Europawahl 2014

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Lilaimmerdieselbe
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

Es gibt auch in Deutschland und nicht nur in Wurstfabriken und bei amazon entsprechende Misstände. Man könnte sie aber auch durch entsprechende Gesetze für den Arbeitsmarkt regeln.

Caviteño
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Es gibt auch in Deutschland und nicht nur in Wurstfabriken und bei amazon entsprechende Misstände. Man könnte sie aber auch durch entsprechende Gesetze für den Arbeitsmarkt regeln.
Ganz so einfach - also nur die Gesetze (Mindestlohn) einzuführen - ist es nicht. Das mag für einige Branchen, die nicht auslagern können (z.B. Putzgewerbe) möglich sein. Andere Branchen verlagern dann einfach ihre Produktionsstätten, was innerhalb des Binnenmarktes kein Problem ist.
Ich hatte hier bereits einen Bericht über die Schließung der Fleischfabriken in der Bretagne verlinkt. Würde in D. ein Mindestlohn wie in F. eingeführt werden, ist damit zu rechnen, daß die Fleischproduzenten ihre Fabriken/Schlachthöfe auch gleich in die Länder verlagern, aus denen ein großer Teil der jetzt hier Beschäftigten stammt. Den höheren Transportkosten stehen erheblich geringere Lohnkosten gegenüber. :ja:
Amazon hat die Verlagerung von Logistikzentren nach Polen angekündigt. Natürlich soll D. davon nicht betroffen sein.... :breitgrins:

Themenwechsel:
Die Attraktivität der EU für die "reichen" Länder wurde heute erneut unter Beweis gestellt. Die isländische Regierung zieht ihr Beitrittsgesuch zurück; eine Volksabstimmung soll nicht mehr stattfinden. Vermutlich wollte man der EU - nach dem Schweizer Votum - ein deutliches Signal der Ablehnung durch die Bevölkerung nicht erneut zumuten...

http://www.faz.net/aktuell/politik/euro ... 1521.html

Reizvoll ist eine Mitgliedschaft nur für Länder, die Gelder aus den EU-Töpfen erhalten. Hier kann sich die Übertragung von Souveränitätsrechten in Euro und Cent auszahlen. Wer selbst einzahlen muß, wird sich dagegen die Vor- und Nachteile einer Mitgliedschaft nüchtern abwägen.

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Torsten
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Torsten »

Caviteño hat geschrieben:Ganz so einfach - also nur die Gesetze (Mindestlohn) einzuführen - ist es nicht. Das mag für einige Branchen, die nicht auslagern können (z.B. Putzgewerbe) möglich sein. Andere Branchen verlagern dann einfach ihre Produktionsstätten, was innerhalb des Binnenmarktes kein Problem ist.
Ich hatte hier bereits einen Bericht über die Schließung der Fleischfabriken in der Bretagne verlinkt. Würde in D. ein Mindestlohn wie in F. eingeführt werden, ist damit zu rechnen, daß die Fleischproduzenten ihre Fabriken/Schlachthöfe auch gleich in die Länder verlagern, aus denen ein großer Teil der jetzt hier Beschäftigten stammt. Den höheren Transportkosten stehen erheblich geringere Lohnkosten gegenüber. :ja:
Manchmal verstehe ich dich nicht, Caviteño. Du schätzt die Sachlage völlig richtig ein, es ist genau so, wie du schreibst. Nur statt eines tieferen Nachdenkens darüber kommen bei dir dann nur Smilies angesichts von Tatsachen, die eher nicht zum lachen, sondern höchst problematisch sind. Man könnte ja zum Beispiel auf den Gedanken kommen, dass ein europäischer Binnenmarkt auch eine europäische Lohn- und Sozialpolitik braucht. Um eben so ein ruinöses Niederkonkurrieren auf dem Rücken der Beschäftigten und der Umwelt(längere Transportwege) zu vermeiden.

Aber dem schließt sich die ganz große Frage an: Wo soll das Geld dafür herkommen, um dem Rumänen und dem Deutschen das gleiche Geld für die gleiche Arbeit zu zahlen, oder besser einen ähnlichen Lebensstandard zu garantieren? Man kann es drehen und wenden wie man will, am Ende landete man bei nationalen Währungen und Schutzzöllen, die vermeiden, dass Großhändler einen Reibach auf Kosten der Allgemeinheit und der Umwelt machen. Was sehr wahrscheinlich zu einem stagnieren des Wirtschaftswachstums führen würde. Eine Todsünde gegen das Kapital und die Arbeitsgesellschaft, die von ihm abhängig ist. Wie auch immer, zum lachen ist diese Krankheit nicht.

Caviteño
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben: Manchmal verstehe ich dich nicht, Caviteño. Du schätzt die Sachlage völlig richtig ein, es ist genau so, wie du schreibst. Nur statt eines tieferen Nachdenkens darüber kommen bei dir dann nur Smilies angesichts von Tatsachen, die eher nicht zum lachen, sondern höchst problematisch sind. Man könnte ja zum Beispiel auf den Gedanken kommen, dass ein europäischer Binnenmarkt auch eine europäische Lohn- und Sozialpolitik braucht. Um eben so ein ruinöses Niederkonkurrieren auf dem Rücken der Beschäftigten und der Umwelt(längere Transportwege) zu vermeiden.

Aber dem schließt sich die ganz große Frage an: Wo soll das Geld dafür herkommen, um dem Rumänen und dem Deutschen das gleiche Geld für die gleiche Arbeit zu zahlen, oder besser einen ähnlichen Lebensstandard zu garantieren? Man kann es drehen und wenden wie man will, am Ende landete man bei nationalen Währungen und Schutzzöllen, die vermeiden, dass Großhändler einen Reibach auf Kosten der Allgemeinheit und der Umwelt machen. Was sehr wahrscheinlich zu einem stagnieren des Wirtschaftswachstums führen würde. Eine Todsünde gegen das Kapital und die Arbeitsgesellschaft, die von ihm abhängig ist. Wie auch immer, zum lachen ist diese Krankheit nicht.
Zunächst kommt es mir nur darauf an, daß klar wird: Auch der vielgepriesene Binnenmarkt hat seinen Preis. Dieser Preis besteht entweder in Betriebsverlagerungen an billigere Standorte oder in der Einwanderung von "Billig"-Arbeitnehmern. Bei den billigeren Standorten sind nicht nur die Arbeitskosten, sondern z.B. auch die Steuersätze oder das regulatorische Umfeld wichtig. Irland und Zypern sind gute Beispiele. Dort ließen sich viele Finanzunternehmen aufgrund der niedrigen Steuern und der schwachen Regulierung nieder. Die Folgen bzw. die Kosten trug dann die gesamte Eurozone.
Bei der Einwanderung von Arbeitnehmern werden zunächst die einfachen Beschäftigungen übernommen, die überall auf der Welt mit ähnlichen Kenntnisse ausgeübt werden können. Dementsprechend ist bei uns auch die Arbeitslosigkeit der "Ungelernten" besonders hoch.

Man kann natürlich über diese Entwicklung lamentieren.

Ob die Auflösung des Binnenmarktes und Schutzzölle oä eine Lösung sind, ist nicht sicher. Auch damit hätte die z.B. deutsche Textilindustrie nicht überlebt, weil die Herstellung zu teuer ist. Teure Kleidung wird aber seltener gekauft, die Nachfrage sinkt und damit die Beschäftigung. Die Näherin - egal ob in Bangladesh oder in Gronau - hat ein Beschäftigungsproblem, wenn man sich nur einmal im Jahr eine Hose kauft. Wird die Kleidung dagegen billig angeboten, kann sie auch mehr nähen. Dabei ist es vollkommen unmaßgeblich, ob der hohe Preis durch die Löhne (z.B. bei in D. hergestellten Waren) oder durch Einfuhrzölle (bei Importprodukten) bedingt ist. Gerade die Textilindustrie ist sehr preissensitiv. So verlagert sich die Herstellung z. Zt. von Asien nach Afrika, weil Löhne in Asien zu hoch und die Transportkosten von Afrika nach Europa geringer sind. Ähnliches gilt auch für andere Branchen oder wird in D. noch viel Unterhaltungselektronik hergestellt? :nein:

Wer den Binnenmarkt will, muß mit den Folgen leben. Zu den Folgen gehört nun einmal, daß Wirtschaftszweige, die - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr in einem Land wettbewerbsfähig sind, in ein anderes Land abwandern. Natürlich kann man versuchen, durch Mindestlöhne die schlimmste Ausbeutung zu verhindern. Aber das funktioniert doch nur, wenn sich alle daran halten und diese Regelungen nicht durch vertragliche Gestaltungen unterlaufen werden (können). Das von mir oben verlinkte Beispiel (spanische Bauarbeiter in Zürich) zeigt, daß dies wohl nicht immer der Fall.

