Unsere „älteren Brüder“

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Reinhard
cum angelis psallat Domino
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Re: Katholischer Erwachsenen-Katechismus

Beitrag von Reinhard »

iustus hat geschrieben:. . .

Aber es ging mir nicht um die Heilsabsicht bzw. den Heilswillen, sondern um die Frage, ob wir denselben Gott anbeten.
Ja, denselben Gott.
Es gibt ja nur einen Gott, unabhängig davon, wie viel wir von Ihm begriffen haben und welchen Irrtümern über Ihn wir aufsitzen.

Dies ist gemeinsamer Glaube der Juden, Christen und Muslime. Nach allem was ich weiß, wird das wird auch von allen Kundigen so bestätigt.
Insbesondere von den Konvertiten aus dem Islam zum Christentum hört man sinngemäß immer: "Ja, es ist der selbe Gott, damals wie heute. Nur, heute sehe ich klar und lebe nicht mehr in der Dunkelheit."

Der Gedanke, dass jede Religion "ihren eigenen Gott" habe, entspringt unterschwellig doch einem humanistisch verseuchten Denken, so ganz im Sinne von Lessings Ringparabel.
Diese Denke läuft zutiefst sowohl dem überlieferten christlichen Zeugnis als auch der beobachteten Realität zuwider. Deshalb sollten wir dem nicht aufsitzen.

Ja, es gibt nur den einen Gott, lediglich unser Erkennen ist "Stückwerk" und fehlerbehaftet.
Zum Verständnis des jüdischen Glaubens ist der Schlüssel speziell im Römer- und im Hebräerbrief zu finden.
Dass es insbesondere in der islamischen Volksfrömmigkeit starke okkulte Bindungen gibt, dazu hatte ich früher schon mal was gesagt. Das ist aber hier nicht das Thema.

civilisation
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FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von civilisation »

Die Konferenz Europäischer Rabbiner (CER) hat jüngste Äußerungen des Traditionalistenbischofs Richard Williamson (siehe Foto) als «Hassrede gegen Juden» kritisiert. Williamson habe in seinem Blog zuletzt geschrieben, die Juden seien Gottesmörder, weil Pontius Pilatus Jesus nicht verurteilt hätte, wenn die Juden nicht nach Blut verlangt hätten, erklärte CER-Präsident Rabbi Pinchas Goldschmidt am Mittwoch in Brüssel.
...
An die katholische Kirche appellierte Goldschmidt, die Verhandlungen mit «extremistischen katholischen Tendenzen» abzubrechen, bis diese Strömungen zeigten, dass sie Antisemitismus in ihren Reihen entschieden bekämpfen wollten.
Quelle:
Rabbiner-Konferenz wirft Williamson Hassreden gegen Juden vor
http://www.kath.net/detail.php?id=33584

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Marion
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Marion »

civilisation hat geschrieben:
Williamson habe in seinem Blog zuletzt geschrieben, die Juden seien Gottesmörder, weil Pontius Pilatus Jesus nicht verurteilt hätte, wenn die Juden nicht nach Blut verlangt hätten,
Hier der Eleison Kommentar von Bischof Williamson um den es geht:
Ahnenstolz

Vor etlichen Monaten veröffentlichte Papst Benedikt XVI. seinen zweiten Buchband über das Leben Jesu. Darin macht er Bemerkungen, welche den Journalisten den Schluß erlaubten, daß die Juden nicht mehr länger für den Gottesmord verantwortlich gemacht werden dürfen, d.h. für die Tötung von Gott. Am 17. Mai 2011 ging der Leiter des Sekretariats für ökumenische und interreligiöse Angelegenheiten der US-Bischofskonferenz sogar noch einen Schritt weiter und sagte, daß man zu keinem Zeitpunkt der Geschichte das jüdische Volk des Gottesmordes beschuldigen dürfe, ohne aus der Gemeinschaft der katholischen Kirche ausgestoßen zu werden. Angesichts der Umstände und trotz dessen, was viele heutige Menschen glauben wollen, ist es höchste Zeit, die beständige Lehre der Kirche über den Justizmord an Jesus Christus in Erinnerung zu rufen, sei es auch noch so kurz.

Erstens war die Ermordung von Jesus Christus wirklich ein „Gottesmord“, d.h. die Ermordung Gottes, denn Jesus Christus ist eine der drei Personen Gottes und hatte zusätzlich zu seiner göttlichen Natur auch eine menschliche Natur angenommen. Was wurde am Kreuz umgebracht? Nur die menschliche Natur Christi. Doch wer wurde in seiner menschlichen Natur am Kreuz umgebracht? Niemand anders als die zweite göttliche Person, also Gott.

Zweitens starb Jesus Christus am Kreuz, um uns sündhafte Menschen alle von unseren Sünden zu befreien, und in dieser Hinsicht waren und sind alle Menschen der Zweck seines Todes. Doch nur die Juden (Führer und Volk) waren die Haupttäter des Gottesmordes, denn das Evangelium sagt, daß der am meisten beteiligte Nichtjude, Pontius Pilatus, Jesus Christus niemals zum Tode verurteilt hätte, wenn nicht die jüdischen Führer das jüdische Volk dahingehend mobilisiert hätten, lautstark seine Kreuzigung zu verlangen (Matthäus 27,20). Sicherlich waren die gelehrten jüdischen Führer schuldiger als das ungelehrte jüdische Volk, wie der Hl. Thomas von Aquin sagt (Summa III, 47, 5), aber sie alle zusammen schrien, daß Christi Blut über sie und ihre Kinder kommen solle (Matthäus 27,25).

Drittens stellte wenigstens Papst Leo XIII. einen echten Schulterschluß fest zwischen den damals zur Ermordung Christi aufrufenden Juden einerseits, und der Gesamtheit der Juden der modernen Zeiten andererseits. Schließlich ließ der Papst in seinem Sühnegebet, wo das Menschengeschlecht an das Heiligste Herz Jesu Christi geweiht wird, die gesamte Kirche zu Gott beten, vom 19. Jahrhundert an aufwärts: „Blicke voll Erbarmen auf die Kinder jener Rasse, welche ehemals das auserwählte Volk Gottes war. Möge das Blut des Erlösers, das sie einst selber auf sich herabgerufen hatten, nun als Bad der Erlösung und des Lebens über sie fließen.“

Doch sieht bei weitem nicht nur Papst Leo XIII. eine Kontinuität zwischen den Juden über die Jahrhunderte hinweg. Erheben denn nicht sie selber heute Anspruch auf das Land Palästina mit der Begründung, es sei ihres kraft des Gottes aus dem Alten Testament? Oder hat es jemals eine Rassen- und Religions-Nation gegeben, welche im Laufe der Jahrhunderte auf stolzere Weise selbstidentifizierend geblieben ist? Ursprünglich bereitete Gott die Juden darauf vor, dem Erlöser die Wiege zu bereiten – aber ach!, als er dann wirklich kam, verweigerten sie in ihrer Gesamtheit ihm die Anerkennung. Ebenfalls halten sie in ihrer Gesamtheit – immer mit edlen Ausnahmen – bis heute an dieser Zurückweisung des Erlösers fest, und sie änderten ihre Religion von der des Abraham und Moses und des Alten Testamentes in die Religion des Annas, Kaiphas und des Talmud. Tragischerweise treibt gerade ihre messianische Vorbereitung durch Gott sie seither dazu an, mit der Zurückweisung jener Person fortzufahren, welche sie für einen falschen Messias halten. Bis sie am Ende der Zeit bekehrt werden, wie die Kirche immer gelehrt hat (Römer 11,26-27), scheinen sie an die Rolle gebunden zu sein, Feinde des wahren Messias zu sein.

