Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Ostkirchliche Themen.
Benutzeravatar
julius echter
Beiträge: 1518
Registriert: Dienstag 23. Dezember 2008, 09:20
Wohnort: Herbipolensis

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von julius echter »

Nassos hat geschrieben:Bitte verzeiht, dass ich hier etwas off-topic werde, aber ich wollte wegen folgender Frage keinen neuen Thread eroeffnen.

Wie steht die Orthodoxie zu Papst Benedikts Buch Jesus von Nazareth? Kann man es sich als Orthodoxer auch antun?

Danke!

Gruss,
Nassos

Sicher - man kann es sich antun das Buch zu lesen
Honi soit qui mal y pense

Benutzeravatar
Nassos
Beiträge: 9048
Registriert: Montag 1. Juni 2009, 01:48

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nassos »

Hallo Julius,

vielen Dank fuer Deine Antwort!

Das Buch kann man sich immer antun, denke ich. Dat ist kein Problem.
Mein Schwerpunkt ist, wie die OK das Buch gereviewt hat. Oder sprachst Du eben fuer die Orthodoxie???

Was ich nicht will, ist blinder Antipapismus, sondern eine gute Reviewarbeit.

Thanks again,
Nassos
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

Benutzeravatar
holzi
Beiträge: 7884
Registriert: Montag 28. November 2005, 15:00
Wohnort: Regensburg

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von holzi »

Orthodoxes Forum, Heft 1,2/2007:
In diesem Doppelheft der theologischen Zeitschrift "Orthodoxes Forum" des Instituts für Orthodoxe Theologie in München wird in zwei Beiträgen das Jesus-Buch aus ökumenischer Perspektive besprochen. Der orthodoxe Neutestamentler Athanasios Despotis (Bonn) erwartet vom Jesus-Buch des Papstes, das das gesamte Christentum als Adressat hat, nicht, dass es sich an alle Vorschriften einer wissenschaftlichen Monographie hält. Inhaltlich vermeide der Autor, sich "entweder an einer ganz liberalen (Leben-Jesu-Forschung) oder an einer stark konservativen Seite" zu orientieren. In dem Werk könne man nicht nur eine Sehnsucht nach der Exegese der frühen Kirche, sondern auch nach dem Ritus der Ostkirche feststellen. "Bei der Auslegung der Taufe macht der Papst eine meisterhafte Interpretation auf der Basis der Theologie der orthodoxen Praxis und Ikonenmalerei. " Der orthodoxe Systematische Theologe Athanasios Vletsis (München) betont, dass die Grundthese des Buches, dass der Christus des Glaubens der historische Jesus ist, mit der Theologie der Ostkirchen übereinstimme, die "seit alters her eine 'Christologie von oben' vertreten hat". Der Papst habe den Weg hin zur Auferstehung, die erst in dem zweiten Teil des Jesus-Buches behandelt werde, in klaren Umrissen beschrieben. Sein christologischer Entwurf kreise schon jetzt im ersten Band um das Kreuz als Gipfel der Offenbarung. "Es würde eigentlich einer Kirche, wie der orthodoxen, die ihre Predigt oft triumphalistisch in Kategorien der Auferstehung zusammenfasst, ausgesprochen gut tun, an das erinnert zu werden, was immer den Weg der Christen inmitten der Wirren dieser Welt begleitet hat: das Kreuz ihres Herrn. "
Quelle

Raphael

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Raphael »

Raphael hat geschrieben:
Ilia hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Es entstand unter ihnen ein Streit darüber, wer von ihnen wohl der Größte sei.
Nein lieber Raphael, eher Neid und zwar Neid das ein Laie, zwar ein Hochgebildeter und auch heilig lebender Mann, aber eben nur ein Laie. Und dieser Laie wurde in Konstantinopel gegen alle anderen zum Patriarchen gewählt. Er erklomm innerhalb von 6 Tagen alle kirchlichen Weihen, angefangen von der Tonsur zum Mönchen. Der Papst von Rom hat ihn akzeptiert, wie alle anderen Patriarchen aber für ihn war das alles sehr Seltsam. Zu seinem Unglück war dieser Patriarch Photios auch noch ein "Fels" des Glaubens. Denn dem hl. Photios konnte der Papst nichts vormachen. Bulgarien wollte ein eigenes Patriarch und wandte sich Rom zu. Die Byzantinische kirche in Bulgarien hat der damalige Papst mit Freude angenommen, sandte Lateinische Missionare und wollte dort auch die Lateinischen Neuerungen einführen aber der Hl. Photios war ein Kämpfer und wandte sich an die Ostbischöfe und belegte die dortigen Missionare und den Patriarchen von Rom mit dem Anathema, das exkomunikation bedeutet. Das wurde auf ein Konzil 867 in Konstantinopel beschlossen und somit gab ein Schisma zwischen Ost und West. Rom war ja das einzige Patriarch im Westen und alle anderen Patriarche lagen im Osten und das bedeutet das ein Papst durch ein Konzil wegen Heräsie verurteilt wurde und das von einem Laien, der in 6 Tagen Patriarch wurde :pfeif: Die Geschichte geht natürlich weiter aber das solltet ihr selber nachlesen....
Schade, Ilia, Du liest nicht das Wesentliche der Perikope, zumindest redest Du mit der Schilderung der historischen Fakten - ob die richtig sind, sei 'mal dahingestellt - d'rum herum! :achselzuck:
Um zu verdeutlichen, was das Wesentliche an der Perikope ist, folgende Anmerkung:
Es ist der Dienst des Papstamtes, welcher im Vordergrund dieser Perikope steht. Da der Papst Vicarius Christi ist, steht er auch in der besonderen Nachfolge Christi was den Dienst an den Jüngern Christi anbetrifft. Es sei nur an die Fußwaschung erinnert, wo diese dienende Funktion insbesondere hervortritt.

Der Papst dient nun in zweierlei Hinsicht:
Einerseits der Christenheit in der Bewahrung des wahren Glaubens und andererseits dem Haupt der Katholischen Kirche bei der Umsetzung notwendiger organisatorischer Entscheidungen. Bei dieser Tätigkeit wird er durch den Heiligen Geist unterstützt.

Patriarch Athenagoras hat dies IMHO auch 1967 sehr gut verstanden ...........

Benutzeravatar
Ilija
Beiträge: 690
Registriert: Donnerstag 22. Februar 2007, 13:53
Wohnort: Stuhr

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ilija »

Raphael hat geschrieben:Um zu verdeutlichen, was das Wesentliche an der Perikope ist, folgende Anmerkung:
Es ist der Dienst des Papstamtes, welcher im Vordergrund dieser Perikope steht. Da der Papst Vicarius Christi ist, steht er auch in der besonderen Nachfolge Christi was den Dienst an den Jüngern Christi anbetrifft. Es sei nur an die Fußwaschung erinnert, wo diese dienende Funktion insbesondere hervortritt.

