Nein, das Liebesgeflüster über Gott ist dort nicht anwendbar -Erich hat geschrieben:Ist das aber nicht das Kernproblem? Mann/Frau Kathole kann „theoretisch“ ganz gut etwas von der Liebe Gottes erzählen – wenn aber der Ernstfall kommt, ist er/sie sprachlos.Und ich käme nie auf die Idee, einer Frau, die die Peristaltik ihres eigenen Darms bewundern kann, weil ihr der Krebs die Bauchdecke weggefressen hat, etwas von der Liebe und Geborgenheit Gottes zu erzählen.
Was nützt all das Liebesgeflüster über Gott, wenn es im Ernstfall nicht anwendbar ist?
Gott will in diesen Situationen etwas ganz anderes von mir - und für mich ist das einer der Härtetests überhaupt: Ich muss Ihn in diesen Momenten nicht mit meiner Sprache und meinem Bekentnis in die Welt bringen, sondern mit meiner ganzen Existenz und vor allem mit meinem Tun
Ich muss mich vergessen, mein Entsetzen über das Elend, ich muss meine Gefühle, mein Mitleid vergessen und mich "einfach" diesem Schwerstkranken zuwenden, ihn annehmen in seinem ganzen Elend und Martyrium - und wenn es irgend geht, kleine Hilfestellungen leisten.
Diese Frau mit der offenen Bauchdecke ... das war für mich der Oberschocker. Ich kam in das Zimmer mit liebevoll-höflichem Tonfall (wahrscheinlich schrecklich nervig mitleidig): Darf ich Ihnen noch was bringen. Als Reaktion warf sie mit einer Teetasse nach mir und brüllte, was das Zeug hielt: Ich brauche nix, schauen sie sich doch an, was mit mir los ist! Und riss sich das sterile Gitter weg ...
Ich ging an das Bett, würgte und alles was ich rausbrachte, war ein "oh Sch...!" Und die Frau versicherte mir "ja, Sch..." Ich hab mich einfach an ihr Bett gesetzt und gefragt: Was soll ich tun? Ihre Antwort: Nichts. Bleiben sie einfach ein bisschen bei mir ... und sie fing an, herzzerreissend zu weinen.
Ich habe bei ihr gelernt, dass sie einfach von irgendjemandem das Gefühl brauchte, nicht nur ein lebendig verwesender Leichnam zu sein, sondern ein Mensch, den man noch anfasst, bei dem man es trotz allem aushält.
Ich denke, das will Gott in so einer Situation von mir: Den anderen annehmen, das Leid mit ihm aushalten ... keine frommen Sprüche oder Versprechungen des himmlischen Trostes ... um Gottes Willen nein! (Es sei denn, der andere sucht und fragt ...)