien gerade schreibt", aber deswegen bleiben die Linien doch immer noch krumm ?
Anders gesagt: die Gnade Gottes, auch Menschen in ihren Irrtümern anzurühren, hebt die Irrtümer doch nicht auf ?!

Da machst Du es Dir zu billig, wenn Du Gottes Gnade als Kronzeugen für die Richtigkeit beliebiger Thesen vor deinen Karren spannen willst.

Raphael

Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Raphael »

@ Pilgerer
Pilgerer hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:Lieber Pilgerer, du schreibst zuvor etwas vor Einsicht und nennst diese Einsicht das Sehen der Dinge im Lichte Gottes. Nun kommst du aber darauf, dass diese Einsicht mehrere mögliche Eindrücke (du bezeichnest sie als wahr) veranlasse, die einander zwar widersprechen, aber im Sinne des Glaubens dennoch gültig wären.
Für die Christen, die in der Gottesbindung stehen, gilt: "ihr wisst, dass er erschienen ist, damit er die Sünden wegnehme, und in ihm ist keine Sünde. 6 Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht; wer sündigt, der hat ihn nicht gesehen und nicht erkannt. ... 9 Wer aus Gott geboren ist, der tut keine Sünde; denn Gottes Kinder bleiben in ihm und können nicht sündigen; denn sie sind von Gott geboren." (1. Johannes 3)
Hier suggerierst Du eine Lesart für diese Textpassage der Hl. Schrift, die in der Tat zur Häresie der Heilsgewißheit führen kann! :daumen-runter:
Der Fehler ist, diese Stelle als eine Ist-Beschreibung zu lesen und nicht - wie vom Apostel intendiert - als eine Soll-Vorgabe, eine ernstliche Ermahnung an die Jünger Christi.

Pilgerer hat geschrieben:Die Bindung an Gott führt hiernach nicht nur zur Rechtfertigung, sondern auch zu mehr Gerechtigkeit und folglich auch zu mehr Wahrheit. Es ist darum nicht möglich, dass jemand der sich richtig an Jesus (und dadurch an Gott) hält, gleichzeitig unwahre Dinge glaubt. Der Glaube an den dreieinigen Gott (oder besser: die Beziehung zu Ihm) schützt vor echten Irrtümern und echter Sünde.
Die Lehre Luthers und in dessen Nachfolge des Luthertums zur Willensfreiheit des Menschen widerlegt diese Deine Einlassung!
Pilgerer hat geschrieben:Wo sichtbar wird, dass der christliche Glaube Menschen verändert hat, können wir davon ausgehen, dass ihre Glaubensinhalte wahr sind. Denn wenn Gott sie schon heiligt, dann wird Er vor ihren theologischen Erkenntnissen nicht Halt machen.
Siehe die reinhard'sche Anmerkung!
Pilgerer hat geschrieben:Bei den Widersprüchen zwischen den trinitarischen christlichen Konfessionen gehe ich davon aus, dass jeder auf seine Weise recht hat. Unter einem bestimmten Blickwinkel lässt sich z.B. der freie Wille bejahen, aber unter einem anderen Blickwinkel auch verneinen. Wenn schon das Wesen Christi nicht durch eigenes Nachdenken, sondern durch die Hingabe des Verstandes an Gottes Weisheit verstanden wird, dann gilt das ähnlich auch für die anderen Dinge des Glaubens. Das vollendete theologische Denken ist nicht mehr isoliertes individualistisches Denken des Einzelnen oder der Gemeinden, sondern es ist eins mit dem Denken Gottes. Erst die Anbindung der menschlichen Vernunft an die göttliche macht erstere eins mit dem "Leib Gottes" und verwirklicht den Leib Christi.
Der trinitarische Glaube ist nicht selbstwidersprüchlich!
Daher können mit ihm auch nicht die Widersprüche zwischen der Kirche und anderen Glaubensgemeinschaften gerechtfertigt werden.
Pilgerer hat geschrieben:Weil dies in der Kirchengeschichte praktisch selten zur Vollendung kommt, sind die einzelnen konfessionellen Bekenntnisse zwar wahr, aber für sich nicht die ganze Wahrheit. Vor der Aufsplitterung der Einen Kirche in verschiedene Kirchen, Konfessionen etc. war die römisch-katholisch-orthodoxe Kirche im Besitz der ganzen absoluten Wahrheit, denn sie war noch deckungsgleich mit der einen heiligen apostolischen Kirche. Mit der Trennung voneinander geschah auch eine Trennung von der Fülle, die im ganzen Leib Christi besteht. D.h. die Kirchenspaltungen haben allen geschadet und ihnen die Fähigkeit genommen, die volle absolute Wahrheit des christlichen Glaubens zu haben. In den Punkten, in denen sich die Kirchen und Konfessionen einig sind, gibt es eine absolute sachliche Wahrheit. In den anderen Punkten, in denen Uneinigkeit besteht, gibt es vorläufig nur relative Wahrheiten.
Die Kirche ist niemals getrennt worden und wird sich auch in Zukunft nicht trennen.
Der Versuch, die Wahrheit zu relativieren ist zum Scheitern verurteilt, weil die Wahrheit eine ist, die in Jesus Christus ist.
Sein Auftrag ist glasklar: Ut unum sint! (Johannes 17, 21)
Pilgerer hat geschrieben:.....Wir müssen also unterscheiden zwischen jenen Christen-Gemeinden, die in der Kraft Christi stehen und jenen, die trocken gefallen sind.
Eben!
Und diese Unterscheidung wird von der Kirche kraft ihres göttlichen Auftrages vorgenommen.
Ein genaues Studium von Dominus Jesus ist daher für alle Beteiligten hilfreich.