Der Papst dient nun in zweierlei Hinsicht:
Einerseits der Christenheit in der Bewahrung des wahren Glaubens und andererseits dem Haupt der Katholischen Kirche bei der Umsetzung notwendiger organisatorischer Entscheidungen. Bei dieser Tätigkeit wird er durch den Heiligen Geist unterstützt.
Wie begründet er das???? Ich glaube das wir (orthodoxe) hier schon sehr viel dazu geschrieben haben und ich bin Müde von diesem Thema. Wo steht geschrieben das der Papst der Vicarius Christi ist wo doch Christus unter uns ist und das Haupt der Kirche auf Erden ist? :freude:
Raphael hat geschrieben:Patriarch Athenagoras hat dies IMHO auch 1967 sehr gut verstanden ...........
Was, das hat der Patriarch Athenagoras 1967 verstanden????? Das der Papst unser Oberhaupt der Kirche ist, der Stellvertretter Gottes auf Erden? Ist Konstantinopel in ein Schisma gefallen und wir alles haben das in all den Jahren nicht bemerkt??? Woher hast du so ein Schmarrn? Glaube mir, der Patriarch hat sich nur mit dem Römischen (Schismatischen) Bischof versöhnt und die beiden haben nur die exkumunikation gegenseitig aufgehoben. Unterlass bitte diese Katholische Propaganda in einem orthodoxem Forum

Raphael

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Raphael »

Ilia hat geschrieben:Unterlass bitte diese Katholische Propaganda in einem orthodoxem Forum
Warum sollte ich? :kussmund:
Sind Orthodoxe nicht mehr an der Wahrheit der Frohen Botschaft interessiert und verleumden selbige lieber als katholische Propaganda? 8)

Benutzeravatar
Nietenolaf
Beiträge: 3053
Registriert: Donnerstag 23. Oktober 2003, 14:26
Wohnort: Blasegast

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nietenolaf »

Raphael, Deine Mystifizierungen sind fehl am Platze. Ich bin mir dessen bewußt, daß das im lateinischen Westen eine Art Volksglauben ist. Die Seele des Menschen sucht auch das mystische, und wenn man Gottes Mysterien komplett scholastisch darlegt und entzaubert, konstruiert man sich die Mystik eben woanders. Das ist mir schon klar. Aber es gibt keine Mystik in der kirchlichen Hierarchie und Struktur!

Ralf hat geschrieben:N., ich mag halt einfach falsche Behauptungen nicht (es wurde kein Papst von einem Ökumenischen(!) Konzil abgesetzt)...

Niemand mag falsche Behauptungen. Ilia schrieb nicht, ein Papst wurde von einem Ökumenischen Konzil abgesetzt, was sich leicht überprüfen läßt:
Ilia hat geschrieben:(Römische) Päpste wurden auch von Konzilien (Genauso wie herätische Bischöfe aus Konstantinopel) abgesetzt...

Also bitte, gebt Ruhe. Ich denke, man kann auch am Schreibstil erkennen, dass die lustigen Gesichter irgendwie seiner Art gemäß sind und sich nicht über Dich erheben wollen. Wie auch immer, Du brauchst ihn nicht schulmeistern, er hat nämlich, wie wir gesehen haben, gar nicht Unrecht.

Aber zurück zum viel interessanteren Kanon 28! Wie schon anderswo angeführt, passiert darin faktisch eigentlich nichts Neues; der Status Konstantinopels als "multidiözesane" Cathedra wird analog zu der von Rom gefestigt, es entsteht bzw. wird auf vollkommen natürlichem Wege ("Gepflogenheiten") eine dritte administrative Ebene bekräftigt: die über den Metropoliten stehenden Erzbischöfe, das, was man nicht lange danach Patriarchen nennen wird. Ich denke, es ist nützlich, wenn man den Kanon 28 einmal in voller Länge wiedergibt:

Chalcedon, cn. 28 hat geschrieben:In allem den Bestimmungen der heiligen Väter folgend, und den Kanon** der 150 höchst gott-liebenden Bischöfe, die sich zur Zeit des großen Theodosius seligen Andenkens in der Kaiserstadt Konstantinopel, dem Neuen Rom, versammelt hatten, und der eben verlesen wurde, anerkennend, bestimmen und legen wir selbiges über das selbe Konstantinopel, das Neue Rom, fest. Die Väter haben dem Thron* Alten Rom gerechterweise Vorrang eingeräumt: denn dieses war die Stadt des Kaisers. Derselben Motivation folgend, gaben die 150 höchst gott-liebenden Väter dem heiligsten Thron* des Neuen Rom die gleichen Vorrechte, gerecht befindend, dass die Stadt, welcher die Ehre zuteil wurde, die Stadt des Kaisers und des Synklets zu sein und darin die gleichen Vorrechte wie das Alte Rom zu haben, also nun auch in kirchlichen Dingen genau wie ersteres erhöht und die zweite nach diesem sei. Daher sollen nur die Metropoliten der Provinzen Pontus, Asien und Thrakien, ebenso auch die Bischöfe bei den Fremden (έν τοίς βαρβαριχοΐς) der aufgezählten Provinzen, vom oben genannten heiligsten Thron* der heiligsten Kirche von Konstantinopel eingesetzt werden: das heißt, jeder Metropolit der oben genannten Diözesen soll, zusammen mit den Bischöfen der Provinzen, die Bischöfe der Provinzen ["Eparchioten" - N.] einsetzen, wie es von den göttlichen Gesetzen vorgeschrieben ist. Die Metropoliten der oben genannten Diözesen selbst jedoch müssen, wie es gesagt wurde, vom Erzbischof von Konstantinopel eingesetzt werden, nachdem eine übliche Wahl erfolgt ist und dieser [dem Erzbischof von Konstantinopel] vorgestellt wurde.