Wie kann der Papst überhaupt solche uralte Wahrheiten verlorengehen lassen?

Kyrie eleison.

Bischof Richard Williamson
Christus vincit - Christus regnat - Christus imperat

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overkott
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von overkott »

Ich glaube, dass Konversion möglich ist und auch sein sollte. Nur Aversionen sollten nicht aufkommen.

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Moser
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Moser »

Wie wir an anderer Stelle schon festgestellt haben, wird die Gottesmordtheorie von der katholischen Kirche nicht mehr vertreten:
Katechismus der Katholischen Kirche hat geschrieben: 597 Berücksichtigt man, wie geschichtlich verwickelt der Prozeß Jesu nach den Berichten der Evangelien ist und wie auch die persönliche Schuld der am Prozeß Hauptbeteiligten (von Judas, dem Hohen Rat, von Pilatus) - die Gott allein kennt - sein mag, so darf man nicht die Gesamtheit der Juden von Jerusalem dafür verantwortlich machen - trotz des Schreiens einer manipulierten Menge [Vgl. Mk 15,11.]und ungeachtet der allgemeinen Vorwürfe in den nach Pfingsten erfolgenden Aufrufen zur Bekehrung [Vgl. Apg 2, 23. 36; 3,13-14; 4,1; 5,3; 7,52; 1,39; 13,27-28; 1 Thess 2,14-15.]. Als Jesus ihnen vom Kreuz herab verzieh [Vgl. Lk 23,24.], entschuldigte er - wie später auch Petrus - die Juden von Jerusalem und sogar ihre Führer mit ihrer „Unwissenheit" (Apg 3,17). Noch weniger darf man den Schrei des Volkes: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!" (Mt 27,25), der eine Bestätigungsformel darstellt [Vgl. Apg 5,28; 18,6.], zum Anlaß nehmen, die Schuld auf die Juden anderer Länder und Zeiten auszudehnen:

Darum hat die Kirche auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil erklärt: Was „bei seinem Leiden vollzogen worden ist, [kann] weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last gelegt werden. ... Die Juden [sind] weder als von Gott verworfen noch als verflucht darzustellen, als ergäbe sich dies aus der Heiligen Schrift" (NA 4).

Alle Sünder sind am Leiden Christi schuld

http://www.vatican.va/archive/DEU35/__P1V.HTM
Bevor jetzt wieder jemand kommt und sagt "Aber dieser Katechismus von 1997 ist eh schlecht" - wenn der auf der Seite des Vatikan abrufbar ist kann man ja wohl nicht davon ausgehen dass das der Lehre der kath. Kirche nicht entspricht?

Williamson liegt also schlichtweg falsch.
Martin Luther hat geschrieben: „Unser grosse Sünde und schwere Missetat
Jesum den wahren Gottes Sohn ans Kreuz geschlagen hat.
Drumb wir dich, armer Juda, darzu der Jüden Schar
Nicht feindlich dürfen schelten. Die Schuld ist unser zwahr!
Kyrie eleison!“

Raphael

Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Raphael »

Moser hat geschrieben:
Martin Luther hat geschrieben: „Unser grosse Sünde und schwere Missetat
Jesum den wahren Gottes Sohn ans Kreuz geschlagen hat.
Drumb wir dich, armer Juda, darzu der Jüden Schar
Nicht feindlich dürfen schelten. Die Schuld ist unser zwahr!
Kyrie eleison!“
Luther solltest Du 'mal besser nicht zitieren, wenn es um die Abwehr des Antisemitismus geht.
Ein Bock ist noch nie ein guter Gärtner gewesen! :roll:

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Moser
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Moser »

Raphael hat geschrieben:
Moser hat geschrieben:
Martin Luther hat geschrieben: „Unser grosse Sünde und schwere Missetat
Jesum den wahren Gottes Sohn ans Kreuz geschlagen hat.
Drumb wir dich, armer Juda, darzu der Jüden Schar
Nicht feindlich dürfen schelten. Die Schuld ist unser zwahr!
Kyrie eleison!“
Luther solltest Du 'mal besser nicht zitieren, wenn es um die Abwehr des Antisemitismus geht.
Ein Bock ist noch nie ein guter Gärtner gewesen! :roll:
Mußt du jetzt in meinen schönen Wein Wasser gießen? :pfeif:
Lass es mich so formulieren:
Wenn das schon der zugegebenermaßen nicht immer judenfreundlich gesinnte Luther sagt, dann muss es erst recht stimmen! :breitgrins:

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Edi
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Edi »

Schuld oder nicht schuld? Klar ist, dass nicht alle zur Zeit Jesu lebenden Juden mittelbar oder unmittelbar am Tode Jesu schuldig waren, mal mal ganz abgesehen davon, dass jeder Mensch geistlich gesehen an seinem Tode schuldig ist, denn ohne diese Sühne keine Erlösung. Insofern war der Tod des Herrn auch im Plan Gottes inbegriffen.

Aber es gibt heute noch Juden (haben einige Leute selber gesehen und bestätigt sogar Hans Küng (in einer Rede nachzulesen auf dem Server Timms der Uni Tübingen) mittels eines jüdischen Freundes, die, wenn sie den Namen Jesus hören oder z.B. ein Franziskanermönch ihnen begegnet, auf den Boden spucken. Dann gibt es unter manchen Juden noch das Wortspiel Jeshu und Jeshua. Das erste Wort bedeutet etwa, sein Name sei auf ewig vergessen bzw. ausgetilgt.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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Pelikan
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Pelikan »

Wie war hier gleich die aktuelle Sprachregelung? Keine "Kollektivschuld", aber doch "historische Verantwortung"? "Scham" aufgrund des "Schweigens" der Masse gegenüber dem Unrecht? So in der Art.