Wichtig ist mE, daß auch einigen Foranten hier klar wird, daß auch der Binnenmarkt seinen Preis hat. Darüber sollte man schon nachdenken, wenn man "mehr Europa" fordert. Ob der Preis immer richtig wahrgenommen wird, weiß ich nicht. Die Schweizer haben jedenfalls vor einer Woche bewiesen, daß sie sehr wohl die mit dem Binnenmarkt verbundene Gefahr des "Lohndumpings" sehen. In D. herrscht dagegen die Tendenz vor, daß man "Europa" in diesem Punkt nicht in Frage stellen darf - koste es, was es wolle. Es werden Länder in die EU aufgenommen, die wirtschaftlich noch nicht für einen Beitritt reif sind. Man faselt dann vom "großen Projekt", vom "gemeinsamen Haus" etc pp - und verdrängt die Folgen. Treten sie dann ein, ist man überrascht - damit habe man nicht rechnen können usw. usf....
Sowohl hinsichtlich des Euros als auch bei der Armutseinwanderung wurden die Auswirkungen beschrieben, die Preise waren bekannt - die Politik wollte sie nicht wahrhaben und der Bürger hat sie verdrängt. Jetzt wird die Rechnung präsentiert - hoffentlich wird dem Bürger bewußt, warum sie bezahlt werden muß.

Caviteño
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Caviteño hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:Bisher will kein einziges Land seine Souveränität an einen nicht einmal demokratisch gewählten EU-Moloch abgeben.
(...)
Die Souveränitätsübertragung geht schleichend vor sich, hat aber inzwischen solche Ausmaße angenommen, daß man sich wohl fragen darf, inwieweit ein Mitgliedsland der EU eigentlich noch souverän ist.
Neues Beispiel für den Einfluß der Kommissare:
Die EU-Kommission übt scharfe Kritik an den deutschen Rentenplänen: EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn kritisierte, die Vorhaben der großen Koalition - besonders die „Rente mit 63“ - gefährdeten die Stabilität der deutschen Staatsfinanzen. Möglich ist offenbar sogar, dass die EU-Kommission deswegen ein Verfahren gegen die Bundesrepublik einleitet, sagte Rehn der „Wirtschaftswoche“.
(...)
Und weiter sagte er voraus: „Die deutsche Rentenreform wird negative Auswirkungen auf die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen haben.“
(...)
Auf die Frage, ob Deutschland wegen der Rentenreform Ärger mit der EU-Kommission drohe, antwortete Währungs-Kommissar Rehn: „Das könnte durchaus der Fall sein.“ Für eine definitive Aussage sei es aber noch zu früh.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/w ... 1551.html

Auf dem Umweg über das Haushaltsrecht greifen die Kommissare jetzt auf die Sozialgesetzgebung (bisher Recht der Staaten) ein. Nach der Erfahrung mit der Glühlampe und Herrn Gabriel kann man noch nicht einmal sicher sein, daß dieser Eingriff nicht von der Regierung veranlaßt wurde.....

Ein anderes Beispiel über die Bedeutung, die "Europa" von unseren Politikern zugesprochen wird, konnte man in den letzten Tagen beobachten Bei der Krise in der Ukraine erfolgte die Vermittlung durch das sog. Weimarer Dreieck. Sowohl Kommissionspräsident Barroso als auch die Außenbeauftragte Ashborn und der Ratspräsidenten van Rompuy waren an den entscheidenden Verhandlungen nicht beteiligt. Sie wurden von den Außenministern der drei Nationalstaaten geführt - die EU hatte wenig/nichts zu melden.

Vielleicht zeigt dieses Beispiel, daß es zu einem europ. Bundesstaat noch sehr, sehr weit ist und die Vorstellungen eines Europas, das im Konzert der Weltmächte mit einer Stimme spricht, wohl für ganz, ganz lange Zeit (oder gar immer) ein Wunschtraum bleiben wird. Da hilft auch kein(e) europ. "Außenminister(in), wenn es Ernst wird, entscheiden die Nationalstaaten - ohne Brüssel zu involvieren.

Die Angleichung des täglichen Lebens in der EU dagegen findet für viele unmerklich statt.

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overkott
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von overkott »

Caviteño hat geschrieben:
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Es gibt auch in Deutschland und nicht nur in Wurstfabriken und bei amazon entsprechende Misstände. Man könnte sie aber auch durch entsprechende Gesetze für den Arbeitsmarkt regeln.
Ganz so einfach - also nur die Gesetze (Mindestlohn) einzuführen - ist es nicht.
Das Thema Mindestlohn ist ein Alibithema. Die Politik versucht dabei, ein selbst verursachtes Problem an der falschen Stelle zu beheben. Tatsächlich sind Dumpinglöhne Ausdruck einer erhöhten Erwerbsquote auf einem gesättigten Arbeitsmarkt. Diese Erhöhung haben sich CDU und SPD bewusst auf die Fahne geschrieben. Jetzt greifen sie mit Mindestlohn erneut in den Markt ein. Mit diesem Eingriff produzieren sie zwei neue Probleme: Arbeitslosigkeit und Schwarzarbeit. Auch da könnte der Staat versucht sein, erneut über seine Bürokratie in den Markt kostenwirksam einzugreifen.

Caviteño
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Die EU ist ein Staatenbund und kein Bundesstaat - ein Plädoyer für eine Beschränkung der EU von Beatrix von Storch. Die Autorin hat sich insbesondere gegen ESM und "Euro-Rettung gestellt:
Nach den bitteren Erfahrungen, die wir bisher mit dem Euro und der Euro-Krise gemacht haben, nach dem Bruch der europäischen Verträge, der Aushöhlung der Kontrollfunktionen unserer Parlamente, dem Wildwuchs der Brüsseler Bürokratie und den nicht enden wollenden Eingriffen und Eingriffsversuchen der EU in das Privatleben der Bürger sollten wir endlich einmal die Ziele überdenken. Wofür ist die Europäische Union überhaupt gut und wofür brauchen wir sie nicht? Das Credo der Brüsseler Bürokratie, Stillstand bedeute Rückschritt, muss ersetzt werden durch den vernünftigen Grundsatz, dass jede Institution eine finale Gestalt hat, die von ihren Funktionen bestimmt wird.
(...)
Welche Europäische Union ist gut für die Bürger? Der Binnenmarkt und die Freizügigkeit in der Europäischen Union haben sich bewährt, die gemeinsame Garantie von Bürger- und Menschenrechten und ihre rechtliche Einklagbarkeit ist wichtig, Regelungen von Problemen, die nur grenzübergreifend gelöst werden können, sind sinnvoll. Dafür reicht aber ein europäischer Staatenbund, zu dem sich demokratisch verfasste Staaten zusammengeschlossen haben, ohne ihre Souveränität aufzugeben, völlig aus.
(...)
Wir brauchen die Europäische Union nicht, um im Stile einer Großmacht des 19. Jahrhunderts Weltpolitik zu betreiben. Wir brauchen keine EU-Armee und keinen EU-Geheimdienst. Wir brauchen nicht ein einziges Sozial- und Wirtschaftsmodell für die gesamte Euro-Zone. Wir brauchen keine Einheitskultur und keine Einheitssprache, wir brauchen weiterhin die gelebte kulturelle Vielfalt. Wir brauchen keine Brüsseler Bürokratie, die sich Gedanken darüber macht, wie sie das Privat- und Familienleben der Menschen regulieren kann. Wir brauchen keine Europäische Union, die die Regierungen stärkt und die Parlamente entmachtet. Verabschieden wir uns von der unnötigen, aber in der praktischen Politik schädlichen Illusion eines europäischen Bundesstaates. Ein Staatenbund als Zusammenschluss demokratischer Staaten zur Sicherung des Binnenmarktes, der Freizügigkeit, grenzüberschreitender Kooperationen für ganz bestimmte Problemfelder und als Rechtsgemeinschaft zur Garantie der Bürger- und Menschenrechte ist gut, nützlich und ausreichend. Lassen wir unseren Kontinent endlich zur Ruhe kommen, sichern wir das Erreichte, statt unsere Freiheit einer Illusion zu opfern.
http://ef-magazin.de/214/2/25/58-eu ... undesstaat