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overkott
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von overkott »

Pilgerer hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:Lieber Pilgerer, du schreibst zuvor etwas vor Einsicht und nennst diese Einsicht das Sehen der Dinge im Lichte Gottes. Nun kommst du aber darauf, dass diese Einsicht mehrere mögliche Eindrücke (du bezeichnest sie als wahr) veranlasse, die einander zwar widersprechen, aber im Sinne des Glaubens dennoch gültig wären.
Das ist natürlich gut katholisch, Pilgerer, denn sonst könnte es in der einen Kirche ja nicht viele Gemeinden geben.
Die Bindung an Gott führt hiernach nicht nur zur Rechtfertigung, sondern auch zu mehr Gerechtigkeit und folglich auch zu mehr Wahrheit. Es ist darum nicht möglich, dass jemand der sich richtig an Jesus (und dadurch an Gott) hält, gleichzeitig unwahre Dinge glaubt. Der Glaube an den dreieinigen Gott (oder besser: die Beziehung zu Ihm) schützt vor echten Irrtümern und echter Sünde.
Das ist katholisch.
Wo sichtbar wird, dass der christliche Glaube Menschen verändert hat, können wir davon ausgehen, dass ihre Glaubensinhalte wahr sind.
Dem hat Christus widersprochen. Denn er hat die kritisiert, die sichtbar die Gesetze halten, in ihrem Herzen jedoch weit weg sind.
Bei den Widersprüchen zwischen den trinitarischen christlichen Konfessionen gehe ich davon aus, dass jeder auf seine Weise recht hat.
Christus hat den fremden Wundertäter machen lassen.
Unter einem bestimmten Blickwinkel lässt sich z.B. der freie Wille bejahen, aber unter einem anderen Blickwinkel auch verneinen.
Wirklich freien Willen hat nur Gott, sein Ebenbild der Mensch hat einen relativ freien Willen.
Wenn schon das Wesen Christi nicht durch eigenes Nachdenken,
Wer Gott gemäß den Schriften als Guten versteht, kann gemäß den Schriften durch eigenes Nachdenken ebenfalls erkennen, dass Christus in seinem Wesen mit dem Vater eins ist, da er erfüllt vom gleichen Geist seinen Willen macht.
sondern durch die Hingabe des Verstandes an Gottes Weisheit verstanden wird,
Das ist katholisch. Denn man muss Gott bejahen, wenn man seine Weisheit nachvollziehen möchte.
dann gilt das ähnlich auch für die anderen Dinge des Glaubens. Das vollendete theologische Denken ist nicht mehr isoliertes individualistisches Denken des Einzelnen oder der Gemeinden, sondern es ist eins mit dem Denken Gottes. Erst die Anbindung der menschlichen Vernunft an die göttliche macht erstere eins mit dem "Leib Gottes" und verwirklicht den Leib Christi.
Das ist katholisch.
Weil dies in der Kirchengeschichte praktisch selten zur Vollendung kommt, sind die einzelnen konfessionellen Bekenntnisse zwar wahr, aber für sich nicht die ganze Wahrheit.
Wir dürfen darauf vertrauen, dass die katholische Wahrheit dort aufleuchtet, wo gemäß Offenbarung und Tradition Einheit und Frieden besteht. Wir glauben nicht an die Summe der Bekenntnisse.
Vor der Aufsplitterung der Einen Kirche in verschiedene Kirchen, Konfessionen etc. war die römisch-katholisch-orthodoxe Kirche im Besitz der ganzen absoluten Wahrheit, denn sie war noch deckungsgleich mit der einen heiligen apostolischen Kirche. Mit der Trennung voneinander geschah auch eine Trennung von der Fülle, die im ganzen Leib Christi besteht. D.h. die Kirchenspaltungen haben allen geschadet und ihnen die Fähigkeit genommen, die volle absolute Wahrheit des christlichen Glaubens zu haben.
Wo ein Glied vom Leib Christi abfällt, leiden alle Glieder mit.
In den Punkten, in denen sich die Kirchen und Konfessionen einig sind, gibt es eine absolute sachliche Wahrheit.
Wir glauben personal, nicht sachlich. Gott ist Subjekt der Schöpfung, nicht Objekt.
In den anderen Punkten, in denen Uneinigkeit besteht, gibt es vorläufig nur relative Wahrheiten.
Als Katholiken dürfen wir darauf vertrauen, dass der Leib Christi in der katholischen Kirche sichtbar ist, aber als geistlicher Leib über die Grenzen des sichtbaren hinausgeht.
Unter dem Strich lässt sich das ganze Christentum und die Kirche in einem Namen zusammen fassen: Jesus Christus.
Weil dieser auf den heiligen Petrus seine Kirche gebaut hat, bleiben wir der apostolischen Tradition treu, ohne andere zu richten.

Raphael

Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Unter dem Strich lässt sich das ganze Christentum und die Kirche in einem Namen zusammen fassen: Jesus Christus.
Weil dieser auf den heiligen Petrus seine Kirche gebaut hat, bleiben wir der apostolischen Tradition treu, ohne andere zu richten.
Diese Treue hat wiederum ihren Grund in der Liebe Jesu Christi, denn ER drängt uns, wie der Völkerapostel in 2 Kor 5, 14 ff. lehrt!

Pilgerer
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Pilgerer »

Reinhard hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Wo sichtbar wird, dass der christliche Glaube Menschen verändert hat, können wir davon ausgehen, dass ihre Glaubensinhalte wahr sind.
Da ziehst Du aber einen sehr heiklen Schluss !

