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Flüchtlingspolitik

Verfasst: Donnerstag 12. September 2013, 15:01
von umusungu
Abgetrennt aus dem Papst Franz-Thread. -HeGe
ad_hoc hat geschrieben:wobei ich noch nicht mal darauf eingehen möchte, bei wie vielen es sich eigentlich um Wirtschaftsflüchtlinge handelt
Was soll immer dieses Schimpfwort "Wirtschaftsflüchtling".
Was ist verwerflich daran, wenn Menschen versuchen, für sich und ihre Kinder ein besseres Leben zu erstreben?
Wenn Menschen überhaupt keine Zukunftsperspektive haben, was sollen sie tun?
Sie versuchen sich auf den Weg zu machen in vermeintlich bessere Weltgegenden.

Die Auswanderer aus Deutschland in die USA im 19. Jahrhundert waren auch alles Wirtschaftsflüchtlinge .. auch sie suchten aus elenden Situationen heraus eine bessere Zukunft für sich und ihre Kinder in der "Neuen Welt".

Re: Papst Franz I.

Verfasst: Donnerstag 12. September 2013, 15:34
von Apollonia
Wäre ich einer dieser armen Menschen, wäre mir ein Obdach und ein Stück Brot lieber als ein Gebetssturm.

Re: Papst Franz I.

Verfasst: Donnerstag 12. September 2013, 15:46
von Pelikan
umusungu hat geschrieben:Was ist verwerflich daran, wenn Menschen versuchen, für sich und ihre Kinder ein besseres Leben zu erstreben?
Gar nichts, aber wenn jene dann mit Menschen, die vor tatsächlichen Gefahren für Leib und Leben flüchten, um begrenzte Ressourcen konkurrieren, sind Unterscheidung und Priorisierung unumgänglich.

Re: Papst Franz I.

Verfasst: Donnerstag 12. September 2013, 22:09
von umusungu
Pelikan hat geschrieben:
umusungu hat geschrieben:Was ist verwerflich daran, wenn Menschen versuchen, für sich und ihre Kinder ein besseres Leben zu erstreben?
Gar nichts, aber wenn jene dann mit Menschen, die vor tatsächlichen Gefahren für Leib und Leben flüchten, um begrenzte Ressourcen konkurrieren, sind Unterscheidung und Priorisierung unumgänglich.
"wirtschaftsflüchtling" wird nicht zur Unterscheidung und Priorisierung gebraucht, sondern als Schimpfwort um zu sagen: diese Menschen kommen nur, um uns auszunutzen.

In Österreich plakatiert die rechtsextreme FPÖ zur Zeit:
"Du sollst die Nächsten lieben - ich liebe unsere Österreicher"

Zwischen Beschluss zur Aufnahme von 5.000 syrischen Flüchtlingen und dem Beginn der Ausführung liegen rund 6 Monate!...wahrhaft eine humane Aktion!

Schau doch mal in die Welt und sieh nach, wo die meisten Flüchtlinge unterkommen! Du wirst Dich wundern, wo die großen Herzen sind!

Re: Papst Franz I.

Verfasst: Freitag 13. September 2013, 01:01
von ad_hoc
Unter Wirtschaftsflüchtlingen versteht man
a)
solche, die ganz bewusst die deutsche Sozialgesetzgebung aus eigensüchtigen Motiven ausnutzen möchten
b)
solche, die aus wirtschaftlicher Not nach Deutschland flüchten, weil sie sich da eine bessere Zukunft unter Einsatz all ihrer fachlichen Kenntnisse erhoffen.

Unter a) versteht man Sozialschmarotzer.
Unter b) versteht man solche, die aus einer unverschuldeten Notlage heraus ihre Fähigkeiten in Deutschland einbringen möchten, um sich und ihren Familien eine solide wirtschaftliche Grundlage zu schaffen. Punkt b) stellt gleichzeitig den westlichen Staaten ein "Armutszeugnis" aus, weil diese Geld-, Lebensmittel und weitere Fertigprodukte in die Drittländer schaffen, gleichzeitig aber deren Bodenschätze ausplündern anstatt dafür zu sorgen, dass diese Länder selbst produzieren können (wodurch allerdings ungeliebte Konkurrenzen der westlichen Großkonzerne geschaffen werden).

Asylanten dürften nur dann aufgenommen werden, wenn Gefahr für deren Leib- und Leben besteht.