:klatsch: :klatsch:

Die Krise hat Europa undemokratischer gemacht

Die EU hat mehr Macht erhalten, die demokratische Kontrolle nimmt ab und die Parlamente verlieren an Einfluß.
Aus demokratietheoretischer Sicht viel bedenklicher sind die Weichenstellungen und Strukturreformen, die dabei getroffen worden sind. Diese haben nämlich den schon zuvor existierenden Trend der Verlagerung von Entscheidungskompetenzen auf die supranationale Ebene und in Expertengremien erheblich beschleunigt.
Beginnend mit dem Maastricht-Vertrag über den Vertrag von Lissabon bis hin zu den diversen Rettungspaketen und Fiskalpakten, mit denen die finanzielle Stabilität gewahrt werden soll, ist der Handlungsspielraum nationaler Regierungen und Parlamente immer mehr eingeschränkt worden. Die entsprechenden Instanzen, die über die Einhaltung der beschlossenen Regeln wachen, unterliegen – wenn überhaupt – nur einer sehr dünnen demokratischen Kontrolle. Das EU-Parlament spielte bei all dem und auch in der aktuellen „Rettungspolitik“ nur eine Nebenrolle; es ist etwa kein Mitglied der „Troika“. Die tagespolitischen Maßnahmen wie auch die grundlegenden Strukturentscheidungen werden vom Europäischen Rat, der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission getroffen; bisweilen auf einer äußerst fragwürdigen rechtlichen Grundlage.
So ist der Europäische Stabilitätsmechanismus streng genommen gar keine Institutionen der Europäischen Union, sondern ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen den Staaten der Eurozone. Darin ist etwa vorgesehen, dass die Mitarbeiter des ESM juristische Immunität genießen und nur sehr bedingt rechenschaftspflichtig sind. Doch selbst wenn diese und andere Institutionen wie die Europäische Zentralbank durch das Europäische Parlament kontrolliert werden würden, geht damit keine demokratische Legitimation einher. Weder existiert eine europäische Öffentlichkeit, noch europäische Parteien. Auch das gegenwärtige Wahlrecht zum Europäischen Parlament ist nur bedingt demokratisch zu nennen. Insbesondere die immensen Unterschiede in der Gewichtung der einzelnen Wahlstimmen, etwa zwischen Deutschland und Malta, widersprechen grundlegenden demokratischen Normen.
Was bedeutet all dies für die nationalstaatliche Ebene?
(...)
Angesichts einer inzwischen endemischen Haushaltskrise, nicht zuletzt auf kommunaler und regionaler Ebene, steht zu befürchten, dass der Gestaltungsspielraum demokratisch legitimierter Parlamente weiter schrumpfen wird.
Schon heute sind viele der so genannten freiwilligen Leistungen etwa der Kommunen dem Diktat der Haushaltsdisziplin geopfert worden. Welche Folge die jüngsten Kreditbürgschaften zusammen mit den verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremsen für die Politik der nächsten Jahrzehnte haben wird, mag man sich lieber erst gar nicht vorstellen. Denn wo Haushaltslöcher einen vermeintlichen Sparzwang erzeugen, bleibt für demokratische Politik, die ja Gesellschaft immer auch gestalten möchte, kaum Raum.
Eine schleichende Übertragung von Souveränität auf ein obskures Gebilde, namens Europäische Union, weder demokratisch kontrolliert noch gewählt - deren "Kommissare" sich immer mehr Kompetenzen anmaßen und deren "Räte" Entscheidungen treffen, denen die gewählten Volksvertreter dann "alternativlos" zustimmen müssen. Wie man ein solches Gebilde verteiden kann verstehe ich nicht.

Caviteño
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Das BVerfG hat die neu eingeführte 3%-Klausel bei der Europawahl 214 für verfassungswidrig erklärt. Es wird damit voraussichtlich keine Sperrklausel geben.

http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... idrig.html

KlausLange
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von KlausLange »

Caviteño hat geschrieben:Das BVerfG hat die neu eingeführte 3%-Klausel bei der Europawahl 214 für verfassungswidrig erklärt. Es wird damit voraussichtlich keine Sperrklausel geben.

http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... idrig.html
Dieses Urteil war absehbar, wenn man sich schon die Begründung ansieht, die bei dem letzten Urteil gegeben wurde, als die 5%-Sperrklausel gekippt wurde. Man kann das EU-Parlament eben nicht mit dem Bundestag gleichsetzen...

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overkott
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von overkott »

Das Urteil ist demokratisch sicher ein Fortschritt. Inwieweit dies die Wahlbeteiligung erhöhen wird, bleibt abzuwarten. Für Kleinstparteien stellt sich die Frage nach der Wahlkampfkostenerstattung. Die Kosten könnten weiterhin eine Hürde darstellen.

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Ewald Mrnka
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Ewald Mrnka »

Caviteño hat geschrieben:Das BVerfG hat die neu eingeführte 3%-Klausel bei der Europawahl 214 für verfassungswidrig erklärt. Es wird damit voraussichtlich keine Sperrklausel geben.

http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... idrig.html
Ein pfiffiger Schachzug um Kritiker zu splitten:
So hält man die AfD klein und kann zugleich die FDP ein wenig päppeln.

Nur wenn die Nomenklatura lästige Konkurrenz wittert, agiert sie (resp. läßt agieren :breitgrins: ) intelligent.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Caviteño
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Weil im Augenblick ganz Europa nach Osten auf die Ukraine schaut, ist die Zeit für GR besonders günstig, neue Forderungen zu stellen. Die haben es in sich und es scheint so, als würden die Regierungen einknicken. Im Hinblick auf die nahende Europawahl fordern die Griechen neue Mrden, die allerdings ohne Auflagen vergeben werden sollen:
Nur wenige Wochen vor der Wahl des Europaparlaments fürchtet die griechische Regierung um ihr politisches Überleben und die Stabilität des Landes. Sie droht daher den Europäern, dass radikale Kräfte an die Macht kommen könnten, sollte die Koalition aus Konservativen und Sozialdemokraten die Macht verlieren.
Der Machterhalt der Regierung sei aber von der Unterstützung der Europäer abhängig. Noch vor der Wahl Ende Mai solle daher ein Vertreter der europäischen Partnerländer, am besten die Bundeskanzlerin, in einer Erklärung Griechenland Hilfe über das Ende des zweiten Programms zur Jahresmitte hinaus zusagen, sagte ein Athener Regierungsvertreter. Die Details könnten nach der Europawahl verhandelt werden.
Eines machen die Griechen aber bereits klar: Ein drittes Hilfsprogramm nach dem Vorbild der ersten beiden lehnt die jetzige Regierung ab. "Niemand in Griechenland wird dafür die Hand heben", hieß es. Harte Kritik äußerte der Regierungsvertreter dabei am Internationalen Währungsfonds (IWF).
Sowohl ihm als auch den Vertretern der EU innerhalb der Beobachtermission warf er vor, die Brisanz der politischen Lage zu unterschätzen. Die Troika fordere von der Regierung unmittelbar vor der Wahl weitere Massenentlassungen im Beamtenapparat in ihr Programm aufzunehmen. Bei einer Arbeitslosigkeit von über 27 Prozent sei das politischer Selbstmord. Die jetzige Regierung werde solche Forderungen nicht erfüllen.
(...)
Die Bundesregierung will daher weg von den kleinteiligen Reformprogrammen der Troika und hin zu einem globaleren Ansatz, der den Griechen grobe Ziele verordnet. Das Land selbst soll dann entscheiden können, wie es diese Ziele erreicht.
http://www.welt.de/wirtschaft/article12 ... nisse.html

