Ich denke, das führt die Diskussion auf ein falsches Gleis.Germanus hat geschrieben:Eine klösterliche Gemeinde kann nicht anders, als im Heute zu leben, weil heutige Menschen in sie eintreten. Dass sie in Mariawald z.B. Mönche werden wollen, gehört in die nächste Kategorie, die der Berufung. Ich war schon zu Beginn dieses Diskussionsstranges dagegen, die alten Gebräuche als immer noch handhabbar anzusehen. Sie haben sich als nicht mehr praktikabel erwiesen, weil die Klostergemeinde auch Teil einer politischen Gemeinde ist, nur als Beispiel. Gesetze und Regeln, und seien es nur die hygienischen, gibt es da nun mal. Wenn noch vor 50 Jahren ein recht berühmter franz. Zisterzienserabt sagen konnte (bzgl. des Sich-nicht-Waschens): "Das mache ich seit 60 Jahren so und das werde ich auch weiterhin so machen; und mit mir alle, die kommen...", dann zeigt das gut, dass in den vergangenen Jahrzehnten doch ein größerer Umbruch stattgefunden hat, als zwischen den Jahren 1902 und 1960. (...)
Klosterleben kann kein "Vier Wochen wie im Bauernhof von 1710" nach dem Vorbild des Fernsehens sein - das wäre wirklich Romantik pur - falsch und verlogen dazu. Das will aber auch niemand; wenigstens kenne ich niemanden. Andererseits ist gerade bei den Dingen der äußeren Lebensführung eine Anpassung an gewandelte Zeitumstände, die Unterscheidung von Form und Inhalt, gar nicht so schwierig. Das kann freilich nicht (nur) von oben dekretiert werden, sondern muß auch aus der Gemeinschaft selbst heraus entwickelt werden. Der Usus von Montecistello aus den 60er Jahren war bereits eine Adaption der bis dahin bestehenden Ordnung, und in Mariawald geht es darum, auch diese Revision erneut anzupassen.
Wie das im Detail aussehen soll, kann hier nicht diskutiert werden. Um aber mal einen Mindestmaßstab in Sachen "Konfort" bereit zu stellen: Was der Staat den Insassen seiner Gefängnisse an Hygiene und medizinischer Versorgung zugesteht, ist sicher auch für einen Mönch nicht unangemessen üppig.
In anderen Dingen, vor allem was Kommunikation und Teilhabe am bürgerlichen Leben betrifft, werden kontemplative Häuser, ihre eigenen Maßstäbe entwickeln müssen. Um Gott aus ganzem Herzen zu suchen und ihn um gnädige Zuwendung zum Elend der Welt zu bitten, ist es wahrscheinlich nicht erforderlich, dieses Elend täglich per Tagesschau anzusehen oder gar per Talkshow diskutiert zu hören. Da braucht es auch kein Handy und Internet höchstens als Ergänzung zur Bibliothek. Ob und wieweit kontemplative Mönche sich an Wahlen beteiligen und mit den dafür notwendigen Informationen beschäftigen sollen, kann ich nicht ermessen - eine zwingende Notwendigkeit dafür sehe ich bei Kartäusern und Trappisten nicht.
Ganz anders liegen die Dinge natürlich bei Gemeinschaften, die in die weltliche Welt hineinwirken wollen: Als Lehrer, Prediger, Bringer von Glauben und Zivilisation. Da erhält dann aber auch die Kontemplation einen ganz anderen Stellenwert: Sie ist nur noch ein Element der Lebensführung und muß ganz anders gestaltet werden: Nicht als Hauptinhalt des Lebens, sondern als Korrektiv, um sich nicht zu sehr in den Angelegenheiten der Welt, mit denen man ja täglich intensiv umgeht, zu verstricken.
Ich denke, ein Teil der Probleme in Mariawald rührt daher, daß das Kloster in den letzten 50 Jahren den kontemplativen Weg verlassen hat und damit die Mönche einem schwer erträglichen Widerspruch zwischen Regelanspruch, Selbstbild und Lebenspraxis ausgesetzt hat. Das wieder hinzukriegen ist weitaus schwieriger als die Frage, wie oft der Mönch des 21. Jahrhunderts duschen soll und wie warm das Wasser dabei sein kann.