Unerlaubte, aber gültige Beichte

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Berolinensis
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Berolinensis »

Na schön, das sollen die Moderatoren entscheiden; ich finde eine weitere Diskussion dieses Themas nicht besonders sinnvoll.

Bevor wir dann aber wieder sprunghaft das Thema wechseln, halte ich fest: ohne Notstand läßt sich die Gültigkeit der Beichten bei Preistern der SSPX nicht begründen; zumindest ist sie bis jetzt nicht begründet worden. Von einem Idealzustand, Marion, hat niemand gesprochen, und den setzt auch das Kirchenrecht nicht voraus.

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Marion
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Marion »

Das Thema wurde die ganzen 15 Seiten nicht gewechselt!

Wir waren immer beim gleichen Thema.
Piusbruderschaft, unerlaubte aber gültige Beichte.
Nacktes Papier (also ohne die Gegenwart zu berücksichtigen) und auch andere Beispiele wurden zur Hilfe hergenommen um diesen speziellen Fall zu klären. Was auch gut ist :)
ohne Notstand läßt sich die Gültigkeit der Beichten bei Preistern der SSPX nicht begründen; zumindest ist sie bis jetzt nicht begründet worden.
Dann begründe bitte mal mit Notstand :)

Ich denke aber, daß auch ohne Notstand schon begründet wurde, daß unter bestimmten Bedingungen die hier alle eingesehen haben (bzw keiner einen bereits widerlegten Einspruch erhob), daß zumindest viele Beichten dort zwar unerlaubt aber trotzdem gültig sind. Wie z.b. Wenn einer nicht weiß, daß der Priester keine Jurisdiktion hat und auch wenn der Eindruck erweckt ist (wenn es so erscheint) er habe eine, oder auch wenn nur ein einziger in der Gesellschaft wo gebeichtet wird meint er habe eine, dann wird für alle (auch die darunter wissenden) die Berechtigung nachgeliefert = die Beichten sind dann alle gültig.

Dann haben wir 2 große Indizien, daß alle diese Beichten gültig sind - gültig sein müssen um nichts schlimmeres anzunehmen - Um nicht oberabsolutes Chaoss und die absolute Verantwortungslosigkeit von ganz oben (bishin zum Papst) gegenüber den Schäfchen und auch dem Sakrament der Beichte annehmen zu müssen.
1. Campos - Da hat noch keiner was gebracht, daß diese allesamt unerlaubten Beichten wiederholt hätten müssen.
2. Der Besuch der Messe incl. bei Piusbrüdern ist jedem Gläubigen erlaubt (Es wäre absurd anzunehmen, die Kirche würde einem Gläubigen verbieten vorher zu beichten, obwohl sie weiß daß dort die Beichte angeboten wird. Das erlauben dort zur Messe zu gehen wäre Unterstützung unserer Glaubenskongregation wenn nicht sogar Aufforderung zum Sakrileg. So etwas dürfte ein Gläubiger Christ der noch nichteinmal einen Notstand in der Kirche annimmt eigentlich nicht von unserer heiligen Kirche annehmen.
Berolinensis hat geschrieben:ich finde eine weitere Diskussion dieses Themas nicht besonders sinnvoll.
Rausfinden was richtig und was falsch ist ist immer sinnvoll
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Berolinensis
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Berolinensis »

Marion hat geschrieben:Das Thema wurde die ganzen 15 Seiten nicht gewechselt!

Wir waren immer beim gleichen Thema.
Piusbruderschaft, unerlaubte aber gültige Beichte.
Nacktes Papier (also ohne die Gegenwart zu berücksichtigen) und auch andere Beispiele wurden zur Hilfe hergenommen um diesen speziellen Fall zu klären. Was auch gut ist :)
ohne Notstand läßt sich die Gültigkeit der Beichten bei Preistern der SSPX nicht begründen; zumindest ist sie bis jetzt nicht begründet worden.
Dann begründe bitte mal mit Notstand :)

Ich denke aber, daß auch ohne Notstand schon begründet wurde, daß unter bestimmten Bedingungen die hier alle eingesehen haben (bzw keiner einen bereits widerlegten Einspruch erhob), daß zumindest viele Beichten dort zwar unerlaubt aber trotzdem gültig sind. Wie z.b. Wenn einer nicht weiß, daß der Priester keine Jurisdiktion hat und auch wenn der Eindruck erweckt ist (wenn es so erscheint) er habe eine, oder auch wenn nur ein einziger in der Gesellschaft wo gebeichtet wird meint er habe eine, dann wird für alle (auch die darunter wissenden) die Berechtigung nachgeliefert = die Beichten sind dann alle gültig.

Dann haben wir 2 große Indizien, daß alle diese Beichten gültig sind - gültig sein müssen um nichts schlimmeres anzunehmen - Um nicht oberabsolutes Chaoss und die absolute Verantwortungslosigkeit von ganz oben (bishin zum Papst) gegenüber den Schäfchen und auch dem Sakrament der Beichte annehmen zu müssen.
1. Campos - Da hat noch keiner was gebracht, daß diese allesamt unerlaubten Beichten wiederholt hätten müssen.
2. Der Besuch der Messe incl. bei Piusbrüdern ist jedem Gläubigen erlaubt (Es wäre absurd anzunehmen, die Kirche würde einem Gläubigen verbieten vorher zu beichten, obwohl sie weiß daß dort die Beichte angeboten wird. Das erlauben dort zur Messe zu gehen wäre Unterstützung unserer Glaubenskongregation wenn nicht sogar Aufforderung zum Sakrileg. So etwas dürfte ein Gläubiger Christ der noch nichteinmal einen Notstand in der Kirche annimmt eigentlich nicht von unserer heiligen Kirche annehmen.
Berolinensis hat geschrieben:ich finde eine weitere Diskussion dieses Themas nicht besonders sinnvoll.
Rausfinden was richtig und was falsch ist ist immer sinnvoll
Sehr vielen Punkten deiner Zusammenfassung kann ich keinesfalls zustimmen - ich denke das weißt du auch - aber ich habe jetzt weder Zeit noch Neigung, alles, was ich schon gesagt habe, zu wiederholen.

