Lupus hat geschrieben:„Man muss den Jungen zeigen, dass man sie liebt. Dann tun sie alles, was man von ihnen verlangt.“
Diesen Satz halte ich nicht nur für die Quintessenz der Pädagogik Don Boscos, sondern für eine der wichtigsten Maximen für die Pädagogik überhaupt, wenn nicht sogar die Hauptmaxime.
taddeo hat geschrieben:Yeti hat geschrieben:Meiner Meinung nach kann derjenige kein guter Lehrer sein, der keine eigenen Kinder hat, ihm fehlt schlicht die persönliche Anschauung.
Sorry, wenn ich nur diesen einen Satz kommentieren möchte:
Das ist absoluter Unsinn. Sonst hätte es bis 1957 kein guten Lehrerinnen in Deutschland geben dürfen, denn für die galt seit 1880 der sog. "Lehrerinnenzölibat".
Ja, in diesem Punkt habe ich mich leider zu pauschal ausgedrückt. Selbstverständlich könnnen auch kinderlose Pädagogen gute Pädagogen sein. Die Frage, die nach meinem Eindruck entscheidend zu sein scheint, ist diejenige,
weshalb sie kinderlos sind. Ein Lehrer oder eine Lehrerin, die beispielsweise ein Leben ohne Familie wählt, weil er oder sie nicht den richtigen Partner gefunden hat oder tatsächlich aus Berufung sich ganz der Schule widmen möchte, kann natürlich sehr wohl einen guten Unterricht halten, gerade
weil er oder sie sich dazu berufen fühlt. Diese Menschen sind für mich im Übrigen keine "Singles", sondern stehen - Priestern ähnlich - in einem besonderen Verhältnis zu ihrer Berufung.
Palmesel hat geschrieben:Für die niedrigen Klassenstufen vielleicht, hab ich noch nicht drüber nachgedacht - was mein Feld angeht, ist das sicher nicht so. Die meisten jungen Kollegen haben keine Kinder oder kriegen sie gerade erst. Niemand ist Vater oder Mutter, bevor die Kinder da sind - das hat nichts damit zu tun, ob man guten Unterricht macht.
Anders verhält sich das bei "Singles" oder auch Paaren (ob verheiratet oder nicht), die (nicht aus medizinischen Gründen!) ganz bewusst auf Kinder verzichten, um sich entweder ganz der Karriere widmen zu können oder die finanziellen Früchte ihrer Lohnarbeit allein zu genießen: Zum Beispiel sogenannte DINKS ("double income, no kids"). Ich frage mich nämlich, inwieweit solche Leute den Anspruch erfüllen können (der z.B. in allen Lehr- oder Rahmenplänen tatsächlich erhoben wird), Kindern und Jugendlichen das erfüllte Dasein für eine funktionierende Gesellschaft vermitteln zu können. Was diese Leute eher vorleben, ist der
"égoïsme à deux". In diesem Fall geht es nämlich nicht mehr nur um das Privatleben, das ein jeder im Normalfall so wählen mag, wie es ihm passt, sondern tatsächlich um ein dezidiertes
Vorleben von Werten, die mit
"für andere dasein" nur grob umschrieben werden können. Abgesehen davon gehen solchen Paaren oder Einzelpersonen natürlich tatsächlich die Erfahrungen mit der Erziehung eigener Kinder verloren, die in jedem Fall fruchtbringend für den Unterricht sein
können, gleichgültig, welchen Alters die Schüler sind, die man unterrichtet - die eigenen Kinder bleiben ja auch nicht im Wachstum stehen. Das berührt den seit Jahrzehnten unter Pädagogen schwelenden Streit, ob Lehrer Vorbilder sein müssen oder nicht. Seltsamerweise bestreiten meist gerade diejenigen den Vorbildcharakter des Lehrers, die einerseits eine rein wissensvermittelnde Pädagogik ablehnen und eigentlich das persönliche
Vor-leben von Werten - zumindest im Unterricht - für wichtig erachten, aber andererseits den Gedanken ablehnen, dass der Lehrberuf das
ganze Leben fordert, nicht nur die 45 Minuten im Unterricht. Die Lehrperson wird also in zwei Teile gespalten: Einerseits das berufliche Leben, andererseits das Privatleben. Das kann m.E. nicht funktionieren,
weil es eben nicht ganzheitlich gelebt wird - der Unterricht mit den zu vermittelnden Werten wird entweder zwangsläufig zur
Show oder die geforderte Wertevermittlung findet gar nicht statt.
umusungu hat geschrieben:taddeo hat geschrieben:Yeti hat geschrieben:Meiner Meinung nach kann derjenige kein guter Lehrer sein, der keine eigenen Kinder hat, ihm fehlt schlicht die persönliche Anschauung.
genau das fehlt doch auch unseren Priestern!