Gruß, ad_hoc

Re: Papst Franz I.

Verfasst: Freitag 13. September 2013, 08:43
von Ralf
ad_hoc hat geschrieben:
Peti hat geschrieben:Papst besucht Flüchtlingszentrum in Rom:

Warum nicht leerstehende Klöster für die Unterbringung von Flüchtlingen nutzen?
http://de.radiovaticana.va/news/213/9 ... ted-727489
Mit Verlaub:
Ein ein leichtfertiger und nicht ausgereifter Vorschlag. Damit wird für einige wenige Asylanten (wobei ich noch nicht mal darauf eingehen möchte, bei wie vielen es sich eigentlich um Wirtschaftsflüchtlinge handelt) zwar ein momentanes Problem behoben, aber für die übergroße Mehrheit eben nicht.
Das behauptet auch keiner. Wir sollen die Hungernden speisen und den Obdachlosen Unterkunft ermöglichen. Systemische Antworten muss die Politik finden.

Und "Wirtschaftsflüchtling" ist ein perverses und menschenverachtendes Wort (da stets negativ konnotiert), glücklicherweise hat auch das Lehramt der Kirche vollstes Verständnis dafür, wenn Menschen ihre Heimat verlassen wollen, um für ihre Kinder eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

Der Wohlstand Deutschlands beruht zu einem großen Teil auf "angeworbenen Wirtschaftsflüchtlingen" (und der Ausbeutung andernorts, aber das sind alles separate Themen).

Re: Papst Franz I.

Verfasst: Freitag 13. September 2013, 09:37
von Raphael
Ralf hat geschrieben:Wir sollen die Hungernden speisen und den Obdachlosen Unterkunft ermöglichen.
Wer jetzt? :achselzuck:
"Wir" oder "ich"? :hmm:
Ralf hat geschrieben:Systemische Antworten muss die Politik finden.
Das versucht sie seit etlichen Jahren ..............
Ralf hat geschrieben:Und "Wirtschaftsflüchtling" ist ein perverses und menschenverachtendes Wort (da stets negativ konnotiert), glücklicherweise hat auch das Lehramt der Kirche vollstes Verständnis dafür, wenn Menschen ihre Heimat verlassen wollen, um für ihre Kinder eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
Ach 'ne?
Die Wirtschaftsflüchtlinge stehen also alle in der Nachfolge des Abraham? :roll:
Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde.
(Genesis 12,1)
Ralf hat geschrieben:Der Wohlstand Deutschlands beruht zu einem großen Teil auf "angeworbenen Wirtschaftsflüchtlingen" (und der Ausbeutung andernorts, aber das sind alles separate Themen).
Dies ist ein unbewiesene These und nicht mehr! 8)

Re: Papst Franz I.

Verfasst: Freitag 13. September 2013, 09:49
von Ralf
Über die dt. Grammatik muss ich Dir hoffentlich ncihts neues erzählen.

Und dass die Flüchtlinge alle eine göttliche Offenbarung erhielten, würde ich nicht sagen, aber es gibt einschlägige Dokumente des ordentlichen kirchlichen Lehramtes zu dieser Fragestellung.

Re: Papst Franz I.

Verfasst: Freitag 13. September 2013, 10:02
von Raphael
Ralf hat geschrieben:Über die dt. Grammatik muss ich Dir hoffentlich ncihts neues erzählen.
Aber ich muß Dir offenbar noch etwas über die dt. Orthographie erzählen! :pfeif:

Re: Papst Franz I.

Verfasst: Freitag 13. September 2013, 10:09
von Linus
umusungu hat geschrieben:In Österreich plakatiert die rechtsextreme FPÖ zur Zeit:
"Du sollst die Nächsten lieben - ich liebe unsere Österreicher"
1.)Die FPÖ ist nicht rechtsextrem, populistisch ja, aber nicht extrem.
2.) Dein Zitat ist falsch. Sie plakatierte: "Liebe deine Nächsten - Für mich sind das unsere Österreicher" (womit sie durchaus korrekt sind: die Syrer, Sudanesen, Afghanen... sind nicht die unmittelbar nächsten, das ist eher schon Fernstenliebe)

Re: Papst Franz I.