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Marion
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Marion »

Berolinensis hat geschrieben:Sehr vielen Punkten deiner Zusammenfassung kann ich keinesfalls zustimmen - ich denke das weißt du auch - aber ich habe jetzt weder Zeit noch Neigung, alles, was ich schon gesagt habe, zu wiederholen.
Absoluter Sinnlosbeitrag. Ich fang damit wirklich nichts an :neinfreu:
Wenn du keine Lust hast darüber zu reden, dann lass halt bleiben. Aber sorg bitte nicht aktiv dafür daß deine Aussage vom vorletzten Beitrag :
ich finde eine weitere Diskussion dieses Themas nicht besonders sinnvoll.

wahr wird.
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LePenseur
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

Als studierter Kanonist und Hobby-Moraltheologe (jaja, großes Erstaunen allseits, aber es ist tatsächlich so) darf ich ein paar Brosamen zu dem Thema beitragen, die, soweit ich's überblicke (ich will jetzt nicht alle 15 Seiten durchackern), doch weitgehend mit dem Kollegen Berolinen. konform gehen.

Die Frage "unerlaubt aber gültig bei einem Piusbruder beichten" stellt sich eigentlich denkmöglich fast nie.

Entweder ist es "in articulo (oder wenigstens gravissimo periculo) mortis", und es ist gerade ein Piusbruder da, dann ist es nicht unerlaubt, oder es ist nicht so, dann wüßte ich nicht, wie es nach Kirchenrecht und Dogmatik zwar unerlaubt, aber gültig sein könnte, außer in irgendeinem abenteuerlich konstruierten Schulkasus, der in der Relität doch eh nie stattfindet!

Immer dann, wenn das "ecclesia supplet" greifen kann, ist es wenigstens für den Beichtenden nicht "unerlaubt" gewesen, denn die fehlende Beichtjurisdiktion wurde eben suppliert (ich gehe mal davon aus, daß keinen die Frage, ob das jetzt für die Piusbrüder unerlaubt ist, persönlich interessieren kann, es sei denn einer der Diskutanten wäre ein solcher), genau diese würde aber bei Verschulden des Beichtenden eben nicht suppliert werden!

Was nach Ausscheidung dieser beiden praktischen Anwendungsfälle dann noch überbleibt, ist kasuistische Feinbügelei, für die ich als Jurist zwar gewisses Verständnis aufbringe, die aber letztlich unfruchtbar ist.

Zum Thema "Notstand": wer (wenigstens für sich persönlich, ganz ehrlich) beweisen kann, daß in zumutbarer Erreichbarkeitsdistanz kein einziger (!) Priester vorhanden ist, bei dem er guten Gewissens beichten könnte, da bei allen Priestern in seiner Erreichbarkeit ein schwerer, jedes "ecclesia supplet" ausschließender Intentionsmangel offensichtlich ist, der kann diesfalls zu einem Piusbruder beichten gehen, wenn es unabdingbar nötig ist (worunter bloße "Andachtsbeichten" wohl nicht fallen werden). Unzumutbar ist aber nicht bloß die Aversion gegen irgendeine linke Socke od. dergl. In diesem und jedem anderen Fall ist das Verhalten (nur eben in die andere Richtung) vergleichbar dem von Ökumenisten, die gegen den Willen ihrer Bischöfe Interkommunion halten etc.

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Gamaliel
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Gamaliel »

LePenseur hat geschrieben:Die Frage "unerlaubt aber gültig bei einem Piusbruder beichten" stellt sich eigentlich denkmöglich fast nie.
Das ist richtig; auch taddeo hat schon am Anfang dieses Threads darauf hingewiesen. Die Beichten bei der FSSPX sind entweder unerlaubt & ungültig oder erlaubt & gültig. Selbstverständlich halte ich für meinen Teil an der letzteren Möglichkeit fest (und werde mich demnächst auch weiter dazu äußern).


Deine Ausführungen zum "Notstand" werde ich hier nicht weiter vertiefen. (Einiges wurde ja meinerseits schon in dem weiter oben verlinkten Thread vorgebracht.) Wenn Du Kanonist und Hobby-Moraltheologe bist, dann weißt Du aber auch, daß Dein Notstandsbegriff willkürlich eng gefaßt ist. Unter Notstand wurde und wird nicht bloß eine physische Unmöglichkeit, sondern auch eine moralische Unmöglichkeit verstanden.

LePenseur
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

@Gamaliel:
Und worin sollte die "moralische Unmöglichkeit" bestehen, beim normalen 08/15 Ortspfarrer zu beichten?

Wobei es ja in Europa nicht so ist, daß eklatanter Priestermangel auf drei Tagesreisen Distanz den Besuch eines "unverdächtigen" Pfarrers verunmöglichen würde!

Gehen wir mal davon aus, daß derzeit ca. drei Viertel der RKK-Priester horrible Modernisten sind, wo Sie schon beim Gedanken an Intentionsmängel & Co. Hautausschläge bekommen (das wäre die sogen. "moralische Unmöglichkeit"). Na, dann bleibt immer noch ein Viertel, auf die das nicht zutrifft — und das heißt m.E. in Standard-Mitteleuropa (also nicht gerade extreme Diaspora-Lage): in 20 km Umkreis (und das wäre mit heutigen Verkehrsmitteln m.E. als jedenfalls zumutbar zu betrachten) sollten das mindestens 3-10 Priester sein!

Und schon heißt's: Piusbruder adé ...