* cathedra
** Cn. 3 von Konstantinopel I


Hier gibt es nichts mystisches, nichts neues, nichts, was Rom in irgendeiner Weise ungerecht gegenüber ist. In erster Linie war die Motivation für diese Bestimmung nicht die Erhöhung Konstantinopels, sondern das Bedürfnis, in den drei genannten Metropolien für Ordnung zu sorgen, die seit Ende des 4. Jahrhunderts allerlei Unregelmäßigkeiten in ihren Kirchen zuließen (siehe im Sendschreiben des Konzils an Papst Leo). Warum lehte der Papst diese Regel ab? Noch verwunderlicher muß einem ja die Ablehnung erscheinen, wenn man weiß, daß er offenbar nichts gegen das dem Erzbischof von Konstantinopel zugesprochene Recht, als Appellationsinstanz zu fungiern (Cnn. 9 und 17 dieses Konzils), gehabt hat! Dieses Recht ist nämlich, im Gegensatz zu dem, was dem Erzbischof von Konstantinopel im Kanon 28 zugestanden wird, etwas tatsächlich Neues, das er vorher nicht hatte und ihn zwangsläufig über andere Bischofssitze erhöht!

Ich habe dazu folgende Gedanken:

Papst Leo war Anhänger der bis dahin noch nicht sehr verbreiteten und noch weithin unbekannten Theorie eines Vorrangs, der auf der Apostolizität eines Bischofssitzes beruht. Erstmals findet man die Andeutung einer solchen Ansicht wohl im (ersten!) päpstlichen Dekret, das aus der Feder Papst Siricius (+399) stammt (ich habe es nicht gelesen, weiß es also nicht genau). Der hl. Leo protestiert nicht, weil er meint, der Vorrang von Rom sei göttliches Recht, sondern aufgrund dessen, daß ein nicht-apostolischer Bischofssitz mit den apostolischen gleichgesetzt wird! Und selbst daß unter den apostolischen Cathedrae Rom den ersten Platz innehabe, war kurz zuvor noch gar nicht klar: Papst Innozenz I schreibt 415 an Alexander von Antiochia über dessen Bischofssitz, er sei "prima sedes, quae urbis Romae sedi non cederet" (Ep. XX). An Maximos von Antiochia schreibt der selbe hl. Leo, um den es hier geht (Ep. LXXI, ich zitiere nach Milosch), der antiochenische Bischofssitz sei der erhabenste, weil von Petrus gegründet, seinen (römischen) Sitz befindet er dem antiochenischen in allem gleich, Antiochia sei in diesem Sinne der "ältere Bruder" Roms! Er hält nun die drei (Antiochia, Alexandria, Rom) aufgrund ihrer Apostolizität für gleichberechtigt: "Der Vorrang der Bischofssitze wurde von den hll. Vätern festgelegt", antwortet er dem Konzil und meint damit die nizänischen Väter! Es gibt in all seinem Widerstreit an keiner Stelle eine Andeutung darüber, daß er durch Kanon 28 irgendein "göttliches Recht" verletzt sieht. Er interpretiert Kanon 6 von Nikaia im Sinne einer Apostolizität, und das ist es, was er durch seinen Protest gegen Cn. 28 verteidigt! Er ist der Nachfolger Petri auf dessen apostolischem Bischofssitz, ihm ist die Theorie eines an Rom gebundenen "petrinischen Charismas" unbekannt! Noch Gregor der Große schreibt ganz im selben Sinne: "ex auctoritate divina tres nunc episcopi praesident" (Ep. ad Eulogium episcopum Alexandrinum, Quelle). Also, eine völlig andere Ansicht, als später vertreten wurde und heutzutage noch vertreten wird, die allerdings Klarheit in den Grund des Protestes gegen Kanon 28 zu bringen vermag.

Die Ansicht, Bischofssitze wurden von den nizänischen Vätern aufgrund der Apostolizität erhöht, ist und bleibt aber irrig!

Was nun das Konzil zu Chalcedon angeht, war Leo I. ja v.a. durch den Griechenhasser Lucentius von dessen Werk unterrichtet, so daß sich aus dem Einfluß dieses Legaten erklärt, wieso Leo später Erzb. Anatolios von Konstantinopel Hochmut und Ruhmsucht vorwirft, die vermeintlich die Triebkraft hinter diesem Kanon gewesen seien!

Durch den Protest der Legaten und Leo I. müßte ja nun Kanon 28 für immer der Vergessenheit anheimgefallen sein. Gäbe es damals ein Papsttum, wie es das heute gibt, oder wenigstens, wie es das ab Nikolaus I gab, gäbe es keine Zweifel daran, daß Kanon 28 ungültig ist. Aber das war das 5. Jahrhundert! Niemand hatte je davon gehört, die Macht des Papstes von Rom sei absolut, universell, unfehlbar, göttlich und über alle Konzilien erhaben! Zu solch monströsen Auswüchsen ist es erst viel später gekommen, und im Lichte dieser Entwicklung wurde auch das Verhältnis Leo des Großen zu Kanon 28 von Chalcedon uminterpretiert.

Leo selbst ist nicht "Protestant" geblieben. Schon 458 erkennt er die neuen Privilegien Konstantinopels an (Ep. 128 an Anatolios). Er selbst findet sich also mit diesem Fakt ab. Manche seiner unmittelbaren Nachfolger protestierten noch dagegen, hatten aber i.d.R. einen bestimmten Grund (z.B. als Akakios Bischof von Konstantinopel war: Papst Gelasius ist Ende des 5. Jh. auch der letzte, der noch einmal seine Stimme erhebt. Danach, insbesondere nach dem Inkrafttreten der Novellen Kaiser Justinians (siehe Nov. CXXXI), gab es auch von Rom keinen artikulierten Widerstand mehr.

Damit gilt Kanon 28 genauso auch für das römische Patriarchat.
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

benli
Beiträge: 46
Registriert: Mittwoch 22. Juli 2009, 17:07

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von benli »

Teutonius hat geschrieben:Darf Jesus keinen Stellvertreter haben, und wieso?
Guten Abend Teutonius,

ich bin Benedikt, ganz frisch hier (das siehst du an der Menge meiner Beiträge,aber, das siehst du auch, ich arbeite daran). Ich bin Deutscher, lebe in Schweden, orthodox und 60 Jahre alt.

Deine Frage fällt unter die Kategorie 'rhetorische Fragen' und will wohl keine Antwort sondern macht die Aussage: Der Bischof von Rom ist der Vicarius Christi, genauer gesagt der Vicarius. Diese Frage ist schon seit Jahrhunderten strittig und diese genannte Auffassung gehört zum 'Sondergut' der römischen Kirche, denn ausser Euch kennt das niemand mehr. So ähnlich wie die drei 'solas' der Protestanten deren Sondergut sind.

Wir könnten hier mit den Evangelien (Weide meine Schafe usw.) argumentieren, den Clemensbrief anführen, Bischofslisten durchgehen... es wird dabei bleiben, der 'Rest' liest Johannes, Clemens und auch römische Bischoflslisten anders als ihr.