Verfasst: Freitag 13. September 2013, 10:10
von Raphael
Ralf hat geschrieben:Und dass die Flüchtlinge alle eine göttliche Offenbarung erhielten, würde ich nicht sagen, aber es gibt einschlägige Dokumente des ordentlichen kirchlichen Lehramtes zu dieser Fragestellung.
In den mir bekannten einschlägigen Dokumenten des Lehramtes steht jeweils drin, daß die Situation vor Ort verbessert werden soll/muß.
Es hilft den Entwicklungsländern nichts, wenn die intellektuelle Elite nach Deutschland (oder in andere westliche Industrieländer) zum Studium kommt und dann bleibt, weil man ja hier (oder in den anderen westlichen Industrieländern) einen so viel höheren Lebensstandard hat.

Letztens las ich übrigens von einer Studie der FAO (hier), daß ein Drittel der weltweiten Lebensmittelproduktion auf die ein oder andere Weise verschwendet wird.
DAS sollte uns zu denken geben!

Re: Papst Franz I.

Verfasst: Freitag 13. September 2013, 11:42
von Getulio
umusungu hat geschrieben:
Pelikan hat geschrieben:
umusungu hat geschrieben:Was ist verwerflich daran, wenn Menschen versuchen, für sich und ihre Kinder ein besseres Leben zu erstreben?
Gar nichts, aber wenn jene dann mit Menschen, die vor tatsächlichen Gefahren für Leib und Leben flüchten, um begrenzte Ressourcen konkurrieren, sind Unterscheidung und Priorisierung unumgänglich.
"wirtschaftsflüchtling" wird nicht zur Unterscheidung und Priorisierung gebraucht, sondern als Schimpfwort um zu sagen: diese Menschen kommen nur, um uns auszunutzen.
Es gibt da ja schon einen kleinen, feinen Unterschied zwischen denjenigen Menschen, die man als Wirtschaftsflüchtlinge tituliert, und denen die, wie von Dir beschrieben, als Auswanderer z.B. nach Amerika gegangen sind.

Für letztere war immer klar, dass man in den USA durch die eigene Schaffenskraft ein besseres Leben erreichen könnte als in der alten Heimat, und für viele ist diese Kalkulation sicher auch aufgegangen. Klar war für diese Menschen aber auch, dass es ohne harte Arbeit nicht gehen würde, denn Sozialsysteme existierten damals in den USA noch weniger als heute, nur Almosen hätten einen vor dem Hungertod bewahrt.

Anders sieht das bei Menschen aus, bei denen z.B. aufgrund mangelnder Ausbildung, Sprachkenntnisse oder auch nur Arbeitswilligkeit von vornherein klar ist, dass sie sich und ihre Familien in Europa niemals werden unterhalten können und von denen daher ebenso klar ist, dass sie mit ihrer ganzen Familie dauerhaft der Solidargemeinschaft der Erwerbstätigen auf der Tasche liegen werden. Hier ist es m.E. nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht der Solidargemeinschaft, diese Art von Zuwanderung zu begrenzen, damit nicht das Sozialsystem im Ganzen über kurz oder lang den Bach herunter geht. Dazu kommt, dass es das Gerechtigkeitsempfinden der Menschen stört, wenn sie das Gefühl bekommen, mit ihrer harten Arbeit Menschen mit durchzuschleifen, die arbeiten könnten, aber nicht wollen. Es gibt von diesen Menschen weniger, als gemeinhin unterstellt wird, aber es gibt sie, auch unter Flüchtlingen, und sie sind ein echtes Problem für Menschen in echten existentiellen Nöten.

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Freitag 13. September 2013, 14:07
von ad_hoc
Ralf hat u. a. geschrieben:
Der Wohlstand Deutschlands beruht zu einem großen Teil auf "angeworbenen Wirtschaftsflüchtlingen" (und der Ausbeutung andernorts, aber das sind alles separate Themen).
Der vollkommen korrekte Begriff "Wirtschaftsflüchtling" ist sowohl positiv als auch negativ belegt (siehe meine Unterscheidungen oben).

Bei den ab etwa Mitte der 1960er Jahre in Deutschland angeworbenen ausländischen Gastarbeitern handelte es sich nicht um Wirtschaftsflüchtlinge, sondern eben um angeworbene Gastarbeiter, deren Verträge zeitlich befristet waren. Das diese Frist irgendwie aufgehoben wurde, ist eine andere Geschichte.
Um ein modernes Märchen zu korrigieren ist es notwendig zu wissen, dass der Aufschwung in Deutschland schon auf höchstem Level stand, als diese Gastarbeiter angeworben wurden. Der Aufbau fand somit ohne deren Arbeit statt.