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Marion
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Marion »

LePenseur hat geschrieben:Immer dann, wenn das "ecclesia supplet" greifen kann, ist es wenigstens für den Beichtenden nicht "unerlaubt" gewesen, denn die fehlende Beichtjurisdiktion wurde eben suppliert (ich gehe mal davon aus, daß keinen die Frage, ob das jetzt für die Piusbrüder unerlaubt ist, persönlich interessieren kann, es sei denn einer der Diskutanten wäre ein solcher), genau diese würde aber bei Verschulden des Beichtenden eben nicht suppliert werden!
Das ist der Artikel dazu:
Can. 144 — § 1. Bei einem tatsächlich vorliegenden oder rechtlich anzunehmenden allgemeinen Irrtum und ebenfalls bei einem positiven und begründeten Rechts- oder Tatsachenzweifel ersetzt die Kirche für den äußeren wie für den inneren Bereich fehlende ausführende Leitungsgewalt.
Da steht nichts von Schuld. Hier geht es nur um Zweifel und Irrtum ob das "ecclesia supplet" greift oder nicht greift.

http://www.gero-p-weishaupt.com/?Kirche ... ungsgewalt
Ein allgemeiner Irrtum über den Sachverhalt (error communis de facto) ist gegeben,"wenn der die Vollmacht Ausübende dort, wo er handelt von allen oder wenigstens von der Mehrheit der Glieder einer kirchlichen Gemeinschaft irrtümlich als rechtmässiger Gewaltinhaber betrachtet wird (H. Socha, Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici, 144/8).
Ein allgemeiner Irrtum über eine Rechtslage (error communis de iure) liegt vor, "wenn der die Vollmacht Gebrauchende aufgrund sicher erscheinender Anzeichen von allen Angehörigen oder mindestens von dem größeren Teil einer Gemeinschaft irrtümlich als rechtmäßiger Gewaltträger angesehen werden könnte (H. Socha, MK, 144/9).
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Gamaliel
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Gamaliel »

LePenseur hat geschrieben:@Gamaliel:
Und worin sollte die "moralische Unmöglichkeit" bestehen, beim normalen 08/15 Ortspfarrer zu beichten?
Zunächst einmal unabhängig von der speziellen FSSPX-Situation, kann es eine solche "moralische Unmöglichkeit" auch in ganz normalen Zeiten mit lauter rechtgläubigen Priestern geben. Du findest dazu Näheres in Deinen Moralbüchern z.B. beim Thema der Integrität der Beichte, näherhin bei den "causae excusantes materialis integritatis".

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

@Marion:
Da steht nichts von Schuld. Hier geht es nur um Zweifel und Irrtum ob das "ecclesia supplet" greift oder nicht greift.
"Error communis" ist diesfalls eben schuldausschließend.

Beispiel: Ich gehe irgendwo in Paris spazieren und ergehe mich angesichts entgegenkommender fescher Französinnen in grob unzüchtigen Gedanken, als ich zufällig an einer Kapelle vorbeikomme, welche gerade von einem soutanetragenden Priester betreten wird. Ich eile diesem, von Schuldgefühlen gepeinigt, nach und sinke mit einem "Pater peccavi" zu seinen Füßen. Der Priester weist mich in den nächstliegenden Beichtstuhl und nimmt mir die Beichte ab. Mir nicht bekannter Schönheitsfehler dabei: es handelt sich bei der Kapelle um eine solche der Piusbruderschaft, und der Priester ist ebendort Mitglied. Wenn mir das nicht bewußt war, so gilt: "ecclesia supplet" (wobei mir eine bloß leichte Nachlässigkeit, darüber nicht Nachforschungen angestellt zu haben, nicht schuldhaft angerechnet wird — ich muß also nicht investigativ tätig werden, sondern kann mich auf den "katholischen" Augenschein verlassen).

Anders hingegen ist es sicherlich, wenn mir der Umstand sehr wohl bewußt war, und mir auch bekannt war, daß einem Piusbruder die Beichtjurisdiktion nicht erteilt worden ist.

Bleiben aus einzige Fälle jene, wo ich zwar weiß, daß es sich um einen Piusbruder handelt, aber nicht weiß, daß dieser keine Beichtjurisdiktion hat. Auch in einem solchen Fall ist "error communis" möglich — nur, mit Verlaub: nicht unter Mitgliedern dieses Forums und insbesondere dieses Threads. Zumindest nicht mehr auf Seite 15 desselben ... :breitgrins:

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Gamaliel
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Gamaliel »

LePenseur hat geschrieben:Auch in einem solchen Fall ist "error communis" möglich — nur, mit Verlaub: nicht unter Mitgliedern dieses Forums und insbesondere dieses Threads. Zumindest nicht mehr auf Seite 15 desselben ... :breitgrins:
...das müßtest Du uns freilich noch etwas näher erklären. Ich schlage vor Du beginnst einmal mit der Unterscheidung und Erklärung der Bedeutung von error communis de facto (ein Beispiel dafür hast Du schon gebracht) und de iure. :hmm:

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

Zunächst einmal unabhängig von der speziellen FSSPX-Situation, kann es eine solche "moralische Unmöglichkeit" auch in ganz normalen Zeiten mit lauter rechtgläubigen Priestern geben. Du findest dazu Näheres in Deinen Moralbüchern z.B. beim Thema der Integrität der Beichte, näherhin bei den "causae excusantes materialis integritatis".
Entschuldigung, Kollege Gamaliel, das ist doch alles "von des Gedankens Blässe angekränkelt"!

Ja, natürlich, ich weiß: es kann solche Fälle geben.
"Herr X ist Vater des Priesters Y. Als er mit diesem auf der Straße spazierengeht,wird er von Piusbruder Z mit dem Auto über den Haufen gefahren. Herrn X will angesichts der schweren Verletzung, die eine mögliche Todesgefahr mit sich bringen könnte, verständlicherweise beichten, scheut sich jedoch, dies bei seinem Sohn zu tun, da die einzige ihm bekannte Todsünde ein bislang ungebeichteter Ehebruch gegenüber der Mutte von Y ist. Liegt hier eine moralische Unmöglichkeit vor, derzufolge ... bla ... bla ... bla ..."
Ja, natürlich darf er hier beim Piusbruder beichten!