Ich möchte nur an einem Beispiel aufzeigen warum das geschehen kann. Wir lesen Johannes in Zusammenhang mit der Verleugnung vorher. Jeweils 3 Mal und die beiden Geschichten sind aufeinanderfolgend erzählte Begegnungen der Beiden. Wir lesen: Mach bitte das, was ich dir auftrage und renn nicht wieder weg wie das letzte Mal. Nicht: Du, Petrus bist ab jetzt der Chef der Apostel.

Das kann man eigentlich nur wie ihr lesen wenn man bereits vorher der Auffassung ist, der Hl Petrus sei beauftragt. Dann geht es. Wenn man 'das' nicht in Klammern mitdenkt, dann hat der Herr dem Petrus eigentlich nur seinen Auftrag als Apostel klar gemacht, eben dem Petrus, der vorher versagt hat. So krass hat das kein anderer der Apostel fertig gebracht. (Judas gehört da nicht dazu)

Das was dir da passiert nennt man: begging the argument. Du setzt implizit und unausgesprochen etwas voraus was du hinterher 'entdeckst'.
Mir geht es jetzt nicht darum, dich zu überzeugen, ich möchte nur andere Lesemöglichkeiten, Denkmuster oder auch Herangehensweisen aufzeigen, die es dir verständlicher machen könnten warum wir eben durchaus nicht da landen wo ihr seit Kindesbeinen gewohnt seid zu landen.

Wir hier werden das Problem des Papst"Amtes" nicht lösen, aber wir können versuchen uns in die Ohren der Anderen 'einzuhören', oder? Polemiken hat es genug gegeben.

Sei herzlich gegrüsst

Benedikt

Benutzeravatar
Teutonius
Beiträge: 972
Registriert: Donnerstag 6. Mai 2004, 23:30
Wohnort: Berlin SO

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Teutonius »

Hallo Ben!
Ich habe da eigentlich den Satz mit Petrus als dem Fels der Kirche im Hinterkopf gehabt, und der zweite Teil meiner Frage nach dem Wieso jedenfalls war nicht retorisch gemeint.
fide & caritate

benli
Beiträge: 46
Registriert: Mittwoch 22. Juli 2009, 17:07

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von benli »

Teutonius hat geschrieben:Hallo Ben!
Ich habe da eigentlich den Satz mit Petrus als dem Fels der Kirche im Hinterkopf gehabt, und der zweite Teil meiner Frage nach dem Wieso jedenfalls war nicht retorisch gemeint.
Hallo Teutonius
Tz Tz Tz, schau dir mal deine Formulierung (dem Felsen der Kirche) an. Da steckt schon wieder so ein vorgefertigter Schluss drin.

Nun, diese Stelle hat auch nur Rom so interpretiert. In den Bibelauslegungen der frühen Zeit z.B. Chrysostomos und Co ist da nichts zu lesen.

Kann es nicht vielmehr auch so gewesen sein, dass der 'Hauptstadt-Bischof' nach theologischer Begründung für eine Sonderstellung gesucht hat und dabei das als 'Hilfe' angesehen hat? Ich möchte Dir mal Mut machen, die Stelle ohne römische Brille zu lesen. Die 'Anderen' taten das und die dollste Polemik gegen den römischen Primat kommt aus Nordafrika, nicht aus dem Osten. Warum wohl?
Ich denke wir sollten uns frei davon machen, den Primat als etwas 'theologisches' zu sehen und eher als das was es auch sein könnte: Machtgeplänkel.

Ich bin mit einer Ex-Katholikin (jetzt Protestantin :hmm: ) verheiratet und ich habe erlebt wie sehr der Primat, die Verbindung mit dem 'lieben Heiligen Vater' und sowas 'im Blut' sitzt. Halte dochmal für möglich, dass der 'ganze Rest' auch die Bibel lesen kann und mit der Tradition vertraut ist und die römische Position nicht von vorneherein richtig ist, weil sie ja die 'richtige' ist.

Zu deiner Frage, na, dann könnte man doch auch fragen: Wieso sollte ein Hund denn kein Taschengeld bekommen dürfen? Eine verneinende Frage ist keine. Sollte es denn am Sonntag nicht regnen? Sollte denn das Essen nicht billiger sein?

Also mir kommt die Frage nicht so vor als wäre eine Antwort möglich

Liebe Grüsse

Benedikt

Benutzeravatar
Teutonius
Beiträge: 972
Registriert: Donnerstag 6. Mai 2004, 23:30
Wohnort: Berlin SO

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Teutonius »

Ben hat geschrieben:Nun, diese Stelle hat auch nur Rom so interpretiert. In den Bibelauslegungen der frühen Zeit z.B. Chrysostomos und Co ist da nichts zu lesen.
Wie versteht ihr denn diese Stelle (mit Petrus, dem Felsen und der Kirche)? Oder lest ihr da einfach drüber weg...
fide & caritate

benli
Beiträge: 46
Registriert: Mittwoch 22. Juli 2009, 17:07

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von benli »

Teutonius hat geschrieben:Wie versteht ihr denn diese Stelle (mit Petrus, dem Felsen und der Kirche)? Oder lest ihr da einfach drüber weg...
Ich schicke dir da mal einen Link und bitte dich das ganze drumherum auch zu lesen.
Es geht nicht um Petrus und seine Stellung. Es geht um: Was bekennst du, wer ich bin

http://www.unifr.ch/bkv/kapitel463.htm

Ich will mich nicht hinter den grossen Jungs verstecken. Lies und schau.

Liebe Grüsse
Benedikt

benli
Beiträge: 46
Registriert: Mittwoch 22. Juli 2009, 17:07

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von benli »

Lieber Teutonius,

ich gebe es zu, es ist schlechter Stil mit Literaturhinweisen zu arbeiten. Aber ich fände es schon gut wenn sich Römer etwas näher damit befassen würden warum die Anderen so 'begriffsstutzig' sind.
John Meyendorff hat ein gutes Buch zusammengestellt (aus 5 oder 6 Aufsätzen) das sich ohne jeden Schaum vor dem Mund mit der Primatsfrage beschäftigt. Es heisst: The Primmacy of Peter.

Wenn dir/euch daran gelegen ist besser zu verstehen warum wir 'soo verstockt' sind... das kann helfen

Gute Nacht
Benedikt

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Zur Recherche: die Universitäts- und Landesbibliothek in Düsseldorf hat zwar die Kanonsammlung des Johannes Scholastikos, aber leider nur auf Griechisch! Irgendwann werde ich das dann mal lernen müssen ...

Da ich im Netz keine engl. Ausgabe gefunden habe, kann ich diese Behauptung also vorerst nicht belegen.

