Lateinschule

Aktuelle Themen aus Politik, Gesellschaft, Weltgeschehen.
Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Aus dem Thread "Das Heilige Meßopfer im überlieferten Ritus"

Oration vom 1. Advent nach dem neuen römischen Meßbuch

Da, quaesumus, omnipotens Deus,
hanc tuis fidelibus voluntatem,
ut, Christo tuo venienti iustis operibus occurrentes,
eius dexterae sociati, regnum mereantur possidere caeleste.
Per Dominum...

Ketelhohn hat geschrieben:Danke für den lateinischen Text, Jürgen. Aber fehlt da am Anfang was? Oder worauf bezieht sich das „hanc“? Etwa auf das nachfolgende „ut“? Doch wohl schon vom Sinn her nicht, abgesehen davon, daß dann statt hanc eher talem stehen sollte. Sinngemäß müßte man’s wohl am ehesten auf den Partizipialausdruck beziehen (occurrentes), doch dabei wird’s so holprig, daß die Syntax Achsbruch erleidet. Kurz: Wenn nicht der Bezug vor der zitierten Stelle steht, kann ich bloß sagen: armes Kirchenlatein.

Eigentlich müßte man etwa so übersetzen:

Gib, so bitten wir, allmächtiger Gott, deinen Gläubigen den Willen, den Besitz des himmlischen Reichs zu verdienen, indem sie deinem Gesalbten mit gerechten Werken entgegeneilen und seiner Rechten beigesellt werden. Durch den Herrn …

Oder ist es so gemeint:

Gib, so bitten wir, allmächtiger Gott, deinen Gläubigen den Willen, deinem Gesalbten mit gerechten Werken entgegenzueilen, auf daß sie das himmlische Reich zu besitzen verdienen und seiner Rechten beigesellt werden. Durch den Herrn …

Da kann man sich über die Übersetzung des Schott noch nicht mal wundern. – Stünde freilich davor bereits irgendwas von einem Willen, dann wäre das ut nicht auf den Willen bezogen, dessen Inhalt es erklärte (»der Wille, daß«), sondern auf das Prädikat des Hauptsatzes (»gib …, damit«). Also etwa so:

‹Wir wollen dies und das.›
Gib, so bitten wir, allmächtiger Gott, deinen Gläubigen diesen Willen, damit sie das himmlische Reich zu besitzen verdienen, indem sie deinem Gesalbten mit gerechten Werken entgegeneilen und seiner Rechten beigesellt werden. Durch den Herrn …

Sollte dieser Bezug aber tatsächlich fehlen, so wäre auf Latein, beispielshalber, etwa folgendermaßen zu formulieren:

Da, quæsumus, omnipotens Deus, fidelibus tuis voluntatem Christo tuo venienti justis occurrendi operibus, ut regnum mereantur possidere cæleste dexteræque illius sociari.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Es steht so im neuen Meßbuch

Da, quaesumus, omnipotens Deus,
hanc tuis fidelibus voluntatem,
ut, Christo tuo venienti iustis operibus occurrentes,
eius dexterae sociati, regnum mereantur possidere caeleste.

Gemeint ist es vermutlich so:
Gib, so bitten wir, allmächtiger Gott
deinen Gläubigen den Willen,
deinem kommenden Gesalbten mit gerechten Werken entgegenzueilen,
so daß sie, zu dessen Rechten gesellt, das himmliche Reich zu besitzen verdienen.


Das "hanc" kann sich ja nur auf voluntatem beziehen; ich weiß allerdings nicht, wie man das dort unterbringen soll. Oder kann es mit "... deinen Gläubigen diesen Willen..." - als eine Art Verstärkung verstanden/übersetzt werden?

------------------------------------------

Folgende Übersetzung stammt nicht von mir. Das hanc ist wohl doch auf den ut-Satz zu beziehen.