Gruß, ad_hoc

Re: Papst Franz I.

Verfasst: Freitag 13. September 2013, 15:11
von Peregrin
Ralf hat geschrieben: Und "Wirtschaftsflüchtling" ist ein perverses und menschenverachtendes Wort (da stets negativ konnotiert),
An dem ist freilich die Politik und die Flüchtlingsindustrie schuld, die nur "Flüchtlinge", "Asylwerber" und dergleichen kennen will. Ansonsten könnte man ja einfach "Einwanderer" sagen, aber dann ließe sich die Diskussion um eine geordnete Einwanderungspolitik nicht so leicht abwürgen.

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Freitag 13. September 2013, 15:12
von Caviteño
ad_hoc: So ist es!

Kein vernünftig denkender Mensch käme auf die Idee, den Arzt oder die Krankenschwester, die wegen besser Arbeits- und Einkommensbedingungen in den Schweiz, nach Schweden oder nach GB gehen, als "Wirtschaftsflüchtling" zu bezeichnen - von den deutschen Forschern, die die besseren Bedingungen der amerikanischen Universitäten vorziehen, müssen wir erst garnicht reden.

Diese Menschen bieten in ihre Arbeitskraft denjenigen an, der dafür bereit ist, einen höheren Betrag zu zahlen. Was ist daran verwerflich?
Die hier zuziehenden sog. "Flüchtlinge" haben jedoch nur in den wenigsten Fällen eine Ausbildung bzw. Kenntnisse, die es ihnen ermöglichen würde, hier von ihrer Arbeit leben und ihre häufig zahlreichen Familienmitglieder unterhalten zu können. Die Zeiten, in den Scherenschleifer oder Hilfskräfte auf dem Bau zum "Speisschleppen" gesucht werden, sind vorbei.
Es ist nun einmal besser, gezielt Bewerber auszusuchen, die die in D. offenen Stellen ausfüllen können. Ein gutes Beispiel dafür ist die Anwerbung phil. Krankenschwestern durch die Bundesregierung (über die Arbeitsagentur) - trotz der nicht gerade problemfreien deutsch-phil. Beziehungen.

http://www.philippine-embassy.de/bln/in ... &Itemid=74

Sie ermöglicht 5 phil. Krankenschwestern, ihren Beruf zu den hier geltenden Arbeitsbedingungen auszuüben. Vor ihrer Einreise nach D. müssen sie einen Sprachkurs absolvieren und innerhalb eines Jahres einen Kenntnisstand ähnlich der Stufe B2 haben, sonst wird der Arbeitsvertrag beendet. Das Sozialministerium Niedersachsen hat dazu einen speziellen Sprachkurs entwickelt.

Will man diese neuen Arbeitskräfte hier als "Wirtschaftsflüchtlinge" bezeichnen? :neinfreu:

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Freitag 13. September 2013, 15:37
von Peti
Unsere Altenheime in den Ballungsgebieten würden ohne die "Wirtschaftsflüchtlinge" zusammenbrechen.
In unserem Caritas-Altenheim im reichen südlichem Münchner Landkreis besteht das Reinigungspersonal zu 100 Prozent aus ihnen. In der Küche sind es ca 80 Prozent. Beim Pflegepersonal sind wir Bayern auch eine Minderheit.
Die meisten kommen hier auch aus den neuen Bundesländern und dem Ausland.

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Montag 7. Oktober 2013, 15:58
von Caviteño
Aufgrund des Schiffunglücks vor Lampedusa wird jetzt wieder gefordert, daß D. mehr Flüchtlinge aufnehmen und Italien "entlasten" soll.