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Yeti
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Yeti »

Raphael hat geschrieben:
Moser hat geschrieben:
Martin Luther hat geschrieben: „Unser grosse Sünde und schwere Missetat
Jesum den wahren Gottes Sohn ans Kreuz geschlagen hat.
Drumb wir dich, armer Juda, darzu der Jüden Schar
Nicht feindlich dürfen schelten. Die Schuld ist unser zwahr!
Kyrie eleison!“
Luther solltest Du 'mal besser nicht zitieren, wenn es um die Abwehr des Antisemitismus geht.
Ein Bock ist noch nie ein guter Gärtner gewesen! :roll:
Vielleicht stammt das aus der Zeit, als er noch hoffte, dass die Juden bei seinem Ikonoklasmus mitmachen würden.
#gottmensch statt #gutmensch

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overkott
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von overkott »

Yeti hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Moser hat geschrieben:
Martin Luther hat geschrieben: „Unser grosse Sünde und schwere Missetat
Jesum den wahren Gottes Sohn ans Kreuz geschlagen hat.
Drumb wir dich, armer Juda, darzu der Jüden Schar
Nicht feindlich dürfen schelten. Die Schuld ist unser zwahr!
Kyrie eleison!“
Luther solltest Du 'mal besser nicht zitieren, wenn es um die Abwehr des Antisemitismus geht.
Ein Bock ist noch nie ein guter Gärtner gewesen! :roll:
Vielleicht stammt das aus der Zeit, als er noch hoffte, dass die Juden bei seinem Ikonoklasmus mitmachen würden.
Wir sehen mit Blick in die deutsche Geschichte also, dass wir eine große Verantwortung für das Friedenstiften haben. Ich denke, dass Assisi 3 ein Anfang sein kann.

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Yeti
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Yeti »

Kennt jemand übrigens diese beiden hübschen Figuren am Straßburger Münster?

Bild

Ich würde meinen, dass sich allein durch die Bildbetrachtung viele Erörterungen erübrigen würden. Das scheinen auch andere angstvoll bemerkt zu haben und so prankt dort seit einiger Zeit eine politisch korrekte Bronzetafel.
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Yeti
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Yeti »

overkott hat geschrieben:Wir sehen mit Blick in die deutsche Geschichte also, dass wir eine große Verantwortung für das Friedenstiften haben. Ich denke, dass Assisi 3 ein Anfang sein kann.


Die deutsche Geschichte besteht nicht nur aus 12 Jahren. Das Gegenteil behaupten nur die, die ein gebrochenes Verhältnis zu ihr haben. Und Verantwortung kann - wie Schuld - immer nur persönlich sein.
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Firmian
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Firmian »

Yeti hat geschrieben:Kennt jemand übrigens diese beiden hübschen Figuren am Straßburger Münster?

Bild

Ich würde meinen, dass sich allein durch die Bildbetrachtung viele Erörterungen erübrigen würden. Das scheinen auch andere angstvoll bemerkt zu haben und so prankt dort seit einiger Zeit eine politisch korrekte Bronzetafel.
Echt? Dabei ist das nicht mal in Deutschland.

Finde ich erstaunlich, weil der durchschnittliche Tourist wohl nicht von selbst draufkommt, wen die beiden Damen darstellen.

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Robert Ketelhohn
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Marion hat geschrieben:
civilisation hat geschrieben:
Williamson habe in seinem Blog zuletzt geschrieben, die Juden seien Gottesmörder, weil Pontius Pilatus Jesus nicht verurteilt hätte, wenn die Juden nicht nach Blut verlangt hätten,
Hier der Eleison Kommentar von Bischof Williamson um den es geht:
Ahnenstolz

Vor etlichen Monaten veröffentlichte Papst Benedikt XVI. seinen zweiten Buchband über das Leben Jesu. Darin macht er Bemerkungen, welche den Journalisten den Schluß erlaubten, daß die Juden nicht mehr länger für den Gottesmord verantwortlich gemacht werden dürfen, d.h. für die Tötung von Gott. Am 17. Mai 2011 ging der Leiter des Sekretariats für ökumenische und interreligiöse Angelegenheiten der US-Bischofskonferenz sogar noch einen Schritt weiter und sagte, daß man zu keinem Zeitpunkt der Geschichte das jüdische Volk des Gottesmordes beschuldigen dürfe, ohne aus der Gemeinschaft der katholischen Kirche ausgestoßen zu werden. Angesichts der Umstände und trotz dessen, was viele heutige Menschen glauben wollen, ist es höchste Zeit, die beständige Lehre der Kirche über den Justizmord an Jesus Christus in Erinnerung zu rufen, sei es auch noch so kurz.

Erstens war die Ermordung von Jesus Christus wirklich ein „Gottesmord“, d.h. die Ermordung Gottes, denn Jesus Christus ist eine der drei Personen Gottes und hatte zusätzlich zu seiner göttlichen Natur auch eine menschliche Natur angenommen. Was wurde am Kreuz umgebracht? Nur die menschliche Natur Christi. Doch wer wurde in seiner menschlichen Natur am Kreuz umgebracht? Niemand anders als die zweite göttliche Person, also Gott.

Zweitens starb Jesus Christus am Kreuz, um uns sündhafte Menschen alle von unseren Sünden zu befreien, und in dieser Hinsicht waren und sind alle Menschen der Zweck seines Todes. Doch nur die Juden (Führer und Volk) waren die Haupttäter des Gottesmordes, denn das Evangelium sagt, daß der am meisten beteiligte Nichtjude, Pontius Pilatus, Jesus Christus niemals zum Tode verurteilt hätte, wenn nicht die jüdischen Führer das jüdische Volk dahingehend mobilisiert hätten, lautstark seine Kreuzigung zu verlangen (Matthäus 27,20). Sicherlich waren die gelehrten jüdischen Führer schuldiger als das ungelehrte jüdische Volk, wie der Hl. Thomas von Aquin sagt (Summa III, 47, 5), aber sie alle zusammen schrien, daß Christi Blut über sie und ihre Kinder kommen solle (Matthäus 27,25).

Drittens stellte wenigstens Papst Leo XIII. einen echten Schulterschluß fest zwischen den damals zur Ermordung Christi aufrufenden Juden einerseits, und der Gesamtheit der Juden der modernen Zeiten andererseits. Schließlich ließ der Papst in seinem Sühnegebet, wo das Menschengeschlecht an das Heiligste Herz Jesu Christi geweiht wird, die gesamte Kirche zu Gott beten, vom 19. Jahrhundert an aufwärts: „Blicke voll Erbarmen auf die Kinder jener Rasse, welche ehemals das auserwählte Volk Gottes war. Möge das Blut des Erlösers, das sie einst selber auf sich herabgerufen hatten, nun als Bad der Erlösung und des Lebens über sie fließen.“

Doch sieht bei weitem nicht nur Papst Leo XIII. eine Kontinuität zwischen den Juden über die Jahrhunderte hinweg. Erheben denn nicht sie selber heute Anspruch auf das Land Palästina mit der Begründung, es sei ihres kraft des Gottes aus dem Alten Testament? Oder hat es jemals eine Rassen- und Religions-Nation gegeben, welche im Laufe der Jahrhunderte auf stolzere Weise selbstidentifizierend geblieben ist? Ursprünglich bereitete Gott die Juden darauf vor, dem Erlöser die Wiege zu bereiten – aber ach!, als er dann wirklich kam, verweigerten sie in ihrer Gesamtheit ihm die Anerkennung. Ebenfalls halten sie in ihrer Gesamtheit – immer mit edlen Ausnahmen – bis heute an dieser Zurückweisung des Erlösers fest, und sie änderten ihre Religion von der des Abraham und Moses und des Alten Testamentes in die Religion des Annas, Kaiphas und des Talmud. Tragischerweise treibt gerade ihre messianische Vorbereitung durch Gott sie seither dazu an, mit der Zurückweisung jener Person fortzufahren, welche sie für einen falschen Messias halten. Bis sie am Ende der Zeit bekehrt werden, wie die Kirche immer gelehrt hat (Römer 11,26-27), scheinen sie an die Rolle gebunden zu sein, Feinde des wahren Messias zu sein.
Ich weiß nicht, was Benedikt geschrieben hat, aber was Williamson hier darlegt, ist ohne Frage richtig und entspricht den historischen Tatsachen und dem Glauben der Kirche.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Pilgerer
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Pilgerer »