Es ist wahr, dass Gott regelmäßig "auf krummen Linien gerade schreibt", aber deswegen bleiben die Linien doch immer noch krumm ?
Anders gesagt: die Gnade Gottes, auch Menschen in ihren Irrtümern anzurühren, hebt die Irrtümer doch nicht auf ?!

Da machst Du es Dir zu billig, wenn Du Gottes Gnade als Kronzeugen für die Richtigkeit beliebiger Thesen vor deinen Karren spannen willst.
Wo Gott durch Jesus Christus auf Menschen einwirkt, sie verändert, wird Er sie auch der Wahrheit entgegen führen. Jesus ist die Wahrheit, und wer Ihn empfängt, ist gerechtfertigt und hat das "Samenkorn der Wahrheit" in sich. Von diesem Samenkorn lassen sich viele Wahrheiten ableiten, die so vielfältig sind wie der HERR ewig ist. Zugleich verbietet das Festhalten an der Verbindung zum HERRN ganz automatisch bestimmte Irrwege. Es ist unmöglich, gleichzeitig den HERRN in der Anbetung, im Lobpreis oder wie auch immer zu sehen und in relevanten Fragen zu irren. Das "Angesicht des HERRN", das wir suchen sollen und das gemäß dem aaronitischen Segen über uns ist, schützt davor.
Vielleicht stimmt es, dass die eine oder andere Konfession Irrtümer begeht. Doch wenn sie den lebendigen, auferstandenen HERRN Jesus in ihre Herzen und Seelen aufnehmen, zählen die Irrtümer nicht mehr. Denn nicht "mein Werk" oder "mein Glaube" rettet mich, sondern Gott, wie ja auch der Name Jesu bedeutet: "Gott rettet". Weil nun die RKK, die Orthodoxe Kirche, die Orientalischen Kirchen, die christozentrischen protestantischen und evangelikalen Gemeinden Ihn aufnehmen, haben sie jene kostbare Perle, von der Jesus in Matthäus 13,44-46 spricht:
"Vom Schatz im Acker und der kostbaren Perle
44 Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker.
45 Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte,
46 und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie."

Das Reich Gottes besteht in der unbefleckten Gemeinschaft oder Beziehung mit Gott. Diese wird durch den Hohepriester Jesus Christus erreicht, sodass wir jetzt schon das Reich Gottes erfahren können und nach seiner Art umgestaltet werden. Doch haben wir im dreieinigen Gott den größen Schatz und die größte Belohnung, die es je geben kann. Ein Paradies ohne ihn ist nicht möglich. Jeder Ort, ob Paradies, Wüste oder Hölle wäre aber "paradiesisch" mit Ihm. Aus diesem Grund kann Er auch im Fall dass eine Gemeinschaft von Christen in irgendetwas irrt, dennoch die Wahrheit wachsen lassen.

Im Fall der Willensfreiheit passen die katholische und die protestantische Sichtweise durchaus zusammen, soweit ich es überblicken kann. Sie verwenden diesen Begriff für zwei unterschiedliche Momente. Der katholische Gebrauch der Willensfreiheit zielt auf die Entscheidung zwischen guten und bösen Motiven ab. Dass Menschen auch ohne christlichen Glauben gutes tun können, bezweifeln Protestanten nicht. Insofern können Protestanten eigentlich die Willensfreiheit im katholischen Sinn unterschreiben. Was Protestanten aber bezweifeln, ist dass ein Mensch aus eigener Kraft das Perfekte wählen kann, was ihn in den Himmel bringt. Kann ein Heide oder Jude sich dafür entscheiden, perfekt und ohne Sünde zu leben? Viele versuchen es, aber sie finden die Perfektion nicht. Darum fehlt ihnen auch die Möglichkeit, sich für etwas zu entscheiden, was sie nicht kennen. Es wäre aber die Perfektion der Werke und des Willens notwendig, um in den Himmel zu kommen. Weil das kein Mensch aus eigener Kraft schafft, kam ihnen Gott zu Hilfe, indem Er seinen Sohn sandte und allen, die an ihn glauben, die göttliche Vollkommenheit schenkte. Erst durch die Beziehung oder Gemeinschaft mit Gott werden die Menschen "ganze Menschen" nach dem Ebenbild Gottes und können, wenn sie wollen, die Gerechtigkeit Gottes in ihren Taten wirken lassen.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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ChrisCross
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von ChrisCross »

Es besteht überhaupt keine Garantie darauf, dass diejenigen, die Gutes tun, auch den rechten Glauben haben. Solches spricht schon der Herr in aller Deutlichkeit aus:
Matthäus, Kapitel 7, hat geschrieben:22 Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen böse Geister ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viele Wunder getan?
23 Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie gekannt; weicht von mir, ihr Übeltäter!
Dass sich der Herr einzelner Unwürdige bedient, um Gutes und Großes zu tun, ist nicht neu, und sollte uns darum auch immer wachsam dafür halten, dass ein Wunder erst am Glauben geprüft werden muss und nicht der Glaube am Wunder.
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1

Pilgerer
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Pilgerer »

ChrisCross hat geschrieben:Es besteht überhaupt keine Garantie darauf, dass diejenigen, die Gutes tun, auch den rechten Glauben haben. Solches spricht schon der Herr in aller Deutlichkeit aus:
Matthäus, Kapitel 7, hat geschrieben:22 Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen böse Geister ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viele Wunder getan?
23 Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie gekannt; weicht von mir, ihr Übeltäter!
Dass sich der Herr einzelner Unwürdige bedient, um Gutes und Großes zu tun, ist nicht neu, und sollte uns darum auch immer wachsam dafür halten, dass ein Wunder erst am Glauben geprüft werden muss und nicht der Glaube am Wunder.
Der Glaube ist Voraussetzung für die Werke der Vollkommenheit, d.h. Werke, die für den Himmel qualifizieren. Das Gute, was andere ohne Glauben tun können, kann diese Vollkommenheit nicht erreichen. Es kann höchstens eine Grundlage dafür sein, dass jemand sich für das Leben mit Jesus Christus entscheiden kann, wie Johannes zur Nikodemus-Geschichte erklärt: "20 Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden 21 Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind." (Johannes 3,20-21)
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Raphael

Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

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Pilgerer hat geschrieben:Der Glaube ist Voraussetzung für die Werke der Vollkommenheit, d.h. Werke, die für den Himmel qualifizieren. Das Gute, was andere ohne Glauben tun können, kann diese Vollkommenheit nicht erreichen.
Und ich dachte bislang, ausnahmslos alle Protestanten hätten etwas gegen Werkgerechtigkeit. :roll:

Man lernt halt nie aus! :nuckel:

Pilgerer
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Pilgerer »

Raphael hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Der Glaube ist Voraussetzung für die Werke der Vollkommenheit, d.h. Werke, die für den Himmel qualifizieren. Das Gute, was andere ohne Glauben tun können, kann diese Vollkommenheit nicht erreichen.
Und ich dachte bislang, ausnahmslos alle Protestanten hätten etwas gegen Werkgerechtigkeit. :roll:

Man lernt halt nie aus! :nuckel:
Die strenge Kirchenzucht der Calvinisten begründete sich gerade darin, dass sie der Ansicht waren, dass wer den vollen christlichen Glauben hat, infolgedessen die Gesetze einhält. Wer dagegen unordentlich lebt, hat nach ihrer Ansicht nach auch keinen richtigen Glauben und ist nicht von Gott gerettet. Das ist "Sola gratia" und "Sola fide", aber in der Gestalt der Werke sichtbar werdende "gratia". Dazu Zitate aus dem Westminster Bekenntnis:
Artikel 16.2
Diese guten Werke, getan im Gehorsam gegen Gottes Gebote, sind die Früchte und sichtbaren Folgen eines wahren und lebendigen Glaubens. ... Ihre Fähigkeit, Gutes zu tun, stammt keineswegs von ihnen selbst, sondern gänzlich vom Geist Christi. Damit sie dazu befähigt werden, ist neben den bereits empfangenen Gnadengaben (WB 9,4; 10,2; 17,2) ein direkter Einfluß desselben Heiligen Geistes erforderlich, um in ihnen das Wollen und das Vollbringen nach seinem Wohlgefallen zu wirken. Doch dürfen sie dadurch nicht nachlässig werden, als ob sie keinerlei Aufgaben zu erfüllen hätten, außer auf ein besonderes Zeichen des Geistes hin; sondern sie sollen eifrig die Gnade Gottes entfachen, die in ihnen ist.

Artikel 19.5
Das Sittengesetz verpflichtet für immer alle Menschen, seien sie gerechtfertigt oder nicht, zum Gehorsam – und zwar nicht nur im Hinblick auf die in ihm enthaltenen Dinge, sondern auch im Hinblick auf die Autorität Gottes, des Schöpfers, der es gegeben hat. Diese Verpflichtung löst Christus im Evangelium auch nicht irgendwie auf, sondern verstärkt sie vielmehr.

Artikel 19.7
Ebensowenig steht die zuvor erwähnte Anwendung des Gesetzes im Widerspruch zur Gnade des Evangeliums; vielmehr stimmt sie damit harmonisch überein, indem der Geist Christi den Willen des Menschen anleitet und befähigt, das freiwillig und mit Freude zu tun, was der im Gesetz geoffenbarte Wille Gottes zu tun erfordert.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Raphael

Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Raphael »

Pilgerer hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Der Glaube ist Voraussetzung für die Werke der Vollkommenheit, d.h. Werke, die für den Himmel qualifizieren. Das Gute, was andere ohne Glauben tun können, kann diese Vollkommenheit nicht erreichen.
Und ich dachte bislang, ausnahmslos alle Protestanten hätten etwas gegen Werkgerechtigkeit. :roll:

Man lernt halt nie aus! :nuckel:
Die strenge Kirchenzucht der Calvinisten begründete sich gerade darin, dass sie der Ansicht waren, dass wer den vollen christlichen Glauben hat, infolgedessen die Gesetze einhält. Wer dagegen unordentlich lebt, hat nach ihrer Ansicht nach auch keinen richtigen Glauben und ist nicht von Gott gerettet. Das ist "Sola gratia" und "Sola fide", aber in der Gestalt der Werke sichtbar werdende "gratia". Dazu Zitate aus dem Westminster Bekenntnis:
....
Nun, diese theoretische Fundierung der protestantischen Arbeitsethik, wie sie dann später von Max Weber in seinem Werk Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus weiter ausdifferenziert wurde, war mir wohl schon bekannt. :doktor:

Nur bleibt Calvin jedoch da nicht stehen, sondern verbindet diese Arbeitsethik über die Prädestinationslehre mit dem weltlichen Erfolg des (reformiert) Gläubigen und kommt dann zum Ergebnis, daß ein reicher Mann auch ein vor Gott guter Mann sein müsse.
Gott belohnt gleichsam schon in diesem Leben. :roll:
(Nicht umsonst wurde Genf zum zentralen Bankenplatz. :pirat: )

Damit wird die biblische Botschaft auf den Kopf gestellt und Calvin zum Häretiker. :irritiert:
Er nimmt einige Körner des Evangeliums auf und backt daraus ein unbekömmliches Brot, das zwar zum irdischen Leben reicht, aber nicht für den Himmel qualifiziert. :nein:

