Die Satisfaktionslehre Anselms

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.

Die Lehre Anselms von Canterbury zur Satisfaktion...

halte ich für richtig.
3
18%
halte ich für falsch.
6
35%
kenne ich nicht.
6
35%
ist mir egal.
2
12%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 17

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ChrisCross
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Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von ChrisCross »

Nachdem ich in letzter Zeit einige Male hier im Forum und auch anderswo auf eine deutliche Ablehnung der Lehre Anselms bezüglich des Sühnetodes Christi gestoßen bin, würde mich doch einmal interessieren, weshalb so viele Leute die Lehre ablehmen, die anderen sie hingegen annehmen, welche Gründe es für beides gibt und wie es damit in der Tradition vor Anselm aussieht.

Wer das Werk selbst lesen möchte, findet hier den Originaltext sowie eine deutsche Übersetzung: http://12koerbe.de/pan/curdeus1.htm
Zuletzt geändert von ChrisCross am Dienstag 27. März 2012, 21:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Niels
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Niels »

Ich würde eine vierte Variante ergänzen wollen (die ich aber in der Umfrage selbst nicht wählen würde): "Ist mir egal."
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ChrisCross
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von ChrisCross »

Niels hat geschrieben:Ich würde eine vierte Variante ergänzen wollen (die ich aber in der Umfrage selbst nicht wählen würde): "Ist mir egal."
Erledigt :)
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Niels
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Niels »

:daumen-rauf:
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ChrisCross
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von ChrisCross »

Möchten vielleicht die Ablehner der Lehre das auch begründen? Vielleicht könnte man dann auch einmal ins Gespräch über dieses scheinbar für die Orthodoxen so heikles Thema kommen. Damit man sich ohne Beitrag beteiligt, war die Abstimmung eigentlich nicht gedacht :aergerlich:
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Anselmus
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Anselmus »

Ich möchte mich eigentlich hier, im katholischen Bereich, etwas zurückhalten. Aber, wenn du schon ansprichst, dass die Orthodoxen ein Problem damit haben, möchte ich doch kurz ein paar kleine Anmerkungen dazu machen. Irgendwie fühle ich mich auch durch meinen Nickname dazu verpflichtet :kugel:

Für mich stellt sich einfach das Problem, dass Anselms Lehre meiner Meinung nach nicht ganz mit dem von MND schon formulierten Satz "Gott wurde Mensch, damit der Mensch Gott würde." oder "... damit er den Menschen zu Gott machen könnte." zusammen passt. Dieser Satz taucht bei mehreren Vätern des ersten Jahrtausends auf. Somit liegt die Bringschuld eigentlich bei Anselm, warum er eine von der Tradition des ersten Jahrtausends abweichende Theologie einführt. Gibt es denn Väterzitate aus dem ersten Jahrtausend, die in Anselms Richtung gehen?

Warum passen die beiden Theologien nicht zusammen: Nun, meiner Meinung nach, ändert laut Anselm Christi Kreuzestod etwas in Gott, bzw. etwas Gott betreffendes. Gottes Zorn wird gestillt.

Die Orthodoxe Theologie geht meiner Meinung nach viel eher davon aus, dass Christi Kreuzestod und Auferstehung etwas mit UNS tut, bzw. mit der ganzen Schöpfung und zwar ihr Sein betreffend. Gott sieht uns nach dem Kreuzestod noch genauso wie er uns vorher sah, aber wir haben nun die Möglichkeit, seine Gnade anzunehmen, uns ihm zuzuwenden, indem Christi Kreuzestod uns von der Knechtschaft der Sünde, und letztendlich vom Tod befreit hat.

Hat Anselms Theologie eigentlich Eingang in dogmatische Erklärungen gefunden?

Edit: Bei der Abstimmung enthalte ich mich, da ich als Orthodoxer nicht eine Umfrage im katholischen Bereich stören möchte. Aber aus meinem Beitrag wird klar, dass ich gegen Anselms Theologie gestimmt hätte.

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ChrisCross
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von ChrisCross »

Natürlich darfst du abstimmen, wir sind im Scriptorium ;)
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Raphael

Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Raphael »

Meiner Ansicht nach liegt das Mißverständnis von orthodoxer Seite bei der Satisfaktionslehre darin begründet, daß man davon ausgeht, die Satisfaktion würde irgendeine Änderung bei Gott bewirken. Dies wäre natürlich anstößig, weil diese Sichtweise eine Unvollkommenheit Gottes inkludierte.

Richtig ist jedoch, daß die Satisfaktion, die Christus durch sein Opfer am Kreuz für die Sünden der Menschen erbringt, stellvertretend erfolgt. Er sühnt nicht für seine Sünden, sondern für die Sünden der Menschen. Dieser Topos - um's etwas theologischer auszudrücken - der stellvertretenden Sühne ermöglicht den Menschen einen wirklichen Neuanfang und damit die Nachfolge. Es ist die Wiederherstellung einer zuvor gestörten Harmonie innerhalb der Schöpfung.

Darüber hinaus wird übrigens ebenfalls den Menschen die Erbringung von wirksamen Sühneleistungen ermöglicht. Wobei auch hier die Sühneleistung nicht zur Vervollkommnung Gottes erbracht wird, sondern zur Besserstellung anderer Menschen.
Zuletzt geändert von Raphael am Donnerstag 29. März 2012, 09:28, insgesamt 1-mal geändert.

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Florianklaus
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Florianklaus »

Ich habe "cur deus homo" nicht gelesen und komme in nächster Zeit auch nicht dazu. Daher wäre ich dankbar, wenn jemand die Hauptgedanken kurz thesenartig zusammenfassen könnte.

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overkott
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von overkott »

http://de.wikipedia.org/wiki/Satisfaktionslehre

Kurz: Gott opfert sich selbst.

Es handelt sich also um eine Gnadenlehre. Wir dürfen gratia ( vgl. gratis ) getrost mit Geschenk übersetzen. Das ist mit Erlösung von Sünden gemeint. Es handelt sich um einen Schuldenerlass.

Soweit andere Theologen die Satisfaktionslehre für eine Fehlinterpretation der Bibel durch das mittelalterliche Rechtsverständnis halten, haben sie die Bibel nicht verstanden.

Tatsächlich entwickelt sich die christliche Sühnopfertheologie aus der Bibel: dem alten und neuen Testament. Sowohl Paulus, als auch Johannes sprechen sie explizit an. Der Hebräerbrief macht deutlich, dass die Sühnopfertheologie vor allem an das Gesetz des Moses anknüpft.

Synonym für Sühnopfer wird auch Sündopfer oder Schuldopfer gesagt. Anstelle von Sühne spricht die Bibel auch von Lösegeld, Sühnegeld, Sühnegeschenk, Sühnegabe.

Das Denken Anselms knüpft an die Psalmen und die alttestamentliche Weisheitsliteratur an:

Ps 49,8 Loskaufen kann doch keiner den andern noch an Gott für ihn ein Sühnegeld zahlen.