Stephanus sprach an seinem letzten Tag zu den Juden, die Jesus ablehnten:
"51 Ihr Halsstarrigen, ihr, die ihr euch mit Herz und Ohr immerzu dem Heiligen Geist widersetzt, eure Väter schon und nun auch ihr. 52 Welchen der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Sie haben die getötet, die die Ankunft des Gerechten geweissagt haben, dessen Verräter und Mörder ihr jetzt geworden seid, 53 ihr, die ihr durch die Anordnung von Engeln das Gesetz empfangen, es aber nicht gehalten habt." (Apostelgschichte 6,51-53)

Im Wesentlichen hat jedoch die jüdische Oberschicht in Jerusalem gemeinsam mit Pilatus die Verantwortung für den Justizmord. In diesem Sinn sagt Jakobus: "1 Ihr aber, ihr Reichen, weint nur und klagt über das Elend, das euch treffen wird. ... 6 Ihr habt den Gerechten verurteilt und umgebracht, er aber leistete euch keinen Widerstand." (Jakobus 5,1.6) Die Reichen waren zu jener Zeit auch die religiös und politisch Mächtigen, also Pilatus und die führenden Juden Jerusalems. Das einfache jüdische Volk war eher für Jesus, und das war auch ein wichtiger Grund, weshalb die Hohepriester Jesus töten wollten. Sie fürchteten, dass Jesus einen Aufstand gegen die Römer anführen könnte, wie es ihn wenige Jahrzehnte später tatsächlich gab. Aus diesem Grund waren sie bereit, soweit zu gehen, "keinen König außer dem Kaiser" (Johannes 19,15) anzuerkennen. Das war ein Verrat an Gott, der doch der einzig wahre König Israels sein sollte. "18 Der HERR wird König sein immer und ewig." (2. Mose 15,18). Trotz dieser schweren Sünden hat Jesus am Kreuz doch noch die Kraft gehabt, für seine Feinde zu bitten. Sollten da nicht auch wir den Mördern Jesu vergeben, wie er es erbeten hat?

Eine andere Frage ist, wie die Juden in der frühen Zeit der Kirche reagiert haben. Sie haben sich da von den Judenchristen abgespalten, die in Jesus die Vollendung des Gesetzes und der Propheten ansahen. Sie haben damit auch z.T. den Gott in Jesus abgelehnt. Damit haben die Juden nicht mehr jenes ungetrübte Verhältnis, das die Frommen von ihnen vor Jesus zu Gott hatten. Jesu Menschwerdung war auch eine Zeit des Gerichts: "Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht" (Johannes 3,19). Trotzdem haben die Juden nach wie vor die Weisungen der Torah, die vom Logos stammen. Wenn sie diese halten, sie studieren und lieben, bleiben sie in einer gewissen Treue zum Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, die sie möglicherweise dazu bereit macht, Jesus mit aller Kraft zu lieben, wenn er sich als der HERR offenbart.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Robert Ketelhohn
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Pilgerer hat geschrieben:Trotzdem haben die Juden nach wie vor die Weisungen der Torah, die vom Logos stammen. Wenn sie diese halten, sie studieren und lieben, bleiben sie in einer gewissen Treue zum Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, die sie möglicherweise dazu bereit macht, Jesus mit aller Kraft zu lieben, wenn er sich als der HERR offenbart.
Nein. Lies bei Paulo, wozu das Gesetz frommt.
Pilgerer hat geschrieben:Das einfache jüdische Volk war eher für Jesus
Dafür sehe ich keinen Anhalt in der Schrift.
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ottaviani
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von ottaviani »

Moser hat geschrieben:Wie wir an anderer Stelle schon festgestellt haben, wird die Gottesmordtheorie von der katholischen Kirche nicht mehr vertreten:
Katechismus der Katholischen Kirche hat geschrieben: 597 Berücksichtigt man, wie geschichtlich verwickelt der Prozeß Jesu nach den Berichten der Evangelien ist und wie auch die persönliche Schuld der am Prozeß Hauptbeteiligten (von Judas, dem Hohen Rat, von Pilatus) - die Gott allein kennt - sein mag, so darf man nicht die Gesamtheit der Juden von Jerusalem dafür verantwortlich machen - trotz des Schreiens einer manipulierten Menge [Vgl. Mk 15,11.]und ungeachtet der allgemeinen Vorwürfe in den nach Pfingsten erfolgenden Aufrufen zur Bekehrung [Vgl. Apg 2, 23. 36; 3,13-14; 4,1; 5,3; 7,52; 1,39; 13,27-28; 1 Thess 2,14-15.]. Als Jesus ihnen vom Kreuz herab verzieh [Vgl. Lk 23,24.], entschuldigte er - wie später auch Petrus - die Juden von Jerusalem und sogar ihre Führer mit ihrer „Unwissenheit" (Apg 3,17). Noch weniger darf man den Schrei des Volkes: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!" (Mt 27,25), der eine Bestätigungsformel darstellt [Vgl. Apg 5,28; 18,6.], zum Anlaß nehmen, die Schuld auf die Juden anderer Länder und Zeiten auszudehnen:

Darum hat die Kirche auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil erklärt: Was „bei seinem Leiden vollzogen worden ist, [kann] weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last gelegt werden. ... Die Juden [sind] weder als von Gott verworfen noch als verflucht darzustellen, als ergäbe sich dies aus der Heiligen Schrift" (NA 4).

Alle Sünder sind am Leiden Christi schuld

http://www.vatican.va/archive/DEU35/__P1V.HTM
Bevor jetzt wieder jemand kommt und sagt "Aber dieser Katechismus von 1997 ist eh schlecht" - wenn der auf der Seite des Vatikan abrufbar ist kann man ja wohl nicht davon ausgehen dass das der Lehre der kath. Kirche nicht entspricht?

Williamson liegt also schlichtweg falsch.
Martin Luther hat geschrieben: „Unser grosse Sünde und schwere Missetat
Jesum den wahren Gottes Sohn ans Kreuz geschlagen hat.
Drumb wir dich, armer Juda, darzu der Jüden Schar
Nicht feindlich dürfen schelten. Die Schuld ist unser zwahr!
Kyrie eleison!“
das ist die folge des II Vatikanums der Erklärung Nostra Aetate und das ist eben einer der strittigen Punkte Mgr Williamson gibt nur die traditionelle Lehre der Kirche wieder was der Haeretiker Martin Luther sagt interessiert keinen traditionellen Katholiken

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Maurus
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Maurus »

Die Schuldfrage ist vollkommen irrelevant. Es musste geschehen. Es konnte auch nur durch ein solches Opfer geschehen. Die Verantwortung einzelner ist lediglich ein Sinnbild der Verantwortung aller Menschen.