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Ralf hat geschrieben:Zur Recherche: die Universitäts- und Landesbibliothek in Düsseldorf hat zwar die Kanonsammlung des Johannes Scholastikos, aber leider nur auf Griechisch! Irgendwann werde ich das dann mal lernen müssen ...

Da ich im Netz keine engl. Ausgabe gefunden habe, kann ich diese Behauptung also vorerst nicht belegen.
Dagegen kann ich sagen, daß die Canones-Sammlung des Dionysius Exiguus den Canon 28 nicht zu enthalten scheint, allerdings ist die gleäufige Sammlung als Dionysiana-Hadriana ggf. päpstlich beeinflußt (habe bisher nur letztere gefunden). In der Bibliothek des Erzbistums Köln findet sich ein Exemplar, hier ist das Ende der Canonsammlung von Chalcedon (hört bei XVII auf) zu sehen:

http://www.ceec.uni-koeln.de/ceec-cgi/k ... %22body%22

Nachtrag: nach dieser Seite hat die erste Redaktion der Sammlung von Dionysius Exiguus vom Konzil in Chalcedon auch nur 27 Canones (2. Tabelle, unten links Nr. 27).

Benutzeravatar
Nietenolaf
Beiträge: 3053
Registriert: Donnerstag 23. Oktober 2003, 14:26
Wohnort: Blasegast

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nietenolaf »

Ralf hat geschrieben:Dagegen kann ich sagen, daß die Canones-Sammlung des Dionysius Exiguus den Canon 28 nicht zu enthalten scheint, allerdings ist die gleäufige Sammlung als Dionysiana-Hadriana ggf. päpstlich beeinflußt (habe bisher nur letztere gefunden). In der Bibliothek des Erzbistums Köln findet sich ein Exemplar, (...)
Schön, danke für Deine Mühen! Ist doch wunderbar, wenn man solch ein altes Buch einfach mal so mühelos vorgelegt bekommt.
Nun, die Collectio Dionysiana-Hadriana datiert auf die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts, aber Dionysios hat auch selbst tatsächlich nur 27 Kanones des IV. Oek. Konzils aufgenommen (eigentlich sind es ja nicht 28, sondern 30 - der 29. und 30. sind Auszüge aus Protokollen zweier Sitzungen). Dionysios hat aber zum Beispiel auch nur 50 der 85 Canones Apostolorum in seiner Kompilation. Die letzten 35 enthalten nämlich Verurteilungen von damals bei den Lateinern schon gängiger Praxis (z.B. Fasten am Samstag [Kanon 63], Pflichtzölibat für Kleriker [Kanon 51] usw.). Ich glaube, die Canones Apostolorum galten im Westen deswegen eine Zeitlang für vollkommen "apokryph".

Ich habe derweil noch ein paarmal die Behauptung gefunden, daß Scholastikos nur 27 Kanones gehabt haben soll; es wird nebenbei in einem oder zwei deutschen Titeln der 2. Hälfte des 19. Jh. erwähnt, aber auch nicht weiter belegt. In anderssprachigen auch durchaus kritischen Quellen finde ich darauf nicht einmal eine Andeutung. Es kann übrigens auch eine Frage unterschiedlicher Nummerierung sein.

PS.
Ralf hat geschrieben:Zur Recherche: die Universitäts- und Landesbibliothek in Düsseldorf hat zwar die Kanonsammlung des Johannes Scholastikos, aber leider nur auf Griechisch! Irgendwann werde ich das dann mal lernen müssen ...

Die Nummerierung wirst Du doch erkennen können? 27 ist κζʹ, 28 wäre κηʹ...

Nach allem, was ich inzwischen so gelesen habe, würde ich sagen, kann es schon sein, daß Scholastikos nur 27 Kanones hat. Man beachte die Antwort des Anatolios von Konstantinopel an Leo auf dessen Protest! Gleichermaßen die Einstellung Kaiser Marcians. Man fürchtete um ein Nicht-Anerkennen des gesamten Konzils durch Rom aufgrund falscher Berichterstattung! Denn von der Substanz her wird Rom im Cn. 28 nicht angegriffen, allerdings finden damit die noch jungen Träume von einem Vorrang durch Apostolizität oder "petrinischen Ursprung" ein jähes Ende! Wir brauchen uns deswegen nicht unbedingt am Scholastikos (der ja selber Patriarch von Konstantinopel war) festzuklammern. Mit Nov. 131 (ab 534 a.D.) Kaiser Justinians war der hier angefochtene Inhalt von Kanon 28 Reichsgesetz (nach dem byzantinischen Prinzip, das Kirchenrecht in den Rang eines staatlichen Gesetzes hob). Justinian wird sicher gewußt haben, aus welchen Quellen er schöpft. Jetzt können freilich die Lateiner noch den Einfall der Langobarden als "rettenden Strohhalm" für eine Flucht vor diesem Kanon heranziehen...
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Linus »

Ralf hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Zur Recherche: die Universitäts- und Landesbibliothek in Düsseldorf hat zwar die Kanonsammlung des Johannes Scholastikos, aber leider nur auf Griechisch! Irgendwann werde ich das dann mal lernen müssen ...

Da ich im Netz keine engl. Ausgabe gefunden habe, kann ich diese Behauptung also vorerst nicht belegen.
Dagegen kann ich sagen, daß die Canones-Sammlung des Dionysius Exiguus den Canon 28 nicht zu enthalten scheint, allerdings ist die gleäufige Sammlung als Dionysiana-Hadriana ggf. päpstlich beeinflußt (habe bisher nur letztere gefunden). In der Bibliothek des Erzbistums Köln findet sich ein Exemplar, hier ist das Ende der Canonsammlung von Chalcedon (hört bei XVII auf) zu sehen:

http://www.ceec.uni-koeln.de/ceec-cgi/k ... %22body%22

Nachtrag: nach dieser Seite hat die erste Redaktion der Sammlung von Dionysius Exiguus vom Konzil in Chalcedon auch nur 27 Canones (2. Tabelle, unten links Nr. 27).
Versuchs mal hiermit: Eduard Schwarz München 1933 http://bibliothek.univie.ac.at/katscans ... 23.gif
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Benutzeravatar
Teutonius
Beiträge: 972
Registriert: Donnerstag 6. Mai 2004, 23:30
Wohnort: Berlin SO

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Teutonius »

Ralf hat geschrieben:Zur Recherche: die Universitäts- und Landesbibliothek in Düsseldorf hat zwar die Kanonsammlung des Johannes Scholastikos, aber leider nur auf Griechisch! Irgendwann werde ich das dann mal lernen müssen ...
Wie viel ist es denn? Lads doch mal hoch!
fide & caritate

Benutzeravatar
Ilija
Beiträge: 690
Registriert: Donnerstag 22. Februar 2007, 13:53
Wohnort: Stuhr

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ilija »

Raphael hat geschrieben:
Ilia hat geschrieben:Unterlass bitte diese Katholische Propaganda in einem orthodoxem Forum
Warum sollte ich? :kussmund:
Sind Orthodoxe nicht mehr an der Wahrheit der Frohen Botschaft interessiert und verleumden selbige lieber als katholische Propaganda? 8)

Wir kennen die Wahrheit Raphael....Kennst du (und deine katholischen Freunde) Sie??? Eure Versuche uns von "Eurer" erfundenen Wahrheit zu überzeugen nervt nur. Egal was Roman (Nietenolaf) oder Joseph oder auch ich hier schreiben, nimmt ihr nicht zur Kenntnis und dabei habt ihr dem was wir hier schreiben nichts vernünftiges entgegenzu setzen....

