Selbstverständlich gibt es Einflusspähren. Nur kann jene Russlands ja wohl kaum westlich dessen, was ich jetzt mal als ostslawisch-byzantinischen Kulturkreis bezeichne, sein.
Warum nicht? Weil die einzige Rechtfertigung einer darüber hinaus ausgedehnten Einflusszone in der Zeit des Bolschewismus zu suchen wäre. In den Jahrhunderten davor, sprich dem frühen Mittelalter bis mindestens zum Wiener Kongress war Russland dort nicht bis kaum präsent. Es geht daher nicht um einen bestimmten Zeitpunkt, sondern um das Verständnis von fast Tausend Jahren Geschichte. Wenn das heutige Russland eine ausgeweitete Einflusszone gen Westen beanspruchen sollte, würde es damit unter Beweis stellen, daß es sein historisches Selbstverständnis aus der spätzaristischen und vor allem bolschewistischen Westexpansion speist. Das hat noch nicht einmal was mit dem WK II zu tun, sondern lässt sich schon aus Ereignissen direkt nach der Oktoberrevolution ersehen.
Den besten Vergleich hast Du ja selbst gebracht. Ein Anspruch seitens Russlands auf Einfluss über den eigenen Kulturkreis hinaus wäre so zu behandeln wie ein Anspruch Deutschlands auf Einfluss in Namibia; das Anknüpfen an höchst kurzfristige Umstände.
Nietenolaf hat geschrieben:Daß Rußland sehr wohl daran interessiert ist, was in "anderen Kulturkreisen" vor sich geht, ist eine Selbstverständlichkeit, die man diesem Land nur absprechen kann, wenn man ihm nichts weiter als die weltpolitische Bedeutung von Belgien oder Bronxx-Uganda zugesteht.
q.e.d.
Da Putin keinen Einfluss auf Presseorgane in der Bundesrepublik hat, kann man ihm nicht vorwerfen, daß er einem Vergleich mit Kennedy nicht massiver entgegentritt. Mir persönlich wäre das aber unangenehm.Nietenolaf hat geschrieben:Es gibt aber eben nicht bloß Fürstentümer und bayrische Lokalhelden auf dieser Welt. Vielleicht hilft Dir Gabor Steingarts Vergleich von Putin mit Kennedy ein wenig. Natürlich ist Kennedy gegen Putin eher eine Schnarchnase, aber das Denken in "Einflußsphären" kannst Du dort schön nachlesen.
Jetzt nochmal zu den Fakten:
Land A regt sich auf, weil in einem anderen Land B, daß dessen Grenzen fast 400 km weit weg von Land A sind, ein hinsichtlich seiner militärischen Funktionsfähigkeit höchst umstrittenes defensives Waffensystem seitens eines dritten Landes C installiert wird. Das allein ist schon lächerlich. Es kommt aber noch besser.
Sinn und Zweck dieses Waffensystems ist nur mittelbar ein militärischer. Vielmehr freut sich das Land B über dieses Geschenk und im Gegenzug sichert es zu, seine Armee zur Berufsarmee umzuwandeln um am Arsch der Welt die Ölpipelines von Land C zu bewachen. Also nix mit Mobilmachung für den großen Clash an der eigenen Haustür. Land C freut sich, weil die historisch gefühlte Bedrohung von Land B durch Land A dazu geführt hat, daß man sich die Dienste von Land B (dessen Bevölkerung man ansonsten als aus Nutten und Dieben bestehend wähnt und ohne Visa nicht ins Land lässt) so billig erworben hat.