Pilgerer
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Pilgerer »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Trotzdem haben die Juden nach wie vor die Weisungen der Torah, die vom Logos stammen. Wenn sie diese halten, sie studieren und lieben, bleiben sie in einer gewissen Treue zum Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, die sie möglicherweise dazu bereit macht, Jesus mit aller Kraft zu lieben, wenn er sich als der HERR offenbart.
Nein. Lies bei Paulo, wozu das Gesetz frommt.
Pilgerer hat geschrieben:Das einfache jüdische Volk war eher für Jesus
Dafür sehe ich keinen Anhalt in der Schrift.
Im Johannes-Evangelium wird an einigen Stellen deutlich, dass das Volk Jesus nachläuft und die geistliche Elite daher in Sorge gerät:
"47 Da beriefen die Hohenpriester und die Pharisäer eine Versammlung des Hohen Rates ein. Sie sagten: Was sollen wir tun? Dieser Mensch tut viele Zeichen.
48 Wenn wir ihn gewähren lassen, werden alle an ihn glauben. Dann werden die Römer kommen und uns die heilige Stätte und das Volk nehmen.
49 Einer von ihnen, Kajaphas, der Hohepriester jenes Jahres, sagte zu ihnen: Ihr versteht überhaupt nichts.
50 Ihr bedenkt nicht, dass es besser für euch ist, wenn ein einziger Mensch für das Volk stirbt, als wenn das ganze Volk zugrunde geht." (Johannes 11,47-50)
"40 Einige nun aus dem Volk, die diese Worte hörten, sprachen: Dieser ist wahrhaftig der Prophet.
41 Andere sprachen: Er ist der Christus. Wieder andere sprachen: Soll der Christus aus Galiläa kommen?
42 Sagt nicht die Schrift: Aus dem Geschlecht Davids und aus dem Ort Bethlehem, wo David war, soll der Christus kommen?
43 So entstand seinetwegen Zwietracht im Volk.
44 Es wollten aber einige ihn ergreifen; aber niemand legte Hand an ihn.
45 Die Knechte kamen zu den Hohenpriestern und Pharisäern; und die fragten sie: Warum habt ihr ihn nicht gebracht?
46 Die Knechte antworteten: Noch nie hat ein Mensch so geredet wie dieser.
47 Da antworteten ihnen die Pharisäer: Habt ihr euch auch verführen lassen?
48 Glaubt denn einer von den Oberen oder Pharisäern an ihn?
49 Nur das Volk tut's, das nichts vom Gesetz weiß; verflucht ist es.
" (Johannes 7,40-49)

Das zeigt, dass Jesus sehr beliebt war. Der Prozess bei Pilatus hat in Jersualem stattgefunden. In die "Kreuzige Ihn!"-Rufe war nur ein Teil der Jerusalemer Bevölkerung involviert. Die große Masse der jüdischen Landbevölkerung war da noch für Jesus, so wie es sich etwa bei der Lazarus-Geschichte erkennen lässt. Nach Jesu Auferstehung verbreitete sich das Evangelium in der jüdischen Bevölkerung und einige Tausend Juden wurden Christen. Allerdings wurde der Riss zwischen den Judenchristen und den nichtchristlichen Juden immer größer. Mit diesem Riss kam es zu wachsender Christenverfolgung durch Juden, die zum Beispiel in die Steinigung von Stephanus oder die Aktivitäten von Saulus mündete. Diese christenfeindliche Einstellung der Juden ist da entstanden und hat das jüdisch-christliche Verhältnis stark mit geprägt. Darin sehe ich auch eine Wurzel des christlichen Antisemitismus. Trotzdem bleiben die Juden das Volk des HERRN, und der HERR hat ihre Sünden und Schuld auf sich genommen.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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overkott
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von overkott »

Pilgerer hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Trotzdem haben die Juden nach wie vor die Weisungen der Torah, die vom Logos stammen. Wenn sie diese halten, sie studieren und lieben, bleiben sie in einer gewissen Treue zum Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, die sie möglicherweise dazu bereit macht, Jesus mit aller Kraft zu lieben, wenn er sich als der HERR offenbart.
Nein. Lies bei Paulo, wozu das Gesetz frommt.
Pilgerer hat geschrieben:Das einfache jüdische Volk war eher für Jesus
Dafür sehe ich keinen Anhalt in der Schrift.
Im Johannes-Evangelium wird an einigen Stellen deutlich, dass das Volk Jesus nachläuft und die geistliche Elite daher in Sorge gerät:
"47 Da beriefen die Hohenpriester und die Pharisäer eine Versammlung des Hohen Rates ein. Sie sagten: Was sollen wir tun? Dieser Mensch tut viele Zeichen.
48 Wenn wir ihn gewähren lassen, werden alle an ihn glauben. Dann werden die Römer kommen und uns die heilige Stätte und das Volk nehmen.
49 Einer von ihnen, Kajaphas, der Hohepriester jenes Jahres, sagte zu ihnen: Ihr versteht überhaupt nichts.
50 Ihr bedenkt nicht, dass es besser für euch ist, wenn ein einziger Mensch für das Volk stirbt, als wenn das ganze Volk zugrunde geht." (Johannes 11,47-50)
"40 Einige nun aus dem Volk, die diese Worte hörten, sprachen: Dieser ist wahrhaftig der Prophet.
41 Andere sprachen: Er ist der Christus. Wieder andere sprachen: Soll der Christus aus Galiläa kommen?
42 Sagt nicht die Schrift: Aus dem Geschlecht Davids und aus dem Ort Bethlehem, wo David war, soll der Christus kommen?
43 So entstand seinetwegen Zwietracht im Volk.
44 Es wollten aber einige ihn ergreifen; aber niemand legte Hand an ihn.
45 Die Knechte kamen zu den Hohenpriestern und Pharisäern; und die fragten sie: Warum habt ihr ihn nicht gebracht?
46 Die Knechte antworteten: Noch nie hat ein Mensch so geredet wie dieser.
47 Da antworteten ihnen die Pharisäer: Habt ihr euch auch verführen lassen?
48 Glaubt denn einer von den Oberen oder Pharisäern an ihn?
49 Nur das Volk tut's, das nichts vom Gesetz weiß; verflucht ist es.
" (Johannes 7,40-49)