Pilgerer
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Raphael hat geschrieben:Nun, diese theoretische Fundierung der protestantischen Arbeitsethik, wie sie dann später von Max Weber in seinem Werk Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus weiter ausdifferenziert wurde, war mir wohl schon bekannt.
Man muss da schon etwas genauer hinschauen. Ich bin kein Calvinist, aber ich befürworte, sich wirklich mit Calvin soweit auseinander zu setzen, dass falsche Vorstellungen über ihn vermeiden werden. Das was ich oben zitiert habe, bezieht sich auf die gesamte Lebensethik, so zum Beispiel das Vermeiden von Unzucht oder anderen Lastern. Calvin geht es um die Gebote, die in der Bibel enthalten sind, und dass sie erst durch den christlichen Glauben so umgesetzt werden können, dass sie Gott erfreuen. Das ähnelt dem, was ich oben schrieb: dass der christliche Glaube den Weg für die vollkommenen Werke ebnet. "5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun." (Johannes 15,5)
Die klassischen Evangelikalen haben die harte Prädestinationslehre Calvins verworfen und den freien Willen wieder entdeckt. Sie gehen davon aus, dass es aus freiem Willen eine Bekehrung und damit zusammen hängende "Wiedergeburt" gibt. Diese Wiedergeburt macht einen Heiden zum Christen. Darum ist ihr Gebrauch des Wortes "Christ" anders als sonst. Sie gehen davon aus, dass mit der Wiedergeburt Gott im Leben eines Menschen einzieht, es völlig umkrempelt und ihn rettet. Von Calvin haben sie noch als Erbe erhalten, dass die Rettung durch die "Früchte des Geistes" sichtbar wird - nicht als Voraussetzung, sondern Folge der Rettung.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

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Pilgerer hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Nun, diese theoretische Fundierung der protestantischen Arbeitsethik, wie sie dann später von Max Weber in seinem Werk Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus weiter ausdifferenziert wurde, war mir wohl schon bekannt.
Man muss da schon etwas genauer hinschauen.
Nun das hat die Kirche ja getan und die Theologie des Calvin einer akribischen Untersuchung unterzogen. Zu welchem Urteil sie gekommen ist, dürfte Dir bekannt sein.
Die Begründung dafür en detail aufzuführen, ist hier in diesem Forum IMHO nicht erforderlich.
Pilgerer hat geschrieben:Ich bin kein Calvinist, aber ich befürworte, sich wirklich mit Calvin soweit auseinander zu setzen, dass falsche Vorstellungen über ihn vermeiden werden.
Bislang hat Du es vermieden, die Denomination anzugeben, der Du Dich zugehörig fühlst.
Ist Dir Dein protestantischer Bekennermut abhanden gekommen? :pfeif:
Pilgerer hat geschrieben:Das was ich oben zitiert habe, bezieht sich auf die gesamte Lebensethik, so zum Beispiel das Vermeiden von Unzucht oder anderen Lastern. Calvin geht es um die Gebote, die in der Bibel enthalten sind, und dass sie erst durch den christlichen Glauben so umgesetzt werden können, dass sie Gott erfreuen. Das ähnelt dem, was ich oben schrieb: dass der christliche Glaube den Weg für die vollkommenen Werke ebnet. "5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun." (Johannes 15,5)
So wahr diese Aussage von Jesus ist, allein da fehlt noch die Brücke zu den "vollkommenen Werke", von denen Du schreibst! 8)
Gib doch 'mal ein Beispiel, was Du unter einem "vollkommenen Werk" verstehen würdest. Bislang bleibst Du im abstrakt unverbindlichen ............
Pilgerer hat geschrieben:Die klassischen Evangelikalen haben die harte Prädestinationslehre Calvins verworfen und den freien Willen wieder entdeckt. Sie gehen davon aus, dass es aus freiem Willen eine Bekehrung und damit zusammen hängende "Wiedergeburt" gibt. Diese Wiedergeburt macht einen Heiden zum Christen. Darum ist ihr Gebrauch des Wortes "Christ" anders als sonst. Sie gehen davon aus, dass mit der Wiedergeburt Gott im Leben eines Menschen einzieht, es völlig umkrempelt und ihn rettet. Von Calvin haben sie noch als Erbe erhalten, dass die Rettung durch die "Früchte des Geistes" sichtbar wird - nicht als Voraussetzung, sondern Folge der Rettung.
Ja, damit wird ein Problem geschildert, was man als Katholik mit den protestantischen Denominationen hat: :roll:
Der Calvin hat was gelehrt, seine Epigonen behaupten aber plötzlich, das sei alles gar nicht so wichtig. Eigentlich sei es sogar genau umgekehrt.
Ja watt denn nu? :detektiv:

Pilgerer
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Pilgerer »