Wir bitten dich, allmächtiger Gott,
gewähre deinen Gläubigen diesen/den Wunsch, dass,
wenn sie deinem ankommenden Christus/Gesalbten
mit gerechten Werken begegnen, an dessen rechter Hand gesellt,
verdienen, das Himmelsreich zu besitzen.

Ketelhohn hat geschrieben:Daß hanc sich direkt auf voluntatem bezieht, ist schon klar. Ich meinte oben den Sinnbezug von hanc in seinem demonstrativen Charakter: Worauf weist das hin? Es bedürfte einer näheren Bestimmung »dieses Willens«. Also „dieser Wille, der“ … oder „dieser Wille, von dem eben die Rede war“ (was aber hier beides ausscheidet, denn davon steht nichts im Text); bleibt nur – zumal ja ut folgt – »der Wille, daß« bzw. (wegen Subjektsgleichheit) »der Wille, zu ‹tun›«. Etwas anderes ist syntaktisch nicht möglich, wenn’s auch nicht schön ist (talem wäre wirklich besser als hanc).

Das Problem ist der Sinn. Ich stimme deiner Interpretation völlig zu (die im wesentlichen auch meiner zweiten Variante von oben entspricht, außer daß ich das venienti ausgelassen hatte). Gemeint ist also eigentlich ut occurrant, nicht ut mereantur.

Das in dieser Oration offenbar – beabsichtigt oder nicht – vorliegende Stilmittel jener Verschränkung, bei welcher die abhängige Partizipialkonstruktion die Hauptaussage enthält, das übergeordnete Verb dagegen bloß einen Nebenumstand oder eine sekundäre Folge, ist im vorliegenden Fall ganz unangebracht, weil hier eben das übergeordnete Verb (mereantur) seinerseits als Teil eines finalen Ausdrucks (des ut-Satzes) einer anderen Handlung (voluntas als nomen actionis) untergeordnet ist. So wird sozusagen die Finalität in die falsche Richtung gelenkt, wodurch das ganze einen verkehrten Sinn bekommt.

Allerdings geraten wir hier auf ein Feld, das eigentlich in die »Lateinschule« gehört, oder?
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jürgen hat geschrieben:»Wir bitten dich, allmächtiger Gott,
gewähre deinen Gläubigen diesen/den Wunsch, dass,
wenn sie deinem ankommenden Christus/Gesalbten
mit gerechten Werken begegnen, an dessen rechter Hand gesellt,
verdienen, das Himmelsreich zu besitzen.«
Das illustriert die Not von Übersetzern, die mit einem sprachlich vermurksten Originaltext konfrontiert sind. Man versucht, irgendwas draus zu machen und ersetzt, zum Beispiel, den Willen durch einen Wunsch.

Auch die Formulierung »an dessen rechter Hand gesellt« ist so ein Fall. Denn im dexteræ sociati des Originals liegt natürlich keine Ortsangabe vor, dexteræ ist Dativ; das sociati scheint dabei lexikalisch mißglückt. Ich hatte mich oben bei meiner ersten Übersetzung auch gefragt, ob ich daraus machen solle: »zu seiner Rechten gesellt«. Ich hab’s dann doch wörtlich übersetzt, denn im Original geht’s nicht darum, einander beigesellt zu werden, sondern jeder einzeln der Rechten Jesu. Nach dem Sinn frage man besser nicht.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Ketelhohn hat geschrieben:
Jürgen hat geschrieben:»Wir bitten dich, allmächtiger Gott,
gewähre deinen Gläubigen diesen/den Wunsch, dass,
wenn sie deinem ankommenden Christus/Gesalbten
mit gerechten Werken begegnen, an dessen rechter Hand gesellt,
verdienen, das Himmelsreich zu besitzen.«
Das illustriert die Not von Übersetzern, die mit einem sprachlich vermurksten Originaltext konfrontiert sind. Man versucht, irgendwas draus zu machen und ersetzt, zum Beispiel, den Willen durch einen Wunsch...
Wenn man lange genug sucht, so findet im Wörterbuch tatsächlich unter "voluntas" die Übersetzung "Wunsch"; und unter "do" die Übersetzung "gewähren".