Das zeigt, dass Jesus sehr beliebt war. Der Prozess bei Pilatus hat in Jersualem stattgefunden. In die "Kreuzige Ihn!"-Rufe war nur ein Teil der Jerusalemer Bevölkerung involviert. Die große Masse der jüdischen Landbevölkerung war da noch für Jesus, so wie es sich etwa bei der Lazarus-Geschichte erkennen lässt. Nach Jesu Auferstehung verbreitete sich das Evangelium in der jüdischen Bevölkerung und einige Tausend Juden wurden Christen. Allerdings wurde der Riss zwischen den Judenchristen und den nichtchristlichen Juden immer größer. Mit diesem Riss kam es zu wachsender Christenverfolgung durch Juden, die zum Beispiel in die Steinigung von Stephanus oder die Aktivitäten von Saulus mündete. Diese christenfeindliche Einstellung der Juden ist da entstanden und hat das jüdisch-christliche Verhältnis stark mit geprägt. Darin sehe ich auch eine Wurzel des christlichen Antisemitismus. Trotzdem bleiben die Juden das Volk des HERRN, und der HERR hat ihre Sünden und Schuld auf sich genommen.
Diese Betrachtung scheint starkt von einer Begrifflichkeit und einem Denken des 19. Jahrhunderts geprägt zu sein. Das gilt zum Beispiel für Historismus und Positivismus. Auch der Begriff des Semitismus und seines Antonyms stammt aus dem 19. Jahrhundert. Ethnische und geistige Bedeutungen der Begriffe bringen jedoch Konflikte zum Ausdruck, die mit der Ausbreitung des Christentums und seiner räumlichen und zeitlichen Entfernung vom Ursprung einen anderen Stellenwert bekommen haben. Im Johannes-Evangelium vertritt Jesus in der Auseinandersetzung um ein ethnisches oder geistliches Selbstverständnis die geistliche Position. Gottes Sohn ist, wer den Willen des himmlischen Vaters erfüllt, unabhängig von seiner Herkunft und seinem sozialen Status. Die Gotteskindschaft erlangt, wer aus dem Wasser, vor allem aber aus dem Geist neu geboren wird. Das schließt Hebräer und Helenen sowie Menschen aus allen Ländern ein, die sich vom Heiligen Geist erfüllt für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen.

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Robert Ketelhohn
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Pilgerer hat geschrieben:Im Johannes-Evangelium wird an einigen Stellen deutlich, dass das Volk Jesus nachläuft und die geistliche Elite daher in Sorge gerät:
47 Da antworteten ihnen die Pharisäer: Habt ihr euch auch verführen lassen?
48 Glaubt denn einer von den Oberen oder Pharisäern an ihn?
49 Nur das Volk tut's, das nichts vom Gesetz weiß; verflucht ist es.
(Johannes 7,40-49)
Du glaubst hier „den Pharisäern“, nicht der Schrift. – Wohin gehört Joseph von Arimathäa? Wohin Nikodemus?
Die große Masse der jüdischen Landbevölkerung war da noch für Jesus, so wie es sich etwa bei der Lazarus-Geschichte erkennen lässt.
Das läßt sich da überhaupt nicht erkennen. Wie willst du von der Jesu befreundeten Familie eines kleinen Ortes auf die jüdische Landbevölkerung Palästinas schlechthin schließen? – Nebenbei liegst du völlig daneben, wenn du „die Pharisäer“ der Schrift als Oberschicht begreifst. Sie stehen durchaus für das „einfache Volk“. (Aber aus ihnen kamen auch viele Anhänger Jesu.)
Nach Jesu Auferstehung verbreitete sich das Evangelium in der jüdischen Bevölkerung und einige Tausend Juden wurden Christen.
Pfingsten. Einige tausend sind aber unterm Strich ziemlich wenig.
Darin sehe ich auch eine Wurzel des christlichen Antisemitismus.
Das ist ein völlig verfehlter Begriff.
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overkott
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von overkott »

Vor allem war Pfingsten eine internationale Wallfahrt vergleichbar mit Mekka und der begeisterten Stimmung dort.

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Jorge_
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Jorge_ »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich weiß nicht, was Benedikt geschrieben hat, (...)
Der Papst nennt die Juden unschuldig am Tod Jesu
Kurioserweise steht in diesem sonst eigentlich recht interessant klingenden Rezension der "Welt" bis auf die zitierte Überschrift nichts zu dieser speziellen Frage drin.

Beim österreichischen "Standard" findet man unter ähnlicher Überschrift (Papst weist Schuld der Juden am Tod Jesu zurück) zumindest folgende Inhaltsangabe:
Der Standard (10.3.2011) hat geschrieben:Konkret geht der Papst genauer auf Fragen zur Datierung des Letzten Abendmahls, die Figur des Verräters Judas sowie auf den Prozess vor Pilatus ein. Ein positives Echo in der Öffentlichkeit fanden jene Passagen, in denen der Papst die These von der Kollektivschuld der Juden am Tod Jesu zurückweist. Er untersuchte Bibelstellen, in denen es um die Verantwortlichen für das Todesurteil geht und kam zu dem Schluss, dass "nicht das jüdische Volk als solches", sondern ganz bestimmte Priesterkreise und Anhänger des Barabbas (dem im Tausch gegen Jesus das Leben geschenkt wurde) die Schuldigen seien.
Und in der ebenfalls österreichischen "Presse" steht unter der Überschrift Papst: Juden nicht an Kreuzigung Jesu schuld:
Die Presse (3.3.2011) hat geschrieben:Nach Benedikts Überzeugung haben nicht "die Juden" den Tod von Jesus verlangt, eine solche Formulierung im Matthäus-Evangelium entspreche "sicher nicht" den historischen Fakten. Nur zwei Gruppen hätten auf die Verurteilung durch Pontius Pilatus gedrängt, wobei aber auch Johannes "die Juden" als fordernde Partei nenne, fasst die Zeitung zusammen. "Aber dieser Ausdruck bezeichnet bei Johannes keineswegs - wie der moderne Leser vielleicht zu lesen geneigt ist - das Volk Israel als solches, noch weniger hat er 'rassistischen' Charakter", so Benedikt. Gemeint sei die "Tempel-Aristokratie". Im Evangelium nach Markus würden neben diesem Kreis noch die Anhänger des ebenfalls vom Tode bedrohten Mörders Barabbas genannt.
Mehr oder Genaueres findet sich im kreuzgang-Thread zum Papstbuch leider auch nicht, aber ich glaube, wenigstens Berolinensis hat das Buch greifbar (er zitiert jedenfalls daraus). Ich habs leider noch nicht gelesen und finde auch keine Zitate im Netz. Es soll wohl im 7. Kapitel stehen.
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Jorge_
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Jorge_ »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Nebenbei liegst du völlig daneben, wenn du „die Pharisäer“ der Schrift als Oberschicht begreifst. Sie stehen durchaus für das „einfache Volk“. (Aber aus ihnen kamen auch viele Anhänger Jesu.)
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Darin sehe ich auch eine Wurzel des christlichen Antisemitismus.
Das ist ein völlig verfehlter Begriff.
Beides sehe ich auch so.