Benutzeravatar
Nassos
Beiträge: 9048
Registriert: Montag 1. Juni 2009, 01:48

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nassos »

benli hat geschrieben:...
ich bin Benedikt, ganz frisch hier (das siehst du an der Menge meiner Beiträge,aber, das siehst du auch, ich arbeite daran). Ich bin Deutscher, lebe in Schweden, orthodox und 60 Jahre alt.
Hallo Benedikt, wie schoen! :huhu:

Herzlichst,
Nassos
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Ilia hat geschrieben:Wir kennen die Wahrheit Raphael....Kennst du (und deine katholischen Freunde) Sie???
Siehst Du, Ilia, das unterscheidet uns beide vielleicht.

Ich kenne die Wahrheit nicht, ich suche sie.

Du scheinst sie zu besitzen, scheinst schon klar zu sehen.

Ich bin noch auf der Seite derer, deren Wissen Stückwerk ist.

Benutzeravatar
Nassos
Beiträge: 9048
Registriert: Montag 1. Juni 2009, 01:48

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nassos »

Nochmal der Versuch eine Antwort zu bekommen. :pfeif:

Ich formuliere sie auch gerne etwas genauer. Wenn der Papst zum Beispiel nicht Allwissen hat, wie spricht er dann ex cathedra unfehlbar? Gut, die Katholiken werden sagen, vom Hl. Geist beseelt.

Aehm, konsultiert er zuvor noch Experten? Oder spricht er unabhaengig von allen (ich stelle mir vor, nach langer Zeit gruendlichen Gebets etc.).

Wie laesst sich dies vereinbaren mit den Zeiten, als die Unfehlbarkeit noch unbekannt war? Haben Konzile gegen die Meinung des Bischofs von Rom wider des Hl. Geistes gesprochen?

Keine Fangfrage, das beschaeftigt mich tatsaechlich.

Danke und Gruss,
Nassos
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Nietenolaf hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Dagegen kann ich sagen, daß die Canones-Sammlung des Dionysius Exiguus den Canon 28 nicht zu enthalten scheint, allerdings ist die gleäufige Sammlung als Dionysiana-Hadriana ggf. päpstlich beeinflußt (habe bisher nur letztere gefunden). In der Bibliothek des Erzbistums Köln findet sich ein Exemplar, (...)
Schön, danke für Deine Mühen! Ist doch wunderbar, wenn man solch ein altes Buch einfach mal so mühelos vorgelegt bekommt.
Nun, die Collectio Dionysiana-Hadriana datiert auf die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts, aber Dionysios hat auch selbst tatsächlich nur 27 Kanones des IV. Oek. Konzils aufgenommen (eigentlich sind es ja nicht 28, sondern 30 - der 29. und 30. sind Auszüge aus Protokollen zweier Sitzungen). Dionysios hat aber zum Beispiel auch nur 50 der 85 Canones Apostolorum in seiner Kompilation. Die letzten 35 enthalten nämlich Verurteilungen von damals bei den Lateinern schon gängiger Praxis (z.B. Fasten am Samstag [Kanon 63], Pflichtzölibat für Kleriker [Kanon 51] usw.). Ich glaube, die Canones Apostolorum galten im Westen deswegen eine Zeitlang für vollkommen "apokryph".

Ich habe derweil noch ein paarmal die Behauptung gefunden, daß Scholastikos nur 27 Kanones gehabt haben soll; es wird nebenbei in einem oder zwei deutschen Titeln der 2. Hälfte des 19. Jh. erwähnt, aber auch nicht weiter belegt. In anderssprachigen auch durchaus kritischen Quellen finde ich darauf nicht einmal eine Andeutung. Es kann übrigens auch eine Frage unterschiedlicher Nummerierung sein.

PS.
Ralf hat geschrieben:Zur Recherche: die Universitäts- und Landesbibliothek in Düsseldorf hat zwar die Kanonsammlung des Johannes Scholastikos, aber leider nur auf Griechisch! Irgendwann werde ich das dann mal lernen müssen ...

Die Nummerierung wirst Du doch erkennen können? 27 ist κζʹ, 28 wäre κηʹ...

Nach allem, was ich inzwischen so gelesen habe, würde ich sagen, kann es schon sein, daß Scholastikos nur 27 Kanones hat. Man beachte die Antwort des Anatolios von Konstantinopel an Leo auf dessen Protest! Gleichermaßen die Einstellung Kaiser Marcians. Man fürchtete um ein Nicht-Anerkennen des gesamten Konzils durch Rom aufgrund falscher Berichterstattung! Denn von der Substanz her wird Rom im Cn. 28 nicht angegriffen, allerdings finden damit die noch jungen Träume von einem Vorrang durch Apostolizität oder "petrinischen Ursprung" ein jähes Ende! Wir brauchen uns deswegen nicht unbedingt am Scholastikos (der ja selber Patriarch von Konstantinopel war) festzuklammern. Mit Nov. 131 (ab 534 a.D.) Kaiser Justinians war der hier angefochtene Inhalt von Kanon 28 Reichsgesetz (nach dem byzantinischen Prinzip, das Kirchenrecht in den Rang eines staatlichen Gesetzes hob). Justinian wird sicher gewußt haben, aus welchen Quellen er schöpft. Jetzt können freilich die Lateiner noch den Einfall der Langobarden als "rettenden Strohhalm" für eine Flucht vor diesem Kanon heranziehen...
Hallo Nietenolaf.