Beide Übersetzungen waren mir aber nicht geläufig.

Den Wunsch gewähren...in den Himmel zu kommen macht allerdings Sinn.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nein, Jürgen, es hat zwar Sinn – ich sagte ja: der Übersetzer bastelt in der Not irgendwas Sinnvolles zusammen –, ist aber keine korrekte Übersetzung. Das wäre der klassische Sextanerfehler beim Übersetzen: sich aus dem Wörterbuch ohne Rücksicht auf den Kontext einzelne Brocken zu klauben und dann neu zusammenzuwürfeln.

Einen Wunsch zu „gewähren“ bedeutet, ihn zu erfüllen, also den Gegenstand des Wunsches zu geben oder zu gewähren. Dare meint aber „gewähren“ nur in dem Sinne, daß das direkte Objekt gegeben, also gewährt wird, wie im folgenden Beispiel:

                                              »Da, nate, petenti,
quod tua cara parens domito te poscit Olympo
«

                                              »Gewähre, o Sohn, deiner lieben
Mutter, was sie erfleht, nachdem du bezwangst den Olympus.«
(Virg. Æn. IX,83 sq. [Cybele Jovi])


Ähnlich „dare alicui pacem – jemandem Frieden gewähren“, „dare alicui defensum – jdm. Schutz gewähren, jdn. verteidigen“.

Voluntas kann natürlich fallweise auch mit „Wunsch“ übersetzt werden. „Hæc est voluntas mea – das ist mein Wille“ oder „das ist mein Wunsch“; der Unterschied ist nicht enorm, die Wahl hängt vom Kontext ab. Beim Plural ist der Übersetzer gezwungen, bei der Übertragung entweder den Singular zu wählen oder statt „Wille“ eine andere Vokabel einzusetzen: »ut mens tua cum voluntatibus meis consentiat – daß doch dein Sinn mit meinen Wünschen übereinstimme«.

»Da mihi voluntatem, ut serviam tibi« kann also allenfalls heißen: »Gewähre mir, daß ich den Wunsch hege, dir zu dienen«, niemals aber: »Gewähre mir den Wunsch, dir zu dienen«, denn dies bedeutet gemäß deutscher Semantik: »Erlaube mir, dir zu dienen«. Das ist aber etwas völlig anderes.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Ich habe nochmal nachgeschaut, ob es sich ggf. um einen Druckfehler handeln könnte - denn das neue Meßbuch hat hin und wieder mal solche.*
Aber im lat. Brevier steht das Gebet genauso drin.

-------------
* Ein "schöner" Druckfehler/Setzfehler findet sich im 4. Hochgebet:

....nomen tuum in exultatione confitemur, canentes:
Aliæ melodiæ in Graduali romano inveniuntur.
Sanctus, Sanctus, Sanctus....

Man hat vergessen die rubrikale Anweisung Aliæ melodiæ in Graduali romano inveniuntur in rot zu drucken.

Jetzt warte ich gespannt darauf, daß ein Priester diese als zum Hochgebet gehörig mitbetet....
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Aha! Darauf hätt’ ich ja auch selber kommen können, in Ermangelung des Missale ins Brevier zu schauen. Ein guter Tip, der mich zu einer weiteren Erkenntnis geführt hat – doch die gehört wieder in den theologischen Bereich.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Weniger was zum übersetzen, vielmehr finde ich die Stelle im 13. Buch der Confessiones einfach sehr treffend ausgedrückt.

Dico autem haec tria: esse, noss, velle.
Sum enim et scio et volo:
sum sciens et volens
et scio esse me et velle
et volo esse et scire.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Find’ ich besser als die Kerzen-Metapher.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Lucia

Beitrag von Lucia »

Juergen hat geschrieben:Weniger was zum übersetzen, vielmehr finde ich die Stelle im 13. Buch der Confessiones einfach sehr treffend ausgedrückt.

