TillSchilling hat geschrieben:
Irrationaler Schwachsinn.
Als "irrationalen Schwachsinn" würde ich ganz andere politische Entscheidungen im Währungsbereich ansehen. Jeder, der in den letzten Jahren die Zeitungen gelesen hat, weiß was ich meine und die Entscheider sitzen mit Sicherheit nicht Zürich oder in der Schweiz.
Die Gründe gegen die Abstimmungsforderungen sind mir bekannt. Sie werden in den letzten Wochen in fast allen Schweizer Medien ständig wiederholt. Selbst die Notenbank hat sich zu einer Stellungnahme aufgerafft und gewarnt. Das sollte eigentlich jedem zu denken geben, denn wenn Regierung und Interessenverbände so massiv auf die Willensbildung einwirken, scheinen ihre Interessen massiv gefährdet zu sein. Dann wird der Teufel an die Wand gemalt, der Untergang des Landes beschworen - allerdings muß man nur in die jüngste Vergangenheit schauen um zu sehen, daß es nicht ganz so schlimm werden kann.
Es wird im Grunde nicht viel Neues gefordert, denn bis zur Änderung der Schweizer Bundesverfassung ab 2 lautete der Art. 39 Abs. 6:
Die ausgegebenen Banknoten müssen durch Gold und kurzfristige Guthaben gedeckt sein.
http://www.verfassungsgeschichte.ch/
Erst durch die Totalrevision in 2 wurde diese Bestimmung aufgehoben, angeblich weil die Statuten des IWF, (dem die Schweiz aus welchen Gründen auch immer beigetreten war), die Golddeckung einer Währung verbieten (warum eigentlich???).
Die Erfolgsgeschichte des Schweizer Franken (CHF) ist neben der vernünftigen Wirtschaftspolitik, einer guten Wirtschaftsstruktur und seiner Stellung als "sicherer Hafen" auch zu einem nicht geringen Teil der Tatsache geschuldet, das hier - zunächst zu 4% - eine Golddeckung vorlag, die dann von der Politik 1997 durch eine Änderung des Nationalbankgesetzes auf 25% abgeschmolzen wurde. Niemand kam damals auf die Idee, von einem "irrationalem Schwachsinn" zu reden.
Schaut man sich die Wertentwicklung des CHF gegenüber allen mir bekannten Währungen an, kann man schwerlich zu dem Ergebnis kommen, daß sich die Verpflichtung der SNB, einen Teil ihrer Währungsreserven in Gold zu halten, nachteilig ausgewirkt hat - ehr dürfte das Gegenteil der Fall sein.
Natürlich kann man behaupten: Das war früher, heute ist alles anders!
Ist es das wirklich?
(Hervorhebung von mir)
Sorry, aber das ist wirklich "Schwachsinn".
Eine Notenbank - selbst wenn sie als Aktiengesellschaft strukturiert ist und die
Aktien an den Börsen Zürich, London und an der Nasdaq gehandelt und
4% der Aktien von Privatpersonen gehalten werden - kann doch nicht mit einem Wirtschaftsunternehmen verglichen werden. Eine Notenbank muß die Geldversorgung sicherzustellen und das Geld stabil zu halten. Die größtmöglichen Gewinnerzielung gehört nicht zu ihren Aufgaben. Warum sollte sie maximale Gewinne machen? Nur damit der Finanzminister noch mehr Geld ausgeben kann?
Welche Investments sollen denn mehr bringen - bei vergleichbarer Sicherheit? Anleihen in Fremdwährung, wie USD oder EUR? Dagegen spricht doch schon die Kursentwicklung der allermeisten Währungen zum CHF - von der Bonität des Schuldners ganz abgesehen!
Im übrigen scheinst Du die Auswirkungen eines Referendums nicht zu beachten: Wenn z.B. das Schweizer Stimmvolk bei der Nationalbank statt "anderer Investments" die Anlage in Gold vorzieht und dafür bereit ist, niedrigere Gewinne der Notenbank in Kauf zu nehmen - wer zahlt dann die Rechnung? Doch genau derjenige, der bestellt hat. Im Augenblick wird bei Gesprächen von Schweizern häufig gesagt: "Auch bei uns ist nicht alles Gold was glänzt - seitdem die Nationalbank unbeschränkt Euros ankauft." Sie sehen die Politik der SNB sehr zwiespältig und sie wissen, daß sie dafür u.U. heftig zur Kasse gebeten würden (z.B. bei einem Zusammenbruch des Euros).
Natürlich kann man unterschiedlicher Meinung sein, ob die Initiative vorteilhaft ist oder nicht - aber das es sich bei einer Annahme um "irrational Schwachsinnige" handelt, die so entschieden haben - da sollte man vorsichtig sein. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an das Referendum zum Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum. Dieser Beitritt sollte nach Ansicht der Regierenden ein Trainingslager für einen späteren EU-Beitritt sein. Glücklicherweise haben die Schweizer den Beitritt "bachab" geschickt....
Als die SNB nach der Aufhebung der Verfassungsbestimmungen die Möglichkeit hatte, Gold zu verkaufen, hat sie diese Gelegenheit sofort ergriffen und zu einem schlechten Preis verhökert. Auch die Banker und Politiker sind halt nicht "unfehlbar" - warum sollten sie diesmal mit ihrer Meinung richtig liegen.
Häufig finden sich die "irrational Schwachsinningen" weniger im Volk als in den Parlamenten und Regierungen - oder wie wäre es sonst zu erklären, daß man eine Währung fortlaufend "retten" muß anstatt sie abzuschaffen..
Zum Schluß ein anderes Gedankenspiel: Würde es den Euro geben, wenn man damals für die DM eine vergleichbare Bestimmung wie beim CHF gehabt hätte? So konnte man Papier durch Baumwolle ersetzen..... ob es bei einer teilgoldgedeckten Währung auch problemlos möglich gewesen wäre, diese mit Weichwährungen zu einer neuen Währung zu verschmelzen, ist zumindest fraglich.
PS:
Ich bin Goldinvestments gegenüber sehr skeptisch und investiere selbst nicht in Gold - weil (und
hier paßt es) "andere Investments mehr bringen".
In Währungsfragen ist das allerdings anders, hier ist Gold als "ruhender Pol" wünschenswert. Dabei können auch verfassungsrechtliche Verfügungsbeschränkungen für Nationalbanker und Regierung durchaus sinnvoll sein. Den Stimmen von Politikern und Bankern vertraue ich dabei überhaupt nicht - dafür sind in den letzten Jahren zuviele Versprechungen gebrochen und Fehlentscheidungen gefällt worden. Die Glaubwürdigkeit dieser Personengruppen tendiert für mich gegen Null.
Hätte sich die Bundesbank in der Vergangenheit nicht massiv gewehrt, wäre der schon mehrfach von Regierungen unterschiedlicher Couleur geplante Goldverkauf durchgeführt worden (s. Schweiz). Das Geld sollte für "Zukunftsinvestitionen" (was immer das sein mag) verwendet werden - es wäre ebenso verjuxt worden, wie die Kredite, die Griechenland, Portugal und andere Länder aufgenommen haben, weil mit dem Euro auch die Zinsen sanken.
Geld macht sinnlich - vor allem Politiker. Wenn ein Volk die Möglichkeit hat, dem Treiben der Regierung Grenzen zu setzen, sollte es das mMn auch tun.