Spr 6,35 Kein Sühnegeld nimmt er an; magst du auch Geschenke häufen, er willigt nicht ein.

Sir 3,14 Denn die Liebe zum Vater wird nicht vergessen, sie wird als Sühne für deine Sünden eingetragen.

Sir 3,3 Wie Wasser loderndes Feuer löscht, so sühnt Mildtätigkeit Sünde.

Sir 35,5 Abkehr vom Bösen findet das Gefallen des Herrn, als Sühne gilt ihm die Abkehr vom Unrecht.

Die besondere Bedeutung des Propheten Jesaja für Jesus findet an vielen Stellen ihren Ausdruck:

http://overkott.dyndns.org:88/bibel/s ... ja&start=

Entsprechend findet die Interpretation des Todes Jesus' als Sühnopfer und seiner Auferstehung auch hier seinen eigentlichen Anknüpfungspunkt:

1 et Dominus voluit conterere eum in infirmitate si posuerit pro peccato animam (!) suam videbit semen longevum et voluntas Domini in manu eius dirigetur

Etwas anders im Deutschen:

Jes 53,1 Doch der Herr fand Gefallen an seinem zerschlagenen (Knecht), er rettete den, der sein Leben als Sühnopfer hingab. Er wird Nachkommen sehen und lange leben. Der Plan des Herrn wird durch ihn gelingen.

So legt der Auferstandene den Emmausjüngern selbst die Schrift aus:

et ipse dixit ad eos o stulti et tardi corde ad credendum in omnibus quae locuti sunt prophetae
nonne haec oportuit pati Christum et ita intrare in gloriam suam
et incipiens a Mose et omnibus prophetis interpretabatur illis in omnibus scripturis quae de ipso erant

Begreift ihr denn nicht? Wie schwer fällt es euch, alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben. Musste nicht Christus all das erleiden, um so zu seiner Ehre zu gelangen? Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht.

Stephen Dedalus
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Stephen Dedalus »

Ich halte die Satisfaktionslehre in der Zuspitzung Anselms für problematisch.

Vorweg: Ich denke, es ist völlig unstrittig, dass der Tod Christi ein Opfer war, dass die Menschen mit Gott versöhnt. In diesem Sinne ist es ein Sühnopfer, denn es hat die Sünden der Menschen gesühnt und damit die Verbindung zwischen Gott und Menschen wiederhergestellt.

An der anselmschen Satisfaktionslehre halte ich für problematisch, dass sie Aussagen über Gott macht, die nicht unbedingt biblisch begründet sind und auch nicht im Einklang mit den Vätern stehen:

- Gottes Ehre ist durch die Sünden der Menschen verletzt.
- Verletzte Ehre kann durch ein blutiges Opfer eines anderen wiederhergestellt werden.
- Gott braucht dieses blutige Opfer, um versöhnt zu werden.

Hier scheint mir doch mittelalterlich-germanisches (?) Rechtsdenken in einem Maße Pate gestanden zu haben, das das biblisch-altkirchliche Denken überlagert.

Die Grundfragen sind:

Ist es notwendig, einen zweifelhaften Begriff der 'Ehre' Gottes zu verwenden, wenn wir sagen, dass wir im Opfer Christi mit ihm versöhnt werden? Ich meine nein.

Ebenso: Ist die Rede unumgänglich, Gott hätte nur durch ein solch blutiges Opfer versöhnt werden können?
Es ist offenbar, dass Gott das Opfer Christi angenommen hat. Aber hat er es auch gebraucht? Diese Frage wird m. E. am besten dadurch beantwortet, dass man den Blick auf die Tatsache lenkt, dass in Jesus Gott sich ja selbst für die Sünden der Menschen hingibt. Es handelt sich daher weniger darum, dass Gott ein fremdes Opfer fordert, sondern um einen Akt der Selbsthingabe.
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overkott
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von overkott »

Will man das mosaische Gesetz verstehen, sollte man bedenken: Es handelte sich quasi um staatliches Recht, mit dem eine archaische Nomadengesellschaft ihre Beziehungen regelte. Nicht selten ging es bei Rechtsverletzungen um tatsächliche Verletzungen. Dies wird im Buch Exodus deutlich:

Ex 21,28 Wenn ein Rind einen Mann oder eine Frau so stößt, daß der Betreffende stirbt, dann muß man das Rind steinigen, und sein Fleisch darf man nicht essen; der Eigentümer des Rinds aber bleibt straffrei.
Ex 21,29 Hat das Rind aber schon früher gestoßen und hat der Eigentümer, obwohl man ihn darauf aufmerksam gemacht hat, auf das Tier nicht aufgepaßt, so daß es einen Mann oder eine Frau getötet hat, dann soll man das Rind steinigen, und auch sein Eigentümer soll getötet werden.
Ex 21,30 Will man ihm aber eine Sühne auferlegen, soll er als Lösegeld für sein Leben so viel geben, wie man von ihm fordert.

Hierin ist die Sühnopfertheologie grundgelegt.

Im konkreten Fall ist der Eigentümer eines Rindes für den Schaden verantwortlich, den das Rind anderen zufügt. Beim Schaden handelt es sich um den Todesfall. Ein direkter Ausgleich kann nicht geleistet werden, das Opfer nicht lebendig gemacht werden. Als indirekter Ausgleich ( Auge um Auge ) käme die Todesstrafe für den Verantwortlichen in Betracht. Davon kann sich der Verantwortliche freikaufen, indem er das Rind opfert oder - wie später deutlich wird - ein anderes vollwertiges, schuld- und makelloses Tier. Das Wort Opfer bezieht sich sowohl auf diese Gabe, als auch auf die Handlung. Diese Ersatzleistung nennt sich Sühne. Das Sühnopfer ist ein Realsymbol. Es wird tatsächlich ein Rind geopfert, aber als symbolische Wiedergutmachung. Diese dient, um Frieden zu stiften mit Gott ( dem Guten ) und dem Nächsten. Blut muss fließen, um einen annähernd gleichwertigen Ersatz zu leisten für das Leben des Geschädigten. Die Opferhandlung ist ein öffentlicher Dienst.

Vor diesem Hintergrund hat Paulus gegenüber Hebräern den Tod Jesus' als Opfer interpretiert. Johannes hat auch gegenüber Hellenisten an dieser Opfertheologie festgehalten, jedoch das Motiv der Liebe stärker betont.

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Pelikan
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Pelikan »

Stephen Dedalus hat geschrieben:An der anselmschen Satisfaktionslehre halte ich für problematisch, dass sie Aussagen über Gott macht, die nicht unbedingt biblisch begründet sind und auch nicht im Einklang mit den Vätern stehen:
Wenn diese Diskussion einen Sinn haben soll, mußt du angeben, auf welche Aussagen du dich jeweils beziehst. Sonst reden wir wahrscheinlich nicht über Anselm, sondern darüber, wie irgendwer Anselm (miß-)verstanden hat. Ich selbst habe "Warum der Gottmensch?" nur auszugsweise gelesen. Wenn aber selbst die Auszüge eher den Kritikern Anselms zuzustimmen scheinen als demjenigen, den die Kritiker kritisieren, braucht das Gespräch dringend mehr Fakten.
- Gottes Ehre ist durch die Sünden der Menschen verletzt.
ANSELM: Was entriß der Mensch Gott, als er sich vom Satan überwinden ließ?