Da ich wirklich fast null Griechisch kann (aus dem Mathe-Unterricht sind mir einige Buchstaben bekannt) kann ich wirklich nichts machen. Es gibt wohl noch eine andere Möglichkeit, da in einer anderen Sprache ran zu kommen, aber das kann ich erst später versuchen. Allerdings ist doch ein Umstand, den Du selbst erwähnst, interessant: warum sollte man fürchten, daß Rom das gesamte Konzil ablehnt, wenn doch die überwiegende Mehrheit dafür war? Anscheinend galt eben nicht nur das bloße Mehrheitsprinzip. Nicht umsonst ging vegleichsweise viel Korrespondenz hin und her, soweit ich weiß (werde da aber bald mehr drüber lesen) wird in einem Brief an Papst Leo der römische Stuhl von den Konzilsvätern(!) "Petrou Kathedra" genannt (leider habe ich nicht den Text des Schreibens der Synode an Papst Leo, sondern nur eine Zusammenfassung ine einem Buch). Der petrinische Ursprung des römischen Bischofssitzes scheint auf jeden Fall nichts abwegig Neues zu sein- aber wie gesagt, mir fehlt die Primärquelle.

Dann gibt es natürlich noch das Problem mit dem Reichsgesetz - muß es kirchlich bindend sein? Und vor allem: kann es zu einem Zeitpunkt (534 AD) für die Westkirche bindend sein, wo das Römische Reich bereits aufgehört hat zu existieren? Ein Kaiser kann doch immer nur für sein Reich Gesetze erlassen, denke ich mal, das ist kein Strohhalm ...

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Nassos hat geschrieben:Nochmal der Versuch eine Antwort zu bekommen. :pfeif:

Ich formuliere sie auch gerne etwas genauer. Wenn der Papst zum Beispiel nicht Allwissen hat, wie spricht er dann ex cathedra unfehlbar? Gut, die Katholiken werden sagen, vom Hl. Geist beseelt.

Aehm, konsultiert er zuvor noch Experten? Oder spricht er unabhaengig von allen (ich stelle mir vor, nach langer Zeit gruendlichen Gebets etc.).

Wie laesst sich dies vereinbaren mit den Zeiten, als die Unfehlbarkeit noch unbekannt war? Haben Konzile gegen die Meinung des Bischofs von Rom wider des Hl. Geistes gesprochen?

Keine Fangfrage, das beschaeftigt mich tatsaechlich.

Danke und Gruss,
Nassos
Sowohl 1854 als auch 1950 haben die Päpste das Bischofkollegium zuvor befragt, soviel zur Praxis. Unabhängig kann der Papst natürlich nicht sprechen, denn er kann ja (trotz aller Unkenrufe) nichts neues erfinden, ist an die Überlieferung gebunden.

"Die Unfelbarkeit" war übrigens nie unbekannt (Konzile!), sie war nur zuvor nicht explizit an einen Person gebunden.

Benutzeravatar
Nietenolaf
Beiträge: 3053
Registriert: Donnerstag 23. Oktober 2003, 14:26
Wohnort: Blasegast

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nietenolaf »

Ralf hat geschrieben:Allerdings ist doch ein Umstand, den Du selbst erwähnst, interessant: warum sollte man fürchten, daß Rom das gesamte Konzil ablehnt, wenn doch die überwiegende Mehrheit dafür war? Anscheinend galt eben nicht nur das bloße Mehrheitsprinzip. Nicht umsonst ging vergleichsweise viel Korrespondenz hin und her, soweit ich weiß (werde da aber bald mehr drüber lesen)..
Das ist recht einfach, denn das wesentlichste Anliegen dieses Konzils, und das dürfen wir nicht vergessen, war die Verurteilung des Eutychianos und mit ihm des Monophysitismus. Wenn Du mit den Umständen der Sache bekannt bist, wirst Du verstehen, daß das eine sehr diffizile Sache war, die den Osten damals zerriß, deswegen war das Einverständnis Roms mit der Orthodoxie von enormer Wichtigkeit.

Ralf hat geschrieben:... wird in einem Brief an Papst Leo der römische Stuhl von den Konzilsvätern(!) "Petrou Kathedra" genannt (leider habe ich nicht den Text des Schreibens der Synode an Papst Leo, sondern nur eine Zusammenfassung ine einem Buch). Der petrinische Ursprung des römischen Bischofssitzes scheint auf jeden Fall nichts abwegig Neues zu sein- aber wie gesagt, mir fehlt die Primärquelle.

Natürlich. Ich brachte ja oben schon Zitate aus Leos Korrespondenz mit Antiochia. Natürlich ist das nichts Neues, nur die Exklusivität eines Primats durch "petrinische Cathedrae" ist es ja, von welcher die hll. Konzilsväter offenbar nichts wußten. Das und... blumige Sprache. Ich schätze, ihr seid die nicht gewohnt. :-D

Ralf hat geschrieben:Dann gibt es natürlich noch das Problem mit dem Reichsgesetz - muß es kirchlich bindend sein? Und vor allem: kann es zu einem Zeitpunkt (534 AD) für die Westkirche bindend sein, wo das Römische Reich bereits aufgehört hat zu existieren? Ein Kaiser kann doch immer nur für sein Reich Gesetze erlassen, denke ich mal, das ist kein Strohhalm ...

Mir ging es nicht um die Verbindlichkeit des Reichsgesetzes, sondern um die Quellen, die zu dessen Erlaß herangezogen wurden (uns ging es ja um die Frage, ob Johannes Scholastikos nun Kanon 28 ursprünglich mit dabei hatte oder nicht). Offenbar war das Ehrenprimat Konstantinopels nach Rom (wenigstens im Osten) kirchlich unbestritten, so daß es um 534/535 in Justinians 131. Novelle Teil des Codex Civilis wurde.
Du weißt doch, daß Justinian Italien, na, will mal sagen, "erobert" hatte? 536 fiel Rom zum ersten Mal an die Romäer, 554 wurde Italien mal kurz eine Präfektur des "Ost"Römischen Reiches. Man kann sagen, "zum Geltungsbereich des Grundg Codex Justinianus beigetreten...".
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Das mit der "blumigen Sprache" ist so eine Sache. Wie soll man denn ein Schreiben der Konzilsväter an den Papst werten? Als Bauchbepinselung, damit er sich einlullen läßt und doch zustimmt (übertrieben formuliert)?

