Sarandanon hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Die Auswirkung von Auflagen, die notwendig sind, wenn es - nach Deinen Worten - nicht zu "unbedingenden Transferzahlungen" kommen soll, sind doch gegenwärtig im Süden zu sehen. Noch nie war das Bild Deutschland's dort so schlecht wie nach der Hilfe in Mrden-Höhe. Wie willst Du das denn vermeiden? Mit Aufrufen an die Vernunft?
Wer sagt denn, dass ich das schlechte Deutschlandbild vermeiden will? Die Länder, die in der EU am finanzstärksten sind ziehen nunmal die informelle Führung an sich. Das sowas nicht reibungslos abgehen kann ist doch wohl völlig klar. Insbesondere wenn man bedenkt, dass die deutsche Wirtschafts- und Bankenlobby vor der Krise ordentlich an diesen südlichen Ländern verdient haben und dies in der Krise immer noch tun. Ich würde auch nicht alles auf die Goldwaage legen, was da so alles in den örtlichen Medien postuliert wird. Die Bevölkerung wird dort übel von durchaus böswilligen und machtgeifernden Populisten gegen uns ausgespielt.
Dir wäre vielleicht ein schlechtes Deutschlandbild im Ausland egal - nur glaubst Du ernsthaft, den Politikern wäre es auch egal?
Wo sollen die deutschen Banken denn im Süden so ordentlich verdient haben?
Die Zinsen innerhalb des Euroraumes waren bereits angeglichen, die Zinsdifferenz zwischen deutschen und südländischen Staatsanleihen (immer 10jährige als benchmark) ab 2000 marginal. Die entsprechenden Diagramme finden sich
hier. Man kann deutlich sehen, daß Mitte der 90'iger Jahre die Zinsdifferenzen der deutschen zu den ital. Staatsanleihen 5% und gegenüber den gr. Staatsanleihen sogar 12% betrugen. Mit der hohen Zinsdifferenz mußte damals das Risiko einer Abwertung sowie der höheren Inflationsrate der Lira bzw. der Drachme (oder irgendeiner anderen Südwährung) ausgeglichen werden. Als die Währungskurse im Zuge der Euro-Einführung in 1999 unwiderruflich "festgezurrt" wurden, verschwand auch die Zinsdifferenz.
Die Krise fing ca. 2010 an, da schossen auch die Zinsdifferenzen für Staatsanleihen in die Höhe. Während der 10 Jahre haben die Banken also mit gr., ital. oder port. Anleihen nicht mehr verdient, als sie mit den deutschen Staatsanleihen verdient hätten. Bei den gr. Anleihen kommt hinzu, daß die Banken (und alle anderen privaten Gläubiger) Anfang 2012 auf ca. 70% "freiwillig" verzichtet haben bzw. mußten.
Einen ordentlichen Verdienst kann ich nicht sehen - häufig sogar ein Verlustgeschäft. Die Deutsche Bank hatte z.B. im 1. Halbjahr 2011 ihr Engagement in den Peripherieländern um
70% zurückgefahren und bereits zu dem Zeitpunkt 155 Mio abgeschrieben, bei Munich Re betrug der
Abschreibungsaufwand in III/11 933 Mio €.
Sarandanon hat geschrieben:
Klischees sind nicht immer unwahr. Aber das schablonenhafte Wiederholen dieser Vorwürfe bringt uns konstruktiv tatsächlich so nicht weiter. Nichts anderes wollte ich damit ausdrücken.
Es sind keine "Vorwürfe", wenn man auf historisch gewachsene Unterschiede in der Wirtschaft einzelner Länder und ihrer Völker(!) hinweist. Es wären erst dann "Vorwürfe", wenn man dieses Verhalten als "minderwertig" bezeichnen würde - aber das liegt mir fern, denn es ist
anders als unser Verhalten. Auch wenn man es nicht gerne hört, diese Unterschiede machen eine Währungsunion - ohne politische Union - unmöglich.
Man kann natürlich hoffen, daß aufgrund "informeller Führung" (und einer entsprechenden Volkspädagogik) auch die von ihrer politischen Elite fehlgeleitete Bevölkerung in den betroffenen Staaten nichts sehnlicher erwartet, als mit deutschen Vorgaben wieder auf den Weg zu Wohlstand und Arbeit gebracht werden. Ich teile diese Hoffnung nicht.
Die Bevölkerung in jedem Land will nach den Umständen leben, die ihm bekannt sind, die es Jahrzehnte praktiziert hat. Ob das hohe Lohnsteigerungen, ein großzügiger Umgang mit Fiskus und Sozialversicherung, Aufwertungen, wenige Streiks usw. usf. sind, ist dabei unerheblich und unterliegt keiner Wertung.
Der Euro ist der Zwang, mit dem diese Unterschiede der Völker Europas eliminiert werden sollen. Er setzt aber - wenn er funktionieren soll - nicht nur einen Binnenmarkt, sondern einen europ. Bundesstaat voraus. Dafür müßte der Bundesstaat die Möglichkeit haben, den Nationalstaaten verbindliche([Punkt]) Vorgaben für ihren Haushalt (und damit für ihre Steuer- und Sozialpolitik) zu machen, um eine einheitliche Fiskalpolitik zu gewährleisten. Andere Wege sind nicht denkbar, denn es besteht immer die Gefahr, daß ein Land - um kurzfristige Vorteile zu erreichen - die gemeinsame Währung gefährdet. Da ein Ausschluß aus der Währungsunion, wie die jüngste Vergangenheit gezeigt hat, politisch nicht durchsetzbar ist, bleibt nur der Weg über eine Genehmigung der nationalen Haushalte durch die Kommission bzw. den Ministerrat (um bei der gegenwärtigen Organisationsform der EU zu bleiben).
Wer will so etwas?
Der in Maastricht vereinbarte Weg ist gescheitert; die Vereinbarungen sind nichts wert, weil sich niemand (auch D. unter Schröder) daran hält. Wenn man für die Beibehaltung des Euros eintritt - das steht jedem frei - sollte man dann aber auch so ehrlich sein und die Kosten erwähnen. Die bestehen nicht nur in den Mrden für die Rettungspakete - sie bestehen in der Aufgabe der Nationalstaatlichkeit Deutschlands.
Das möchte ich nicht.
PS:
Warum ist die Politik so vehement gegen das Ausscheiden eines Landes aus dem Euro-Verbund?
Man könnte dann sehen, daß der Euro nicht alternativlos ist. Ich bin sicher, daß es GR wirtschaftlich viel besser gehen würde, wenn es eine eigene Währung hätte, die es abwerten und damit wettbewerbsfähig werden könnte. Sicher würden dann die Benzinpreise dort steigen (sofern man bis dahin die immer bei Kreditverhandlungen auftauchenden gewaltigen Ölvorräte noch nicht gefunden wurden....), aber es könnte sich im Tourismus dem Wettbewerb mit der Türkei und Ägypten stellen, den beiden Hauptkonkurrenten in jener Weltgegend.