Hervorragend - GR soll selbst entscheiden, wie es die Ziele erreicht. :breitgrins:
Eine ähnliche Vereinbarung hatte man bei der Auflage, unnötiges Staatseigentum zu veräußern und den Erlös in den Haushalt einzubuchen. Die gr. Regierung ist der Auflage einfach nicht nachgekommen und hat sich geweigert, das Eigentum zu "verschleudern".
Ist die Bundesregierung inzwischen müde über die dauernden gr. "Entschuldigungen" und kommt den Forderungen nach, um Ruhe zu haben, kann man gleich eine Daueralimentation verabschieden. Natürlich werden andere Staaten das genau zur Kenntnis nehmen und daraus lernen, daß man sich nur hartnäckig allen Reformaufforderungen widersetzen muß (Bilder von Demonstranten machen sich immer gut!) und dann knickt der Norden ein und stellt die geforderten Schecks aus.

Unterstützung erhält GR vom Europarlament, das von den südeuropäischen Volksvertretern dominiert wird. Auch hier ist die Troika und insbesondere der IWF nicht gut gelitten, man will sie "entmachten" und/oder einer "demokratischen Kontrolle" unterwerfen:
Am liebsten würde die Mehrheit der Parlamentarier der Troika vorschreiben, wie diese sich in den Krisenländern künftig zu verhalten hat. Konkretisiert hat diesen Wunsch der SPD-Abgeordnete Udo Bullmann: Die „organisierte Unverantwortlichkeit“ der Troika lasse sich nur beenden, wenn das Parlament „Mitsprache- und Kontrollrechte bei Abfassung und Umsetzung der Reformprogramme“ erhalte. Dahinter steckt eine bemerkenswerte Verdrehung der Tatsachen. Hält sich die Troika zur eigenen Belustigung in den Krisenländern auf? Nein, sie vertritt die Kreditgeber, die diesen Ländern mit durchaus begrenzter Begeisterung aus der Patsche helfen wollen.
(...)
Da die Straßburger Abgeordneten nicht zuständig sind, verdiente ihr Troika-Bericht unter normalen Umständen keine Erwähnung. Freilich haben sie bei all jenen offene Türen eingerannt, denen die Troika grundsätzlich ein Dorn im Auge ist. So hat auch der griechische Außenminister Evangelos Venizelos einen Rückzug des IWF und eine „demokratische“ Kontrolle der Hilfsprogramme durch das Europaparlament gefordert. Ob er dies langfristig meint oder auch auf das aktuelle Griechenland-Programm bezieht, hat er wohlweislich offengelassen. Motiviert sind solche Forderungen von der Erwartung, man müsse es, wenn der Fonds erst einmal weg sei, mit den Auflagen für Reformen in den Krisenländern nicht mehr so genau nehmen.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 5514.html

Ein Parlament, in dem ein Abgeordneter aus Malta 67. Einwohner und ein deutscher Abgeordneter 811. Einwohner seines Landes vertritt, soll über die Kreditvergabe bzw. die Kreditauflagen entscheiden. :vogel: Da kann man dem Süden gleich den ungehinderten Zugriff auf den Bundeshaushalt einräumen.....

Unzufriedenheit ist nicht nur ein Privileg und Recht der Südeuropäer - auch die Bürger des zahlenden Nordens dürfen sich bei der Europawahl entsprechend äußern. In einigen Ländern wurden schon vor Jahren tiefgreifende Reformen durchgeführt:
Schweden hat seit 1992 eine auf ganzer Linie konsequente Sparpolitik bei gleichzeitig zunehmender Beschränkungen bei den Sozialleistungen, eine Deregulierung der Märkte und der Privatisierung früherer Staatsmonopole erlebt. Das Land hat so eine neue Anreizstruktur in der Gesellschaft geschaffen, in der es sich wieder lohnt, zu arbeiten. Die Staatsverschuldung fiel von fast 8% des BIP im Jahre 1995 auf nur noch 35% im Jahre 21.
In anderen Worten, Schweden hat seinen unhaltbaren, aber in der Welt renommierten, Wohlfahrtsstaat erfolgreich zurückgefahren. Das ist, entgegen Krugmans Wunschdenken, der wahre Grund für Schwedens Erfolg in der gegenwärtigen Finanzkrise.
http://www.misesde.org/?p=7321

Auch Lettland hat nur durch erhebliche Sparanstregungen den Beitritt zur Eurozone erreicht. Es ist daher verständlich, wenn die Menschen sich dort fragen, warum sie für die vergleichsweise reicheren Griechen zahlen sollen.

Caviteño
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Marine Le Pen will auch ein Referendum über den Verbleib in der EU und im Euro:
Als Nächstes hat sie die Europawahlen im Blick, bei denen der Front National als „erste Partei Frankreichs“ abschneiden soll. Obwohl zwei Drittel der Franzosen in Umfragen angeben, einen Ausstieg aus dem Euro abzulehnen, will Le Pen mit einem Ausstiegsszenario werben. „Die Franzosen haben Angst vor einem Euro-Ausstieg. Ich werde sie ihnen nehmen“, sagt sie. In seiner langen Geschichte sei es Frankreich immer besser gegangen als während der „zwölf Jahre des Euro“, einer „verschwindend kurzen Periode“, als deren Markenzeichen sie „hohe Arbeitslosigkeit, Verlust der Wettbewerbsfähigkeit und den industriellen Niedergang“ aufzählt.
Sie wolle die Souveränität in allen Bereichen zurückerobern. Ein „neuer Franc“ soll die französische Wirtschaft wiederaufrichten und von der Schuldenlast befreien. Dabei soll ihr die Ankündigung eines Referendums über den Verbleib Frankreichs in der EU und in der Eurozone helfen. Den Zeitraum bis zum Referendum will sie für Verhandlungen mit der EU nutzen. So stellt sich die Präsidentin Le Pen ihre ersten Monate im Amt vor. „Ich bin nicht aufzuhalten“, sagt sie.
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 36712.html

Die "Besorgnis" der Europäer vor der Europawahl wird immer verständlicher.... :breitgrins:

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Ewald Mrnka
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Ewald Mrnka »

Caviteño hat geschrieben:Marine Le Pen will auch ein Referendum über den Verbleib in der EU und im Euro:
Als Nächstes hat sie die Europawahlen im Blick, bei denen der Front National als „erste Partei Frankreichs“ abschneiden soll. Obwohl zwei Drittel der Franzosen in Umfragen angeben, einen Ausstieg aus dem Euro abzulehnen, will Le Pen mit einem Ausstiegsszenario werben. „Die Franzosen haben Angst vor einem Euro-Ausstieg. Ich werde sie ihnen nehmen“, sagt sie. In seiner langen Geschichte sei es Frankreich immer besser gegangen als während der „zwölf Jahre des Euro“, einer „verschwindend kurzen Periode“, als deren Markenzeichen sie „hohe Arbeitslosigkeit, Verlust der Wettbewerbsfähigkeit und den industriellen Niedergang“ aufzählt.
Sie wolle die Souveränität in allen Bereichen zurückerobern. Ein „neuer Franc“ soll die französische Wirtschaft wiederaufrichten und von der Schuldenlast befreien. Dabei soll ihr die Ankündigung eines Referendums über den Verbleib Frankreichs in der EU und in der Eurozone helfen. Den Zeitraum bis zum Referendum will sie für Verhandlungen mit der EU nutzen. So stellt sich die Präsidentin Le Pen ihre ersten Monate im Amt vor. „Ich bin nicht aufzuhalten“, sagt sie.
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 36712.html