Dico autem haec tria: esse, noss, velle. ...
Fehlt da nicht ein "e" ???

Und 'ne Übersetzung für die Latein-Agnostiker wär' auch ganz nett. Ich sag' auch ganz brav:"Bitte!"

Gruß,
Lucia

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Lucia Hünermann hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:Weniger was zum übersetzen, vielmehr finde ich die Stelle im 13. Buch der Confessiones einfach sehr treffend ausgedrückt.

Dico autem haec tria: esse, noss, velle. ...
Fehlt da nicht ein "e" ???

Und 'ne Übersetzung für die Latein-Agnostiker wär' auch ganz nett. Ich sag' auch ganz brav:"Bitte!"
Wenn Du schon merkst, daß ein "e" fehlt, dann kannst Du es auch übersetzten :P
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Lucia

Beitrag von Lucia »

...
Zuletzt geändert von Lucia am Mittwoch 16. Februar 2005, 20:44, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Dico autem haec tria: esse, nosse, velle.
Sum enim et scio et volo:
sum sciens et volens
et scio esse me et velle
et volo esse et scire.

Das sind die drei, die ich meine: sein, wissen, wollen
Ich bin nämlich und ich weiß und ich will
ich bin indem ich weiss und will
und ich weiß, daß ich bin und will
und ich will, daß ich bin und weiß.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Trilo

Lateinschule

Beitrag von Trilo »

Eine kurze Frage, gibt es einen Latein-Translator im Netz? Ich meine so etwas wie leo.org, nur eben in Latein.

Trilo

Benedikt

Beitrag von Benedikt »

Naja, Translator ist übertrieben. Aber hier gibt es ein Wörterbuch: http://www.nd.edu/~archives/latgramm.htm

Allerdings braucht man bei manchen Wörtern (vor allem Verben) einiges an Grammatikkenntnissen. Sonst findet man nichts.

Trilo

Beitrag von Trilo »

Danke, Benedikt.

Trilo

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Vielleicht ist folgendes nur ein Tippfehler (auch heutige Priester können nicht immer perkeft Latein :P) - andererseits kann es natürlich auch sein, daß ich ein Brett vor'm Kopp hab und der Eintrag richtig ist.

Also ich habe hier einen Taufschein bzw. Auszug aus dem Taufregister, den ich vorgestern von einem Pfarrer erhielt.

Dort gibt es eine Spalte für verschiedene Eintragungen:
betr. Eheschließung, Diakonatsweihe, feierl. Profeß, Empfang der Firmung, Kirchenaustritt usw.

Da hat er geschrieben:
di matrimonio nihil

(Das mit der Kursivschrift steht dort wie ich es hier wiedergebe)

Was soll das
di
bedeuten ? :?

Es soll wohl heißen, daß dort keine Eintrag einer Eheschließung vermerkt ist. Aber müßte es dann nicht "de" heißen?


PS. bitte nicht schlagen, weil ich dieselbe Frage auch schon in einem anderen Forum gestellt habe :P
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ein Italizismus.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Ketelhohn hat geschrieben:Ein Italizismus.
Mensch Robert,
das ist ein Auszug aus dem Taufregister, von mir; datiert auf den 13.02.04 - also kein mittelalterliches Latein und vermutlich auch kein Italizismus (Italienisch traue ich dem Pfarrer auch nicht zu).