Ein Priester sollte auch durch seine Berufung ganz bewusst auf Familie und Kinder verzichten, seine Berufung wird dadurch ja auch reicher, weil er sich ihr ganz widmen kann, s.o. bei Lehrern mit entweder bewusst gewählter oder "akzeptierter" Berufung. Es ist ja auch nicht jeder zur Ehe berufen. Dann allerdings auch nicht zu einer Partnerschaft, weil es entweder seine Aufgaben oder seine Berufung nicht erlauben, oder seine Beziehungsunfähigkeit, die sich sowieso immer mehr durch größere Bevölkerungsschichten zieht.
Das bringt mich zu dem Punkt, wie dieses
"Vorleben-sollen" im Lehrerberuf besser unterstützt werden könnte; dabei schöpfe ich aus den Erfahrungen meines eigenen Referendariats und meiner bisherigen Unterrichtstätigkeit. Ich glaube nämlich, dass man dabei zuerst bei der Auswahl des geeigneten Personals ansetzen muss. Ein Mensch, der jungen Menschen Werte und Fertigkeiten vermitteln möchte, sollte auf jeden Fall bereits eine reife Persönlichkeit haben und möglichst einen metaphysischen "Unterbau" besitzen (s. Lupus' Ausführungen über die Pädagogik Don Boscos). Er muss nicht nur die Werte
mittragen können, die er vermitteln soll (z.B. nach dem
Grundgesetz), sondern auch selbst wissen,
weshalb es für eine Gesellschaft überhaupt notwendig ist, dass sie sich an
Werten und
Normen orientiert. Ich behaupte nicht, dass Atheisten und Agnostiker keine guten Lehrer sein
können (dafür habe ich zu viele positive Beispiele erlebt), aber sie dürften Schwierigkeiten damit haben, diese (auch staatlich eingeforderten)
Werte und
Normen auch begründen zu können, die zu einem großen Teil aus der Religion und darin fast ausschließlich aus dem Christentum stammen: Moral ohne Religion, das ist immer noch ein Kunststück, das noch keinem gelungen ist. Aber auch die erste Anforderung, derjenigen nach einer
reifen Persönlichkeit, ist angesichts eines durchschnittlichen Alters von 25-30 Jahren, in welchem ein Vorbereitungsdienst meist angetreten wird, leider in den meisten Fällen nicht zu erfüllen. Das Resultat ist oft eine vor Selbstbewusstsein aufgeblähte unfertige Persönlichkeit, die oft nicht nur kritikunfähig ist, sondern oft auch eine (immer mehr auch bei Frauen, Stichwort
Verlust der "Mütterlichkeit", also ja, Weiblichkeit! Was denn sonst?) Unfähigkeit zur Empathie, die für den Umgang nicht nur mit Schülern, sondern generell mit Menschen fatal ist (Stichwort "Beziehungsunfähigkeit"). Hier ist auch die Zeit des Vorbereitungsdienstes (Sekundarstufe II zwei Jahre, Sek I meist eineinhalb Jahre) m.E. zu kurz, um u.U. solchen "unfertigen" Persönlichkeiten Raum und Zeit zur Entwicklung zu geben, zumal ihnen ja auch mit dem immer öfteren Einsatz von "ungelernten" Teilzeitlehrkräften im neoliberalen Stil (v.a. in rot-grün regierten Ländern!) suggeriert wird, dass es einer solchen Vorbereitungszeit gar nicht bedürfe. Das ist aber nur die eine Seite. Um die andere Seite, nämlich die Ausbilder, ist es oft nicht viel besser gestellt. Speziell was den v.a. gelebten "metaphysischen Unterbau" angeht, ist selbst bei den Fachleitern für Religion in den Lehrerseminaren (von den Schulabteilungen der Diözesen will ich gar nicht erst sprechen...) oft ein unaufholbares Aufholpotential festzustellen. Insgesamt hapert es aber überhaupt an einem reflektierten Menschenbild, manchen pädagogischen Dogmen (z.B. Konstruktivismus) gegenüber wird eine größere Nibelungentreue entgegengebracht als der christlichen Erlösungslehre in manchen deutschen Bistümern. Ich habe Unterrichtsbesuche und Lehrproben erlebt, welche von den vom pädagogischen "Dogmenwahn" befallenen Beurteilern nur aus dem Grunde abgelehnt wurden, weil sie nicht konstruktivistisch geplant bzw. durchgeführt wurden (Stichwort "selbstgesteuertes Lernen").
LG Yeti