Mich würde in dem Zusammenhang interessieren, ob nach Eurer fundierten Kenntnis und auf der Basis der biblischen Berichte die Version noch aktuell oder überhaupt haltbar ist, die ich mal gelernt habe, dass nämlich der mehr oder weniger direkte Anlass und das Motiv für den Prozess und die Ermordung Jesu wahrscheinlich (also soweit man überhaupt begründete Vermutungen anstellen kann und immer mit gewissen Vorbehalten) die ziemlich spektakuläre Aktion im Tempel (dieser Zornausbruch mit dem Umstoßen der Verkaufstische für Opfertauben und der Vertreibung der Händler aus dem "Haus meines Vaters" usw.) war. Hauptgegner Jesu müssten dann die Tempelpriester gewesen sein, gegen deren "Betrieb" sich die handgreifliche und im Pilgerbetrieb unter den Volksmassen sicherlich großes Aufsehen erregende Kritik Jesu unmittelbar richtete.
Zuletzt geändert von Jorge_ am Samstag 22. Oktober 2011, 14:31, insgesamt 3-mal geändert.
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Pit
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Pit »

Was die "Tempelreinigung" betrifft dürfte diese eher klein ausgefallen sein, gewissermassen am Rand des Tempelkultbetriebes.
Mit den Schriftgelehrten- weit weniger mit den Pharisäern - und besonders mit den Saduzäern dürfte Jesus Ärger bekommen haben, weil es schlichtweg den gesamten Tempelkult in Frage stellte-und in letzter Konsequenz für nicht mehr nötig erklärte.
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taddeo
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von taddeo »

Pit hat geschrieben:Was die "Tempelreinigung" betrifft dürfte diese eher klein ausgefallen sein, gewissermassen am Rand des Tempelkultbetriebes.
Mit den Schriftgelehrten- weit weniger mit den Pharisäern - und besonders mit den Saduzäern dürfte Jesus Ärger bekommen haben, weil es schlichtweg den gesamten Tempelkult in Frage stellte-und in letzter Konsequenz für nicht mehr nötig erklärte.
Dieser Episode widmet Papst Benedikt die Hälfte des 1. Kapitels in seinem zweiten "Jesus"-Band und erläutert dort auch die verschiedenen Interpretationsansätze.

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Robert Ketelhohn
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jorge_ hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich weiß nicht, was Benedikt geschrieben hat, (...)
Der Papst nennt die Juden unschuldig am Tod Jesu
Kurioserweise steht in diesem sonst eigentlich recht interessant klingenden Rezension der "Welt" bis auf die zitierte Überschrift nichts zu dieser speziellen Frage drin.
Der Artikel von Paul Badde ist auch sonst ziemlich unbrauchbar. Da lese ich zum Beispiel solchen Quatsch:
Es war das Vorspiel der Zerstörung des Tempels und Jerusalems durch den Römer Titus, der traumatischen Katastrophe, die Matthäus, Markus, Lukas und Johannes vor Augen hatten, als sie ihre Berichte der Passion und Auferstehung Jesu abfaßten.
Jorge_ hat geschrieben:Beim österreichischen "Standard" findet man unter ähnlicher Überschrift (Papst weist Schuld der Juden am Tod Jesu zurück) zumindest folgende Inhaltsangabe:
Der Standard (10.3.2011) hat geschrieben:Konkret geht der Papst genauer auf Fragen zur Datierung des Letzten Abendmahls, die Figur des Verräters Judas sowie auf den Prozess vor Pilatus ein. Ein positives Echo in der Öffentlichkeit fanden jene Passagen, in denen der Papst die These von der Kollektivschuld der Juden am Tod Jesu zurückweist. Er untersuchte Bibelstellen, in denen es um die Verantwortlichen für das Todesurteil geht, und kam zu dem Schluß, daß "nicht das jüdische Volk als solches", sondern ganz bestimmte Priesterkreise und Anhänger des Barabbas (dem im Tausch gegen Jesus das Leben geschenkt wurde) die Schuldigen seien.
Die besonders frommen Pharisäer müßte man hier noch erwähnen. Ansonsten ist das eine Binsenweisheit und keine Schlagzeile wert.

Entscheidend ist etwas anderes. Die Synagoge des christlichen Zeitalters, der sechsten Weltzeit, der Endzeit, ist als System dem Glauben und der Kirche feind. Sie ist seit der endgültigen Trennung von der Kirche gewissermaßen per definitionem auf die Ablehnung des Messias und auf seine Kreuzigung gebaut. Darum schrieb ich vor drei Jahren in irgendeiner Diskussion – was den Anstoß zu diesem Strang bildete –: »Das ist der Existenzzweck der Synagoge nach der Zerstörung des Tempels: den Herrn immer neu zu kreuzigen.« – Man beachte auch die nachfolgende Diskussion darüber.
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Robert Ketelhohn
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jorge_ hat geschrieben:Mich würde in dem Zusammenhang interessieren, ob nach Eurer fundierten Kenntnis und auf der Basis der biblischen Berichte die Version noch aktuell oder überhaupt haltbar ist, die ich mal gelernt habe, dass nämlich der mehr oder weniger direkte Anlass und das Motiv für den Prozess und die Ermordung Jesu wahrscheinlich (also soweit man überhaupt begründete Vermutungen anstellen kann und immer mit gewissen Vorbehalten) die ziemlich spektakuläre Aktion im Tempel (dieser Zornausbruch mit dem Umstoßen der Verkaufstische für Opfertauben und der Vertreibung der Händler aus dem "Haus meines Vaters" usw.) war. Hauptgegner Jesu müssten dann die Tempelpriester gewesen sein, gegen deren "Betrieb" sich die handgreifliche und im Pilgerbetrieb unter den Volksmassen sicherlich großes Aufsehen erregende Kritik Jesu unmittelbar richtete.
In den Berichten vom Prozeß Jesu finde ich dafür keinen Anhaltspunkt.
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Pilgerer
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Pilgerer »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Du glaubst hier „den Pharisäern“, nicht der Schrift.
Die Pharisäer unterscheiden an dieser Stelle zwischen sich und dem einfachen (=ungebildeten) Volk. Sie beschuldigen das Volk, vom Gesetz keine Ahnung zu haben und darum leichtfertig an Jesus zu glauben.