Raphael hat geschrieben:Nun das hat die Kirche ja getan und die Theologie des Calvin einer akribischen Untersuchung unterzogen. Zu welchem Urteil sie gekommen ist, dürfte Dir bekannt sein.
Die Theologie Calvins oder des "schweizerischen Protestantismus" ist ein hartes Brot. Sie zeigt aber, dass Werke für Protestanten nicht bedeutungslos sind. Bei Luther findet sich in etwas anderer Form eine Würdigung von guten Werken.
Raphael hat geschrieben:Bislang hat Du es vermieden, die Denomination anzugeben, der Du Dich zugehörig fühlst.
Getauft und konfirmiert bin ich in einer evangelischen unierten Kirche, aber die christliche Sozialisation geschah überwiegend durch andere Quellen/Einflüsse. Daher bin ich kein radikaler "Parteigänger", sondern zuerst Christ. Es ist möglich, dass sich an meiner konfessionellen Bindung noch etwas ändert, wenn es im Sinn meines gewählten Benutzernamens ist.
Raphael hat geschrieben:So wahr diese Aussage von Jesus ist, allein da fehlt noch die Brücke zu den "vollkommenen Werke", von denen Du schreibst! 8)
Gib doch 'mal ein Beispiel, was Du unter einem "vollkommenen Werk" verstehen würdest. Bislang bleibst Du im abstrakt unverbindlichen ............
Wenn wir auf Jesus Christus schauen, durch diesen Blick mit Gott versöhnt werden und zu wahrer Menschenliebe entzündet werden, sind unsere barmherzigen Werke vollkommen: Sie bewirken Gutes und haben zugleich die gute Einstellung, die Gott sich wünscht. Ein gutes Werk mit unreiner oder böser Einstellung ist wenig wert. Wer einem Armen Geld gibt, ohne diesen oder Gott zu lieben, der bewirkt zwar etwas Gutes, aber sein Werk ist nicht vollkommen, weil die vollkommene Einstellung dazu fehlt. Typisch für die "Gesetzlichkeit" ist, etwas nur deshalb zu tun, weil es irgendwo geschrieben steht, aber ohne das Herz Gott und den Menschen zuzuwenden.
Versöhnung mit Gott bedeutet, Gott zu kennen. Es ist kein Hindernis mehr da zwischen uns und Gott. Wir können darum von der Liebe, Güte und Heiligkeit Gottes "getrieben" werden. Sie befreit uns zugleich von der Herrschaft der Leidenschaften, des Zorns, der Streitsucht etc., die unsere frommen Werke verdunkeln. Die Versöhnung mit Gott ist nötig, damit unsere Werke Gott gefallen. Wenn sie da ist, gefällt Gott jedes unserer Werke. Erinnert sei an David, als er auf dem Thron saß.
"3 Nathan sprach zu dem König: Wohlan, alles, was in deinem Herzen ist, das tu, denn der HERR ist mit dir." (2. Samuel 7,3)

Die vollkommenen Werke der Christen können aber noch weiter gehen als das normale Maß der "guten Werke": "17 Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben, sind diese: In meinem Namen werden sie böse Geister austreiben, in neuen Zungen reden, 18 Schlangen mit den Händen hochheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird's ihnen nicht schaden; auf Kranke werden sie die Hände legen, so wird's besser mit ihnen werden." (Markus 16)
All diese Zeichen sind in der Kirchengeschichte geschehen und ich vermute, dass sie auch in der Gegenwart auch mitunter noch geschehen. In der Apostelgeschiche lesen wir, wie die Apostel in der Macht Christi predigten, heilten und böse Geister austrieben. Die Versöhnung mit Gott und das "Einssein mit Christus" schaffen ein großes Potential an Werken, das die gewöhnlichen Vorstellungen übertrifft. Bei Stephanus wird offensichtlich, wie weit das gehen kann: er vergab und liebte seine Mörder, wie der HERR Jesus es tat, er betete für sie wie Jesus und nahm in gewisser Weise auch ihre Schuld auf sich. Ein bekanntes Merkmal von Stephanus war die starke Wirkung seines Gebets: es führte Saulus zur Bekehrung.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Raphael

Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Raphael »

Pilgerer hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Nun das hat die Kirche ja getan und die Theologie des Calvin einer akribischen Untersuchung unterzogen. Zu welchem Urteil sie gekommen ist, dürfte Dir bekannt sein.
Die Theologie Calvins oder des "schweizerischen Protestantismus" ist ein hartes Brot.
Nein, sie ist ein unbekömmliches Brot!
Warum, das ist weiter oben schon ausgeführt worden .........
Pilgerer hat geschrieben:Sie zeigt aber, dass Werke für Protestanten nicht bedeutungslos sind. Bei Luther findet sich in etwas anderer Form eine Würdigung von guten Werken.
Sie zeigt vor allem, daß die protestantische Polemik gegen die Katholiken, deren Glaube sei auf Werkgerechtigkeit hin ausgerichtet, besser gegen die Protestanten selber gerichtet sein sollte.
Pilgerer hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Bislang hat Du es vermieden, die Denomination anzugeben, der Du Dich zugehörig fühlst.
Getauft und konfirmiert bin ich in einer evangelischen unierten Kirche, aber die christliche Sozialisation geschah überwiegend durch andere Quellen/Einflüsse. Daher bin ich kein radikaler "Parteigänger", sondern zuerst Christ. Es ist möglich, dass sich an meiner konfessionellen Bindung noch etwas ändert, wenn es im Sinn meines gewählten Benutzernamens ist.
Dann darf ich Dich daran erinnern, daß der Weg nicht das Ziel ist, sondern das Ziel eines Weges ist es, anzukommen!
Wenn man während des Weges im Ungefähren und Willkürlichen verbleibt, dann hat man den Weg verfehlt, selbst man noch so viele christliche Vokabeln auf diesem Wege von sich gegeben hat.
Pilgerer hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:So wahr diese Aussage von Jesus ist, allein da fehlt noch die Brücke zu den "vollkommenen Werke", von denen Du schreibst! 8)
Gib doch 'mal ein Beispiel, was Du unter einem "vollkommenen Werk" verstehen würdest. Bislang bleibst Du im abstrakt unverbindlichen ............
Wenn wir auf Jesus Christus schauen, durch diesen Blick mit Gott versöhnt werden und zu wahrer Menschenliebe entzündet werden, sind unsere barmherzigen Werke vollkommen: Sie bewirken Gutes und haben zugleich die gute Einstellung, die Gott sich wünscht. Ein gutes Werk mit unreiner oder böser Einstellung ist wenig wert. Wer einem Armen Geld gibt, ohne diesen oder Gott zu lieben, der bewirkt zwar etwas Gutes, aber sein Werk ist nicht vollkommen, weil die vollkommene Einstellung dazu fehlt. Typisch für die "Gesetzlichkeit" ist, etwas nur deshalb zu tun, weil es irgendwo geschrieben steht, aber ohne das Herz Gott und den Menschen zuzuwenden.
Versöhnung mit Gott bedeutet, Gott zu kennen. Es ist kein Hindernis mehr da zwischen uns und Gott. Wir können darum von der Liebe, Güte und Heiligkeit Gottes "getrieben" werden. Sie befreit uns zugleich von der Herrschaft der Leidenschaften, des Zorns, der Streitsucht etc., die unsere frommen Werke verdunkeln. Die Versöhnung mit Gott ist nötig, damit unsere Werke Gott gefallen. Wenn sie da ist, gefällt Gott jedes unserer Werke. Erinnert sei an David, als er auf dem Thron saß.
"3 Nathan sprach zu dem König: Wohlan, alles, was in deinem Herzen ist, das tu, denn der HERR ist mit dir." (2. Samuel 7,3)