Ich nehme das Schreiben jetzt einfach mal ernst (obwohl selbst das Buch, wo ich es fand, schreibt, daß es eher darum ging, dem Papst die neue Rolle Konstantinopels schmackhaft zu machen ...). Denn schließlich kenne ich keinen Brief eines Konzils an den Bischof von Antiochien, wo auf den natürlich existenten petrinischen Ursprung verwiesen wird. In dem Schreiben wird der römische Stuhl des Bischofs "Anführer des Konzils" genannt, er habe von Christus den Auftrag erhalten, den Weinberg zu hüten, wie Petrus habe Christus diesmal Leo in den Dienst genommen, die Bischöfe zum rechten Glauben zu führen etc.
Bzgl. Konstantinopel schreiben die Synodenväter an Papst Leo, daß der Rang für dieses "Neue Rom" als Teilhabe an der explizit apostolischen Vollmacht Roms gesehen werden soll - was Leo ablehnt, da diese unteilbar sei.
Aber mit dieser Begründung gehen die Synodenväter über den Text des Kanons hinaus, bieten aber dadurch wiederum einen wichtigen Schlüssel zum Verständnis.

Eines allerdings solten wir bei der gesamten interessanten Diskussion nicht vergessen: trotz des Umstandes, daß dieser Canon von Rom (und somit der Westkirche) abgelehnt wurde (den Brief 128 von Leo habe ich zwar ebensowenig im Original, aber meine Sekundärquellen sagen, daß Leo nur mit dieser Einschränkung dem Konzil zustimmte) war das noch immer kein Grund, die eucharistische Gemeinschaft aufzukündigen! Und zwar für viele Jahrhunderte!

Benutzeravatar
Ilija
Beiträge: 690
Registriert: Donnerstag 22. Februar 2007, 13:53
Wohnort: Stuhr

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ilija »

Ralf hat geschrieben: Siehst Du, Ilia, das unterscheidet uns beide vielleicht.

Ich kenne die Wahrheit nicht, ich suche sie.

Du scheinst sie zu besitzen, scheinst schon klar zu sehen.

Ich bin noch auf der Seite derer, deren Wissen Stückwerk ist.
Hallo Ralf, entschuldige bitte manchmal meine Grobheit, sie ist nicht gut und hier fehl am Platz! Wir befinden uns alle auf dem Wege auch wenn einige etwas klarer sehen und andere etwas weniger. Entschuldige bitte...

Benutzeravatar
Teutonius
Beiträge: 972
Registriert: Donnerstag 6. Mai 2004, 23:30
Wohnort: Berlin SO

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Teutonius »

Ralf hat geschrieben:Zur Recherche: die Universitäts- und Landesbibliothek in Düsseldorf hat zwar die Kanonsammlung des Johannes Scholastikos, aber leider nur auf Griechisch! Irgendwann werde ich das dann mal lernen müssen ...

Da ich im Netz keine engl. Ausgabe gefunden habe, kann ich diese Behauptung also vorerst nicht belegen.
Meinst du diese hier?

28 [in fact a resolution passed by the council at the 16th session but rejected by the Pope]
Kanon 28 hat geschrieben:Following in every way the decrees of the holy fathers and recognising the canon which has recently been read out--the canon of the 15 most devout bishops who assembled in the time of the great Theodosius of pious memory, then emperor, in imperial Constantinople, new Rome -- we issue the same decree and resolution concerning the prerogatives of the most holy church of the same Constantinople, new Rome. The fathers rightly accorded prerogatives to the see of older Rome, since that is an imperial city; and moved by the same purpose the 15 most devout bishops apportioned equal prerogatives to the most holy see of new Rome, reasonably judging that the city which is honoured by the imperial power and senate and enjoying privileges equalling older imperial Rome, should also be elevated to her level in ecclesiastical affairs and take second place after her. The metropolitans of the dioceses of Pontus, Asia and Thrace, but only these, as well as the bishops of these dioceses who work among non-Greeks, are to be ordained by the aforesaid most holy see of the most holy church in Constantinople. That is, each metropolitan of the aforesaid dioceses along with the bishops of the province ordain the bishops of the province, as has been declared in the divine canons; but the metropolitans of the aforesaid dioceses, as has been said, are to be ordained by the archbishop of Constantinople, once agreement has been reached by vote in the usual way and has been reported to him.
Quelle: http://www.documentacatholicaomnia.eu/ ... ia,_EN.pdf
fide & caritate

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Der Kanon ist mir bekannt (wie bereits mehrfach erwähnt). Die Frage ist aber, ob er in den offiziellen bzw. offiziösen Kanonsammlungen im Osten vorkam, ob er also nachweisbar eine autoritative Bedeutung hatte oder ob "rejected by the pope" eine kanonisch grundsätzliche Entscheidung war. Dazu gehört das Studium der jeweiligen Sammlung (bspw. von Johannes Scholastikos).
Zuletzt geändert von Ralf am Montag 27. Juli 2009, 17:40, insgesamt 1-mal geändert.

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Ilia hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben: Siehst Du, Ilia, das unterscheidet uns beide vielleicht.

Ich kenne die Wahrheit nicht, ich suche sie.

Du scheinst sie zu besitzen, scheinst schon klar zu sehen.

Ich bin noch auf der Seite derer, deren Wissen Stückwerk ist.
Hallo Ralf, entschuldige bitte manchmal meine Grobheit, sie ist nicht gut und hier fehl am Platz! Wir befinden uns alle auf dem Wege auch wenn einige etwas klarer sehen und andere etwas weniger. Entschuldige bitte...
Kein Problem, Entschuldigung natürlich angenommen! :)

Mir persönlich liegt viel an einem niveauvollen Umgang miteinander (gelingt mir auch nicht immer :nein: ), anderes findet man im Netz zuhauf. Und wenn es um mehr geht als nur ums Rechthaben und insbesondere Zeigen, daß man Recht habe, dann ist schon viel gewonnen. Ich kenne keinen anderen Ort, wo Katholiken und Orthodoxe jenseits von Plattitüden in deutscher Zunge miteinander diskutieren und auch ringen können (ab und an mal genervt sein ist okay) - würde mich freuen, wenn dem so bliebe.

Benutzeravatar
Teutonius
Beiträge: 972
Registriert: Donnerstag 6. Mai 2004, 23:30
Wohnort: Berlin SO

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Teutonius »

Teutonius hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Zur Recherche: die Universitäts- und Landesbibliothek in Düsseldorf hat zwar die Kanonsammlung des Johannes Scholastikos, aber leider nur auf Griechisch! Irgendwann werde ich das dann mal lernen müssen ...
Wie viel ist es denn? Lads doch mal hoch!
Olaf hat geschrieben:Die Nummerierung wirst Du doch erkennen können? 27 ist κζʹ, 28 wäre κηʹ...
Scan die Seite mit Kanon (κανών "κηʹ") doch bitte mal ein und lade sie hoch, dann sag ich dir, was drinsteht ...
fide & caritate

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Und das Urheberrecht ist egal? Außerdem gehören die Bücher zum Präsenzbestand der Uni.

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema