Ester und Waschti

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Wise Guy
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Ester und Waschti

Beitrag von Wise Guy »

Im Buch Ester wird die Königin Waschti von ihrem Mann König Artaxerxes verstoßen, weil sie seinem Befehl nicht gehorcht hatte, mit einem königlichen Diadem bekleidet vor ihm zu erscheinen, damit das Volk und die Fürsten ihre Schönheit bewundern konnten. (Ester 1,10 ff)

Ich frage mich, warum sie das nicht gemacht hat. War damit ein Pferdefuß verbunden? So was wie: TRAGE DAS DIADEM, (aber nur! das Diadem) und das war ihr peinlich?

Hat jemand eine Idee?
Es ist nicht so wichtig etwas über Gott zu wissen, sondern ihn zu kennen. (Rahner)

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Fichtel-Wichtel
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Beitrag von Fichtel-Wichtel »

Werd mich mal schlau machen,und dann versuchen dir zu antworten!

Gruß,
Elisabeth

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Fichtel-Wichtel
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Beitrag von Fichtel-Wichtel »

@ So Wise Guy hab die entsprechende Stelle gelesen.

Wie dir vielleicht aufgefallen ist kommt der Begriff weinselige Stimmung ,Anheiterung bei dem König und wohl auch bei dem ihn umgebenen weisen Beratern,in dem Text vor.

Kam mir auch schon ein wenig eigenartig vor,die Stelle ,insbesondere wenn man an das, auch jetzt in dieser geographischen Weltgegend noch immer übliche Umgehen / Verhalten mit Frauen im allegemeinen und speziellen denkt.
Denn ein Auftreten einer Frau in der beschriebenen Weise hätte zu einem späteren Zeitpunkt eine verherrende Reaktion seitens des Königs hervorrufen können.
Von daher ist die Weigerung der Königin als eine sehr richtige prophylaktische Reaktion aus der dortigen soziokulturellen Kurltur zus sehen und zu bewerten.

Nach einem Aufsuchen der entsprechenden Stelle im Lutherbibel erklärt von der Deutschen Bibelgesellschaft Stuttgart und dem Bibelkommentar im grünen Buch /Hänssler-Verlag,Jokerpreisgünstig ,von John F.Walvoord und Roy B.Zuck fand ich meine anfänglichen Vermutungen ziemlich bestätigt.

Du möchtest nur eine Erklärung zu besagter Bibelstelle und nicht zu dem gesamten Hintergrund der Buch Esther ,wie ich vemute.

Also der ""Lutherbibelerklärt" spricht ziemlich lapidar von einer übertriebenen Aktion seiten des Königs Xerxes.

Der grünbändige Bibelkommentar erklärt dazu folgendes:
Die Stimmung war sehr von Alkoholgenuß geprägt.
Es handelte sich angeblich um ein 187 Tage andauerndes Fest des Königs von Persien,das in den letzten Zügen lag.
Die erwähnte Königin könnte zu diesem Zeitpunkt schwanger gewesen sein.
Der beschriebene König war für sein recht rüdes,ungehobeltes Wesen bekannt,(unbeherrschtes Wesen,rasende Wut).
Die den König umgebenden sog. Weisen Männer waren ebenfalls ziemlich vom Alkohol eingenebelt.
Auch wird in dem Bibelkommentar erwähnt,daß gerade im Buch Esther der kleine aber feine Satz "Gefällt es dem König" 7x erwähnt wird und im gesamten AT.9x.
Also eine Gefallensentsscheidung par exellence.
Das diese von seinen Beratern herbeigeführte Entscheidung ,vom König später ziemlich bereut worden ist,liest man dann in den ersten Sätzen von Esther2.
Auch wird im Bibelkommentar erwähnt,daß König Xerxes zu keinerlei persönlicher emotionaler Beziehung zu den Angehörigen seines Harems fähig war.Das gilt als erwiesen ,und ähnlich äußert sich später Esther auch.

Was zur Person von Menucham zu erfahren,wäre auch noch interessant,denn dieser hat wohl im Hauptmaß die Entscheidung mitverbrochen.
Sieht nach einem typischen männlichen Vertreter eben der Sorte von mangelendem oder nichtvorhandenem Selbstbewusstsein aus.
Da es sich um ältere,alte Männer handelt von den geschrieben steht,waren die vielleicht bereits schon jenseits von Gut und Böse oder von Haus in starkem Masse auf die weibliche Intelligienz und eingreifende Handlungsweise angewiesen . Von daher war für diesen, Hauptverantwortlichen für diese Königsentscheidung, ein solches Verhalten seitens der Königin schon aus seiner Perspektive gesehen etwas Bedrohlich,was seine persönliche Stellung in seiner eigenen Familie angeht.
Das jedoch zu verallgemeinern ist absolut danebengegriffen.Im Gesamthinblick auf das Buch Esther war es ein Göttliches Wollen oder ein Göttliches die Situation zunutzen.

Und wie gesagt der Ort des Geschehens ist der Orient ,Persien und nicht Deutschland.
Ein solches Verhalten sollen, können,dürfen und legen in der Mehrheit Männer in Deutschland auf gar keinen Fall an den Tag.Jedenfalls die Nichtklerikalen.