Die "Besorgnis" der Europäer vor der Europawahl wird immer verständlicher.... :breitgrins:
Selbst die Repräsentative Demokratie ist nicht ohne Risiko & der Volonté générale ist ein Mysterium :breitgrins: .
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

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holzi
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von holzi »

Ist schon ein Kreuz mit dieser Demokratie, daß immer die Untertanen mitreden wollen. :D

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Maria Magdalena
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Maria Magdalena »

Sorry, aber nachdem uns das Europarlament dieses, mehr als merkwürdige, Freihandelsabkommen mit den USA mal so ganz nebenbei untergejubelt hat, ist doch die Wahl, wie auch unsere Stimmenabgabe eigentlich für die Katz `!! Denn wenn US Firmen jetzt in Europa um Gas usw. zufördern die Böden vergiften, können wir uns Dank des Europaparlaments nicht einmal dagegen zur Wehr setzen, weil diese und andere Us Firmen, dann Anspruch auf Entschädigung haben. Na, toll [Punkt] Oder auch Lebensmittel, die niemand braucht, der sich vielleicht nicht vergiften will,oder nicht ganz wild auf genverändertes Fleisch ist ,oder keine Prise Chlor auf seinen Hühnchen haben möchte, bekommt dies, dem Freihandelsabkommen sei Dank, frisch aus den USA auf den Teller . Hurra, dass wir so verraten und verkauft wurden ! :klatsch: :klatsch:
- Herr, erweise mir Deine Gnade, - Dich täglich etwas mehr erkennen zu dürfen und so zu handeln, wie es vor Dir wohlgefällig ist.

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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

@ Maria Madgalena:
Das Freihandelsabkommen (TTIP =Transatlantic Trade and Investment Partnership) ist doch noch nicht ausgehandelt, geschweige denn unterschrieben oder sogar in Kraft getreten. Erst vor wenigen Tagen haben sich im Zollbereich erhebliche Differenzen gezeigt:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/w ... 3332.html
http://www.handelsblatt.com/politik/int ... -all.html

Ob, wann und mit welchen Bestimmungen es jemals wirksam wird, steht in den Sternen. Das gilt insbesondere für die von Dir angesprochenen Klagerechte (Entschädigungsforderungen) von Investoren. Hier sind die Gespräche ausgesetzt.

Was die immer wieder angesprochene "Lebensmittelvergiftung" bei Produkten aus den USA betrifft:
Die bei uns vielgelobten BIO-Lebensmittel werden zu einem großen und weiter steigendem Anteil aus Süd- und Osteuropa importiert. Der Grund ist ganz einfach und einleuchtend:
Für die gleiche produzierte Menge benötigt der BIO-Bauer die doppelte Anbaufläche wie der normale Bauer. Für die Landwirte ist es aber lukrativer, Mais oder Raps für die Strom- und Kraftstofferzeugung anzubauen als BIO-Lebensmittel. Außerdem müssen die großen Fleischfabriken (Schweinemast, Hähnchenbetriebe) für die Tierfäkalien entsprechende Flächen anpachten. Dies läßt die Pachtpreise für Ackerland steigen - BIO-Landwirtschaft wird damit nicht mehr rentabel. Also weicht man in die Länder aus, in denen noch genügend Ackerflächen günstig gepachtet werden können und wo die Arbeitskraft auch preiswerter ist. Man kann also nicht alles haben: BIO-Lebensmittel aus der "Nachbarschaft", saubere Energie und BIO-Kraftstoff.

Ob BIO-Lebensmittel aus der Ukraine, der Türkei oder Bulgarien eine höhere Akzeptanz verdienen als Lebensmittel aus den USA sollte jeder Konsument für sich entscheiden können. Wichtig ist für mich nur eine genau Kennzeichnungspflicht, damit man weiß, in welchem Land das Produkt hergestellt wurde. Ich sehe es daher nicht so dramatisch wie Du. Auch als vor einigen Jahr(zehnt)en der deutsche Biermarkt auf EU-Anordnung geöffnet werden mußte, wurden Horrorszenarien an die Wand gemalt. Man fürchtete die Überschwemmung mit "Chemie"-Bier aus den leistungsfähigen Brauereien im Ausland. Hat sich dieses Bier hier durchgesetzt oder einen signifikanten Marktanteil erreicht? :neinfreu:

Zum Thema Europawahl:
Die FAZ untersucht in diesem Artikel die Aussichten der europakritischen Parteien in den einzelnen Ländern. Eine einheitliche Linie dieser Parteien ist nicht zu erkennen, ebensowenig Gründe für ihre Stärke oder Schwäche in den einzelnen Ländern. Besonders interessant ist folgender Hinweis:
Am stärksten sind die EU-Skeptiker in Griechenland. Dort liegt Wagenknechts linker Gesinnungsgenosse Alexis Tsipras, der Spitzenkandidat der europäischen Linken ist und die EU-Sparpolitik strikt ablehnt, mit seiner Syriza-Partei in Umfragen bei mehr als 3 Prozent. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums steht die neonazistische „Goldene Morgenröte“ bei rund 1 Prozent.
Griechenland ist der einzige EU-Mitgliedstaat, in dem die harten EU-Kritiker nahe an einer absoluten Mehrheit sind. Fürs Europaparlament ist das unerheblich, das kleine Griechenland stellt nur 21 Abgeordnete. Die griechische Innenpolitik könnte nach der Europawahl implodieren, deshalb wollte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble den Griechen vorher noch neue Hilfen zusagen. Merkel lehnt das ab, weil sie die EU-Skeptiker im eigenen Land fürchtet.
Einen klaren Zusammenhang zwischen Wirtschaftslage und EU-Skepsis gibt es indes nicht: In den Krisenländern Spanien, Portugal und Irland spielen EU-kritische Parteien praktisch keine Rolle. Hier wird das wirtschaftliche Debakel als Folge eigener Fehler gesehen, weniger als Schuld des bösen Brüssel.
(Hervorhebung von mir)

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Ewald Mrnka
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Ewald Mrnka »

Deutsche müssen so etwas pflichtschuldigst verdrängen, weil es bäh & gaaaaaanz böse ist (von wegen der jüngsten :breitgrins: deutschen Geschichte).

http://diepresse.com/home/politik/eu/15 ... e/index.do
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Caviteño
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Ewald Mrnka hat geschrieben:Deutsche müssen so etwas pflichtschuldigst verdrängen, weil es bäh & gaaaaaanz böse ist (von wegen der jüngsten :breitgrins: deutschen Geschichte).

http://diepresse.com/home/politik/eu/15 ... e/index.do
Bemerkenswert im letzten Absatz:
Der deutsche Soziologe Ulrich Beck antwortete Alain Finkielkraut ebenfalls in der „Zeit“ mit Unverständnis zu dessen positiver Interpretation dieses Trends. Das Zurück zum nationalen Idyll „basiert auf einer Lebenslüge. Die Welt befindet sich in einem Übergang, der die Grenzen, in denen Sie Europa politisch denken, außer Kraft setzt.“
Ich frage mich immer, woher man diese Gewißheit nimmt, daß Europa nur durch "Zusammenwachsen" eine Chance hat. :achselzuck:
Hier in Südost-Asien käme niemand auf die Idee ein Großreich ASEAN schaffen zu wollen, dazu sind die Mentalitäten viel zu unterschiedlich und trotzdem schaut man optimistisch in die Zukunft. Zuviel "Zusammenwachsen" kann auch schwächen, wie man besonders am Euro und der Eurokrise studieren kann.

Aber wie Du schon schreibst: Der Deutsche darf so etwas noch nicht einmal denken!