Ich vermute eher:
Da wollte er (oder die Dame im Pfarrbüro) kursiv schreiben, hat auf strg-i (für italic) gedrückt oder wollte es und schon stand ein "i" dort, wo ein "e" stehen sollte. Oder so ähnlich.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die meisten Priester hierzulande können eher etwas Italienisch als Latein …

(»Superiore, pagare!«) :lol:
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Nietenolaf
Beiträge: 3053
Registriert: Donnerstag 23. Oktober 2003, 14:26
Wohnort: Blasegast

Beitrag von Nietenolaf »

"Penitenziagite" sage ich da nur. Wer kennt's? ;)

Cicero
Beiträge: 979
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26

Beitrag von Cicero »

Bild

Benutzeravatar
Niels
Beiträge: 24027
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 11:13

Beitrag von Niels »

Eine Frage aus aktuellem Anlaß: Kennt jemand die genaue Etymologie von "Karneval"? Carne vale (Fleisch ade) oder carro navalis (Schiffskarren)?
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Niels hat geschrieben:Kennt jemand die genaue Etymologie von "Karneval"? Carne vale (Fleisch ade) ...?
Diese Herleitung kenne ich auch. Ich weiß aber nicht, ob es eher "Etymologie für Hausfrauen" ist, oder was d'ran ist. :roll:
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Beitrag von Linus »

Wie kann man Rupert von Deutz'ens "posse pati consortium amoris" in ein formvollendet schönes Deutsch übertragen, ohne vollends vom Original abzuweichen?
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Benutzeravatar
Nietenolaf
Beiträge: 3053
Registriert: Donnerstag 23. Oktober 2003, 14:26
Wohnort: Blasegast

Beitrag von Nietenolaf »

Niels hat geschrieben:Kennt jemand die genaue Etymologie von "Karneval"? Carne vale (Fleisch ade) oder carro navalis (Schiffskarren)?
Carne vale. Was zum Geier ist ein Schiffskarren?

N

PS: Ich schließe das aus der Wortentsprechung im Slawischen. "Karneval" ist dort zwar kein Fest, wie es hierzulande eines ist, und wenn doch, dann ehestens ein West-Import, aber den Sonntag des Fleischverzichts (eine Woche vor Beginn der Fastenzeit) nennt man неделя мясопустная. "Мясопуст" hat die genaue Bedeutung "Carne vale".

Benutzeravatar
Niels
Beiträge: 24027
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 11:13

Beitrag von Niels »

Danke für den Hinweis, Nietenolaf. Gerade fand ich folgendes:
Angela Kobelt hat geschrieben:Die Herkunft solcher Wörter wie "Karneval" und "Fastnacht" ist immer noch nicht eindeutig geklärt (sie wird wahrscheinlich auch nie genau geklärt werden).
Es halten sich hartnäckig zahlreiche Worterklärungen, die keinerlei faktische Grundlage haben. Ein typisches Beispiel dafür ist das Wort "carrus navalis", welches einen antiken Prozessionswagen mit Schiffsförmigen Aufbauten bezeichnet. (...) Das Wort "carrus navalis" ist nicht antiken Ursprungs. Es wurde im Jahr 1853 von Karl Simrock im "Handbuch der deutschen Mythologie" kreiert. 1891 hielt der Begriff Einzug in das "Lateinisch-romanische Wörterbuch" von Gustav Körtings und etablierte sich in den folgenden Jahren als terminus technicus der Archäologen für das antike Dionysos-Schiff. Und so ließen sich dann die frühen Volkskundler zu der Annahme verleiten, daß die karnevalesken Schiffsumzüge des Mittelalters mit dem Dionysos-Kult zusammenhingen ... .
Ganz davon abgesehen, den ersten Beleg für das Wort "Karneval" in der deutschen Sprache stammt aus dem Jahr 1699, im Rheinland taucht das Wort sogar erst 1780 auf.
Diese und viele anderen Informationen findest du in:
Mezger, Werner. Narrenidee und Fastnachtsbrauch. Konstanz, 1991
Dabei handelt es sich um eine gut lesbare und sehr inforeiche Habil-Schrift, bestimmt eines der besten Bücher, die zur Zeit zum Thema zu haben sind. Darin steht auch einiges über die Theorien,in denen der Karneval in direkter Linie auf heidnische Bräuche zurückgeführt wird. Solche Thesen erlebten waren zur Zeit nationalsozialistischer Volkskunde und Geschichtsforschung äußerst populär, werden mittlerweile aber von keinem ernstzunehmenden Wissenschaftler mehr vertreten (womit nicht gesagt werden soll, daß es überhaupt keine Bezüge zwischen den Festen der christlichen Mittelalters und denen der "Heidenzeit" gibt).
Quelle
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Latein lebt !