Die vollkommenen Werke der Christen können aber noch weiter gehen als das normale Maß der "guten Werke": "17 Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben, sind diese: In meinem Namen werden sie böse Geister austreiben, in neuen Zungen reden, 18 Schlangen mit den Händen hochheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird's ihnen nicht schaden; auf Kranke werden sie die Hände legen, so wird's besser mit ihnen werden." (Markus 16)
All diese Zeichen sind in der Kirchengeschichte geschehen und ich vermute, dass sie auch in der Gegenwart auch mitunter noch geschehen. In der Apostelgeschiche lesen wir, wie die Apostel in der Macht Christi predigten, heilten und böse Geister austrieben. Die Versöhnung mit Gott und das "Einssein mit Christus" schaffen ein großes Potential an Werken, das die gewöhnlichen Vorstellungen übertrifft. Bei Stephanus wird offensichtlich, wie weit das gehen kann: er vergab und liebte seine Mörder, wie der HERR Jesus es tat, er betete für sie wie Jesus und nahm in gewisser Weise auch ihre Schuld auf sich. Ein bekanntes Merkmal von Stephanus war die starke Wirkung seines Gebets: es führte Saulus zur Bekehrung.
Nun, dem letzten kann ich zustimmen: Das Werk des Erzmärtyrers Stephanus war sicherlich ein vollkommenes Werk, welches der Hl. Geist an ihm gewirkt hat.
Nur steht das IMHO in völligem Widerspruch zu den Taten der protestantischen Reformation, die sich aus unterschiedlichsten Gründen frontal gegen die Lehre der katholischen Kirche richtete.

Pilgerer
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Pilgerer »

Raphael hat geschrieben:Nein, sie ist ein unbekömmliches Brot!
Warum, das ist weiter oben schon ausgeführt worden .........
Werden wir mit unserern Vorstellungen zu Calvin denn seiner Lehre gerecht? Ich weiß nicht, ob ich sie authentisch erfasst habe. Daher bin ich vorsichtig mit negativen Urteilen. Nach meinem Geschmack ist der Calvinismus eine harte Form des Christentums, insbesondere aufgrund der ständigen Angst, evtl. dem Anspruch Gottes nicht zu genügen. Trotzdem kann ich irren.
Um zum oben besprochenen Thema zurück zu kommen: wenn ein Christ tatsächlich zu Jesus Christus findet - egal in welcher der trinitarischen Konfessionen - werden seine Irrtümer, wo immer er sie hat, relativiert und weitgehend bedeutungslos. Wer Jesus Christus wirklich kennen lernt und an ihm festhält, wird immer auf eine kohärente Richtung gedrängt. Es gibt eine langfristige theologische Konvergenz der Christen, die ihr Herz an Jesus Christus hängen.
Raphael hat geschrieben:Nun, dem letzten kann ich zustimmen: Das Werk des Erzmärtyrers Stephanus war sicherlich ein vollkommenes Werk, welches der Hl. Geist an ihm gewirkt hat.
Nur steht das IMHO in völligem Widerspruch zu den Taten der protestantischen Reformation, die sich aus unterschiedlichsten Gründen frontal gegen die Lehre der katholischen Kirche richtete.
Die Reformatoren hatten Zweifel daran, durch den Glauben so gut wie Stephanus oder der Herr zu werden. Ihnen ging es zu allererst darum, Zuversicht für den Gerichtstag zu haben. Jesu eigene Worte legen jedoch nah, dass seine Nachfolger, davon zuerst die Apostel, zu ähnlichen Werken wie er Selbst fähig sind: "12 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und er wird noch größere als diese tun; denn ich gehe zum Vater." (Johannes 14,12)
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Raphael

Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Raphael »