Zur Information:
Nach einer Aufstellung des UNHCR hat D. in 212 589.7 Flüchtlinge beherbergt und liegt damit an 3. Stelle in der Welt - hinter Pakistan und Iran. Von den übrigen EU-Ländern taucht kein Land unter den ersten 1 Ländern auf:
Pakistan continued to host more refugees than any other nation (1.6 million), followed by Iran (868,2) and Germany (589,7).
http://www.unhcr.org/51c71816.html

Bei einer gerechten Lastenverteilung müßten daher Flüchtlinge von D. z.B. nach Italien weitergeleitet werden..... Aber als Watschenaugust eignet sich D. für die hervorragend vernetzten Interessengruppen ganz besonders - und die gesellschaftliche Schuldproduktion zieht hier immer.
Gut, daß die Bundesregierung auf die bisherigen Leistungen in aller Klarheit hingewiesen hat:
Regierungssprecher Steffen Seibert betonte am Montag in Berlin, Deutschland leiste bei der Aufnahme von Flüchtlingen das, was seiner Größe und Bevölkerungszahl in Europa entspreche. Bei Betrachtung der Zahlen werde deutlich, dass Deutschland jedes Jahr eine große Zahl von Asylanträgen habe und diese Zahl wachse.
http://www.faz.net/aktuell/politik/euro ... 7289.html

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Montag 7. Oktober 2013, 16:24
von Piusderdritte
Man sollte nicht vergessen, daß hinter der Flüchtligspolitik eine Mrd. schwere Flüchtlings-Lobby steckt, die sich die Taschen voll steckt. Angefangen von den Transporten quer durch Afrika, Verschiffung, Verpflegung, Weitertransport, geschmierte Behörden und schlußendlich die Sozialindustrie ein den Import-Ländern.
Auf Rücken der Flüchtlinge mit falschen Versprechungen aus ihrer Heimat entfernt werden, verdienen sich viele eine goldene Nase.
:auweia:

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Montag 7. Oktober 2013, 18:50
von Haiduk
Als im Januar 2012 die Costa Concordia vor Italien havarierte, war in den Medien wochenlang von der Verantwortung des Kapitäns die Rede. Weiß jemand, ob nun gegen den Kapitän des gesunkenen Flüchtlingsschiffes vor Lampedusa ermittelt wird? Der trägt meiner Meinung nach die Hauptverantwortung. Wenn auf diesem Schiff 500 Menschen Platz fanden, dann wird das ein Schiff gewesen sein, bei dem man ein beträchtliches Maß an seemännische Erfahrung haben muß, um es navigieren und steuern zu können.

Auch die Opfer selbst tragen einen Teil an Verantwortung. Sich auf so ein Flüchtlingsschiff zu begeben ist so verantwortungslos wie Russisch Roulette.

"Bleibe im Lande und nähre dich redlich." (Ps. 37, 3)

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Montag 7. Oktober 2013, 20:14
von taddeo
Haiduk hat geschrieben:Auch die Opfer selbst tragen einen Teil an Verantwortung. Sich auf so ein Flüchtlingsschiff zu begeben ist so verantwortungslos wie Russisch Roulette.

"Bleibe im Lande und nähre dich redlich." (Ps. 37, 3)
Wenn es aber im Lande nicht möglich ist, sich und seine Familie redlich zu nähren, was dann?
Mal abgesehen davon, daß ein Teil der Flüchtlinge bestimmt nur auf irgendwelche Heilsversprechen der Schlepperbanden hereingefallen ist - nur aus Verantwortungslosigkeit verläßt niemand seine Heimat, um sich in ein lebensgefährliches Abenteuer mit völlig ungewissem Ausgang zu stürzen. Da muß schon blanke Verzweiflung im Spiel sein. Ich finde es nicht sonderlich angemessen, hier den Opfern solcher Tragödien eine Teilschuld anzuhängen. Deiner Argumentation fehlt nur noch der sarkastische Hinweis, daß der Gipfel der Verantwortungslosigkeit darin bestehe, daß die meisten der Ersoffenen nicht mal schwimmen konnten und allein deshalb schon nichts auf einem Schiff zu suchen gehabt hätten.

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Montag 7. Oktober 2013, 21:10
von Pollux
Es ist ein echtes Dilemma, auf der einen Seite darf es nicht passieren, dass Menschen auf der Flucht solchen Gefahren ausgesetzt sind mit tödlichem Ausgang, andererseits kann nicht für alle in Not geratenen Menschen eine unbegrenzte Einreise in den EU-Raum gewährt werden, denn das würde neue erhebliche Probleme ergeben.Es ist den Schweiß der Edlen unter den Menschen wert, hier Lösungen zu entwickeln, die vermeiden, dass sich ähnliche Katastrophen ständig wiederholen können.

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Montag 7. Oktober 2013, 22:47
von Haiduk
taddeo hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Auch die Opfer selbst tragen einen Teil an Verantwortung. Sich auf so ein Flüchtlingsschiff zu begeben ist so verantwortungslos wie Russisch Roulette.