BOSO: Fahre du fort, wie du begonnen; denn ich wüßte wahrlich nicht, was er außer dem von dir besprochenen Bösen weiter noch hätte thun können.

ANSELM: Entriß er Gott nicht, was dieser aus der Menschennatur zu machen vorhatte?

BOSO: Unleugbar.

ANSELM: Achte auf eine strenge Gerechtigkeit und urteile ihr gemäß, ob der Mensch im Verhältnis zur Sünde Gott genugthäte, wofern er nicht dasjenige, was er zufolge seiner Niederlage durch den Satan Gott entzog, durch einen Sieg über den Satan ihm ersetzte, so daß dann durch diesen Sieg der Satan verliert, Gott gewinnt, während bei der vorausgehenden Niederlage der Satan an sich riß, was Gott eignete, Gott aber zur Verlust kam.

BOSO: Genauer Zutreffendes und Gerechteres läßt sich nicht denken.

ANSELM: Hältst du dafür, daß die höchste Gerechtigkeit von dieser Gerechtigkeit Umgang nehmen konnte?

BOSO: Das getraute ich mich nicht.

ANSELM: So darf oder kann also der Mensch in keinem Falle von Gott erlangen, was ihm Gott zu geben einstens beschlossen, bis er Gott alles wiederum erstattet hat, was er ihm entzogen, so daß Gott durch ihn wiederum in seinen Besitzstand zurücktritt, sowie er durch ihn einen Verlust erfahren. Das mag indes doch auf keine andere Weise zu stande kommen, als daß gerade wie durch den überwundenen Menschen die ganze menschliche Natur verschlimmert und so zu sagen sauerteigartig zersetzt ward mittels der Sünde, bei deren Vorhandensein Gott keinen zur Vollmachung jener himmlischen Gemeinde zuläßt; so hinwieder durch den überwindenden Menschen ebenso viele von der Sünde frei werden, als jene Zahl ausfüllen sollten, zu deren Vollmachung [60] der Mensch erschaffen wurde. Solches auszuführen ist nun aber der sündhafte Mensch nicht imstande, weil doch nicht ein Sünder den anderen rechtfertigen kann.
ANSELM: So laß denn hören, was du für deine Sünde Gott entrichten wirst!

BOSO: Reue, ein zerknirschtes und gedemütigtes Herz, Entsagungen und vielfache Körperbeschwernisse, ein weiches Herz zum Geben und Vergeben, endlich noch Gehorsam.

ANSELM: Und was bietest du Gott mit all' diesem?

BOSO: Nun ehre ich etwa Gott nicht, da ich aus Furcht vor ihm und aus Liebe zu ihm in Herzenszerknirschung mich aller Weltlust begebe, in mühevoller Entsagung die Genüsse und Gemächlichkeit dieses Lebens mit Füßen trete, im Geben und Vergeben, was mir gehört, hinschenke und zuletzt im Gehorsam selbst mich ihm unterwürfig mache?

ANSELM: Indem du Gott bloß erstattest, was du ohnehin schuldest, auch wenn du nicht [55] gesündiget hättest, darfst du das nicht in Ansatz bringen für jene Schuld, welcher du durch die Sünde verfallen. All' das von dir Angeführte aber bist du Gott ohnehin schuldig. Denn einen so hohen Grad muß die Liebe erreichen in diesem Leibesleben und die mit Gebet verbundene Sehnsucht, an den Ort deiner Bestimmung zu gelangen; der Schmerz ferners, noch nicht dorthin gelangt zu sein, und die Furcht, vielleicht nie dahin zu gelangen: daß all' deine Freude auf das beschränkt sein muß, was dir Erleichterung oder Aussicht verheißt, dorthin zu gelangen. Denn nimmer verdienst du zu besitzen, was du nicht an sich liebst und begehrst und über dessen Nichtbesitz oder auch nur möglichen Verlust du keinen Schmerz empfindest. Hierher gehört denn auch, daß man die Bequemlichkeit und die weltlichen Ergötzlichkeiten, welche das Gemüt von der wahren Ruhe und Ergötzlichkeit so leicht abziehen, vermeide; es sei denn, inwieweit du erkennst, daß sie dem Streben nach Erreichung deiner Bestimmung nicht hinderlich sind. Mildthätigkeit ferners mußt du nicht weniger pflichtschuldig bezeigen, indem du wohl erkennst, das Geschenkte stamme nicht sowohl von dir selber als von jenem her, dessen Diener du zusamt dem Beschenkten bist; und nun lehrt dich die Natur, deinem Mitknechte, d.h. dem Nebenmenschen, zu thun, was du willst, daß er dir thue; auch soll, wer nicht geben will, was er hat, vergeblich erharren, was er nicht hat. Bezüglich der Versöhnlichkeit aber behaupte ich einfach, eine Rache steht dir durchaus nicht zu, wie wir bereits oben ausgeführt, da weder du dein, noch jener, der dir ein Unrecht zugefügt hat, dein oder sein Eigentümer ist, ihr vielmehr beide Knechte des Einen Herrn seid, welcher aus dem Nichts euch hervorbrachte; rächst du dich aber an deinem Mitknechte, so maßest du dir freventlich ein Urteil über ihn an, was dem Herrn und Richter aller allein zu befinden zusteht. Und vollends im Gehorsame, was gibst du Gott damit, das du ihm nicht zuvor schuldest, nach dem du seinem Befehle alles schuldest, was du bist und hast und kannst?

BOSO: Da wage ich jetzt freilich nicht mehr, in den angegebenen Punkten zu sagen, daß ich Gott schenke, was ich ihm ohnehin schulde.

ANSELM: Was [56] wirst du also Gott zahlen für deine Sündenschuld?

BOSO: Wenn ich mich selbst und all' mein Können, auch für den Fall, daß ich nicht sündige, Gott schulde, damit ich nicht sündige; so übriget mir nichts, was ich für meine Sündenschuld ihm erstatten könnte.
Gott kann seine Ehre unmöglich verlieren; denn entweder tilgt der Sünder seine Schuld freiwillig, oder er wird gegen seinen Willen von Gott dazu gezwungen. Entweder leistet der Mensch die Gott schuldige Unterwürfigkeit freiwillig, indem er nicht sündigt, oder das, was er sündigt, tilgt; oder aber Gott unterwirft sich ihn gegen seinen Willen, indem er ihn züchtigt und dadurch als seinen Herrn sich bekundet, woferne der Mensch freiwilliger Anerkennung sich weigert.
---
- Verletzte Ehre kann durch ein blutiges Opfer eines anderen wiederhergestellt werden.
Wieso blutig? Anselms ganze Argumentation dreht sich um Schuld und Sterblichkeit: Kein Sterblicher kann Gott sein Leben freiwillig schenken, denn aufgrund seiner Schuld hat er es ohnehin schon verwirkt. Allein wessen Natur nicht dem Tod unterworfen ist hat diese Freiheit.
ANSELM: Jenes vermag aber nur zu geschehen, wenn jemand Gott für die Sünde des Menschen etwas entrichtet, das größer ist als alles, was außer Gott vorhanden.