Nur verraten Sie mir: wieviele solche Fälle sind Ihnen in der Realität schon vorgekommen? Sie werden Sie an den Daumen einer Hand abzählen können, wenn's hoch kommt ...
Zuletzt geändert von LePenseur am Mittwoch 2. Juni 2010, 17:35, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

@Gamaliel:
Ich wiederhole hier sicherlich schon früher geschriebenes: ein allgemeiner Irrtum über eine Rechtslage (error communis de jure) liegt vor, "wenn der die Vollmacht Gebrauchende aufgrund sicher erscheinender Anzeichen von allen Angehörigen oder mindestens von dem größeren Teil einer Gemeinschaft irrtümlich als rechtmäßiger Gewaltträger angesehen werden könnte (H. Socha, MK, 144/9). Irrtum ist dabei "falsches Urteil über einen Sachverhalt, ein Zwiespalt zwischen der subjektiven Vorstellung und der objektiven Gegebenheit" (H. Socha, MK, 144/6).

Wer nach 15 Seiten dieses Threads noch immer sich auf "Irrtum" berufen möchte, der sollte lieber ehrlicherweise zugeben, daß er eigentlich Sedisvakantist ist und meint, daß die RKK seit V2, spätestens aber seit der Einführung des NOM, vom Glauben abgefallen ist. Das wäre wenigstens konsequent, wenngleich auch ein bisserl (für meinen Geschmack) vom Wahnwitz umdüstert — aber jeder wie er will (ich seh' das eher locker, als alter Ketzer, zu dem ich hier von den meisten taxfrei erklärt werde).

Nur: Gedanken machen über Feinbügeleien von "error communis" und gleichzeitig faktisch den Ortsbischöfen willentlich und wissentlich den Gehorsam aufkündigen und sagen: "Ätsch, ich gehe beichten, wohin ich will, und wenn euch das nicht paßt, habt ihr eben Pech gehabt, weil ich mich auf error communis berufen kann!" ... sorry, so geht's nicht! Das ist, wie man in Wien sagt: "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß!" ...

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Berolinensis
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Berolinensis »

Wenn wir uns jetzt hier mit den Rechtsfiguren des can. 144 befassen, hätte ich ein paar Fragen.

1. "Error communis" scheint - in Zusammenschau mit dem Zitat aus dem Münsterischen Kommentar zu bedeuten, daß es sich um einen Irrtum " von allen oder wenigstens von der Mehrheit der Glieder einer kirchlichen Gemeinschaft".

a) Kann er gleichwohl greifen, wenn - wie im Beispiel du Penseur - gar keine Gemeinschaft, sondern nur eine einzelner anwesend ist? Doch wohl ja?

b) Kommt es nur auf den Irrtum der Gemeinschaft an, oder muß auch konkret derjenige irren, dem gegenüber die Befugnis ausgeübt wird? Doch wohl das Zweite?

c) Warum wird überhaupt auf die Gemeinschaft abgestellt?

2. Le Penseur erwähnte die Frage der Schuldhaftigkeit/Vermeidbarkeit des Irrtums. Kommt es hierauf für die Wirkung des can. 144 an, oder genügt der tatsächliche Irrtum, von dem allein die Norm spricht? Auch im weltlichen Strafrecht gibt es ja diese Kategorien; dort ist aber klar, daß auch ein schuldhafter Irrtum jedenfalls den Vorsatz entfallen läßt, und deshalb eine Strafbarkeit allenfalls noch wegen Fahrlässigkeitstat in Betracht kommt. Parallel schiene es mir logisch, die Frage, ob der Irrtum hätte vermieden werden können, für die Wirkung des can. 144 außer Betracht zu lassen (es sei denn, dem Betreffenden wäre bewußt, daß er sich eigentlich hätte erkundigen müssen; dann ist möglicherweise gar kein echter, positiver Irrtum gegeben).

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von cantus planus »

Eine sehr richtige Anmerkung. Ich sehe keinen gerechten Grund, warum man die Beichte bei einem suspendierten (davon gehen wir einmal aus, auch, wenn einige das nicht sehen wollen) Priester ohne Beichtjurisdiktion ablegen sollte. Es gibt genug gute Seelsorger, die dafür zur Verfügung stehen. Bei meinem eigenen Beichtvater, einem Franziskaner, würde ich nie eine Messe besuchen. Aber die Beichte ist großartig!
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Gamaliel
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Gamaliel »

LePenseur hat geschrieben:@Gamaliel:
Ich wiederhole hier sicherlich schon früher geschriebenes: ein allgemeiner Irrtum über eine Rechtslage (error communis de jure) liegt vor, "wenn der die Vollmacht Gebrauchende aufgrund sicher erscheinender Anzeichen von allen Angehörigen oder mindestens von dem größeren Teil einer Gemeinschaft irrtümlich als rechtmäßiger Gewaltträger angesehen werden könnte (H. Socha, MK, 144/9). Irrtum ist dabei "falsches Urteil über einen Sachverhalt, ein Zwiespalt zwischen der subjektiven Vorstellung und der objektiven Gegebenheit" (H. Socha, MK, 144/6).
Danke, damit kommen wir der Sache schon näher. Jetzt müßtest Du den nicht so sachkundigen Lesern noch den/die speziellen Unterschied(e) erklären, der zwischen Tatsachen- und Rechtsirrtum herrscht (insbesondere was den aktuellen/tatsächlichen Wissensstand, des sich irrenden Gläubigen betrifft).