"Bleibe im Lande und nähre dich redlich." (Ps. 37, 3)
Wenn es aber im Lande nicht möglich ist, sich und seine Familie redlich zu nähren, was dann?
Habe gerade Hart aber Fair zum Thema Lampedusa geschaut. Dort war zu erfahren, daß den Schleppern 1000 Euro für die Überfahrt gezahlt werden und daß oft die ganze Familie zusammenlegt, um diesen Betrag aufzubringen. Das bedeutet einerseits, daß es keineswegs die Ärmsten sind, die auf solche Schiffe steigen. In vielen Fällen wäre es mit dem Geld wohl möglich, sich eine Existenz aufzubauen und sich redlich zu ernähren. Man könnte es aber auch so sehen, daß es vielleicht besser wäre, wenn es eine europäische Regelung gäbe, die diesen im Grunde sehr gut gestellten Afrikanern eine legale Möglichkeit der Einreise nach Europa eröffnet.

Es könnte ein Kontingent geben. Wer 1000 Euro zahlt und gewisse Mindeststandards erfüllt (Sprachkenntnisse, Bildung, etc.), den könnte man so nach Europa lassen. Verhindern läßt es sich ja ohnehin nicht. Geregelte Migration ist vielleicht besser, als ungeregelte Migration.

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Dienstag 8. Oktober 2013, 10:11
von Caviteño
Haiduk hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Auch die Opfer selbst tragen einen Teil an Verantwortung. Sich auf so ein Flüchtlingsschiff zu begeben ist so verantwortungslos wie Russisch Roulette.

"Bleibe im Lande und nähre dich redlich." (Ps. 37, 3)
Wenn es aber im Lande nicht möglich ist, sich und seine Familie redlich zu nähren, was dann?
Habe gerade Hart aber Fair zum Thema Lampedusa geschaut. Dort war zu erfahren, daß den Schleppern 1000 Euro für die Überfahrt gezahlt werden und daß oft die ganze Familie zusammenlegt, um diesen Betrag aufzubringen. Das bedeutet einerseits, daß es keineswegs die Ärmsten sind, die auf solche Schiffe steigen. In vielen Fällen wäre es mit dem Geld wohl möglich, sich eine Existenz aufzubauen und sich redlich zu ernähren. Man könnte es aber auch so sehen, daß es vielleicht besser wäre, wenn es eine europäische Regelung gäbe, die diesen im Grunde sehr gut gestellten Afrikanern eine legale Möglichkeit der Einreise nach Europa eröffnet.

Es könnte ein Kontingent geben. Wer 1000 Euro zahlt und gewisse Mindeststandards erfüllt (Sprachkenntnisse, Bildung, etc.), den könnte man so nach Europa lassen. Verhindern läßt es sich ja ohnehin nicht. Geregelte Migration ist vielleicht besser, als ungeregelte Migration.
Es sind ja 1.000 € nur für die Überfahrt - wie hoch sind denn eigentlich die Kosten für die Reise durch den halben Kontinent? :pfeif: Außerdem stellt sich mE die Frage, warum Menschen aus Äthiopien oder Eritrea nicht den weitaus näheren Weg über das Rote Meer nach Saudi-Arabien oder in die Golfstaaten wählen, wenn sie Arbeit suchen. Vermutlich wissen sie, daß sie dort direkt wieder abgeschoben werden - und versuchen es erst überhaupt nicht. Der Vertreter der Schweiz in der oa Gesprächsrunde schlug ja eine solche Lösung vor......
Zur Lösung könnte es auch beitragen, wenn Entwicklungshilfe nur noch gegen den Abschluß entsprechender Rücknahmeabkommen gewährt wird, d.h. die Staaten verpflichten sich, ihre illegal in die EU eingereisten Staatsbürger wieder aufzunehmen.

Eine geregelte Migration - ich hatte bereits hier eine solche Möglichkeit dargestellt - scheitert doch im Falle von Schwarzafrikanern häufig daran, daß diese meist keine Berufsfähigkeiten besitzen, die hier nachgefragt werden. Warum schaut man sich bei der Suche nach Kranken- bzw. Altenpflegern in China und auf den PH um und nicht in Schwarzafrika? Die Zahl der Schwarzafrikaner an deutschen Universitäten ist im Vergleich zu den hier studierenden Chinesen gering.