;) :)
Den Klerikalen Herrschaften männlichen Geschlechts kann man eigentlich nur empfehlen ,sich nur mit den liberalsten,tolerantesten ,progressivsten kath.Beratern und Beraterinnen zu umgeben ,dann gibt es auch net solche Fehlurteile.
Die Konservativen, unflexibelen engstirnigen und sonstigen nicht der weiter oben genannten zuzuortnende Kategorie von Katholiken werden dann mit ständigem Beteinsatz für alles und jedes ,sowie ständiger,permanenter Marienverehrung sediert und dauerbeschäftigt.Damit wäre dann auch der kath.Kirche allgemein und speziell die Zukunft gesichert.
:) ;)

Ich hoffe dir ist damit etwas Auskunft erteilt.
Und wie gesagt beim Weltbild und beim Jokers gab und gibt es schon mal den einen oder anderen Bibelkommentar zum katholischen Superpreis.
Unter 50 Euro.

Gruß,
Elisabeth

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lancelot
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Re: Ester und Waschti

Beitrag von lancelot »

Wise Guy hat geschrieben:Im Buch Ester wird die Königin Waschti von ihrem Mann König Artaxerxes verstoßen, weil sie seinem Befehl nicht gehorcht hatte, mit einem königlichen Diadem bekleidet vor ihm zu erscheinen, damit das Volk und die Fürsten ihre Schönheit bewundern konnten. (Ester 1,10 ff)

Ich frage mich, warum sie das nicht gemacht hat. War damit ein Pferdefuß verbunden? So was wie: TRAGE DAS DIADEM, (aber nur! das Diadem) und das war ihr peinlich?
Samuel Pagan im International Bible Commentary, 1998 hat geschrieben:Queen Vashti public disobey and defies King Artaxerxes. On the seventh day of the banquet, under the influence of wine (v. 10), King Artaxerxes, who had made a show of his political power and exonomic ability, wished to show off the queen's beauty. By the reference to the "royal crown", the targums of this passage infer that the queen was supposed to appear before the king without clothes, wearing only the crown. However, the Masoretic Text does not suggest that idea.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich würde da nicht zu viel hineinlesen. Daß Vasthi nackt mit Krone erscheinen sollte – wie offenbar schon einige Targume (aramäische Paraphrasen) wollten –, gibt der Text nicht her. Ich verstehe hier einfach, daß die Frau Ehre im Leib hatte und sich auch auf Befehl des Königs hin, den die Haremseunuchen ihr überbrachten, nicht vor einem Saufgelage präsentieren wollte. Die Kehrseite ist der Ungehorsam, für den sie bestraft wird.

Was ihre Person betrifft, so war sie als Erste des Harems zugleich Trägerin des königlichen Titels. Der von der Schrift angegebene Name könnte übrigens durchaus als Titel gedeutet werden: Vasthi ist altiranisch wohl als „die Beste“ zu verstehen und könnte genau die „Erste des Harems“ meinen. Jedenfalls war dies ihre Position, und was oben als „Verstoßung“ bezeichnet wurde, war der Verlust dieser Position (und gewiß keine Vestoßung aus dem Harem schlechthin).
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Chiara
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Königin Vashti

Beitrag von Chiara »

Im damaligen Welt- und Gesellschaftsbild hatte die Königin eine besondere Rolle, vor allem darin ausgedrückt, dass nur sie den Thronfolger zur Welt bringen konnte, egal wie gut gefüllt der Harem des Königs sonst noch sei.
Ich würde annehmen, dass Vashti sich eben als Inhaberin dieser Rolle (= mit dem königlichen Diadem geschmückt) präsentieren sollte. Aus welchen Gründen sie das abgelehnt hat - darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber durch ihre Weigerung, diesen Status zu repräsentieren, würde ich sagen, hat sie dieses Weltbild infrage gestellt - das ja immerhin mit dem Fortbestand des Königshauses und damit dem Wohlergehen des Landes zu tun hatte. Und der König hat vor seinen Hofschranzen das Gesicht verloren.
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Wise Guy
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Beitrag von Wise Guy »

Vielen Dank für die Hinweise und Antworten.

Es scheint für uns heute nicht so einfach zu sein, das eindeutig zu bestimmen warum sie in der Geschichte so handelte. Ich denke, dass es für die Hörer damals (4./5. Jhdt v.Chr.) ganz klar gewesen sein muss, warum sie das tat. Ist es für uns wohl nicht mehr. Wichtig ist die Handlung ja als Hintergrund für die Ängste Esters, unaufgefordert zum König zu gehen und ihn für das jüdische Volk zu bitten.

Interessant war auch der Hinweis von Robert, dass Waschti wohl degradiert, aber nicht verstoßen oder gar hingerichtet wurde, und dass in einer Geschichte wo das Blut ja nicht zu knapp fließt.
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Chiara
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Beitrag von Chiara »

Noch eine Anmerkung zum Thema, weil das Buch Esther in den letzten Tagen in der Lesehore des Breviers vorkam.

Esther hat Todesangst, ungebeten vor dem König zu erscheinen (obwohl sie Königin ist!), und offenbar zu Recht, denn dieser ist zunächst ziemlich zornig, dass sie gekommen ist. Das kann man vielleicht im Zusammenhang mit Vashti noch besser verstehen: diese hat es gewagt, nicht zu erscheinen, und Esther nimmt sich heraus, einfach mal so zu kommen, was ausdrücklich und jedermann verboten ist. Beides ist gewissermaßen ein Anschlag auf die Autorität des Herrschers, und zwar von höchster Stelle.
"Scio cui credidi"

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