Pilgerer hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Nein, sie ist ein unbekömmliches Brot!
Warum, das ist weiter oben schon ausgeführt worden .........
Werden wir mit unserern Vorstellungen zu Calvin denn seiner Lehre gerecht? Ich weiß nicht, ob ich sie authentisch erfasst habe. Daher bin ich vorsichtig mit negativen Urteilen. Nach meinem Geschmack ist der Calvinismus eine harte Form des Christentums, insbesondere aufgrund der ständigen Angst, evtl. dem Anspruch Gottes nicht zu genügen. Trotzdem kann ich irren.
Nun, die Kirche hat die diversen Vorstellungen vom christlichen Glauben, die von den Reformatoren entwickelt worden waren, begutachtet und beurteilt. Sie hat dieses Urteil mit der ihr vom Herrn verliehenen Unfehlbarkeit festgestellt.
Und Du darfst davon ausgehen, daß diese Gutachten sehr akribisch und gewissenhaft erstellt worden sind.
Pilgerer hat geschrieben:Um zum oben besprochenen Thema zurück zu kommen: wenn ein Christ tatsächlich zu Jesus Christus findet - egal in welcher der trinitarischen Konfessionen - werden seine Irrtümer, wo immer er sie hat, relativiert und weitgehend bedeutungslos. Wer Jesus Christus wirklich kennen lernt und an ihm festhält, wird immer auf eine kohärente Richtung gedrängt. Es gibt eine langfristige theologische Konvergenz der Christen, die ihr Herz an Jesus Christus hängen.
Hier irrst Du und entwickelst Gedanken, die Deiner eigenen Bequemlichkeit dienlich sind, nicht aber der christlichen Lehre folgen.
In Kurzform ist auf die Textpassage in Joh 17, 21 zu verweisen, aus der sich für die von der Kirche Getrennten die Verpflichtung ergibt, in die Einheit zurückzukehren. Ausführlicher (und in etwas modernerer Form) kann das auch hier nachgelesen werden: Ut unum sint
Pilgerer hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Nun, dem letzten kann ich zustimmen: Das Werk des Erzmärtyrers Stephanus war sicherlich ein vollkommenes Werk, welches der Hl. Geist an ihm gewirkt hat.
Nur steht das IMHO in völligem Widerspruch zu den Taten der protestantischen Reformation, die sich aus unterschiedlichsten Gründen frontal gegen die Lehre der katholischen Kirche richtete.
Die Reformatoren hatten Zweifel daran, durch den Glauben so gut wie Stephanus oder der Herr zu werden. Ihnen ging es zu allererst darum, Zuversicht für den Gerichtstag zu haben. Jesu eigene Worte legen jedoch nah, dass seine Nachfolger, davon zuerst die Apostel, zu ähnlichen Werken wie er Selbst fähig sind: "12 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und er wird noch größere als diese tun; denn ich gehe zum Vater." (Johannes 14,12)
Welche Begründung hast Du dafür, daß die Werke der Reformatoren zu den von Jesus gemeinten Werken in Joh 14,12 gehören?

Pilgerer
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Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Pilgerer »

Raphael hat geschrieben:Welche Begründung hast Du dafür, daß die Werke der Reformatoren zu den von Jesus gemeinten Werken in Joh 14,12 gehören?
Sie haben diese Werke leider nicht vollbracht. Die Reformatoren haben, wie ich im von dir zitierten Beitrag andeutete, an der Möglichkeit dieser vollkommenen Werke gezweifelt und sie daher selbst auch nicht vollbracht. Wohl hat bei ihnen der Glaube und das übergroße Gott/Christus-Vertrauen die "Rechtfertigung" vor Gott bewirkt, aber sie haben sich nicht genügend bemüht, die Werke nach Johannes 14,12 zu wirken.

Was ich mit Johannes 14,12 oder auch anderen Stellen sagen wollte: dass die vollkommene Gerechtigkeit, die Gott fordert, erst durch den Glauben zugänglich wird. Aus eigener Kraft und ohne Kontakt zu Gott zu haben, ist es unmöglich, so vollkommen zu handeln. Darum ist es zu wünschen, wenn die katholische Kirche stärker auf die Macht des christlichen Glaubens verweist.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Raphael

Re: "Psychologische Erklärung des Glaubens"

Beitrag von Raphael »

Pilgerer hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Welche Begründung hast Du dafür, daß die Werke der Reformatoren zu den von Jesus gemeinten Werken in Joh 14,12 gehören?
Sie haben diese Werke leider nicht vollbracht. Die Reformatoren haben, wie ich im von dir zitierten Beitrag andeutete, an der Möglichkeit dieser vollkommenen Werke gezweifelt und sie daher selbst auch nicht vollbracht. Wohl hat bei ihnen der Glaube und das übergroße Gott/Christus-Vertrauen die "Rechtfertigung" vor Gott bewirkt, aber sie haben sich nicht genügend bemüht, die Werke nach Johannes 14,12 zu wirken.
Wie kannst Du Dich dann mit der Zustimmung des Willens und des Verstandes auf die Elaborate dieser Reformatoren berufen, sie als vorbildlich hinstellen und sie für wichtiger erachten als die Lehre der una sancta? :achselzuck:
Pilgerer hat geschrieben:Was ich mit Johannes 14,12 oder auch anderen Stellen sagen wollte: dass die vollkommene Gerechtigkeit, die Gott fordert, erst durch den Glauben zugänglich wird. Aus eigener Kraft und ohne Kontakt zu Gott zu haben, ist es unmöglich, so vollkommen zu handeln. Darum ist es zu wünschen, wenn die katholische Kirche stärker auf die Macht des christlichen Glaubens verweist.
Was würde denn geschehen, wenn dann dieser Wunsch von Dir erfüllt wird? :roll:

Oder anders herum: Soll das ein Konversionsangebot zu Deinen Bedingungen sein? :hmm:


Wobei noch auf eines hinzuweisen ist:
Meiner bescheidenen Meinung nach ist Dein Wunsch schon längst erfüllt, denn wenn der Pulverdampf innerkirchlicher Streitereien durchschaubar geworden ist, dann tritt der ganze Glanz der christlichen Botschaft vor das Auge des Schauenden. Allerdings muß man vorher den katholischen Glauben als ein Geschenk angenommen haben, an das keine Forderungen zu stellen sind.

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