LePenseur
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

@Beroninen.:
Auch im weltlichen Strafrecht gibt es ja diese Kategorien; dort ist aber klar, daß auch ein schuldhafter Irrtum jedenfalls den Vorsatz entfallen läßt, und deshalb eine Strafbarkeit allenfalls noch wegen Fahrlässigkeitstat in Betracht kommt. Parallel schiene es mir logisch, die Frage, ob der Irrtum hätte vermieden werden können, für die Wirkung des can. 144 außer Betracht zu lassen (es sei denn, dem Betreffenden wäre bewußt, daß er sich eigentlich hätte erkundigen müssen; dann ist möglicherweise gar kein echter, positiver Irrtum gegeben).
Interessanter Ansatz! Ich denke mal (und das sage ich als "Allgemeinjurist" aus meinem juridischen Basis-Sachverstand heraus), daß man weder den Irrtumsbegriff allzu eng fassen darf, noch ihn umgekehrt über Gebühr ausdehnen darf.

Ein "Irrtum", der mir mit dolus eventualis unterläuft, ist wohl keiner mehr (ich weiß, daß ich mich wegen der dubiosen Umstände erkundigen müßte, unterlasse es aber, weil ich das Ergebnis meines möglichen Irrtums "billigend in Kauf nehme", wie das so schön definiert wird). Damit ist kein "ecclesia supplet" möglich, denn ein "error communis" muß sich ja wenigstens auf den beziehen, der sich darauf beruft! Es ist ja nicht so, daß hundert Leute, die keine Ahnung davon haben, glauben, etwas sei gültig, was es objektiv aber nicht ist, und ich (obwohl ich weiß, daß es ungültig ist!), kann davon auch "profitieren" — so nicht!

Ein fahrlässiger (u.U. auch grob fahrlässiger) Irrtum hingegen ist einer. Bezogen auf die Gültigkeit wegen Anwendung von "ecclesia supplet" ist das jedoch das einzig entscheidende, denn ich muß mir ja nicht den Kopf für den möglicherweise weniger "irrigen" Piusbruder mitzerbrechen. Für mich als Beichtenden gilt jedenfalls: wenn "error communis" (wie in obigem "Pariser Kapellenbeispiel"), dann ist alles okay für mich.

Und damit sehe ich für die Teilnehmer dieses Threads die Möglichkeiten, in der nächsten PiusX-Kapelle beichten zu gehen, als ausgesprochen limitiert an ...

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Berolinensis
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Berolinensis »

Danke, Penseur, damit wären meine Fragen 1b und 2 - wenn Gamaliel nicht anderer Auffassung ist - in dem von mir vermuteten Sinne beantwortet. Blieben noch die Fragen 1a) und 1c).

Kirchenjahr
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Kirchenjahr »

Tja, zum Glück gibt es Anhänger und sogar Mitglieder der FSSPX die bei der Amtskirche oder bei Orden mit Beichtfakultas beichten. Mitunter wechseln die sogar hin und her. Und interessanterweise warnen zahlreiche Piusbrüder eindringlich vor dem Besuch der ordentlichen Form der Eucharistie aber nicht offen vor der Beichte im neueren Ritus.

In den genannten Fällen müsste man genau hinsehen, ob da noch das Notstandsargument zieht. Und wenn dann zur Abwechselung noch ein braver Petrusbruder im Beichtstuhl sitzt, kann es passieren, dass der Pönitent zumindest künftig nicht mehr im guten Glauben ist, bei der FSSPX einen Beichtvater auszusuchen. Es gibt Petrusbrüder, welche die rechtlichen Voraussetzungen glasklar bei den Gläubigen ansprechen (Beichte, Ehe).

Mischt Euch mal unters einfache Piusvolk. Der Papst habe gar keine Macht solche Beichtregeln aufzustellen etc etc. Das ist WSK mal andersherum.

Die Leiher bei der Ehe ist ähnlich gelagert. Notstand, Notstand, Notstand. Ich habe bisher noch von keinem Fall gehört, in dem ein Piusanhänger mal um Dispens beim Ortsordinarius gebeten hat, um sich bei den Piussen zu ehelichen. Allzuschade. Wie schlimm sind die Zeiten, dass man sich nicht mal mehr ins Pfarrbüro traut, um sich so eine Dispens zu besorgen. Entweder habe ich persönlich den Ernst der Lage in diesen höchstgefährlichen Pfarrbüros noch nicht bemerkt oder der Notstandsbegriff hat ein wenig gelitten.

@Marion: Zum Fall Campos: http://www.vatican.va/holy_father/john_ ... el_ge.html

Es gab einige hier im Forum, die das Schreiben von JP II (seines Zeichens kein ausgemachter Jurist) als implizite Beseitigung aller Irregularitäten bewerten.

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Gamaliel »

Berolinensis hat geschrieben:Danke, Penseur, damit wären meine Fragen 1b und 2 - wenn Gamaliel nicht anderer Auffassung ist - in dem von mir vermuteten Sinne beantwortet.
In aller Kürze: Ich bin da in der Tat anderer Auffassung. Möglicherweise klärt sich einiges noch aus den möglichen weiteren Antworten von Le Penseur (auch auf mein letztes Posting), ansonsten werde ich später darauf zurückkommen.

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

@Berolinen.:
Kann er gleichwohl greifen, wenn - wie im Beispiel du Penseur - gar keine Gemeinschaft, sondern nur eine einzelner anwesend ist? Doch wohl ja?
Sicher, denn "error communis" heißt ja nicht notwendig, daß eine größere Anzahl von Gläubigen irrt, sondern daß eine größere Anzahl von Gläubigen irren könnte.
Warum wird überhaupt auf die Gemeinschaft abgestellt?
Damit will man ja nicht "möglichst viele Irrende" zusammenbringen, sondern durch dieses Kriterium den Irrtum als allgemein verständlich und nachvollziehbar darstellen. Wenn nur einer irrt, aber unter Umständen, wo vermutlich jeder irren würde, das ist error communis in "Reinkultur", sozusagen. Wenn wirklich viele irren, und einer sich diesen Irrtum wenigstens nicht schlechtgläubig anschließt — umso besser, nein: umso verzeihlicher ist dieser Irrtum dann. Aber es kann eben auch nur ein konkreter einzelner sein.