Sehr gut gestellte Afrikaner werden ihr Land nicht verlassen, denn sie haben die Möglichkeit, auch dort zu (über-)leben. Es machen sich doch diejenigen auf die Reise, die aufgrund ihrer Kenntnisse usw. ihren Lebensunterhalt dort kaum erwirtschaften können. Nur - wie soll das im hochtechnisierten Europa möglich sein, noch dazu bei fehlenden Sprachkenntnissen? :pfeif:

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Dienstag 8. Oktober 2013, 11:07
von Peter Ernst
Wie viele sind denn allein in Afrika bereit nach Europa zu kommen? 100 Millionen, 200 Millionen? Es wird nie möglich sein, die Not der "Wirtschaftsflüchtlinge" durch Einwanderung zu beheben. Für Europa eher möglich und auch notwendig ist es gerechtere Handelstrukturen zu schaffen, z. B. Agrarsubventionen zurückzufahren um die Bauern in Afrika konkurenzfähig zu machen. Die internen afrikanischen Probleme wie Kriege, Korruption, Despotismus, veraltete Landwirtschaft etc. bleiben dann trotzdem. Es ist eine Tragödie.

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Dienstag 8. Oktober 2013, 11:47
von Caviteño
Peter Ernst hat geschrieben:Für Europa eher möglich und auch notwendig ist es gerechtere Handelstrukturen zu schaffen, z. B. Agrarsubventionen zurückzufahren um die Bauern in Afrika konkurenzfähig zu machen.
:klatsch: :klatsch:

Richtig!
Das darf sich aber nicht nur z.B. auf den Export europ. Weizens oä beschränken, sondern setzt auch die Bereitschaft voraus, die Produkte aus diesen Ländern zu kaufen. Geht es um holländische Treibhaustomaten (im Winter) vs. Freilandtomaten aus Marokko, wird man vielleicht noch zustimmen. Hier dürfte die in Brüssel tätige Lobby der Treibhausagrarier das Problem sein.
Aber vertritt einmal hier im Forum den Hinweis, daß - um ein Lieblingsbeispiel zu benennen - Erdbeeren im Winter den Landwirten in den Erzeugerländern helfen....

Es ist für viele sehr schwierig einzusehen, daß der Anbau hochwertiger Nahrungsmittel und deren Export in Länder mit höherer Kaufkraft beiden Parteien nutzt. Warum soll ein Landwirt in Zimbabwe sich mit dem Erlös x aus dem Anbau von Hirse für den lokalen Markt begnügen, wenn er 10x durch den Anbau und den Export von Erbsenschoten nach Europa verdienen kann? :hmm:
Wenn D. seine industriellen Produkte verkaufen will, muß es auch bereit sein, die Produkte der Abnehmerländer aufzunehmen. Wie sonst soll diese ihren Import finanzieren?
Südafrika ist mit seiner Landwirtschaft ein gutes Beispiel. Wer möchte im Frühjahr auf die Weintrauben vom Kap verzichten?

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Dienstag 8. Oktober 2013, 12:33
von Jarom1

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Dienstag 8. Oktober 2013, 17:38
von Pilgerer
Die südlich der Sahlzone liegenden Staaten Afrikas sind wirtschaftlich am wachsen. Darum kann ich mir kaum vorstellen, weshalb dort so viele flüchten. Vielleicht wäre es für Europa ratsam, den wirtschaftlichen Aufschwung Afrikas weiter zu fördern. Dazu gehört insbesondere die Durchsetzung der vollen Staatlichkeit und des Rechtsstaates: Klare Gesetze und klare Durchsetzung der Gesetze durch das staatliche Gewaltmonopol. Das war in Europa im 18./19. Jahrhundert der Schlüssel zum Wohlstand. Dies hilft auch viel besser als Entwicklungshilfe, die letztlich nur der Entwicklungshilfeindustrie zugute kommt.
Denkbar wäre auch, in Zusammenarbeit mit bestimmten afrikanischen Staaten dort "Wohlstandsinseln" wie früher in Singapur zu schaffen, sodass afrikanische Flüchtlinge innerhalb Afrikas Zielländer finden können.