Beitrag von Juergen »

http://www.kath.net/detail.php?id=7063
Eine Premiere gab es am Sonntagmittag nach dem Angelusgebet: Johannes Paul II. grüßte die Mitglieder des Päpstlichen Latein-Institutes in lateinischer Sprache mit folgenden Worten: "Laetanti quidem animo saluto vos, Pontificii Instituti Altioris Latinitatis Professores et Auditores, in hac quadragesima memoria Litterae apostolicae Pauli Papae Sexti Motu proprio datae, cui titulus est "Studia Latinitatis". Vobis et cunctis Salesianorum Universitatis sodalibus benevolentiam et gratitudinem Sedis Apostolicae confirmare volo propter diligentiam, constantiam atque laborem vestrum in Romani sermonis veneranda maiestate persequenda." Das Institut feiert heuer sein 40-jähriges Bestehen .....
Nachtrag:
Text auf der Vatikanseite
Zuletzt geändert von Juergen am Mittwoch 25. Februar 2004, 12:45, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Hm. »Lætante … animo«, müßte es heißen. Und »in Romani sermonis veneranda majestate persequenda« klingt auch etwas ungeschickt: zwei Gerundive, eins adjektivisch, eins prädikativ gemeint, durch die Wortstellung unterschieden. Verständlich ist’s ja, aber klingen tut’s merkwürdig. Da macht man besser aus dem einen ein Gerundium, also etwa: »in Romani sermonis venerandam majestatem persequendo«. Alternativ könnte man die Vokabel venerandus durch venerabilis ersetzen: »in Romani sermonis venerabili majestate persequenda«. Aber die erste Variante ist besser.

Abgesehen davon wüßte ich nicht so recht, wie ich eine Majestät persekutieren sollte. Aber lassen wir’s lieber, bevor ich hier noch das grausame Latein von Dominus Jesus zu sezieren beginne. :roll:
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Abgesehen davon find’ ich’s natürlich gut.

Die Internetseite der Salesianer müßte allerdings mal von Grund auf neu gestaltet werden. Wirkt arg pubertär. (Au weia, ich mecker schon wieder …)
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Stefan

Beitrag von Stefan »

Partizipien:

sequentes: ist glaube ich Partizip von sequere, sequi Nominativ Plural, oder?
Und heißt übersetzt: die Folgenden.

:?:

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Stefan hat geschrieben:Partizipien:

sequentes: ist glaube ich Partizip von sequere, sequi Nominativ Plural, oder?
Und heißt übersetzt: die Folgenden.

:?:
Achtung: Verbesserte Fassung

sequor / ich folge (ist ein Deponens: Infinitiv - sequi)

PPA: sequens

Singular
Nom.: sequens, sequens, sequens
Gen.: sequentis, sequentis, sequentis
Dat.: sequenti, sequenti, sequenti
Akk.: sequentem, sequentem, sequens
Abl.: sequente, sequente, sequente
   (nur bei adjektivischem Gebrauch:
   Abl.: sequenti, sequenti, sequenti)


Plural
Nom.: sequentes, sequentes, sequentia
Gen.: sequentium, sequentium, sequentium
Dat.: sequentibus, sequentibus, sequentibus
Akk.: sequentes, sequentes, sequentia
Abl.: sequentibus, sequentibus, sequentibus
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Gesperrt Vorheriges ThemaNächstes Thema