BOSO: So scheint es ausgemacht.

ANSELM: Ebenso muß auch derjenige, welcher Gott von dem Seinigen etwas wird geben können, was alles unter Gott Stehende übertrifft, notwendig größer sein, als alles, was nicht Gott ist.

BOSO: Das wagte ich nicht in Abrede zu stellen.

ANSELM: Nichts steht jedoch über allem, was Gott nicht ist, außer Gott.

BOSO: Sehr wahr.

ANSELM: Mithin kann nur Gott solche Sühne leisten.

BOSO: Das folgt mit Notwendigkeit.

ANSELM: Und doch sollte sie niemand leisten, als der Mensch, da sonst nicht der Mensch die Genugthuung leistet!.

BOSO: Nichts, was mir gerechter schiene.

ANSELM: Ist somit, wie feststeht, die Notwendigkeit gegeben, daß in betreff des Menschen jene obere Gemeinde zur Vollendung geführt werde, und kann solches nicht statthaben, ohne daß die vorbesprochene Sühne vorausgehe, welche niemand leisten kann – außer Gott, und niemand leisten soll – außer der Mensch; so muß der, welcher sie wirklich leistet, offenbar Gott-Mensch sein.
---
- Gott braucht dieses blutige Opfer, um versöhnt zu werden.
Das zweite "blutig" will ich übersehen, aber wie du so leichtfertig das Wort "brauchen" verwendest, um ein Buch zu kritisieren, das ganze Kapitel damit zubringt, gegen die geringste Spur der Notwendigkeit im Handeln Gottes anzugehen, ist schwer nachzuvollziehen.

Die Problematik, um die es geht und die Anselm auch tatsächlich diskutiert, ist die Angemessenheit: ob es nicht ziemlicher wäre, Sünden einfach zu ignorieren.
ANSELM: Vernimm nun noch, weshalb es Gott nicht ziemt, so zu handeln!

BOSO: Ich bin ganz Ohr.

ANSELM: Nichts ist weniger zulässig in der Ordnung der Dinge, als daß das Geschöpf dem Schöpfer die gebührende Ehre entziehe und nicht wieder erstatte, was es entzieht.

BOSO: Sehr klar.

ANSELM: Nichts aber wird mit mehr Unrecht gedultet, als was ganz und gar nicht geduldet werden soll.

BOSO: Auch das ist einleuchtend.

ANSELM: Du wirst also nicht sagen, Gott dürfte dulden, was offenbar das Ungerechteste wäre, daß nämlich das Geschöpf Gott zu erstatten unterließe, was es genommen.

BOSO: Das läßt sich am wenigsten in Abrede stellen.

ANSELM: Ferner, wenn es nichts Größeres oder Besseres gibt als Gott; dann auch nichts Gerechteres als jene höchste Gerechtigkeit, welche seine Ehre in der Weltordnung wahrt, und welche schließlich mit Gott selbst zusammenfällt.

BOSO: Was könnte klarer sein?

ANSELM: Nichts wahrt Gott folglich mit mehr Recht, als die Ehre seiner Würde.

BOSO: Einverstanden.

ANSELM: Scheint mir nun, daß er sie fleckenlos wahrte, wenn er sich dieselbe entreißen ließe, ohne auf ihre Rückerstattung zu dringen, ja ohne nur den Entreißenden zu ahnden?

BOSO: Das getraute ich mir nicht zu behaupten.

ANSELM: So muß denn die entrissene Ehre wieder erstattet werden, oder Bestrafung erfolgen; anderen Falles müßte Gott gegen sich selber ungerecht oder nach beiden Seiten hin unmächtig sein, was auch nur zu denken sündbar wäre.
---
Hier scheint mir doch mittelalterlich-germanisches (?) Rechtsdenken in einem Maße Pate gestanden zu haben, das das biblisch-altkirchliche Denken überlagert.
In der Formulierung natürlich. Aber worum geht es im Kern, als um die Rückerstattung von etwas, das geschuldet wird? Und das ist die schlechthinnige biblische Metapher.
Ist es notwendig, einen zweifelhaften Begriff der 'Ehre' Gottes zu verwenden, wenn wir sagen, dass wir im Opfer Christi mit ihm versöhnt werden? Ich meine nein.
Ich stelle fest, daß du selbst keine metaphorische Alternative für die Distanz zwischen Gott und der gefallenen Schöpfung anbietest. Es mag bessere geben, aber der völlige Verzicht auf die ganze Ebene ist sicherlich nicht altkirchlich.
[...]dass man den Blick auf die Tatsache lenkt, dass in Jesus Gott sich ja selbst für die Sünden der Menschen hingibt. Es handelt sich daher weniger darum, dass Gott ein fremdes Opfer fordert, sondern um einen Akt der Selbsthingabe.
Womit sich der Kreis schließt, denn dieser Satz liest sich für mich eher wie eine Zusammenfassung von Anselms "cur deus homo" als eine Kritik daran. Gott leistet, was der Mensch leisten sollte, aber zu leisten außerstande ist.

Stephen Dedalus
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Stephen Dedalus »

Pelikan hat geschrieben: Wenn diese Diskussion einen Sinn haben soll, mußt du angeben, auf welche Aussagen du dich jeweils beziehst. Sonst reden wir wahrscheinlich nicht über Anselm, sondern darüber, wie irgendwer Anselm (miß-)verstanden hat. Ich selbst habe "Warum der Gottmensch?" nur auszugsweise gelesen. Wenn aber selbst die Auszüge eher den Kritikern Anselms zuzustimmen scheinen als demjenigen, den die Kritiker kritisieren, braucht das Gespräch dringend mehr Fakten.
Es kann ja sein, dass ich die Lehre Anselms nicht präzise genug wiedergegeben habe. Aber der von Dir zitierte Kernsatz trifft doch die Thematik recht genau:
ANSELM: So muß denn die entrissene Ehre wieder erstattet werden, oder Bestrafung erfolgen; anderen Falles müßte Gott gegen sich selber ungerecht oder nach beiden Seiten hin unmächtig sein, was auch nur zu denken sündbar wäre.
Das zweite "blutig" will ich übersehen,
Gibt es für Anselm die Möglichkeit einer unblutigen Satisfaktion?
aber wie du so leichtfertig das Wort "brauchen" verwendest, um ein Buch zu kritisieren, das ganze Kapitel damit zubringt, gegen die geringste Spur der Notwendigkeit im Handeln Gottes anzugehen, ist schwer nachzuvollziehen.
"Brauchen" meint hier nicht die Notwendigkeit im Handeln Gottes, sondern die Alternativlosigkeit. Anselm behauptet ja, Gott könne nicht einfach Sünde vergeben, so wie wir Sünde vergeben. Ohne ein Opfer kann die Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch nicht wiederhergestellt resp. das gestörte Verhältnis nicht bereinigt werden.
Ich stelle fest, daß du selbst keine metaphorische Alternative für die Distanz zwischen Gott und der gefallenen Schöpfung anbietest.
Das ist ja auch nicht zwingend notwendig. Ich halte den Begriff der Versöhnung nicht für falsch oder unangemessen. Er ist ja nicht an den Begriff der 'entrissenen Ehre' oder der 'Bestrafung' gebunden.
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overkott
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von overkott »

Stephen Dedalus hat geschrieben:An der anselmschen Satisfaktionslehre halte ich für problematisch, dass sie Aussagen über Gott macht, die nicht unbedingt biblisch begründet sind und auch nicht im Einklang mit den Vätern stehen:

- Gottes Ehre ist durch die Sünden der Menschen verletzt.
Das ist eine Frage der Übersetzung.

