@ Berolinensis: Vielen Dank, dass Du einen Auszug aus dem Buch hier postest. Es liegt nicht am Preis des Buches, der mich abschreckt. Es liegt an meinen Erfahrungen, dass die Bücher über den Primat des römischen Bischofs selten bis gar nicht die Problematik des Ostens behandeln.
Adrian Fortescue bringt folgende Argumente:
Es wird der römische Bischof gefragt. Das Problem wird in Rom gelöst und das, obwohl Rom im Vergleich zu anderen römischen Bischöfen weit weg ist. „Consider the implications of this. Here we have a Bishop of Rome, the Church of Rome, if a man prefers to put it that way, assuming the right to send categorical orders to Christians in Greece. There is no question here of people in the Roman province – they are not even Italians.“
Clemens berät die Korinther nicht, sondern befielt ihnen. („Clement, in his letter, commands the Corinthians to return to the obedience of their lawful hierarchy. He does not advise; he commands.“
Man muss
Clemens gehorchen. „If any disobey what he [Jesus Christ] says through us, let them know that they will be involved in no small offence and danger; but we shall be innocent of this sin.“
Schließlich wird dem Schreiben des
Clemens gehorcht. „The Pope's writ carried and was obeyed in Greece within about sixty years from the death of Our Lord.“
Schauen wir uns nun den ersten Clemensbrief an:
Über den Konflikt in Korinth berichtet direkt nur eine einzige Quelle: Der erste Clemensbrief. Warum sich der römische Bischof mit der Sache beschäftigt hat, geht aus dem Brief selbst nicht hervor. Dass sich der römische Bischof mit der Sache beschäftigt hat bedeutet aber nicht, dass sich die Korinther wegen eines universellen Jurisdiktionsprimat des römischen Bischofs an diesen gewandt haben. Es könnte auch sein, dass die beiden Ortskirchen besonders ausgeprägte Beziehungen zueinander pflegten. Alternativ wäre auch denkbar, dass man sich an die römische Kirche gewandt hat, weil dort der Apostel Paulus gestorben ist, welcher zur Gemeinde von Korinth einen besonderen Bezug hatte. Ohne Kenntnis des Grundes kann man aus der Beschäftigung mit der Sache an sich fast unbegrenzt viele Möglichkeiten durchdenken. Durch das Denken einer Möglichkeit, nämlich des schon damals vorhandenen universellen Jurisdiktionsprimats, wird dieser nicht zur Wahrheit.
Im Brief ist kein Befehls- oder Kommandoton ersichtlich. Der Brief ist eine vorbildliche Umsetzung des Herrenwortes im Evangelium (Mt 18,15ff ).
Der Brief stammt von
Clemens. Dabei fordert
Clemens keine formale Autorität an sein Amt und er verweist auch nicht auf seine Stellung. Er tritt überhaupt nicht in Erscheinung. Die Kraft des Briefes geht von seinem Inhalt aus, nicht von der Autorität einer bestimmten Person. Vielmehr tritt die ganze römische Gemeinde der Gemeinde zu Korinth gegenüber. Im Brief ist in der 1. Person Plural von allen Gemeindemitglieder Roms die Rede. Das großgeschriebene höfische „Wir“ der Päpste(insbesondere der Neuzeit) ist im Brief nicht zu finden. Im Brief ist daher auch kein Hinweis darauf zu finden, dass man
Clemens persönlich in seiner Eigenschaft als Bischof von Rom zu gehorchen hat:
Clemensbrief hat geschrieben:„Wenn aber einige dem von ihm durch uns Gesagten nicht gehorchen, so sollen sie erkennen, dass sie sich in Verfehlung und in nicht geringe Gefahr verwickeln werden.“
Aus dem Zusammenhang wird eindeutig klar, dass man Jesus Christus zu gehorchen hat. Jesus Christus ist die Autorität, der sich die Korinther zu unterwerfen haben; von einem Papst, dem man sich zu unterwerfen hätte, ist da keine Rede.Wenn
Clemens und mit ihm die ganze römische Gemeinde zuerst darlegen, dass ihre Zurechtweisungen auf der hl. Schrift aufbauen, dann ist es doch nur billig, den Gehorsam zu Christus einzufordern.
Nicht nur dem Brief des
Clemens wurde gefolgt, sondern auch den Evangelien und Apostelbriefen. Der Clemensbrief hätte es fast in die Bibel geschafft. In der Tat ist der Clemensbrief ein beachtliches Schreiben, welches die Fülle des Glaubens der frühen Kirche in sich trägt. Es gibt aber auch andere Bischöfe, welche an Gemeinden außerhalb ihres Einflussbereichs Schreiben verfasst haben: Zu nennen wären Ignatius von Antiochia und Polycarp von Smyrna. Auch deren Schreiben fanden Beachtung.
Zu guter Letzt noch einen Hinweis zur vielzitierten ersten apostolischen Visitation:
Clemensbrief hat geschrieben:„Wir haben ferner gläubige und besonnene Männer gesandt, die von Jugend auf bis ins Alter untadelig unter uns ihren Wandel geführt haben; diese werden auch Zeugen sein zwischen euch und uns. Das haben wir aber getan, damit ihr erkennt, dass unsere ganze Sorge war und ist, ihr möchtet rasch zum Frieden kommen.“
Zur Begründung eines universellen Primats müsste der letzte Satz lauten: „Das haben Wir getan, damit ihr erkennt, dass ich das Recht habe, über Eure Angelegenheiten zu entscheiden“. Die Sorge um eine andere Teilkirche ist Inhalt des Primats und Vorrang des römischen Bischofs. Sorge und universelles Jurisksiktionsprimat sind jedoch nicht deckungsgleich.
PS Die Kommentierungen des ersten Clemensbriefes sind leider nicht für 10 EUR zu haben. Wenn ich zur Überprüfung jeden Arguments des universellen Jurisdiktionsprimats ein Buch kaufen muss, dann bin ich pleite.