Das alte Israel, das aus dem Tempel in Jerusalem und vielen Synagogen bestand, ist mit Jesus in zwei Teile gefallen. Seitdem gibt es die eine heilige apostolische katholische Kirche und das Judentum. Beide sehen sich als Nachfolger des alten Israels, das bspw. in den Makkabäer-Schriften noch seine letzten wichtigen historischen Ereignisse hatte. Bei den Juden ist zu fragen, weshalb sie Jesus ablehnten und heute noch ablehnen. Soweit ich es von heutigen Juden erfahren habe, hätten sie erwartet, dass mit dem Messias das endzeitliche Reich Gottes Realität annehmen würde, in dem Löwe und Lamm friedlich nebeneinander grasen etc. Es kann jedoch sein, dass sich die Lesart der Propheten durch die Ablehnung Jesu verändert hat.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Das ist ein völlig verfehlter Begriff.
Welchen Begriff würdest du wählen? Es gab meiner Ansicht nach eindeutig eine christliche Feindschaft gegenüber den Juden, die gelegentlich in Gewalttätigkeiten ausuferte. Die Leidenschaftlichkeit des jüdisch-christlichen Verhältnisses spricht deutlich dafür, dass beide eigentlich Brüdervölker sind und darum in Versuchung stehen, die andere Seite leidenschaftlich zu hassen (oder zu lieben). Doch warum sollten wir Christen uns des Hasses schuldig machen? Hat dann nicht der Feind Gottes über uns triumpfiert, der die Christen zur Zerstörungslust anstiften will? Er sagt uns, dass wir ein "gutes Werk" vor Gott tun, wenn wir für Gott andere Menschen verachten, hassen oder verfolgen. Doch wer den Tod liebt, kann der Gott lieben?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Jorge_ »

Pilgerer hat geschrieben:Welchen Begriff würdest du wählen? Es gab meiner Ansicht nach eindeutig eine christliche Feindschaft gegenüber den Juden, die gelegentlich in Gewalttätigkeiten ausuferte.
Religiöser Antijudaimus. Der gehört wohl (irgendwie mit) zu den Wurzeln des ideologischen Antisemitismus des 19. Jahrhunderts. Der Bestandteil "Semitismus" setzt aber eine rassenideologische Denkweise voraus, die in der religiösen Judenfeindschaft erst einmal schlicht nicht vorkam und auch nicht genuin christlichen bzw. religiösen Ursprungs ist. Deshalb finde ich den Begriff "christlicher Antisemitismus" auch verfehlt.
Die Judenfeindschaft des Mittelalters ist eher soziologisch bedingt, Judenpogrome etc. gab es in fast allen Gesellschaften, in denen die Juden als religiöse und soziale Sondergruppe separiert vom Rest der Gesellschaft lebten. Es gab schon auch rassismus-ähnliche Vorurteile und Feindschaften im Mittelalter, vor allem der Lateiner gegenüber den Griechen, also innerchristlich. Eine Art "biologische" Komponente der Judenfeindschaft gab es eigentlich aber erst im Spanien der späten Reconquista und der Katholischen Könige, was sich daran festmacht, dass auch (und gerade) zum Christentum konvertierte Juden verfolgt wurden, die "unreine Abstammung" also stärker ins Gewicht fiel als die religiöse Überzeugung.
Diese Entwicklung in Spanien ist aber von den speziellen Umständen dort geprägt. Die Zwangsbekehrungen führten dazu, dass Juden und Mauren mitunter nur pro forma konvertierten und ihren alten Glauben heimlich weiterpraktizierten. Außerdem gab es im wiedereroberten Andalusien keinen gewachsenen hispanischen Adel, dafür aber viele nichtadlige Emporkömmlinge, darunter Nachkommen fränkischer Kreuzzügler und sonstiger auswärtiger Abenteurer. Eine Art Wilder Westen halt, in dem jeder sich sein Glück und seinen Landbesitz auf Kosten der Schwächeren erkämpft und mit Zähnen und Klauen verteidigt. Da wurden Juden und Maurer bzw. deren konvertierte Nachkommen alle in einen Topf geworfen und die "spanische" Landnehmerschicht definierte sich ihrerseits nicht von ihrer adligen Abstammung oder althergebrachten Führungsrolle, sondern vom "reinen" Blut der christlichen Vorfahren her, unter denen sich angeblich keine Juden und Mauren befanden. Die eingesessene ältere Oberschicht und auch das Königtum wurden dagegen verdächtigt, sowieso von jüdischen und maurischen Vorfahren und Scheinkonvertiten "verseucht" zu sein. Das führte zusammen mit den machtpolitischen Konstellationen auf der Halbinsel zur Übernahme der aus den Albigenserkriegen bekannten Inquisition zum Aufspüren von (oft nur angeblichen) Scheinkonvertiten, die man als Häretiker bestrafen konnte. Da der König die Inquisition unabhängig vom Papst durchführen durfte, wurde sie zu einem wichtigen Machtinstrument. Die religiösen Gründe für die Ablehnung der Juden und Konvertiten waren aber im Grunde nur vorgeschoben.
Pilgerer hat geschrieben:Doch warum sollten wir Christen uns des Hasses schuldig machen? Hat dann nicht der Feind Gottes über uns triumpfiert, der die Christen zur Zerstörungslust anstiften will? Er sagt uns, dass wir ein "gutes Werk" vor Gott tun, wenn wir für Gott andere Menschen verachten, hassen oder verfolgen. Doch wer den Tod liebt, kann der Gott lieben?
Eben. Deswegen würde ich Rassismus auch nicht mit dem Christentum in Verbindung bringen und den Ausdruck "christlicher Antisemitismus" vermeiden.
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Jorge_
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Re: Die Verantwortung der Synagoge

Beitrag von Jorge_ »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
In den Berichten vom Prozeß Jesu finde ich dafür keinen Anhaltspunkt.
Hmm, danke! Muss noch mal nachsehen woher ich das hatte. Oder halt das Ratzinger-Kapitel lesen.

Deine Ansichten zum fortbestehenden "Existenzzweck der Synagoge" habe ich gelesen, finde das aber überzogen und auch schon ausdiskutiert. So eine Frage gehört für mein Empfinden in den christlich-jüdischen Dialog (den du aber für nicht zielführend hältst, ich weiß).
Hier ging es mir eigentlich nur um die historische Frage der Kreuzigung und das manchmal spürbare, aber für mein Empfinden wirklich nur "politisch-korrekte" Bestreben, jede Bezugnahme auf "die Juden" als (natürlich nur "Mit-" und auf keinen Fall "Kollektiv-") "Schuldige" am Kreuzestod Jesu auszublenden oder wegzuinterpretieren oder etwa die Hauptschuld bei Pilatus anzusiedeln.
Theologisch finde ich das uninteressant, da es (bis auf die Gottesmutter) keine mehr oder weniger von der Erbsünde Betroffenen gibt und kein vernünftiger Christ sich glücklich schätzen kann, kein Jude zu sein, weil die am Tod Jesu schuld sein sollen. Wir sprechen Ostern ja sowieso von der "glücklichen Schuld". Und den unmittelbar Schuldigen hat Jesus ja ohnehin noch vor seinem Tod verziehen.
Die "Verantwortung der Synagoge", die du schilderst, läuft letztlich einfach nur darauf hinaus, dass sie Jesus Christus nicht als Messias und Erlöser anerkennt, und das ist ja jedem bekannt. Ob sie deshalb als Institution dem Christentum feindlich sein muss oder ob wir ihr als "älterer Schwester" sogar einen besonderen Draht oder "Heilsweg" zu Gott zubilligen können/sollen, ist bekanntlich umstritten und spekulativ (deine Ansicht dazu kenne ich auch schon). Was ist eigentlich mit dem älteren Bruder in dem Gleichnis vom verlorenen Sohn am Ende passiert? Hat der Vater ihn fortgejagt, oder wurde er irgendwie auf einen anderen Hof abgeschoben, oder hat er sich beruhigt und führte den Betrieb zusammen mit seinem kleinen Bruder weiter?
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