Das 1. Gebot lautet: Gott die Ehre geben, ihn hochachten und lieben, seinen Namen heiligen, seinen Willen beachten.

Sündigen ist das Gegenteil: Gottes Ehre verletzen, sein Wort verachten, seinen Willen nicht beachten.
- Verletzte Ehre kann durch ein blutiges Opfer eines anderen wiederhergestellt werden.
- Gott braucht dieses blutige Opfer, um versöhnt zu werden.
Sich mit Gott, also im Guten versöhnen, kann wie oben gezeigt, auch ein blutiges Opfer erfordern.

In archaischen Gesellschaften wie den USA ist die Todesstrafe, also das Blutopfer, heute noch nicht abgeschafft.

Jesus wollte allerdings Barmherzigkeit statt Opfer. Damit setzte er Jesaja und Jesus Sirach fort.

Diese Forderung ist auch nicht dadurch aufgehoben, dass er selbst zum Opfer wurde, sondern im Gegenteil unterstreicht sein Tod den Ruf nach Barmherzigkeit.

Tatsächlich endet mit seinem einzigartigen Opfer in der Kirche die Praxis der Menschen- und Tieropfer. An die Stelle von Blutvergießen tritt die Wandlung von Brot und Wein zum Zeichen der Versöhnung im Guten und mit dem Nächsten. Die Gemeinde wird vereint mit Christus ein Herz und eine Seele. Gottes Frieden erlöst vom Bösen.

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Pelikan
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Pelikan »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Gibt es für Anselm die Möglichkeit einer unblutigen Satisfaktion?
Ich denke schon, wenn unblutig gewaltlos heißt. Anselms Thema ist das Leben als Preis; wenn Christus reich an Jahren freiwillig entschlafen wäre, wäre der Preis der gleiche gewesen.
"Brauchen" meint hier nicht die Notwendigkeit im Handeln Gottes, sondern die Alternativlosigkeit. Anselm behauptet ja, Gott könne nicht einfach Sünde vergeben, so wie wir Sünde vergeben. Ohne ein Opfer kann die Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch nicht wiederhergestellt resp. das gestörte Verhältnis nicht bereinigt werden.
Ist aber diese Feststellung für sich allein ein Gegenargument? Nachdem Gott die Welt so geschaffen hat, wie sie ist, ergeben sich aus den Dingen Alternativlosigkeiten von selbst. Wenn Gott will, daß etwas naß wird, muß er sich des Wassers bedienen. Daraus folgt keine unziemliche Abhängigkeit.
Das ist ja auch nicht zwingend notwendig. Ich halte den Begriff der Versöhnung nicht für falsch oder unangemessen. Er ist ja nicht an den Begriff der 'entrissenen Ehre' oder der 'Bestrafung' gebunden.
Falsch sicher nicht, aber er beleuchtet weder das Warum noch das Wie. Keiner Gleichnisse mehr zu bedürfen ist sicherlich die höhere Stufe geistiger Erkenntnis, aber wenige gelangen zu ihr ohne die Vorstufen zu gebrauchen. Wenn ein Bild zu einseitig ist, hätte ich jedenfalls lieber hundert zusätzliche als gar keines mehr.

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overkott
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von overkott »

Pelikan hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Gibt es für Anselm die Möglichkeit einer unblutigen Satisfaktion?
Ich denke schon, wenn unblutig gewaltlos heißt. Anselms Thema ist das Leben als Preis; wenn Christus reich an Jahren freiwillig entschlafen wäre, wäre der Preis der gleiche gewesen.
Natürlich nicht, wenn man Opfer/Preis aus dem oben dargelegten Kontext versteht.

Noch mal zum Mitschreiben: Das Opfer/Lösegeld ersetzt die Strafe.

Das gibt es auch im geltenden Recht. Statt eine Haftstrafe abzusitzen, können auch Tagessätze bezahlt werden. Auch im internationalen Recht können zum Tod Verurteilte freigekauft werden.

Das Opfer als Ersatz kann auch ein stellvertretendes Todesopfer sein. Im mosaischen Gesetz kann dies das betroffene Rind sein, wobei der Eigentümer aus dem Schlachtopfer keinen wirtschaftlichen Nutzen ziehen darf - etwa durch Verzehr. Das stellvertretende Todesopfer kann auch ein unbeteiligtes und in diesem Sinn schuldloses Opfer sein, dessen Wert sich aus seiner Makellosigkeit ergibt, weil ein fehlerhaftes Tier das Opfer/den Preis mindern würde.

Auch Menschen können zum stellvertretenden Todesopfer werden, wenn etwa in einer kriminellen oder kriegerischen Konfliktsituation ein Verantwortlicher, das Leben eines Menschen opfert, um mehrere Menschen zu retten. Wir denken etwa an Helmut Schmidt und Hanns Martin Schleier.

Im Hinblick auf das Opfer stellt sich ferner die Frage nach der Freiwilligkeit. Von der Schicksalsergebenheit einmal abgesehen, unterscheidet sich ein Selbstopfer vom Selbstmord durch die Motivation. Jesus selbst weist auf die Motivation als Maßstab jeder moralischen Entscheidung hin. Das Selbstopfer ist eine Handlung für Freunde, der Selbstmord eine schädliche Handlung ( und damit Sünde ) gegen sich selbst. Das Selbstopfer ist also eine Beziehungstat, die auch von den Freunden als Selbstopfer verstanden wird.

Jesus ahnte, dass er geopfert - also von seinen Feinden stellvertretend für seine Nächsten - hingerichtet werden würde. Gründonnerstag bringt er dies zum Ausdruck:

Mt 26,31 Da sagte Jesus zu ihnen: Ihr alle werdet in dieser Nacht an mir Anstoß nehmen und zu Fall kommen; denn in der Schrift steht: Ich werde den Hirten erschlagen, dann werden sich die Schafe der Herde zerstreuen.