Re: Flüchtlingspolitik

Verfasst: Sonntag 20. Oktober 2013, 08:48
von Caviteño
Auf den Punkt gebracht:
Wer den Tod im Mittelmeer wirklich verhindern will, muss einen europäischen Shuttle-Service zwischen Nordafrika und Südeuropa einrichten. Die Botschaft: Wir holen Euch ab. Anschließend werden alle, die kommen wollen, nach einem bestimmten Schlüssel in den EU-Staaten verteilt. Das wäre das Konzept „Offene Grenzen“. Wer das will, soll es auch sagen.
Alternativ: Klare, berechenbare und ja, „transparente“ Einwanderungsquoten jenseits von Asylrecht und Genfer Flüchtlingskonvention. Das aber hieße: Verlässliche Grenzkontrollen an allen EU-Außengrenzen. Und: Abschiebungen all jener, die weder unters Asylrecht noch unter die Einwanderungsquote fallen. Sonst macht das Konzept keinen Sinn.
(...)
Kurz und krumm: Es gibt keine einfache Lösung, schon gar nicht jene, die mit der sinnfreien, aber eingängigen Parole „Kein Mensch ist illegal“ plakatiert wird. Wer sich für einen konkreten Lösungsansatz entscheidet, macht sich immer auch schuldig. Er schließt diese ein und andere aus, muss Chancen eröffnen und Grenzen setzen, Hoffnungen wecken und enttäuschen. Auch den Tod wird er nicht abschaffen können.
http://www.cicero.de/weltbuehne/irratio ... itik/56135

Re: Nachrichten aus den Bistümern IV

Verfasst: Donnerstag 30. April 2015, 13:46
von Juergen
Dieser Beitrag und die nachfolgende Diskussion stand ursprünglich in den Bistumsnachrichten. -HeGe

http://www.erzbistum-paderborn.de/38-Na ... ro%DF.html

Flüchtlinge: Der Gesprächsbedarf ist groß

Paderborn, 30. April 2015. Erzbischof Hans-Josef Becker hat bei der Veranstaltung „Flüchtlinge willkommen!? Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten im Erzbistum Paderborn“ die Arbeit für Flüchtlinge als zentrale Aufgabe christlicher Lebenspraxis gewürdigt…
Weil so viele Leute zu der Veranstaltung kamen, reichte die Aula im Liborianum nicht aus, und daher wurde die Veranstaltung in die Kapuzinerkirche verlegt.
…Die provisorischen Rahmenbedingungen störten Erzbischof Hans-Josef Becker nicht. Die Kirche sei der richtige Ort für das Gespräch über Flüchtlinge und Hilfen für Flüchtlinge, sagte der Erzbischof: „Dieses Thema gehört zum Altar, und der Altar gehört zum Thema Flüchtlinge.“…
Ich hatte beim Stichwort „Altar“ immer was von der unblutigen Vergegenwärtigung bzw. Vergegenwärtigsetzung des Kreuzesopfers Christi im Kopf… Aber gut, heute gehören wohl allerhand Themen auf den Altar…
Die sogenannten „Armutsflüchtlinge“ oder „Wirtschaftsflüchtlinge“ haben, so Erzbischof Becker, ein Recht auf Hilfe und Unterstützung: „Auch die Menschen dieser Gruppen dürfen wir nicht im toten Winkel belassen.“ Die Deutschen, die ihr Land im 19. Jahrhundert verließen, seien ebenfalls Wirtschaftsflüchtlinge gewesen.
Ah, ja! Wie war das noch mit den Äpfeln und Birnen? Egal, Hauptsache Obst.

Re: Nachrichten aus den Bistümern IV

Verfasst: Donnerstag 30. April 2015, 13:50
von Niels
Frei nach Mao: Herr Becker, wieviele Millionen Afrikaner soll ich Ihnen nach Paderborn schicken?

Re: Nachrichten aus den Bistümern IV

Verfasst: Donnerstag 30. April 2015, 13:52
von Juergen
Niels hat geschrieben:Frei nach Mao: Herr Becker, wieviele Millionen Afrikaner soll ich Ihnen nach Paderborn schicken?
Alle. :auweia:

Re: Nachrichten aus den Bistümern IV

Verfasst: Donnerstag 30. April 2015, 14:07
von Siard
Die Deutschen, die ihr Land im 19. Jahrhundert verließen, seien ebenfalls Wirtschaftsflüchtlinge gewesen.
Das stimmt nur teilweise, viele waren politisch Verfolgte. In der Regel gingen sie außerdem in Gegenden, in denen entsprechende Siedler gesucht wurden.