Wobei ich zugeben muß: meine Kanonistik ist noch die des CIC 1917. Der "neue" Codex kam erst nach meinem Studium heraus, als ich mich längst auf anderen Gebieten als dem des Kirchenrechts bewegte — wenn also irgendwelche Finessen spezifisch des neuen Codex abgefragt werden, bin ich nicht wirklich zuständig. Aber error communis ist eine so alte Rechtsfigur, und da hoffe ich doch, daß Kardinal Felici die Tradition und juristische Vernunft bewahren konnte ...

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Marion »

Kirchenjahr hat geschrieben:@Marion: Zum Fall Campos: http://www.vatican.va/holy_father/john_ ... el_ge.html

Es gab einige hier im Forum, die das Schreiben von JP II (seines Zeichens kein ausgemachter Jurist) als implizite Beseitigung aller Irregularitäten bewerten.
Ja, in diesem Strang wurde das schon erwähnt und disputiert, allerdings nicht geklärt.
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Gamaliel »

Kirchenjahr hat geschrieben:Die Leiher bei der Ehe ist ähnlich gelagert. Notstand, Notstand, Notstand. Ich habe bisher noch von keinem Fall gehört, in dem ein Piusanhänger mal um Dispens beim Ortsordinarius gebeten hat, um sich bei den Piussen zu ehelichen. Allzuschade. Wie schlimm sind die Zeiten, dass man sich nicht mal mehr ins Pfarrbüro traut, um sich so eine Dispens zu besorgen. Entweder habe ich persönlich den Ernst der Lage in diesen höchstgefährlichen Pfarrbüros noch nicht bemerkt oder der Notstandsbegriff hat ein wenig gelitten.
Was den Sachgehalt des Beitrags betrifft, bitte ich darum keine Märchen zu verbreiten. Nur weil Du nichts davon gehört hast, heißt das ja noch lange nicht, daß es das nicht gegeben hat bzw. gibt.
Ich werde meine folgende Aussage nicht weiter beweisen (insofern kann ich es Dir nicht verübeln, wenn Du sie als wertlose Behauptung qualifiziertest), aber ich halte fest, daß es soweit ich gehört habe solche Anfragen gab und daß sie unterschiedlich, d.h. zustimmend, wie ablehnend, beantwortet wurden. --- Off topic-Ende

LePenseur
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

Ebenso ein kleine off-topic:

Was ich von einem Insider aus der ehem. "Ecclesia Dei"-Kommission gehört habe, war jahrelang (und ist wohl noch) ein entscheidender "Knackpunkt" für eine Wiederversöhnung der Piusbrüder mit Rom die Frage der Ehegültigkeit. Jo mei, eine ungültige Beichte kann man ja bei der nächsten Beichte recht einfach sanieren (es sterben ja Gott sei Dank nicht die meisten nach einer ungültigen Beichte — obwohl sowas natürlich einen hübschen Gottesbeweis ergäbe ;D —), aber eine Ehe, an deren Gültigkeit man zweifelt, wird nicht so leicht sanierbar sein. Da braucht's zwei, was macht man, wenn einem der beiden mittlerweile Zweifel nicht an der Gültigkeit, wohl aber an der Passendheit des Partners aufgestiegen sind, und schon Kinder da sind, usw. usf. ...

Jedenfalls hat mir mein Gewährsmann berichtet, daß ein streitbarer Rota-Prälat mit seinen Einwänden jede Menge Versuche der ED-Kommission im Keim erstickte, da er einfach dieses Problem einwandfrei gelöst sehen wollte. Was von den anderen wieder keiner so recht wollte, weil dann die Folgen für ähnliche Fälle (z.B. bei konvertierenden Anglikanern etc.) nicht recht absehbar waren. Und einfach "Schwamm drüber" wollte man halt auch nicht sagen.

Kirchenjahr
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Kirchenjahr »

Gamaliel hat geschrieben:Was den Sachgehalt des Beitrags betrifft, bitte ich darum keine Märchen zu verbreiten. Nur weil Du nichts davon gehört hast, heißt das ja noch lange nicht, daß es das nicht gegeben hat bzw. gibt.
Ich werde meine folgende Aussage nicht weiter beweisen (insofern kann ich es Dir nicht verübeln, wenn Du sie als wertlose Behauptung qualifiziertest), aber ich halte fest, daß es soweit ich gehört habe solche Anfragen gab und daß sie unterschiedlich, d.h. zustimmend, wie ablehnend, beantwortet wurden. --- Off topic-Ende
Märchen? Ich habe kein Märchen verbreitet. Allerdings kenne ich selbst mehrere (!) Fälle, wo um keine Dispens gebeten worden ist. Zwei davon haben zu einem größeren Familienkrach in den Familien geführt! Ich kenne ebenfalls mehrere Ehen, die nachträglich durch den Ortsordinarius geheilt worden sind (sanatio a radice).

Eine Dispens, die vom Ortsordinarius nicht erteilt wird, kann man sogar in Rom erhalten. Wer Bücher füllende Ausführungen zum Notstand bringen kann, der kann ja auch mal seine Dispens durchfechten bzw. versuchen. Im übrigen wurden eben in den mir bekannten Fällen nicht um Dispens gebeten. Wiederum wurde in einem anderen Fall eine Dispens durch den Generaloberen erteilt, welche er gar nicht hätte erteilen dürfen. Auch da wurde nicht der Dienstweg zum eigenen Ortsordinarius geschlagen. Verschließe bitte die Augen nicht vor den Fakten. Die Leiher vom Notstand zieht auch nicht, wenn es einige Priester der FSSPX gibt, die das Prozedere sogar einhalten, während andere darüber hinwegsehen. Off topic-Ende
Zuletzt geändert von Kirchenjahr am Mittwoch 2. Juni 2010, 19:08, insgesamt 1-mal geändert.