Durch freiwilliges Entschlafen wäre Jesus nicht von seinen Feinden geopfert worden. Es wäre überhaupt kein Opfer erkennbar gewesen. Freiwilliges Entschlafen wäre keine Liebe zu den Nächsten gewesen, Gott(es Gebot) wäre nicht genüge getan worden. Freiwilliges Entschlafen wäre für die Erlösung bedeutungslos gewesen.

Soweit Erlösung Freikauf von Sündenstrafe bedeutet und in diesem Fall konkret durch ein stellvertretendes Opfer geschieht, muss man sich fragen, was Jesus für Freunde hatte: Sünder. Menschen, die in verschiedener Hinsicht mit dem mosaischen Gesetz im Konflikt standen.

Inwieweit Jesus selbst schuldlos war, kann man nur von der Höherwertigkeit der Gottes- und Nächstenliebe über allen anderen Geboten verstehen. Jesus dachte also das Gesetz von vorne und handelte aus Liebe. Diese verborgene Herzensregung, Motivation haben ihm seine Freunde geglaubt. Auch heute sehen Milliarden Menschen keinen Grund, an seiner lauteren Absicht zu zweifeln, seine Freunde zu Gott und damit zum Guten in Wort und Tat zu bringen. Wenn auch viele Konflikte fraglich erscheinen lassen, ob Jesus Frieden gestiftet hat, legt Paulus gläubigen Hebräern nahe, dass er jedenfalls Frieden gestiftet hat am Kreuz durch sein Opfer. In seiner Hingabe für die Freunde, so erklärt es auch Johannes, erweist sich Jesus als Gottes Sohn.

Raphael

Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Raphael »

So solltest Du öfter schreiben, ovi, denn so kann man Dich verstehen! :blinker:

Stephen Dedalus
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Stephen Dedalus »

Pelikan hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Gibt es für Anselm die Möglichkeit einer unblutigen Satisfaktion?
Ich denke schon, wenn unblutig gewaltlos heißt. Anselms Thema ist das Leben als Preis; wenn Christus reich an Jahren freiwillig entschlafen wäre, wäre der Preis der gleiche gewesen.
Es scheint, dass bei Anselm eine Analogie hergestellt wird zwischen dem Opfer, der Satisfaktion und der Schwere des Vergehens. Da die Entehrung durch die Sünde an Gott geschieht, ist nur ein ausgesprochen hoher Preis als Satisfaktion denkbar. Das legt aber natürlich die Hingabe des Lebens nahe - und die ist unblutig kaum denkbar.
Ist aber diese Feststellung für sich allein ein Gegenargument? Nachdem Gott die Welt so geschaffen hat, wie sie ist, ergeben sich aus den Dingen Alternativlosigkeiten von selbst. Wenn Gott will, daß etwas naß wird, muß er sich des Wassers bedienen. Daraus folgt keine unziemliche Abhängigkeit.
Sie wäre dann ein Gegenargument, wenn sie implizierte, dass Gott zum Sklaven seiner selbst oder der von ihm gesetzten Regeln würde. Nun argumentiert Anselm durchaus logisch auf der Basis dieser von ihm gesetzten Prämissen: Sünde ist Verletzung der Ehre Gottes. Diese kann nur durch Strafe oder Satisfaktion getilgt werden. Und die Satisfaktion darf nur vom Menschen selbst geleistet werden.

Und sie wäre ebenfalls ein Gegenargument, wenn das hier geschilderte Bild von Gott weder mit dem biblischen noch mit dem altkirchlichen Denken in Einklang zu bringen wäre.

Anselm versucht ja insofern etwas Neues, als er den Blick auf das Erlösungswerk Christi lenkt, auf die Frage, wie Christus uns denn am Kreuz erlöst. Im Gegensatz dazu hat die altkirchliche Christologie den Blick viel stärker auf die Person Christi und das Heilsereignis in der Menschwerdung gelegt.
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Stephen Dedalus
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Stephen Dedalus »

Hier jetzt ein paar Kernstellen von Anselm:

Aber der Wille der vernunftbegabten Schöpfung muss dem Willen Gottes unterworfen sein. Das ist die Verpflichtung, die Engel und Mensch Gott schulden und jeder, der sie nicht einlöst, sündigt. Wer Gott diese geschuldete Ehre nicht erweist, nimmt Gott das seine und entehrt Gott, und das heißt sündigen. Solange er aber nicht einlöst, was er geraubt hat, bleibt er in Schuld. Es reicht aber nicht aus, nur das zurückzugeben, was weggenommen wurde, sondern aufgrund der verursachten Beleidigung muss er mehr zurückgeben, als er genommen hat. So muss also jeder, der sündigt, bei Gott die Ehre einlösen, die er geraubt hat, und das ist die Genugtuung, die jeder Sünder Gott leisten muss. (Cur Deus homo I, 11)
...
Also kann niemand außer Gott selbst diese Genugtuung leisten. Es darf sie aber niemand leisten außer dem Menschen. (II, 6)
...
Nichts Härteres aber und Schwereres kann der Mensch zur Ehre Gottes freiwillig und ohne Verpflichtung erleiden als den Tod, und in keiner Weise kann sich der Mensch Gott mehr hingeben als wenn er sich zu dessen Ehre dem Tod überliefert. (II, 11)
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overkott
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von overkott »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Hier jetzt ein paar Kernstellen von Anselm:

Aber der Wille der vernunftbegabten Schöpfung muss dem Willen Gottes unterworfen sein. Das ist die Verpflichtung, die Engel und Mensch Gott schulden und jeder, der sie nicht einlöst, sündigt.
Eine Anmerkung zur Übersetzung: Es ist sicher eine saubere Lösung, eine lateinisch-deutsche Synopse zu liefern. Dabei wird auch verständlich, dass creatura in diesem Fall mit Kreatur treffender übersetzt ist, als mit Schöpfung. Denn hier geht es um die vernunftbegabten Geschöpfe, unter denen Anselm Engel und Menschen versteht.

Stephen Dedalus
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Stephen Dedalus »

overkott hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Hier jetzt ein paar Kernstellen von Anselm:

Aber der Wille der vernunftbegabten Schöpfung muss dem Willen Gottes unterworfen sein. Das ist die Verpflichtung, die Engel und Mensch Gott schulden und jeder, der sie nicht einlöst, sündigt.
Eine Anmerkung zur Übersetzung: Es ist sicher eine saubere Lösung, eine lateinisch-deutsche Synopse zu liefern. Dabei wird auch verständlich, dass creatura in diesem Fall mit Kreatur treffender übersetzt ist, als mit Schöpfung. Denn hier geht es um die vernunftbegabten Geschöpfe, unter denen Anselm Engel und Menschen versteht.
Ich wollte das Latein nicht auch noch abtippen:

Omnis voluntas rationalis creaturae subiecta debet esse voluntati dei.

Man kann natürlich 'der vernunftbegabten Kreatur' übersetzen, aber besser als 'der vernunftbegabten Schöpfung' finde ich das auch nicht. Meint Kreatur etwas anderes als Schöpfung?