Didymus
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Didymus »

Ewald Mrnka hat geschrieben:Deutsche müssen so etwas pflichtschuldigst verdrängen, weil es bäh & gaaaaaanz böse ist (von wegen der jüngsten :breitgrins: deutschen Geschichte).

http://diepresse.com/home/politik/eu/15 ... e/index.do
Willkommen in der Realität. Was heißt hier "wieder" national? Jenseits linker Wolkenkuckucksheime und deutscher Befindlichkeiten, die ihre Nation gerne in Europa auflösen wollen, haben die europäischen Völker auch in den letzten Jahrzehnten nicht aufgehört national zu denken.

National denken ist übrigens - anders als der Artikel es tut - nicht mit Nationalismus gleichzusetzen.

Caviteño
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Ein Bericht über das schwere Leben eines Europa-Fans auf der Insel:
Der Kern des britischen Argwohns gegenüber der EU liegt darin, dass man sie als unnötigen, bürokratischen Angriff auf die englische Souveränität empfindet. Die allgemeine Antwort, die europäische Einigung habe dem Kontinent "Frieden und Wohlstand" gebracht, gilt in einem Land, das sich als Garant für Frieden in Europa sieht, nicht viel. Stattdessen wird die EU als "fremde" Erfindung wahrgenommen, die Joghurt und Käse beim Mittagessen in den Schulen verbietet und britische Unternehmen gängelt. Bei dieser Wahrnehmung der EU ist es nicht verwunderlich, dass in Großbritannien über den Austritt statt über die Zukunft Europas diskutiert wird, wie das im übrigen Europa der Fall ist.
Seit Januar 2013 besteht die Strategie von David Cameron darin, ein Referendum "bis spätestens 2017" zu versprechen und sich für einen Verbleib in der EU auszusprechen, wenn es zugleich Reformen gibt. Auf die jüngste Aufforderung aus Berliner Politikkreisen, zu sagen, "was wir wollen", kann ich nur antworten, dass Premierminister Cameron noch die entscheidenden Zugeständnisse finden muss, die die Briten überzeugen würden, für einen Verbleib in der EU zu stimmen. Ich befürchte, dass es auf einen verhandelten Austritt hinauslaufen wird.
(...)
Die jüngsten Umfragen im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2014 sagen voraus, dass die britische Unabhängigkeitspartei (UKIP) auf 20 Prozent der Stimmen käme und damit zweitstärkste Kraft hinter Labour würde. Damit wäre sie auch stärker als die beiden derzeitigen Regierungsparteien.
Ein Austritt GB (oder vielleicht dann nur noch England's) aus der EU hätte eine Signalfunktion auch für andere Länder. Auch in Dänemark und Schweden ist die EU nicht sonderlich populär; man hat den Euro nicht eingeführt und sich auch bei anderen EU-Richtlinien Sonderregelungen ausbedungen. Sollten diese Länder dem englischen Beispiel folgen und auf Distanz zur EU gehen, wird der Kreis der "Vollzahler" immer kleiner werden, während die Zahl der Empfängerstaaten steigen wird.
Wie lange wird die Bevölkerung in D. das noch mitmachen und einen wachsenden Teil ihrer Steuern und Ersparnisse für die anderen Länder opfern?

Caviteño
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Nach dem Schweizer Votum zur Personenfreizügigkeit zeigt sich, daß nicht nur die EU über Druckmittel verfügt:
Mit der Personenfreizügigkeit hat die Schweiz im Jahr 22 auch eine Art gesamteuropäische Renten-Freizügigkeit eingeführt. Bürger der Schweiz und der EU werden in der Altersvorsorge gleich behandelt, ihre Ansprüche auf eine AHV-Rente sind auch nach einem Umzug automatisch gesichert. Dies erleichtert es insbesondere Migranten, ihren Lebensabend in ihrer Heimat zu verbringen. Aktuell bezahlt die AHV an rund 54 EU-Bürgern im Ausland eine Rente.
Nach dem Ja zur Zuwanderungs-Initiative vom 9. Februar steht die Zukunft dieser Rentenfreizügigkeit in der Schwebe. «Bei einer allfälligen Kündigung des Freizügigkeitsabkommens würde automatisch auch dessen Anhang II dahinfallen, der die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit regelt», erklärt Harald Sohns, Sprecher des Bundesamts für Sozialversicherungen. Setzt die Schweiz die Initiative wortgetreu um, ist eine Kündigung wahrscheinlich.
http://www.tagblatt.ch/aktuell/schweiz/ ... 5,3738398

Es ist allerdings zu befürchten, daß die EU die Interessen der Betroffenen opfert, um ihren Willen durchzudrücken. Schade für die leidtragenden Arbeitnehmer, denn die Schweizer Renten sind höher als die Alterversorgungsbezüge, die die klammen EU(ro)-Länder ihren Bürgern gewähren.

Daniel75
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Daniel75 »

Noch mal zur Ausgangsfrage: Wen wähle'mer denn jetzt ? :narr:

Der Bundeswahlleiter hat ja nun die Liste der teilnehmenden Parteien veröffentlicht:

1. Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU)
2. Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
3. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (GRÜNE)
4. Freie Demokratische Partei (FDP)
5. DIE LINKE (DIE LINKE)
6. Christlich-Soziale Union in Bayern e. V. (CSU)
7. FREIE WÄHLER (FREIE WÄHLER)
8. DIE REPUBLIKANER (REP)
9. PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ (Tierschutzpartei)
10. Familien-Partei Deutschlands (FAMILIE)
11. Piratenpartei Deutschland (PIRATEN)
12. Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP)
13. Partei Bibeltreuer Christen (PBC)
14. Ab jetzt…Demokratie durch Volksabstimmung - Politik für die Menschen (Volksabstimmung)
15. Bayernpartei (BP)
16. CHRISTLICHE MITTE – Für ein Deutschland nach GOTTES Geboten (CM)
17. AUF - Partei für Arbeit, Umwelt und Familie, Christen für Deutschland (AUF)
18. Deutsche Kommunistische Partei (DKP)
19. Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
20. Partei für Soziale Gleichheit, Sektion der Vierten Internationale (PSG)
21. Alternative für Deutschland (AfD)
22. Bürgerbewegung PRO NRW (PRO NRW)
23. Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD)
24. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)
25. Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (Die PARTEI)

Für mich bleiben zwei übrig, zwischen denen ich schwanke:

17. AUF - Partei für Arbeit, Umwelt und Familie, Christen für Deutschland (AUF)
21. Alternative für Deutschland (AfD)

Was meint Ihr ? :achselzuck:

ad_hoc
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von ad_hoc »

Schade, dass es mehrere christlich-akzeptable Mini-Parteien gibt, bei denen abzusehen ist, dass sie die nächsten 150 Jahre niemals Einfluss haben werden.

Deshalb denke ich, dass die AfD, deren Führung vergangenes Jahr in wenigen Monaten mehr an dynamischer Aufmerksamkeit, Initiative, Orientierung an christlichen Werten, Führungswillen und Durchsetzungsvermögen bewiesen hat, als alle anderen zusammen, die erste Wahl sein sollte.

Gruß, ad_hoc ;)
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

Daniel75
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Daniel75 »

ad_hoc hat geschrieben:Schade, dass es mehrere christlich-akzeptable Mini-Parteien gibt, bei denen abzusehen ist, dass sie die nächsten 150 Jahre niemals Einfluss haben werden.

Deshalb denke ich, dass die AfD, deren Führung vergangenes Jahr in wenigen Monaten mehr an dynamischer Aufmerksamkeit, Initiative, Orientierung an christlichen Werten, Führungswillen und Durchsetzungsvermögen bewiesen hat, als alle anderen zusammen, die erste Wahl sein sollte.

Gruß, ad_hoc ;)
@ ad_hoc: Ja, Du hast bestimmt Recht, das Problem ist ja wirklich, dass man trotz fehlender Drei-Prozent-Hürde zumindest ein halbes Prozent zusammenbringen muss, um eine Chance auf einen Sitz zu haben. Christa Meves als AUF-Spitzenkandidatin ist schon interessant, aber ob das mit dem halben Prozent klappt ?! Da ist die AfD dann schon die sicherere Wahl !

Piusderdritte
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Piusderdritte »

Wenn ich wählen gehen sollte, werde ich wohl die Nr. 16 CM wählen.
Sie positioniert sich klar gegen die Multikulti-Gender-Pädo Politik der EUdssr.

gruss, PiusIII.
"Katholische Haus- und Schulbibel" (aus1928) von Paul Bergmann, ist eine sehr gute Zusammenfassung der Bibel! Sollte jeder Katholik mal gelesen haben. Verständlich geschrieben und schnell durchgelesen!

Caviteño
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Der Trend zum eigenständigen Kleinstaat setzt sich fort. Vor den geplanten Referenden in Schottland und Katalonien haben die Bürger der Region Veneto mit überwältigender Mehrheit (fast 9% ) für eine Abspaltung von Italien gestimmt.

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 58694.html

Die online-Abstimmung hat zwar keine rechtlichen Folgen, jedoch beabsichtigt die Regionalregierung jetzt ein Gesetz für ein Referendum im nationalen Parlament einzubringen.

Dieser Artikel beleuchtet die Auswirkungen der Sezessionsbestrebungen und ihre Auswirkungen auf EU, Euro und Europa.
Dennoch darf die Entwicklung als richtungweisend angesehen werden. Denn gleich hinter Venetien und Katalonien stehen beispielsweise Südtirol oder das Baskenland in den Startlöchern, um sich dem Streben nach staatlicher Unabhängigkeit anschließen. Ob der belgische Staat die kommenden Wahlen überstehen wird, lässt sich auch noch nicht mit letzter Gewissheit sagen und sogar in Deutschland hält nicht jeder die Einheit der 16 Bundesländer für gottgegeben. Zumindest stellte im August 212 das CSU-Urgestein Wilfried Scharnagl fest: Bayern kann es auch allein.
Natürlich sind es nicht allein Motive nationaler Identität und Selbstbehauptung, die den Drang zur Sezession befeuern. Wie sooft sind es insbesondere wirtschaftliche Faktoren, die eine entscheidende Rolle bei den Abspaltungsbemühungen spielen. Gerade Katalonien ist eine starke Wirtschaftsregion, deren Bürger es zunehmend leid sind, den Rest Spaniens alimentieren zu müssen, ohne dafür echte eigene Vorteile zu genießen. Ähnliches gilt für Venetien. Schottland wiederum hofft, dass es im Falle einer Unabhängigkeit künftig mehr von dem Öl vor seiner Küste profitieren würde – bisher geht der Löwenanteil aus den Verkaufserlösen des schwarzen Goldes nach London.
(...)
Der EU selbst allerdings zeigen die Abspaltungsbemühungen deutlich, dass sie sich in die völlige falsche Richtung bewegt: Wenn schon die permanente Alimentierung innerhalb der Nationalstaaten spaltend wirkt, wie stark werden dann erst die Fliehkräfte, wenn künftig die Niederländer die Portugiesen finanzieren sollen und die Finnen die Iren oder die Slowenen die Griechen?
Die Idee einer gesamteuropäischen und vor allem dauerhaften Solidarität und damit einer gemeinsamen schuldnerischen Haftung ist absurd. Kurzfristig mögen dadurch die Finanzmärkte beruhigt und der Euroraum stabilisiert werden, auf lange Sicht aber wird dies zur Zerstörung der EU beitragen. Darüber hinaus zeigen die Bemühungen in Katalonien und Co., dass die Bevölkerung keineswegs den Traum der Brüssler Eurokraten von einem zentralistischen Superstaat namens „Europa“ mitträumen.
(...)
Während Großbritannien, wohl nicht zuletzt aufgrund seiner kolonialen Vergangenheit, eine schottische Unabhängigkeit zwar nicht für klug hält, aber die Legitimität eines solchen Referendums grundsätzlich anerkennt, lehnt Madrid das Ansinnen der Katalanen in Bausch und Bogen ab. Dieses widerspreche der spanischen Verfassung, die eine unauflösliche Einheit der spanischen Nation festschreibt – eine Argumentation, die natürlich schon insofern etwas dürftig ist als dass die meisten Katalanen sich eben gar nicht als Teil der spanischen Nation begreifen. Außerdem, so Madrid weiter, werde hierdurch das Prinzip der territorialen Integrität verletzt – ein Argument welches auch immer wieder im Zusammenhang mit den Ereignissen auf der Krim zu hören ist.
Hier wird es mE besonders interessant - auch unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Ereignisse auf der Krim:
In diesem Kontext sei an ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag anlässlich der Unabhängigkeit des Kosovos erinnert: In diesem kommt der
IGH zu dem Schluss, dass das Völkerrecht kein Verbot einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung kenne. Auch das grundsätzliche Prinzip der territorialen Integrität könne in solchen Fällen nicht greifen, da es nur für zwischenstaatliche Beziehungen, nicht aber im innerstaatlichen Bereich gelte.
Spanien, wen wundert es, protestierte damals heftig gegen jene Position und erkennt das Kosovo bis heute nicht als eigenständigen Staat an. Andere Nationen, wie beispielsweise die USA und auch Deutschland, begrüßten das Gutachten hingegen explizit unter dem Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker.
(Hervorhebung von mir)

Zwar wird sich die sog. "politische Elite" nicht an das Gutachten des IGH halten - aber bemerkenswert ist es schon, daß - entgegen der immer wieder auftauchenden Begründung in den Presseartikeln - die Rechtslage eben nicht so klar und eindeutig ist.

Der Wunsch nach Abspaltung ist insbesondere in den wohlhabenden Landesteilen ausgeprägt; die ärmeren leben ganz gut mit dem Finanzausgleich. Vielleicht denkt man in Brüssel einmal darüber nach, daß weitere "Vergemeinschaftungen" (ein Euphemismus für Zahlungsverpflichtung) im Norden nur noch den Widerstand gegen die EU erhöhen könnten. Wenn die ersten Kleinstaaten auf eine Mitgliedschaft in der EU verzichten, weil sie sich nicht "rechnet", dürfte der Zerfall schnell voranschreiten. Für GB hat ein Europa-Skeptiker die Kosten eines "Brexit" bereits ausgerechnet:
Nein, die Resteuropäer würden den Briten ein Freihandelsabkommen sicher nicht verweigern, davor müsse man keine Angst haben. Und selbst wenn es so wäre: Nach den heutigen Zollregeln der EU käme auf die britische Exportwirtschaft eine Mehrbelastung von 3,5 Milliarden Pfund im Jahr zu. „Die Nettokosten unserer Mitgliedschaft sind derzeit elf Milliarden Pfund“, rechnet er dagegen. So klingt der „Brexit“ wie ein gutes Geschäft.
Entsprechende Zahlen für D. wären auch interessant.

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... ageIndex_2

Caviteño
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Die Bundesregierung plant eine Regelung für den Bezug von Hartz-IV bei EU-Bürgern:
Danach sollen arbeitslose EU-Bürger künftig nur drei Monate Zeit bekommen, um sich hier in Deutschland eine Arbeit zu suchen, erläuterte der innenpolitische Sprecher der Union, Stephan Mayer, am Freitag auf einer Veranstaltung der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK). Werden sie in diesem Zeitraum nicht fündig, müssen sie Deutschland verlassen.
(...)
Der Unionspolitiker hält das Problem zudem für wesentlich größer als bisher diskutiert. Derzeit beschränkt sich die Debatte auf erwerbsfähige Bürger: „Wir befürchten, dass künftig auch Rentner aus Rumänien und Bulgarien nach Deutschland ziehen“, sagte Mayer. Diese könnten dann hier die Aufstockung ihrer Renten fordern.
(...)
Wie vertrackt die rechtliche Lage ist, zeigt sich exemplarisch an dem Fall einer 24 Jahre alten Rumänin, der am Dienstag vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verhandelt wurde. Die Frau hat keinen Schulabschluss und hat weder in Deutschland noch in Rumänien jemals gearbeitet. In Deutschland ist sie wegen kleinerer Eigentumsdelikte zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Seit 21 wohnt sie in Leipzig und hat dort Arbeitslosengeld II, also Hartz IV, beantragt. Das zuständige Jobcenter verweigerte ihr jedoch die Zahlung der 391 Euro im Monat plus Kosten für Unterkunft und Heizung. Denn nach dem Wortlaut des Sozialgesetzbuches II haben EU-Ausländer gar keinen Anspruch auf die staatliche Leistung der Grundsicherung, wenn sie sich nur zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland aufhalten.
Obwohl die Rumänin die Kriterien für einen unbegrenzten Aufenthalt gar nicht erfüllte, stellten ihr die Behörden eine „Freizügigkeitsbescheinigung“ aus. Das sorgte auch in der mündlichen Verhandlung vor dem EuGH für erhebliche Irritationen unter den 15 Richtern. Der Rechtsvertreter Deutschlands, Johannes Möller, begründete dies damit, dass wegen der vielen offenen europarechtlichen Fragen derzeit bei der Verwaltung ein regelrechter „Stillstand“ herrsche. Außerdem verwies er auf ein praktisches Problem: Die Ausländerbehörden wiesen solche Unionsbürger nicht aus, weil es derzeit keine Möglichkeit gebe, die sofortige Wiedereinreise zu verhindern, berichtete er.
Die drängenden Fragen des international besetzen Richtergremiums über die deutsche Verwaltungspraxis könnten deshalb als ein Zeichen gedeutet werden, dass Deutschland die Klage nach dem folgenden Argumentationsmuster verliert: Wer mittellose Unionsbürger in seinem Land duldet, muss ihnen auch Hartz IV zahlen. In diese Richtung argumentierte Jörg Tagger, bei der EU-Kommission als stellvertretender Referatsleiter zuständig für dieses Thema: „Nach einem bestimmten Zeitraum der Duldung muss gefragt werden, ob die Gleichbehandlung noch herausgezögert werden kann.“ Das EuGH-Urteil wird für Herbst erwartet.
(Hervorhebung von mir)

http://www.faz.net/frankfurter-allgemei ... 5874.html

Wenn dann demnächst noch die "Rentenaufstocker" aus dem Süden aus der deutschen Sozialversicherung finanziert werden, kann man sich vorstellen, was für die eigenen Rentner übrig bleibt....

Aber Euro, Europa und EU sind alternativlos.....

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lutherbeck
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von lutherbeck »

Was schlägst DU also vor? :hmm:
"Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn".

Caviteño
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

lutherbeck hat geschrieben:Was schlägst DU also vor? :hmm:
Das habe ich doch schon wiederholt hier geschrieben.

Im Grunde sollte das Verhältnis der jetzigen EU-Staaten dann untereinander in etwa dem jetzigen Verhältnis EU zur Schweiz oder zum EWR entsprechen. Dazu gehört u.a.:

1. Aufgabe des Euros, Rückkehr zu nationalen Währungen (in absehbarer Zukunft auch keine Währungsverbünde á la "Nordeuro". Grund: die desaströsen Erfahrung mit der Gemeinschaftswährung).
2. Rückabwicklung der EU auf eine große Freihandelszone - EFTA-Format ist ausreichend.
3. Rückverlagerung von Kompetenzen auf die Nationalstaaten. Das führt natürlich zu einem ganz erheblichen Machtverlust der EU-Kommission, die praktisch nur noch Abstimmungsaufgaben zwischen den Nationalstaaten der Freihandelszone wahrnehmen würde.
4. Abschaffung des undemokratisch zusammengesetzten Europa-Parlaments, da dafür in einer Freihandelszone keine Notwendigkeit besteht .
5. Keine supranationale Gesetzgebung - stattdessen: Verträge nur zwischen den Nationalstaaten, keine Mehrheitsentscheidungen im "Rat".
6. Da in einer Freihandelszone die Arbeitnehmerfreizügigkeit keine Grundvoraussetzung ist, besteht insoweit auch keine Niederlassungsfreiheit für ausl. Arbeitnehmer. Über sie wird in zwischenstaatlichen Abkommen (Anwerbeverträge) entschieden.
7. Kein Europäischer Gerichtshof - unterschiedliche Vertragsauslegungen können durch Verhandlungen und/oder Schiedsgerichte entschieden werden.
8. Keine "ewigen" Verträge wie beim Euro oder ESM - Kündigungsmöglichkeit eines Vertrages muß vorgesehen werden.

Ob innerhalb eines Nationalstaates dann eine Region unabhängig wird, hat keine große Auswirkung. Sie kann als neuer Nationalstaat dem Binnenmarkt beitreten oder nicht, es stellt sich keine Frage nach Übernahme der Gemeinschaftswährung oder des gesamten gesetzlichen Regelungswerkes der EU.

Für den Bürger hätte eine Rückkehr zu den Nationalstaaten den Vorteil, daß er nicht mehr das Gefühl hat, für den Süden zu zahlen bzw. vom Norden regiert zu werden. SEIN Abgeordneter im nationalen Parlament ist der Ansprechpartner und der kann sich nicht mehr hinter "Brüssel" verstecken, wenn er schwachsinnige Gesetze (Glühlampenverordnung) verabschiedet. Es betrifft den Finnen nicht mehr, wenn GR seine künftigen Einnahmen aus Überflugrechten und Flughafengebühren versilbert, um sich heute hohe Sozialleistungen zu gönnen. Der Portugiese kann nicht mehr auf Berlin zeigen, wenn die Regierung Feiertage und Urlaubsansprüche streicht und die Steuern erhöht. Jedes Land kann entsprechend so leben wie es will - es zahlt schließlich auch selber dafür.

Der immer geltend gemachte Hauptnachteil, der angebliche(!) Bedeutungsverlust Europas, betrifft im wesentlichen das Auftreten der sog. "politischen Elite" (Stimme auf internationalen Konferenzen usw. usf.) und kann in Kauf genommen werden. Es ist im übrigen überhaupt nicht ausgemacht, daß die Nationalstaaten in der Welt dann "bedeutungslos" wären (was immer das sein soll). Die Schweiz beweist täglich das Gegenteil - höherer Lebensstandard, höhere Einkommen, höhere Lebensqualität bei einer mit D. durchaus vergleichbaren Industriestruktur.

Piusderdritte
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Piusderdritte »

Bundeswahlausschuss EU Wahl 214 - Problem der Staatsangehörigkeitals Deutscher [Punkt]

https://www.youtube.com/watch?v=frHF6BhOsVI

:blinker:
"Katholische Haus- und Schulbibel" (aus1928) von Paul Bergmann, ist eine sehr gute Zusammenfassung der Bibel! Sollte jeder Katholik mal gelesen haben. Verständlich geschrieben und schnell durchgelesen!

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Torsten
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Re: Europawahl 2014

Beitrag von Torsten »

Die DPFW konnte beim Wahlleiter nur knapp 500 Stimmen einreichen, die nicht zu einer Zulassung reichten, aber dieses Video hat schon über 4000 Klicks, von denen eine mir unbekannte Prozentzahl sich des Problems bewusst geworden ist, dass der Nachweis ihrer Staatsangehörigkeit von einem - Achtung! - "Good Will" abhängig ist, aber keine Rechtsgrundlage souveräner Gesetzgebung besitzt. Diejenigen, die das thematisieren, die werden entweder in die rechte oder VT-Ecke gestellt, oder wie hier vom Wahlleiter abgewürgt, der sich vermutlich der Tragweite selber nicht bewusst ist.

Deutschland ist zu groß und zu wichtig, als dass es als Vasall einer fremden Macht seine Außenpolitik, seine Stimme in der Welt gestalten darf. Denn damit "Sollen wir zum Frieden dienen" - und nicht den Plänen oder einem Plan - "Deutschland einig Vaterland." Von den Nationalsozialisten verraten, von den Russen verkauft und den Amerikanern gef****, wird es langsam Zeit dafür.

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