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Berolinensis
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Berolinensis »

@Penseur:

Aha. Damit relativiert sich allerdings etwas die Aussage, es komme nur auf den postiven Irrtum an.

Wir kommen wohl letztlich auf die ja auch dem weltlichen Strafrecht geläufigen Kategorien des Tatsachen- und Rechtsirrtums (dort Tatbestands- und Verbotsirrtum genannt). Während - im Strafrecht - beim Tatbestandsirrtum allein der positive Irrtum über Tatbestandsmerkmale entscheidet (das war der von mir oben angesprochene Irrtum), ist der Verbotsirrtum schuldausschließend nur im Falle der Unvermeidbarkeit; hierzu verlangt die deutsche Rechtsprechung, wie es so schön heißt, eine "gehörige Gewissensanspannung". Ist nun der Unterschied zwischen error de facto und error de jure dem entsprechend? Allerdings müssen ja beide allgemein sein nach Wortlaut des can. 144.

Dann käme es darauf an, ob ein Irrtum über bestehende Beichtbefugnis ein Rechts- oder Tatsachenirrtum ist. Hierzu zitiere ich mal vorab den Standardkommentar zum deutschen Strafrecht für die dortige Parallelfrage:
Tröndle/Fischer hat geschrieben:Die Unterscheidung zwischen Tatbestands- und Verbotsirrtum ist vielfach schwierig, wird in der Praxis bisweilen eher intuitiv gehandhabt und ist auch dogmatisch umstritten.
;D

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Gamaliel
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Gamaliel »

@Berolinensis

Zu einem nicht ganz einfachen Kanon des Kirchenrechts noch eine - anscheinend - ebenfalls nicht ganz leicht verständliche Parallelbestimmung des weltlichen Rechts zu zitieren, trübt für Unkundige etwas den Blick. Ein solch Unkundiger bin ich jedenfalls im Hinblick auf das deutsche Recht.

Berolinensis, könntest Du eventuell eine zuverlässige Onlinequelle verlinken, wo man sich etwas über den von Dir erwähnten "Tatbestands- und Verbotsirrtum" informieren kann, soweit das für unser Thema hier interessant ist!?

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Berolinensis
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Berolinensis »

@Gamaliel:

Ich habe das nur zitiert, weil das nun einmal das ist, was ich gelernt habe, und ich dachte es könnte mir zum Verständnis helfen. Letztlich ist es für die hier diskutierte Frage natürlich irrelevant (und eine zuverlässige online-Quelle, die nicht kostenpflichtig ist, kenne ich nicht; die entsprechenden Normen sind §§ 16 f. StGB).

Ich formuliere jetzt einfach nochmal meine Frage, wie sie sich für mich jetzt herauskristallisiert hat:

Trifft es zu, daß es beim error de facto nur darauf ankommt, daß sich der irrende tatsächlich geirrt hat (gleich ob schuldlos oder schuldhaft), während der error de jure unvermeidbar, sprich schuldlos sein muß?
Wenn das so ist, warum wird dann in beiden Fällen vom error communis gesprochen, was ja darauf hindeutet, daß es darauf ankommt, daß eine größere Zahl irrt oder doch irren könnte?

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Berolinensis
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Berolinensis »

Gerade ist mir - entschuldige, Gamaliel, ich sage das nur zu Illustrationszwecken, es braucht dafür keine Kenntnis des weltlichen Rechts - noch eine weitere Parallele aus dem deutschen Recht eingefallen. Im Polizei- und Ordnungsrecht setzt die Eingriffsbefugnis der Polizei - ich verkürze jetzt, da ich ja wie gesagt nur auf eine mögliche Verständnishilfe zum error communis hinauswill - eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung voraus. Es ist anerkannt, daß Maßnahmen aber auch ergriffen werden dürfen, wenn eine sog. Anscheinsgefahr vorliegt, d.h.: es bestehen objektive Anhaltspunkte für das Bestehen einer Gefahr, die bei einem objektiven Betrachter den Eindruck erwecken, das ein Geschehen bei weiterem Verlauf zu einem Schaden führt. Könnte das "communis"-Element dem vergleichbar sein? Sprich: heißt error communis, daß ein objektiver, pflichtgemäß sorgfältig handelnder Durchschnittsmensch ebenfalls dem Irrtum erlegen wäre?

Kirchenjahr
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Kirchenjahr »

Berolinensis hat geschrieben:Heißt error communis, daß ein objektiver, pflichtgemäß sorgfältig handelnder Durchschnittsmensch ebenfalls dem Irrtum erlegen wäre?
Interessante Frage.
Hans Heimerl in Kirchenrecht: allgemeine Normen und Eherecht hat geschrieben:Der Tatbestand des allg. Irrtums ist verwirklicht, wenn der den Jurisdiktionsakt Setzende, dort, wo er tätig wird "allgemein", das heißt von der betreffenden kirchlichen Gemeinschaft als solcher oder wenigsten vom größeren Teil derselben (z. B. den Bewohnern einer Pfarre) irrtümlich als im Besitz der Vollmacht stehend angesehen wird (de facto). Aber es ist nicht erforderlich, dass die Gemeinschaft tatsächlich irrt. Vielmehr genügt die Tatsache, dass sie unter den konkreten Umständen irren würde, wenn sie gefragt würde, und zwar aufgrund von Gegebenheiten, die normalerweise die entsprechende Vollmacht implizieren, zumindest dort, wo der Rechtsakt gesetzt wird (error de jure, rechtlich anzunehmender Irrtum).
Ich kann Herrn Heimerl nicht so recht folgen. Aber der Mann ist Kirchenrechtler und ich nicht. Wenn man Herrn Heimerl folgt und Jurisdiktion und Vollmacht durch Beichtfakultas ersetzt, dann wäre Deine Frage mit "JA" zu beantworten. Meine Rechtsempfinden wird da ein wenig überstrapaziert. Warum subsummieren die Juristen nicht einfach? Es kann doch nicht sein, dass man für jeden Paragraphen einen eigenen Kommentar braucht.