Aber das ist jetzt eigentlich auch eine Nebenfrage. Die Übersetzung hier ist von Rochus Leonhardt. In jedem Fall besser verständlich als das, was Pelikan oben zitiert hat.
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overkott
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von overkott »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Im Gegensatz dazu hat die altkirchliche Christologie den Blick viel stärker auf die Person Christi und das Heilsereignis in der Menschwerdung gelegt.
Diese kühne Behauptung ist aber weder durch das Markusevangelium, noch durch die Predigt des Apostels auf dem Areopag belegt. Zentrale Themen sind Buße und Auferstehung. Für einen Teil der Hebräer war das seit dem Makkabäerbuch selbstverständlich. Für Hellenisten war das ein unglaubliches Novum. Paulus erklärt den Korinthern die Auferstehung als conditio sine qua non des Glaubens und als geistiges Ereignis. Die Idee vom geistigen Leib ( surgit corpus spiritale ) ist dafür maßgeblich: Ihr aber seid der Leib Christi (1Kor 12,27). Soviel zur altkirchlichen Christologie.

Stephen Dedalus
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Stephen Dedalus »

overkott hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Im Gegensatz dazu hat die altkirchliche Christologie den Blick viel stärker auf die Person Christi und das Heilsereignis in der Menschwerdung gelegt.
Diese kühne Behauptung ist aber weder durch das Markusevangelium, noch durch die Predigt des Apostels auf dem Areopag belegt. Zentrale Themen sind Buße und Auferstehung. Für einen Teil der Hebräer war das seit dem Makkabäerbuch selbstverständlich. Für Hellenisten war das ein unglaubliches Novum. Paulus erklärt den Korinthern die Auferstehung als conditio sine qua non des Glaubens und als geistiges Ereignis. Die Idee vom geistigen Leib ( surgit corpus spiritale ) ist dafür maßgeblich: Ihr aber seid der Leib Christi (1Kor 12,27). Soviel zur altkirchlichen Christologie.
:hae?:

Diese Behauptung wird natürlich nicht durch das Anführen von ein paar punktuellen Beispielen belegt, sondern kann sich nur auf eine Art 'Gesamtschau' stützen. Denk mal an die großen Fragen der altkirchlichen Kontroversen, und besonders an die Theologie der Kappadozier?
Da stehen doch christologische Fragen und der Bezug der Person Christi im Zentrum der Soteriologie, nicht aber die Fragen, die dann Anselm (und zum Teil auch Thomas) beschäftigen. Überschneidungen sind natürlich unvermeidlich, ebenso lassen sich punktuell auch Gegenbeispiele finden.
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Niels »

Da würde ich SD zustimmen.
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overkott
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von overkott »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Im Gegensatz dazu hat die altkirchliche Christologie den Blick viel stärker auf die Person Christi und das Heilsereignis in der Menschwerdung gelegt.
Diese kühne Behauptung ist aber weder durch das Markusevangelium, noch durch die Predigt des Apostels auf dem Areopag belegt. Zentrale Themen sind Buße und Auferstehung. Für einen Teil der Hebräer war das seit dem Makkabäerbuch selbstverständlich. Für Hellenisten war das ein unglaubliches Novum. Paulus erklärt den Korinthern die Auferstehung als conditio sine qua non des Glaubens und als geistiges Ereignis. Die Idee vom geistigen Leib ( surgit corpus spiritale ) ist dafür maßgeblich: Ihr aber seid der Leib Christi (1Kor 12,27). Soviel zur altkirchlichen Christologie.
:hae?:

Diese Behauptung wird natürlich nicht durch das Anführen von ein paar punktuellen Beispielen belegt, sondern kann sich nur auf eine Art 'Gesamtschau' stützen. Denk mal an die großen Fragen der altkirchlichen Kontroversen, und besonders an die Theologie der Kappadozier?
Da stehen doch christologische Fragen und der Bezug der Person Christi im Zentrum der Soteriologie, nicht aber die Fragen, die dann Anselm (und zum Teil auch Thomas) beschäftigen. Überschneidungen sind natürlich unvermeidlich, ebenso lassen sich punktuell auch Gegenbeispiele finden.
Nun bin ich doch trotz mancher Kritik an der historisch-kritischen Methode überzeugt, dass das Markusevangelium das früheste ist, während der Korintherbrief - je nach Datierung - sogar noch früher anzusetzen ist. Möchte man also die mittelalterliche Kirche mit Hinweis auf die frühe Kirche aushebeln, kommt man um Markus und Paulus mit Hinweis auf die Kappadozier nicht drum herum. Auch sonst kann man Anselm nicht vorwerfen, seine Theologie sei nicht schriftgemäß.

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overkott
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von overkott »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Hier jetzt ein paar Kernstellen von Anselm:

Aber der Wille der vernunftbegabten Schöpfung muss dem Willen Gottes unterworfen sein. Das ist die Verpflichtung, die Engel und Mensch Gott schulden und jeder, der sie nicht einlöst, sündigt.
Eine Anmerkung zur Übersetzung: Es ist sicher eine saubere Lösung, eine lateinisch-deutsche Synopse zu liefern. Dabei wird auch verständlich, dass creatura in diesem Fall mit Kreatur treffender übersetzt ist, als mit Schöpfung. Denn hier geht es um die vernunftbegabten Geschöpfe, unter denen Anselm Engel und Menschen versteht.
Ich wollte das Latein nicht auch noch abtippen:

Omnis voluntas rationalis creaturae subiecta debet esse voluntati dei.

Man kann natürlich 'der vernunftbegabten Kreatur' übersetzen, aber besser als 'der vernunftbegabten Schöpfung' finde ich das auch nicht. Meint Kreatur etwas anderes als Schöpfung?

Aber das ist jetzt eigentlich auch eine Nebenfrage. Die Übersetzung hier ist von Rochus Leonhardt. In jedem Fall besser verständlich als das, was Pelikan oben zitiert hat.
Ja, das ist jetzt eigentlich eine Nebenfrage. Aber eben doch wichtig genug, um aufzuzeigen, wie durch bedeutungserweiternde Übersetzungen sich die Interpretation verändern kann. Außerdem ist Kreatur nicht nur eine genauere, sondern auch eine gängige Wortlautübersetzung aus dem Latein, die nahe legt, dass man prinzipium mit Prinzip und claritas mit Klarheit genauer übersetzen kann, wenn man denn die lateinische Interpretation der Bibel verstehen will.

Pilgerer
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Pilgerer »

Ich bin nur theologischer Laie und kann nur ungefähr erahnen, worum es bei der Satisfaktionslehre geht.
Stephen Dedalus hat geschrieben:An der anselmschen Satisfaktionslehre halte ich für problematisch, dass sie Aussagen über Gott macht, die nicht unbedingt biblisch begründet sind und auch nicht im Einklang mit den Vätern stehen:

- Gottes Ehre ist durch die Sünden der Menschen verletzt.
- Verletzte Ehre kann durch ein blutiges Opfer eines anderen wiederhergestellt werden.
- Gott braucht dieses blutige Opfer, um versöhnt zu werden
Zum ersten Spiegelstrich: Kann Gottes Ehre angetastet werden? Das würde bedeuten, dass Menschen die Macht hätten, Gott in irgendeiner Weise zu schädigen. Wenn wir aber die absolute Allmacht, Unveränderbarkeit und Souveränität Gottes voraussetzen, dann kann menschliches Handeln an Gott nichts ändern - schon garnicht an seiner Ehre. Wahrscheinlich ist sogar Gottes Liebe unantastbar, obwohl er in der Bibel immer wieder auch Menschen gehasst hat (z.b. Esau). Doch andere Bibelstellen wie auch die eigene Gotteserfahrung können nahe legen, dass bei Gott für den Menschen die eigentliche Befreiung von Schuld, Sünde, Hass, Zorn etc. zu finden ist.
Zum dritten Spiegelstrich: Das Problem des gefallenen Menschen ist meiner Meinung nach recht einfach: Er passt einfach nicht zu Gott. Sobald er mit Gott zusammen kommt, hält er es aufgrund seiner Sündhaftigkeit nicht bei Gott aus und sucht die Gottesferne. Das ist das Gericht. Gott verdammt niemanden aktiv, sondern die Sünde verhindert, dass der Mensch es bei Gott aushalten kann. In Jesus ist Gott Mensch geworden, um im Antlitz Christi die Menschen mit sich zu versöhnen und auf die hochheilige Begegnung im "Jüngsten Gericht" vorzubereiten, in dem Gott wieder in Jesus Christus erscheinen wird. Jeder kann heute selbst das Experiment machen, was er bei Jesus Christus empfindet und wie ihn das verändert. Ein wichtiger Schritt dabei ist, alle Sinne und alles Sehnen auf Jesus Christus (und Gott) auszurichten, um das Herz für Gott zu öffnen. Ja, Gott durch Jesus Christus bewusst ins eigene Herz einziehen zu lassen und am eigenen Wesen teilhaben zu lassen, entzieht dem Gericht alle Grundlage: Wie könnte Gott Sich selbst verdammen? Gott liebt Gott, und Jesus liebt seine Glieder - wer also sich darauf einlässt, Jesus wirklich anzuziehen, wie Paulus schreibt (Römer 13,14), der zieht dann auch Jesu Stand vor Gott an. Ich weiß nicht, zu welcher christlichen Partei diese Gedanken am besten passen.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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overkott
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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von overkott »

Pilgerer hat geschrieben:Ich bin nur theologischer Laie und kann nur ungefähr erahnen, worum es bei der Satisfaktionslehre geht.
Stephen Dedalus hat geschrieben:An der anselmschen Satisfaktionslehre halte ich für problematisch, dass sie Aussagen über Gott macht, die nicht unbedingt biblisch begründet sind und auch nicht im Einklang mit den Vätern stehen:

- Gottes Ehre ist durch die Sünden der Menschen verletzt.
- Verletzte Ehre kann durch ein blutiges Opfer eines anderen wiederhergestellt werden.
- Gott braucht dieses blutige Opfer, um versöhnt zu werden
Zum ersten Spiegelstrich: Kann Gottes Ehre angetastet werden? Das würde bedeuten, dass Menschen die Macht hätten, Gott in irgendeiner Weise zu schädigen.
Ja, beispielsweise durch Gotteslästerung. Jesus vertrat die gängige theologische Meinung im Hinblick auf Lästerungen gegen den Heiligen Geist.

Ein Pendant ist im staatlichen Recht § 9a StGB.

http://dejure.org/gesetze/StGB/9a.html
Wahrscheinlich ist sogar Gottes Liebe unantastbar
Ja, sicher. Die Würde Gottes ist unantastbar. Wer den Inbegriff des Guten prinzipiell ablehnt, findet prinzipiell keine Vergebung. Das ist selbstevident und damit logisch.
Jeder kann heute selbst das Experiment machen, was er bei Jesus Christus empfindet und wie ihn das verändert. Ein wichtiger Schritt dabei ist, alle Sinne und alles Sehnen auf Jesus Christus (und Gott) auszurichten, um das Herz für Gott zu öffnen.
Ja, natürlich. Auf dass sein Wille ( Doppelgebot ) geschehe.

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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Pilgerer »

overkott hat geschrieben:Ja, beispielsweise durch Gotteslästerung. Jesus vertrat die gängige theologische Meinung im Hinblick auf Lästerungen gegen den Heiligen Geist.
Ist eine Gotteslästerung eine Verletzung Gottes oder verändert sich was im Wesen des Lästerers? Haben Adam und Eva, als sie die Frucht vom Baum der Erkenntnis aßen, Gott verletzt oder sich selbst beschmutzt?
Jesaja 53 könnte hierzu interessant sein: "4 Aber er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt.
5 Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt.
6 Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, jeder ging für sich seinen Weg. Doch der Herr lud auf ihn die Schuld von uns allen.
der Herr fand Gefallen an seinem zerschlagenen (Knecht), er rettete den, der sein Leben als Sühnopfer hingab. Er wird Nachkommen sehen und lange leben. Der Plan des Herrn wird durch ihn gelingen.
11 Nachdem er so vieles ertrug, erblickt er das Licht. Er sättigt sich an Erkenntnis. Mein Knecht, der gerechte, macht die vielen gerecht; er lädt ihre Schuld auf sich. Denn er trug die Sünden von vielen und trat für die Schuldigen ein."

Wie passt das zur Satisfaktionslehre Anselms?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von ChrisCross »

Pilgerer hat geschrieben:Wie passt das zur Satisfaktionslehre Anselms?
Bestens.
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1

Raphael

Re: Die Satisfaktionslehre Anselms

Beitrag von Raphael »

Pilgerer hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Ja, beispielsweise durch Gotteslästerung. Jesus vertrat die gängige theologische Meinung im Hinblick auf Lästerungen gegen den Heiligen Geist.
Ist eine Gotteslästerung eine Verletzung Gottes oder verändert sich was im Wesen des Lästerers? Haben Adam und Eva, als sie die Frucht vom Baum der Erkenntnis aßen, Gott verletzt oder sich selbst beschmutzt?
Jesaja 53 könnte hierzu interessant sein: "4 Aber er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt.
5 Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt.
6 Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, jeder ging für sich seinen Weg. Doch der Herr lud auf ihn die Schuld von uns allen.
der Herr fand Gefallen an seinem zerschlagenen (Knecht), er rettete den, der sein Leben als Sühnopfer hingab. Er wird Nachkommen sehen und lange leben. Der Plan des Herrn wird durch ihn gelingen.
11 Nachdem er so vieles ertrug, erblickt er das Licht. Er sättigt sich an Erkenntnis. Mein Knecht, der gerechte, macht die vielen gerecht; er lädt ihre Schuld auf sich. Denn er trug die Sünden von vielen und trat für die Schuldigen ein."

Wie passt das zur Satisfaktionslehre Anselms?
Das reine Opferlamm hat wieder Reinheit in der Schöpfung ermöglicht!

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