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Marion
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Marion »

Kirchenjahr hat geschrieben:
Hans Heimerl in Kirchenrecht: allgemeine Normen und Eherecht hat geschrieben:Der Tatbestand des allg. Irrtums ist verwirklicht, wenn der den Jurisdiktionsakt Setzende, dort, wo er tätig wird "allgemein", das heißt von der betreffenden kirchlichen Gemeinschaft als solcher oder wenigsten vom größeren Teil derselben (z. B. den Bewohnern einer Pfarre) irrtümlich als im Besitz der Vollmacht stehend angesehen wird (de facto). Aber es ist nicht erforderlich, dass die Gemeinschaft tatsächlich irrt. Vielmehr genügt die Tatsache, dass sie unter den konkreten Umständen irren würde, wenn sie gefragt würde, und zwar aufgrund von Gegebenheiten, die normalerweise die entsprechende Vollmacht implizieren, zumindest dort, wo der Rechtsakt gesetzt wird (error de jure, rechtlich anzunehmender Irrtum).
Ich kann Herrn Heimerl nicht so recht folgen. Aber der Mann ist Kirchenrechtler und ich nicht.
Ich kann hier auch nicht recht folgen, ich verstehe mehr Bahnhof als sonst was. Aber ich finde hier nichts wo steht, daß ein einzelner Beichtender auch irren oder zweifeln müsste damit das alles passt, damit "ecclesia supplet" nachgeliefert wird. Also kein Unterschied gemacht wird zwischen den irrenden und den wissenden Schäfchen.
Das einzige in diesem ganzen Strang was hier bisher auf die unterschiedliche Behandlung dieses Paragraphen von irrenden und wissenden hinweist ist das "So [Punkt]" von LePenseur.

Dieses "So [Punkt]" kann ich nachvollziehen bei einem Fall wo jemand was schlimmes macht (ein Verbrechen begeht) und mildernde Umstände kriegt (weniger Strafe) weil er etwas nicht wusste. Beichten ist aber nix schlimmes machen! Die Kirche will ja, daß wir alle ganz viel beichten. Beichten ist ja auch nichts was sich ein normaler Mensch erschleichen will. Die Gültigkeit einer Beichte ist auch nichts was man sich mit mildernden Umständen verdienen könnte. Ne gültige Beichte muss was normales sein. Damit kann die Kirche und will sie auch mit Sicherheit nicht solcherlei Spielchen machen. Selbstverständlich macht sie jede Beichte gültig wenn es ihr möglich ist. Da hat sie doch nichts davon wenn sie da bei Wissenden Ätschibätsch sagen kann - das kriegst du nicht, du warst zu frech :vogel: Was ist denn das für ein Bild von der Kirche? Das wär Aktiv Schafe in die Hölle schmeißen von der Kirche ohne es obendrauf auch noch klipp und klar dazuzusagen! Also davor laut zu warnen. Also auch noch hintertückisch ...

Nun warte ich aber gespannt auf die Kommentare unserer Fachmänner zu diesem Detail :)
Christus vincit - Christus regnat - Christus imperat

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Gamaliel
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Beichtfakultät bei Schiffsreisen

Beitrag von Gamaliel »

Berolinensis hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Auf Flughäfen oder nur internationalen Flughäfen und in der Luft glaub auch. Da ist glaub jeder Priester dazu verpflichtet dir die Beichte abzunehmen.
Frag mich aber nicht wo ich das gelesen hab. Bei irgendeinem Juristen wahrscheinlich.
Das halte ich für ein Gerücht. Ich kann mir höchstens vorstellen, daß jemand meint, in der Luft herrsche grundsätzlich Todesgefahr; das kann man aber m.E. nicht ernsthaft vertreten.
Nur so am Rande: Daß es früher solche Vollmachten gegeben hat, kann ich mir durchaus vorstellen. Vergleichbar damit wären etwa die früheren Bestimmungen zur Beichtvollmacht auf Schiffsreisen. Voraussetzung dafür war allerdings, daß der mitreisende Priester grundsätzlich eine Beichtvollmacht hatte.
ASS 40, Seite 27 hat geschrieben:De facultate sacerdotum quoad excipiendas in navi confessiones
fidelium secum navigantium.

Feria IV, die 2ß Augusti ipoj.
In Congregatione generali S. R. et U. Inquisitionis Emi
ac Rmi Dñi decreverunt:

Sacerdotes quoscumque maritimum iter arripientes, dummodo
vel a proprio Ordinario, ex cuius dioecesi discedunt,
vel ab Ordinario portus in quo in navim conscendunt, vel
etiam ab Ordinario portus cuiuslibet intermedii, per quem
in itinere transeunt ( i ) , sacramentales confessiones excipiendi,
quia digni, scilicet, atque idonei recogniti ad tramitem Conc.
Trident, sess. XXIII, cap. XVde Ref., facultatem habeant vel
obtineant; posse toto itinere maritimo durante, sed in navi
tantum, quorumcumque fidelium secum navigantium confessiones
excipere, quamvis inter ipsum iter navis transeat, vel
etiam aliquandiu consistat diversis in locis diversorum Ordinariorum
iurisdictioni subiectis (2).

Sequenti vero feria V, die 24 eiusdem mensis et anni,
SSmus D. N. Pius PP. X decretum Emorum PP. adprobavit.
I. Can. Mancini, S. R. et U. I. Notarius.
(Eine Ergänzung gibt es noch auf Seite 28)

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